TE OGH 1986/12/3 1Ob682/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Dr. Gottfried I***, Kaufmann, Graz, Annenstraße 22, 2.) Dagmar I***, Geschäftsfrau, Graz, Alexander Rollett-Weg 8, beide vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei B*** Warenhandel-Aktiengesellschaft, Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 80.000,--), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 26. Juni 1986, GZ. 3 R 157/86-9, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 18. März 1986, GZ. 5 C 69/86-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.668,18 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 424,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bestandvertrag vom 5.8. bzw. 7.8.1976 gab die protokollierte Firma M*** E*** & Co. in Liquidation als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 440 KG V Gries mit den Häusern Graz, Annenstraße 23, 25 und 25 a sowie Elisabethinergasse 2 und 4 der B*** Warenhandel-Gesellschaft mbH Nachfolger Karl W*** Grundstücke in Bestand. In § 4 des Bestandvertrages wurde festgehalten: "Bei der Veräußerung des gesamten Betriebes oder eines Teilbetriebes der Bestandnehmerin geht dieser Bestandvertrag auf den Rechtsnachfolger über; die Bestandnehmerin haftet jedoch weiter für die Vertragserfüllung solidarisch mit ihrem Rechtsnachfolger aus diesem Vertrag. Auch die Bestandgeberin ist berechtigt, diesen Vertrag auf einen Rechtsnachfolger zu übertragen, sofern durch die Übertragung dieses Vertrages für die Bestandnehmerin keine Nachteile entstehen". Eigentümer der vorgenannten Liegenschaft ist nun der Erstkläger. Die beklagte Partei ist Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Bestandnehmerin.

In der zu 5 C 195/85 des Erstgerichtes eingebrachten Klage stellten die Kläger das Begehren, es werde festgestellt, daß der zwischen ihnen und der beklagten Partei geschlossene Bestandvertrag hinsichtlich der gegenständlichen Bestandräumlichkeiten samt allen Zusatzvereinbarungen aufgehoben und die beklagte Partei schuldig sei, die Bestandräumlichkeiten zu räumen. Das Räumungsbege ren wurde auf die Bestimmungen des § 1118 erster und zweiter Fall ABGB gegründet.

Die Kläger stellten im gegenständlichen Verfahren das Begehren:

1.) Es wird zwischen den Parteien festgestellt, daß sämtliche Rechte des Erstklägers aus dem Bestandvertrag vom 5., 8. und 7.8.1976 auf die Zweitklägerin übergegangen sind, wobei sämtliche Rechte aus diesem Bestandvertrag der beklagten Partei zur Verhinderung des Eintritts eines Nachteils gegenüber den klagenden Parteien erhalten bleiben und die beklagte Partei ihre Pflichten aus diesem Bestandvertrag gegenüber der Zweitklägerin zu erfüllen hat;

2.) die beklagte Partei ist schuldig anzuerkennen, daß sämtliche Rechte des Erstklägers aus dem Bestandvertrag vom 5.8. und 7.8.1976 auf die Zweitklägerin übergegangen sind und sämtliche Rechte aus diesem Bestandvertrag der beklagten Partei zur Verhinderung des Eintritts eines Nachteiles gegenüber den Klägern erhalten bleiben und die beklagte Partei ihre Pflichten aus diesem Bestandvertrag gegenüber der Zweitklägerin zu erfüllen hat.

