TE OGH 1986/12/3 3Ob519/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei die E*** ö*** S***-C***-B***, Graben 21, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Theodor K***, Rechtsanwalt, Imbergstraße 8, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Gerald Jahn, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,200.000,-- samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8.Oktober 1985, GZ. 4 R 109/85-23, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22.Jänner 1985, GZ. 5 Cg 670/82-18, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens über den Rekurs an den Obersten Gerichtshof sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Zur weiteren Finanzierung des Bauvorhabens "KUR- und S*** A*** in St.Johann im Pongau benötigte die Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. einen Kredit von S 25,000.000,--. Sie stellte einen Kreditantrag an die klagende Bank. In Kenntnis dieses Antrages schrieb die S*** L***-H*** am 30. September 1980 der klagenden Partei, sie sei bereit, die treuhändige Abwicklung des Kredites im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung der klagenden Partei zu übernehmen. Wegen ihrer räumlichen Nähe zur Kreditnehmerin und der Ausstellung der Bürgschaftserklärungen an die S*** L***-H*** sei

dies von Vorteil. Die klagende Partei ging in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 1980 auf das Angebot der S*** L***-H*** ein. Die Bedingungen für das treuhändig abzuwickelnde Kreditgeschäft wurden dahin festgelegt, daß sich die klagende Partei mit 100 % aber nöchstens S 25,000.000,-- an der Kreditgewährung beteilige und das volle Risiko trage. Die Beteiligung sollte im Innenverhältnis ohne Verständigung der Kreditnehmerin stattfinden. Die S*** L***-H*** hatte als Treuhänderin für die Richtigkeit der Kreditforderung, die grundbücherliche Eintragung und für die Ordnungsgemäßheit der Abwicklung und der bedungenen Sicherheiten zu haften. Über S 25,000.000,-- waren Haftungserklärungen von Solidarbürgen zu beschaffen. Die Treuhänderin sollte die Kreditvaluta auszahlen, die Rückzahlung durch den Eingang aus dem Verkauf von Hotelanteilscheinen erfolgen, wozu die Treuhänderin zu veranlassen hatte, daß alle für Eingänge aus dem Verkauf der Hotelanteilscheine bestimmten Konten bei ihr geführt werden und darüber nur mit ihrer Zustimmung verfügt werden dürfe. Die klagende Partei behielt die Kontrolle der Kreditauszahlung. Die Treuhänderin war berechtigt, die Kreditvaluta von der klagenden Partei abzurufen und hatte sich bereitzufinden, ab der Kreditinanspruchnahme durch die Kreditnehmerin bei der klagenden Partei eine gebundene Einlage von mindestens S 20,000.000,-- und höchstens S 25,000.000,-- fristen- und betragskonform mit einem gegenüber den Kreditzinsen um 3,125 % verminderten Zinssatz zu unterhalten oder zu diesen Bedingungen eine Einlage zu vermitteln. Die S***

L***-H*** räumte der Kur- und Sporthotel A***

Gesellschaft m.b.H. am 21.Oktober 1980 einen einmalig verfügbaren Abstattungskredit von S 25,000.000,-- zur Finanzierung der weiteren Fertigstellungsarbeiten ihres Hotelprojekts in St.Johann im Pongau ein. Die Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG und die Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. & Co Hotelerweiterungs KG II übernahmen zur gesamten Hand die Haftung für die Verbindlichkeiten der Kur- und Sporthotel A***

Gesellschaft m.b.H. als Mitschuldner. Als weitere Sicherstellung waren unter anderem Solidarbürgschaften gegenüber der S*** L***-H*** (darunter auch des Beklagten über einen Teilbetrag von S 1,200.000,--) ausbedungen sowie die "Beschaffung einer Einlage von S 25.000.000,--". Ab sofort waren 48 % des Verkaufserlöses aus Hotelanteilscheinen auf ein bestimmtes Verrechnungskonto der S*** L***-H*** zu überweisen. Am 28.Oktober 1980 unterschrieb der Beklagte die an die S*** L***-H*** gerichtete Bürgschaftserklärung mit

dem Wortlaut:

"In Absprache und Übereinstimmung mit der Geschäftsführung der Kur- und Sporthotel A***

Gesellschaft m.b.H. bzw. der Kur- und Sporthotel

A*** Ges.m.b.H. & Co KG stimme ich der Aufnahme

eines weiteren Baukredites in Höhe von S 25,000.000,-- zur weiteren Finanzierung des Bauvorhabens Kur- und Sporthotel A*** St.Johann im Pongau zu.

