TE OGH 1986/12/9 5Ob64/86

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Veröffentlicht am 09.12.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Sabine G***, Studentin, Luftbadgasse 17/8, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Josef K***, Staatsdiplomtrainer, Luftbadgasse 17, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Helmut Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ermäßigung des Hauptmietzinses gemäß § 44 Abs. 2 Z 1 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 20. Februar 1986, GZ. 41 R 995/85-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. August 1985, GZ. 42 Msch 18/84-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit dem Vertrag vom 4. Juni 1981 mietete die Antragstellerin die Wohnung Nr 8 in dem im Eigentum des Beklagten stehenden Haus Luftbadgasse 17 im 6.Wiener Gemeindebezirk zu einem wertgesicherten Mietzins von monatlich S 7.000,-. Ihrer damaligen Ausstattung nach entsprach diese Wohnung der Kategorie B.

Zwischen den Vertragsparteien bestehen Meinungsverschiedenheiten über die Berechnung der Nutzfläche dieser Wohnung: die Mieterin meint, die Nutzfläche betrage weniger als 130 m 2 , der Vermieter ist der Ansicht, die Nutzfläche liege über 130 m 2 . Auf Antrag der Mieterin stellte das Erstgericht fest, daß der Antragsgegner als Vermieter das zulässige Zinsausmaß zu den Zinsterminen 1. Mai 1983 bis 13. Jänner 1984 der Antragstellerin gegenüber insoweit überschritten habe, als der vorgeschriebene Hauptmietzins das eineinhalbfache des Betrages übersteige, der sich für die genannte Wohnung als Hauptmietzins gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG ergibt; dem Antragsgegner wurde aufgetragen, die Überschreitungsbeträge von je S 5.739,71 (insgesamt S 51.657,39) der Antragstellerin zurückzuzahlen.

Unter Zugrundelegung des eingeholten Sachverständigenbefundes nahm das Erstgericht eine Wohnnutzfläche von 128,40 m 2 an, wobei es weder die Nischen noch 2 Duschen und die Querschnittfläche des durch das Vorzimmer der Wohnung verlaufenden Aufzugsschachtes berücksichtigte. Es erachtete das Zinsermäßigungsbegehren der antragstellenden Mieterin auf das eineinhalbfache des im § 16 Abs 2 Z 3 MRG genannten Betrages als zulässig.

Das Gericht zweiter Instanz hob in Stattgebung des Rekurses des Vermieters den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und verwies die Mietrechtssache mit dem Vorbehalt der Rechtskraft seiner Entscheidung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Beschlußfassung in die erste Instanz zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht im wesentlichen an:

Gemäß § 17 Abs 2 MRG sei die - im Naturmaß zu

berechnende - Nutzfläche, die in Quadratmetern auszudrücken sei, die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstandes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Treppen, offene Balkone und Terrassen sowie Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet seien, seien bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Der Ausdruck "Nutzfläche" sei zwar in dieser Gesetzesstelle wie schon in § 2 Abs 2 Z 7 MG gleichgeblieben, habe aber nun - so auch durch § 16 WGG, § 6 WEG und im wesentlichen durch § 2 Abs 1 Z 9 WFG 1968 - insofern einen neuen Inhalt bekommen, als nicht nur die Wandstärken, sondern auch die im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) von der gesamten Bodenfläche abzuziehen seien. Damit fielen insbesondere alle Fenster- und Türnischen, gleichgültig, ob sie genutzt werden bzw. genutzt werden können oder nicht, aus der Nutzfläche heraus (vgl.Würth in Rummel, Rz 7 zu § 17 MRG; Würth-Zingher 2 Anm 8 zu § 17 MRG und Anm 4 zu § 22 MRG). Das Gesetz biete auch keine Grundlage für eine Rundung der Nutzflächen. Vertragliche Vereinbarungen über das Ausmaß der Nutzfläche seien unzulässig, so daß der Absicht der Parteien, ob die in der Küche befindliche Nische der Nutzfläche zuzurechnen ist, keine Bedeutung zukomme. Die von den beiden Duschen beanspruchte Bodenfläche sei in die Nutzfläche einzubeziehen, dies komme aber für den durch die Wohnung führenden Aufzugsschacht nicht in Betracht: dabei handle es sich nicht um einen Teil der Wohnung, selbst wenn die Wohnung direkt vom Aufzug her betreten werden kann. Das erstinstanzliche Verfahren sei insofern mangelhaft und ergänzungsbedürftig, weil Feststellungen über den Zeitpunkt des Zuganges des Herabsetzungsschreibens und des ab diesem Zeitpunkt vom Antragsgegner jeweils vorgeschriebenen Hauptmietzinses (einschließlich der Wertsicherung) fehlten. Den weiteren Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, daß eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den behandelten Rechtsfragen fehle. Der Vermieter hat gegen den Beschluß des Rekursgerichtes Revisionsrekurs eingebracht. Er bekämpft die dem Erstgericht überbundenen Rechtsansichten - ausgenommen die Einbeziehung der von den Duschen beanspruchten Bodenflächen in die Nutzflächenberechnung - und beantragt in erster Linie, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Mieterin abzuweisen, in zweiter Linie, diesen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht, in eventu dem Erstgericht, die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung unter Einbeziehung der Bodenflächen der beiden Duschen, des Aufzugsschachtes und der Türdurchgänge im Vorraum in die Nutzflächenberechnung aufzutragen.