Die Kläger brachten zur Begründung des Begehrens vor, der Erstkläger habe seine Rechte aus dem Bestandvertrag an die Zweitklägerin übertragen und hievon die beklagte Partei verständigt. Die beklagte Partei habe gegen die Zulässigkeit der Rechtsübertragung Einwände erhoben. Sie habe auch geltend gemacht, daß eine solche Übertragung nicht erfolgt sei. Da im Innenverhältnis der Streitteile die Rechtslage geklärt werden müsse, sei auch das Interesse an der begehrten Feststellung gegeben.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß ein Feststellungsinteresse der Kläger deshalb nicht gegeben sei, weil das Begehren auf eine Feststellung abziele, die bereits zum Teil in den Verfahren 14 Cg 156/83 und 7 Cg 198/83 des Landesgerichtes für ZRS Graz getroffen worden sei bzw. Gegenstand eines beim Erstgericht anhängigen Verfahrens sei. Aus § 4 des Be0t!ndvertrages ergebe sich, daß eine bloße Übertragung der Rechte aus dem Bestandvertrag nicht statthaft sei. Die Abtretung von Rechten sei überhaupt gesetzlich unzulässig. Die Kläger hätten auch den Rechtsgrund der Abtretung nicht angegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Rechtsschutzinteresse für die begehrte Feststellung fehle, weil bereits im Verfahren 5 C 195/85 eine Feststellung desselben Rechtsverhältnisses begehrt werde. Das Klagebegehren sei auch zu wenig konkretisiert.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Kläger, soweit damit eine Nichtigkeit geltend gemacht wurde, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht führte aus, das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung könne nicht schon im Hinblick auf das zu 5 C 195/85 des Erstgerichtes gestellte Begehren verneint werden. Dort werde von den Klägern die Aufhebung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Bestandvertrages und die Räumung des Bestandgegenstandes begehrt, so daß von einer Identität der Begehren nicht gesprochen werden könne. Das gestellte Klagebegehren sei auch hinreichend konkretisiert. Es sei jedoch nicht gerechtfertigt, weil eine Abspaltung der aus dem Bestandvertrag erfließenden Rechte auf der Vermieterseite zumindest im Bereich der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes, von dessen Anwendbarkeit mangels gegenteiliger Behauptungen auszugehen sei, nicht zulässig sei. Gemäß § 42 Abs.2 MRG sei die Abtretung von Ansprüchen auf Mietzinse für Mietgegenstände in Gebäuden nur zur Sicherung eines zu Zwecken der Erhaltung bzw. Verbesserung des Mietgegenstandes aufgenommenen Darlehens wirksam. § 4 des Bestandvertrages sehe nur vor, daß die gesamte Rechtsstellung des Bestandgebers auf seinen Rechtsnachfolger übertragen werden könne; ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Die Übertragung könne auch eine Benachteiligung der Rechtsstellung der beklagten Partei insoferne mit sich bringen, als dem Erstkläger nicht mehr die Bestandzinse zufließen, die Zweitklägerin aber den den Vermieter treffenden Erhaltungspflichten nicht nachkommen könne. Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Kläger kommt Berechtigung nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).

Die Kläger treten der zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, wonach bei Bestandverträgen über Mietgegenstände in Gebäuden, auf die das Mietrechtsgesetz Anwendung findet, eine Abtretung des Anspruchs auf den Bestandzins nur zur Sicherung eines zu Zwecken der Instandhaltung bzw. Verbesserung des Mietgegenstandes aufgenommenen Darlehens gestattet ist (§ 42 Abs.2 MRG), nicht entgegen. Daß sich die Zession nur auf den Anspruch auf das Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände (§§ 15 Abs.1 Z 4, 25 MRG) beziehen soll, dessen Zession als zulässig erachtet wird (Peter Bydlinski, JBl. 1985, 728, 729; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 42 MRG), wurde nicht behauptet. Auch eine Abtretung prozessualer Rechte (etwa des Rechtes zur Kündigung) an die Zweitklägerin, die nicht Eigentümerin des Bestandgegenstandes ist, ist unzulässig. Auf Punkt 4 des Bestandvertrages können sich die Kläger schon deshalb nicht berufen, weil diese Bestimmung, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die Vertragsübernahme durch den Rechtsnachfolger des Bestandgebers betrifft. Die Zweitklägerin ist weder Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Erstklägers noch wurde eine Vertragsübernahme behauptet. Aus den Entscheidungen MietSlg. 22.039/17 (Eintritt des Fruchtnießers in den vom Hauseigentümer abgeschlossenen Bestandvertrag), 22.040 (Fruchtgenußrecht an Wohnungen bzw. Geschäftslokalen, Gegenstand des Verschaffungsvermächtnisses) und 31.160 (Verträge, die Fruchtnießer, obligatorisch Nutzungsberechtigte mit fruchtnießerähnlicher Stellung, Pächter oder Mieter eines ganzen Hauses oder selbständigen Teiles abgeschlossen haben, sind Hauptmietverträge) läßt sich für den hier vorliegenden Fall nichts gewinnen.

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Bei der Bemessung der Kosten der Revisionsbeantwortung ist von einem Streitwert von S 80.000,-- auszugehen.

Anmerkung

E09517

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00682.86.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19861203_OGH0002_0010OB00682_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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