Ich nehme zur Kenntnis, daß gemäß Kreditvertrag vom 21.10.1980 die S*** L***-H*** der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H.

einen Kredit in Höhe von S 25,000.000,-- gewährt hat, zu dessen Sicherstellung im Grundbuch der KG St.Johann im Pongau EZ 702 ein Höchstbetragspfandrecht von

S 35,000.000,-- einverleibt wird.

Für diesen Kredit übernehme ich gemäß § 1375 ABGB als Bürge und Zahler die Mithaftung mit einem Kapitalteilbetrag von S 1,200.000,-- zuzüglich der meiner Bürgschaftssumme entsprechenden Zinsen und Nebengebühren, wobei diese Haftung durch teilweise Kreditrückzahlung nicht anteilsmäßig reduziert wird."

Am 28.Oktober 1980 unterfertigte die S***

L***-H*** auch den die Bedingungen des treuhändig abzuwickelnden Kreditgeschäftes festlegenden Brief der klagenden Partei vom 14.Oktober 1980 und sandte das Schreiben mit ihrer Unterfertigung an die klagende Partei.

Nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG am 8. Mai 1981 teilte die S*** L***-H*** dem Beklagten am 20.Mai 1981 mit, sie behalte sich bis auf weiteres die Realisierung seiner Bürgschaftserklärung vom 28.Oktober 1980 vor. Am 16. Juni 1981 wurde über das Vermögen der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. und der beiden Kommanditgesellschaften, die als Mitschuldner beigetreten waren, der Konkurs eröffnet.

Bei der Bürgenversammlung am 24.Juni 1981 in einem Salzburger Restaurant wurde das Treuhandverhältnis zwischen der klagenden Bank und der S*** L***-H*** offengelegt. Zu einer

"Abtretung" der Forderung aus dem Kreditvertrag vom 21.Oktober 1980 durch die S*** L***-H*** an die klagende Partei

kam es nicht. Diese und weitere Forderungen hat im Konkurs der Kreditnehmerin die S*** L***-H*** am 30.Juli 1981

mit zusammen S 88,586.282,-- angemeldet. Die klagende Partei hat keine Forderung im Konkurs der Kur- und Sporthotel

A*** Gesellschaft m.b.H. angemeldet. Am 24.Jänner 1983 schrieb die S*** L***-H*** an die klagende Partei, sie

trete unwiderruflich sämtliche Forderungen "aus nachstehenden Bürgschaftserklärungen" - darunter die Forderung gegen den Beklagten - an die klagende Partei ab; das Schreiben solle nur den mündlich bei der Bürgenversammlung am 24.Juni 1981 stattgefundenen Vorgang schriftlich bestätigen, nicht aber eine Forderungsabtretung bilden.

Über das Treuhandverhältnis zwischen der klagenden Partei und der S*** L***-H*** wurde der Beklagte bei der Unterfertigung der Bürgschaftserklärung am 28.Oktober 1980 nicht unterrichtet. Er erfuhr erst nach der Bürgenversammlung vom 24. Juni 1981 von der Treuhandschaft.

Mit ihrer am 24.Dezember 1982 überreichten Klage verlangt die klagende Bank vom Beklagten die Zahlung von S 1,200.000,-- samt Zinsen. Er habe für den gewährten Kredit in Ansehung dieses Teilbetrages die Haftung als Bürge und Zahler übernommen. Die Forderung aus seiner Bürgschaftsverpflichtung vom 28.Oktober 1980 habe die S*** L***-H*** als Treuhänderin der

klagenden Partei dieser ebenso wie die Forderung aus dem Kreditgeschäft abgetreten, die noch unberichtigt sei. Das Treuhandverhältnis zwischen der klagenden Partei, auf deren Rechnung der Kredit gewährt wurde, und der S*** L***-H***

sei rechtzeitig offengelegt worden.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der klagenden Partei seien die Forderungen aus dem Kreditverhältnis nicht abgetreten worden. Es fehle ihr die Legitimation zur Klage. Nicht die klagende Partei sondern die S***