Die Mieterin begehrt in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs des Vermieters nicht Folge zu geben. Mit der Begründung, es handle sich bei den vom Rekursgericht geäußerten und vom Vermieter bekämpften Rechtsansichten nicht um solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 37 Abs 3 Z 18 MRG, stellt die Mieterin - ohne einen entsprechenden Antrag auf Zurückweisung - die Zulässigkeit des Revisionsrekurses des Vermieters in Frage.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel des Vermieters ist zulässig, aber nicht berechtigt.

§ 527 Abs 2 zweiter Satz ZPO gilt, wie Lehre und Rechtsprechung übereinstimmend ausgesprochen haben (vgl. Würth-Zingher, MRG 2 181 Anm 61 zu § 37 und die dort angegebene Judikatur), für Aufhebungsbeschlüsse mit Rechtskraftvorbehalt auf Grund von Rekursen gegen erstinstanzliche Sachbeschlüsse nicht. Der Revisionsrekurs des Vermieters ist daher bloß auf Grund des - für den Obersten Gerichtshof in seiner Richtigkeit

unüberprüfbaren - Zulässigkeitsausspruches des Rekursgerichtes jedenfalls statthaft.

Mit Recht verweist die Mieterin in ihrer Rechtsmittelgegenschrift darauf, daß nach dem klaren Wortlaut des § 17 Abs 2 MRG und der Verschiedenheit der in den beiden Sätzen dieses Absatzes geregelten Problemkreise der Vermieter das Gesetz unrichtig liest, wenn er die Ansicht äußert, es komme bei den im ersten Satz bezeichneten Bodenflächen, nämlich den im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen), ebenso wie bei den im zweiten Satz dieses Absatzes angeführten Baubestandteilen (Treppen, offenen Balkonen und Terrassen sowie Keller- und Dachräumen) auf das dort genannte Erfordernis der infolge der Ausstattung mangelhaften Eignung für Wohn- oder Geschäftszwecke an. Der erste Satz des zweiten Absatzes des § 17 MRG stellt dieses Erfordernis mit Recht gar nicht in den Tatbestand ein, weil die Wanddurchbrechungen und Wandausnehmungen (Nischen) einer Wohnung jedenfalls Wohnzwecken und eines Geschäftslokals Geschäftszwecken dienen, aber keinesfalls, ob sie nun im Einzelfall wirklich benützt werden oder nicht, in die Nutzflächenberechnung einzubeziehen sind. Der Oberste Gerichtshof stimmt deshalb der diesbezüglichen Rechtsansicht des Rekursgerichtes in Übereinstimmung mit der dort zitierten Lehrmeinung Würths voll zu.

Es ist aber auch dem Rekursgericht in der Ansicht beizustimmen, daß die Querschnittsfläche des durch den Vorraum der Wohnung führenden Aufzugsschachtes nicht der Wohnnutzfläche zuzurechnen ist, weil es sich bei diesem Aufzug - wie dem in den Akten liegenden Plan und Gutachten ON 6 klar zu entnehmen ist und von den Parteien auch gar nicht in Frage gestellt wird - um eine Gemeinschaftsanlage handelt: der Aufzug führt nämlich vom Erdgeschoß des Hauses direkt in jede der darüber befindlichen Wohnungen und kann deshalb nicht anders beurteilt werden, als eine zu allen übereinander befindlichen Wohnungen eines Hauses vom Erdgeschoß aus führende Treppe. Aus den dargelegten Gründen kann dem Revisionsrekurs des Vermieters kein Erfolg zuerkannt werden.

Anmerkung

E09831

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00064.86.1209.000

Dokumentnummer

JJT_19861209_OGH0002_0050OB00064_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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