TE OGH 1986/12/3 9Os171/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf N*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7.Oktober 1986, GZ 20 m Vr 9155/86-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Rudolf N*** - im Urteilsspruch bei der Wiedergabe der Fragen (§ 342 StPO) und im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft versehentlich auch "Robert" N*** genannt - des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 4. August 1986 in Wien dem Bankkassier Kurt F*** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, indem er einen mit Tränengaspatronen geladenen Gasrevolver auf den Genannten richtete und "Überfall, Geld her" sagte, fremde bewegliche Sachen, nämlich 148.170 S Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die Geschwornen hatten insoweit - jeweils

stimmeneinhellig - nach Bejahung der (anklagekonform auf schweren Raub lautenden) Hauptfrage die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit verneint.

Die vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch erhobenene, allein auf die Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde läßt eine gesetzmäßige Ausführung vermissen.

Den Verfahrensmangel erblickt der (umfassend geständige) Angeklagte darin, daß der Schwurgerichtshof die "Anträge des Verteidigers auf Beiziehung eines Dermatologen, eines Psychologen, sowie auf Einvernahme seiner Mutter und seines Arbeitskollegen mit unzureichender Begründung abgewiesen" habe. Durch die begehrten Beweisaufnahmen sollte - wie die Beschwerde ausführt - dargetan werden, daß sich der an hohem Übergewicht und an einer Hautkrankheit (Schuppenflechte) leidende sowie von seiner Mutter "überfürsorglich" betreute Angeklagte zur Tatzeit in einer seelischen Krise befunden habe; "möglicherweise" wäre der psychiatrische Sachverständige, der "lediglich den Angeklagten explorierte", dann - ersichtlich gemeint in Ansehung dessen Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit - zu "einem anderen Gutachten gekommen".

Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs 1 Z 5 StPO setzt jedoch - was der Beschwerdeführer übersieht - voraus, daß über einen in der (dem Urteil vorangehenden) Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinn des Antragstellers entschieden worden ist. In der Hauptverhandlung vom 7.Oktober 1986 hat der Beschwerdeführer jedoch nach dem Inhalt der allein maßgeblichen Verhandlungsschrift (ON 20) weder den vor der Hauptverhandlung, nämlich am 21.August 1986, schriftlich gestellten Beweisantrag ON 12 wiederholt noch sonst einen Beweisantrag gestellt. Da aber darauf, daß über einen außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Antrag gar nicht oder negativ entschieden wurde, eine Nichtigkeit nach der bezeichneten Gesetzesstelle nicht gestützt werden kann, das Gericht vielmehr über die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge - und nur über diese - zu entscheiden hat (sodaß die abweisliche Beschlußfassung in der Hauptverhandlung - S 125 - gar nicht nötig gewesen wäre), mangelt es sohin im gegebenen Zusammenhang schon an den formellen Voraussetzungen zur Geltendmachung des relevierten Nichtigkeitsgrundes (vgl. 11 Os 153/75, Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 1, 15, 29 zu § 281 Z 4, ENr. 4 und 28 zu § 345 Z 5). Im übrigen sei im gegebenen Zusammenhang nur der Vollständigkeit halber noch bemerkt, daß die Abweisung von - selbst den formellen Voraussetzungen entsprechenden - Beweisanträgen, die - wie hier (vgl. ON 12) - den bloßen Nachweis eines Milderungsumstandes bezwecken, den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 5 StPO niemals herstellen kann (vgl. SSt. 32/70 uva) und daß Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung einer Nichtigkeit nach der bezogenen Gesetzesstelle die Identität des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages mit dem in der Beschwerde relevierten, und zwar auch in bezug auf das Beweisthema, ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach §§ 285 d Abs 1 Z 1, 344 StPO in Verbindung mit §§ 285 a Z 2, 344 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen.

Dementsprechend sind die Akten zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten in sinngemäßer Anwendung der §§ 285 b Abs 6, 344 StPO dem (hiefür an sich zuständigen) Oberlandesgericht Wien zuzuleiten.

Anmerkung

E09686

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00171.86.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19861203_OGH0002_0090OS00171_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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