L***-H*** habe die Forderung im Konkurs der Hauptschuldnerin angemeldet. Erst später habe die klagende Partei die Behauptung aufgestellt, sie habe den Kredit unmittelbar gewährt. Der Beklagte sei durch List, weil ihm die Treuhandschaft verschwiegen wurde, von der S*** L***-H*** zum Abschluß des Bürgschaftsvertrages veranlaßt worden. Er habe auf die strengen Belehnungsvorschriften der H*** vertraut und sich bei der Unterfertigung seiner Bürgschaftserklärung in einem von der S*** L***-H*** veranlaßten Irrtum über die Person

des wahren Kreditgebers befunden. Das Rechtsgeschäft sei unerlaubt und gesetzwidrig. Da die ausbedungene Einlage von S 25,000.000,--, die der Beklagte als Hinweis auf die Liquidität der Hauptschuldnerin wertete, nicht beschafft wurde, sei der Kreditvertrag zwischen der S*** L***-H*** und der Kur- und Sporthotel

A*** Gesellschaft m.b.H. nicht wirksam zustande gekommen. Die Hauptschuld sei getilgt, die Bürgschaftsverpflichtung daher erloschen: Aus dem Verkauf von Hotelanteilscheinen seien dem Kreditkonto S 21,125.102,43 gutzuschreiben gewesen, von anderen Bürgen seien weitere S 12,700.000,-- eingegangen. Soweit diese Eingänge nicht zur Kredittilgung Verwendung fanden, stehe dem Beklagten ein Schadenersatzanspruch zu. Er wende diese Forderung aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, die klagende Bank sei zur Geltendmachung der Bürgenhaftung des Beklagten nicht berechtigt, weil eine Forderungsabtretung von der S*** L***-H*** an

die klagende Partei nicht erwiesen ja auszuschließen sei, wenn die Kreditforderung im Konkurs der Hauptschuldner von der S*** L***-H*** angemeldet wurde. Die Offenlegung der Treuhand bewirke keinen Forderungsübergang. Die Forderung gegen den Bürgen könne wegen ihrer Akzessorietät nur gemeinsam mit der Hauptforderung abgetreten werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge. Es hob das angefochtene Urteil auf, verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung und sprach zugleich in seinem Beschlusse aus, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei. Das Erstgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß es ungeachtet des Treuhandverhältnisses einer formell erklärten und angenommenen Abtretung der Kreditforderung mit den Nebenrechten und nicht bloß der Abtretung der Forderung gegen den Bürgen bedürfe, damit die klagende Partei gegen den Bürgen mit Klage vorgehen könne. Da es zum Wesen der Treuhandschaft gehöre, daß der Treuhänder im eigenen Namen aber auf fremde Rechnung handle, könne an die Änderung der Rechtszuständigkeit der Forderungen aus dem treuhändig abgewickelten Geschäft zwischen Treuhänder und Treugeber nicht der strenge Maßstab angelegt werden, der für die Zession gelte. Zwar bewirke die Offenlegung der Treuhand allein keine Änderung der Rechtszuständigkeit im Verhältnis zum Dritten, doch genüge die interne Willenseinigung zwischen den Parteien des Treuhandvertrages, damit die formelle Anspruchslegitimation aus dem abgewickelten Geschäft übergehe. Es genüge, wenn die beiden Banken bei Begründung der Treuhand oder später Einigung erzielten, daß mit Offenlegung der Treuhand die Bürgenhaftung durch die klagende Bank realisiert werde. Einer "förmlichen" Forderungsabtretung habe es nicht bedurft. Die beteiligten Personen dürften in wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon ausgegangen sein, daß alle Forderungen der das Risiko tragenden Treugeberin zustanden. Die Banken seien sich schon im Sommer 1981 einig gewesen, daß die Bürgenhaftung durch die klagende Bank realisiert werde. Die Akzessorietät zwischen Hauptschuld und Bürgenverpflichtung hindere im Fall der Treuhandschaft zwischen Alt- und Neugläubiger die selbständige Abtretung der Forderung gegen den Bürgen nicht. Da sich die Rechtsstellung des Bürgen dadurch nicht verschlechtere, stünden seine schützwürdigen Interessen dem Übergang der Rechte aus der Bürgschaft vom Treuhänder auf den risikobehafteten "wahren" Träger der Forderung im Rahmen der Offenlegung der Treuhand gegenüber dem Bürgen nicht entgegen. Sollte aber, was der Beklagte behaupte, von Anfang an nicht die S*** L***-H*** sondern die klagende Bank Kreditgeberin der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. gewesen sein, stelle sich die Frage nach der Übertragung von Forderungen aus dem treuhändig abgewickelten Geschäft gar nicht. Daß die Kreditvaluta direkt oder indirekt von der klagenden Bank ausgezahlt wurde, ändere nichts an der Gültigkeit des Kreditvertrages. Da der Beklagte gegenüber der S*** L***-H*** die Bürgschaftsverpflichtung einging, sei das Klagebegehren allerdings abzuweisen, wenn sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, daß die klagende Partei auch im Außenverhältnis den Kreditvertrag mit der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. selbst geschlossen hat. Es bedürfe daher ergänzender Feststellungen. Erst dann werde sich zeigen, inwieweit auf die übrigen Einwände des Beklagten einzugehen sei. Eine Verpflichtung zur Aufklärung über die verdeckte Treuhand habe nicht bestanden. Aus der Verschweigung ergebe sich keine Anfechtbarkeit der Bürgschaftserklärung. Auch die Irrtumseinrede des Beklagten versage, denn es sei ohnedies die Besicherung durch Bürgschaften erfolgt. Auf den Einwand, das von der S*** L***-H*** abgeschlossene Rechtsgeschäft sei

gesetzwidrig und unerlaubt, brauche nicht eingegangen werden, weil ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften nicht erkennbar sei. Wohl aber sei zu erörtern, daß der Beklagte sich darauf berief, er habe bei Übernahme der Bürgschaft auf die durch die vorgesehene Direkteinlage der Kreditnehmerin von S 25,000.000,-- ersichtliche Liquidität der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. vertraut. Damit sei jedoch offenbar die von der S*** L***-H*** zu beschaffende Einlage bei der Klägerin

gemeint gewesen. Es werde dann zu überlegen sein, ob der beklagte Rechtsanwalt die kurz geratene Formulierung im Kreditvertrag vom 21. Oktober 1980 dahin mißverstehen konnte, daß die Kreditnehmerin, die zur Fortführung ihres Bauprojektes Geldmittel benötigte, zur Sicherstellung ihrer Kreditverbindlichkeit eine Bankeinlage in Höhe des gewährten Kredites leiste, und ob ein solcher Irrtum des Beklagten von der S*** L***-H*** veranlaßt wurde.

Schließlich müßte dann noch festgestellt werden, ob die Hauptschuld bereits getilgt ist oder getilgt wäre, wenn die S*** L***-H*** ihren vertraglich übernommenen Pflichten

nachgekommen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Den Aufhebungsbeschluß bekämpft der Beklagte mit seinem nach dem § 519 Abs 1 Z. 3 und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Rekurs. Sein Rekursantrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses läßt im Zusammenhang mit der weiteren Formulierung erkennen, daß er die nun nach § 519 Abs 2 Satz 2 ZPO zulässige Ersetzung des Aufhebungsbeschlusses durch ein das Klagebegehren abweisendes Urteil anstrebt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Sie selbst hat die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes nicht bekämpft.

Der Rekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber wendet sich zunächst gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, es komme auch allein ein Übergang der Forderungsrechte aus der vom Beklagten eingegangenen Bürgschaftserklärung in Betracht. Er meint, es sei unhaltbar, daß ihm als Bürgen sowohl die S*** L***-H*** als

Trägerin der Kreditforderung als auch die klagende Partei als aus der Bürgschaft Forderungsberechtigte gegenüberstünden. Es müsse dabei bleiben, daß Bürgschaftsrechte nicht selbständig abtretbar seien. Auch für die verdeckte Treuhand gelte, daß die Offenlegung materiell-rechtliche Beziehungen zwischen Kreditnehmer/Bürgen und Treugeber nicht herstelle sondern es erst eines Übertragungsaktes bedürfe, der sich wegen der Abhängigkeit zwischen Hauptforderung und Bürgschaft nur einheitlich auf die Zession der Kreditforderung mit den Nebenrechten (Bürgschaft) erstrecken könne.

Das im österreichischen bürgerlichen Recht nicht besonders geregelte Treuhandverhältnis wird von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung als Ausfluß der Vertragsfreiheit durchaus als zulässiges Rechtsinstitut angesehen (Strasser in Rummel, ABGB, Rz 42 zu § 1002; Stanzl in Klang 2 IV/1, 788 ff.; Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht, FS-Hämmerle, 163; Jud, Kreditkonsortium zwischen Gelegenheitsgesellschaft und Treuhandschaft, GesRZ 1981, 136 ff.; SZ 44/13; EvBl 1980/162; RZ 1983/12 ua.). Als Ausfluß des grundsätzlich geltenden Prinzips der Vertragsfreiheit ergibt sich nämlich die sogenannte Gestaltungs- oder Inhaltsfreiheit, die es den Parteien erlaubt, im Gesetz nicht geregelte atypische Verträge, aber auch gemischte Verträge zu schließen, die aus mehreren gesetzlich geregelten oder auch ungeregelten Vertragsarten zusammengesetzt sind (Koziol-Welser 7 I, 184; OGH 4.12.1985, 3 Ob 631/85 ua). Bedeutung hat vor allem die sogenannte "fiduziarische Treuhand": Das Vollrecht wird vom Treugeber an den Treuhänder übertragen. Dieser übt es im eigenen Namen, aber regelmäßig im fremden Interesse des Treugebers und/oder eines begünstigten Dritten aus (Strasser in Rummel, ABGB, Rz 42 zu § 1002; Jud, aaO 136; EvBl 1980/162 ua.). Auch beim Kreditkonsortium wird in der Regel Treuhand angenommen, wenn einer der Beteiligten im Außenverhältnis dazu bestimmt ist, das Rechtsverhältnis im eigenen Namen zu begründen und die daraus entspringenden Rechte geltend zu machen (Kastner, Kreditkonsortium, Gelegenheitsgesellschaft und Treuhand, GesRZ 1982, 1 f). Die S*** L***-H*** fand sich bereit, die treuhändige

Abwicklung des zwischen der klagenden Bank und der Kreditnehmerin in Aussicht genommenen Kredits über S 25,000.000,-- im eigenen Namen für Rechnung der klagenden Partei zu übernehmen. Das Anbot der klagenden Partei, sich im Innenverhältnis an dem Kreditgeschäft der S*** L***-H*** mit der Kur- und Sporthotel

A*** Gesellschaft m.b.H. über S 25,000.000,-- zu 100 % zu beteiligen. Die Kreditvaluta wurde von der klagenden Bank der Treuhänderin zur Verfügung gestellt und von dieser an die Kreditnehmerin ausgezahlt, wobei als Hauptschuldner die Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. Kreditnehmer war, weil offenbar die Liegenschaft in ihrem Eigentum stand, und die beiden Kommanditgesellschaften nur die Solidarhaftung als Mitschuldner übernahmen. Die S*** L***-H*** trat also gegenüber

der Kreditnehmerin und den Bürgen als fiduziarische Treuhänderin auf, wobei die Modalitäten, wie die klagende Partei die Kreditvaluta zur Verfügung stellte, nur das obligatorische Innenverhältnis der Vertragsteile der Treuhandschaft betrifft, soferne dem Beklagten nicht der Beweis seiner Behauptung gelingt, daß auch im Außenverhältnis die klagende Partei den Kredit von S 25,000.000,-- gewährte, also in Wahrheit überhaupt keine Treuhandschaft vorlag. Die Offenlegung der verdeckten Treuhand bewirkt in der Regel keine Änderung der Rechtslage im Innen- oder Außenverhältnis (Strasser aaO Rz 42 zu § 1002). Durch die Offenlegung allein wird also der Treugeber noch nicht zum Träger der vom Treuhänder im eigenen Namen begründeten Rechte und Pflichten. Das für die Übertragung der Rechte geeignete Rechtsgeschäft ist die Forderungsabtretung, die grundsätzlich formfrei ist und lediglich übereinstimmender Willenserklärungen zwischen Zedenden und Zessionar (vgl. Koziol-Welser 7 I 263; Ertl in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1392; Ehrenzweig, Schuldrecht 2 II/1 260) bedarf. Die S*** L***-H*** hatte somit die Forderung aus dem gewährten Kredit an die klagende Partei abzutreten. Die für den Kredit übernommene Bürgschaft geht mit der Zession des Kreditsaldos auf den Zessionar über (Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 , II 32 f, I 153 und 151; Ertl in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1394). Hauptschuldner und Bürge müssen mit einer solchen Zession rechnen, ihre schutzwürdigen Interessen werden nicht verletzt, weil die Zulassung der verdeckten Treuhand diese Abretung zur Folge haben muß.

Nach dem bisherigen Akteninhalt spricht alles dafür, daß zwischen der klagenden Bank und der Treuhänderin Einigkeit darüber vorlag, daß die Treuhänderin den Kreditsaldo im Konkurs über das Vermögen der Kreditnehmerin, die klagende Partei aber die Forderungen gegen die Bürgen geltend machen solle. Daraus ist abzuleiten, daß die Treuhänderin in Erfüllung ihrer Verpflichtung bei (noch festzustellender) Beendigung der Treuhand die Kreditsaldoforderung und die akzessorischen Forderungen gegen die Bürgen an die klagende Bank abgetreten hat, das Inkasso der Kreditforderung aber der (bisherigen) Treuhänderin obliegen sollte. Dem Erstgericht ist zwar beizupflichten, daß die zur Forderungsabtretung erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen geäußert werden müssen, um erheblich zu sein und daß der innere Wille der Beteiligten allein nicht genügt. Die Äußerung des Willens kann aber schlüssig erfolgen. Der Erklärungswert wird aus einem bestimmten Verhalten und den Begleitumständen erschlossen. Dies gilt auch für die Zession als formlosen Konsensualvertrag (Koziol-Welser 7 I 81; Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 74). Im vorliegenden Fall sollte allem Anschein nach die S*** L***-H*** im Rahmen einer (konkludenten) Zessionsvereinbarung berechtigt/verpflichtet bleiben, die Kreditsaldoforderung im eigenen Namen geltend zu machen und eine erhaltene Leistung an die klagende Partei abzuliefern ("abgeschwächte Abtretung"; vgl. SZ 42/105; Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechtes, 251; vgl. Ertl in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1392). Es kann also durchaus der festgestellte Ablauf zu der Feststellung führen, daß eine schlüssige Abtretung aller Forderungen aus dem treuhändig von der S*** L***-H*** für die

klagende Bank abgewickelten Kreditgeschäft stattfand, aber mit Rücksicht auf die Stellung der Treuhänderin als Hypothekargläubigerin sie die Ansprüche gegen die Hauptschuldner im Konkurs verfolgen sollte. Es kann dann die Frage auf sich beruhen, ob die Forderung gegen den Bürgen ungeachtet ihrer Akzessorietät ohne gleichzeitige Zession der Forderung gegen den Hauptschuldner abgetreten werden kann (in Ausnahmefällen könnte auch eine Verselbständigung der Bürgschaftsforderung in Betracht kommen, vgl. Roth in MünchKomm 2 Rz 16 zu § 399; BGH WM 1982, 148; JBl 1986, 647).

Dem Umstand, daß zwischen der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. und der Kur- und Sporthotel A*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG im Konsortialvertrag und dessen Abwicklung nicht deutlich unterschieden wurde, kommt, weil die Klägerin das Vorgehen der Treuhänderin genehmigte, keine entscheidende Bedeutung zu. Auch ist nicht zweifelhaft, daß beide Banken die für Bankgeschäfte erforderliche Berechtigung haben. Nach § 5 HypothekenbankenG durfte die Treuhänderin im eigenen Namen Kreditgeschäfte abschließen. Die Nichtigkeitssanktion des § 1 Abs 4 letzter Satz KWG würde bei einer Verletzung der Satzung nicht eingreifen, sie hätte nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes zur Folge (JBl 1986, 647).

Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum erkannt, daß das Verfahren in erster Instanz ergänzungsbedürftig ist. Die vom Beklagten dagegen vorgetragenen Argumente können nicht überzeugen. Es wird zur abschließenden rechtlichen Beurteilung der Berechtigung der klagenden Bank, den Beklagten aus seiner Bürgschaftserklärung auf Zahlung des geltend gemachten Geldbetrages in Anspruch zu nehmen, der Feststellung des im Beschluß des Berufungsgerichtes umschriebenen Sachverhalts bedürfen. Schon jetzt kann gesagt werden, daß allein aus der vereinbarten "verdeckten" (stillen) Treuhand eine Verpflichtung des Treuhänders, den Bürgen über die Treuhandbeziehung aufzuklären, abzulehnen ist. Das Verschweigen, daß die Treuhänderin auf Rechnung und Risiko des Treugebers handelte, verändert allein die Rechtsstellung des beklagten Bürgen nicht und ändert nichts an der Wirksamkeit seiner Haftung als Bürge. Der Beklagte müßte dartun, inwieweit in seine Rechtsposition durch die Auswechslung des Gläubigers eingegriffen wird, weil er sich auch gegen eine Forderungsabtretung sonst nicht wehren könnte. Entscheidend ist bei der Übernahme der Bürgschaft vor allem die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners, nicht aber die Person des Gläubigers. Auf die weiteren allenfalls zu prüfenden Einwände des Beklagten hat das Berufungsgericht, soweit dies im gegenwärtigen Verfahrensstadium zweckmäßig ist, Bedacht genommen. Auf die übrigen zutreffenden Rechtsausführungen im Aufhebungsbeschluß kommt der Beklagte nicht mehr zurück.

Seinem Rekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E09793

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00519.86.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19861203_OGH0002_0030OB00519_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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