TE OGH 1986/12/16 1Ob696/86

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Veröffentlicht am 16.12.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Natascha S***, geboren am 6. April 1969, Kanzleipraktikantin, Linz, Schillerstraße 39, vertreten durch Dr. Werner H***, Rechtspraktikant, als Kollisionskurator infolge Revisionsrekurses des Vaters Eugen S***, Sportwart, Linz, Schillerstraße 39, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 2. Juli 1986, GZ 13 R 480/86-43, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 9. Mai 1986, GZ 2 P 87/77-37, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 6. April 1969 geborene Natascha S*** ist die eheliche Tochter des Eugen und der Ingrid S***. Die Ehe der Eltern wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20. April 1977, 7 Cg 57/77, aus dem Verschulden der Ehegattin geschieden. Mit Beschluß vom 30. September 1977 (ON 6) sprach das Erstgericht aus, daß dem Vater das Recht zur Pflege und Erziehung der Minderjährigen zustehe. Ingrid S*** wurde mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 1. Juni 1979 (ON 14) verpflichtet, zum Unterhalt der mj. Natascha, beginnend ab 29. Dezember 1978 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit den Betrag von S 600,-- monatlich zu bezahlen. Eugen S*** beantragte am 3. August 1979 (ON 15) die Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen, weil die Mutter keine Zahlung geleistet habe. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 20. Jänner 1982 (ON 18) wurde auf Grund des Beschlusses vom 1. Juni 1979 ein monatlicher Unterhaltsvorschuß von S 600,-- bewilligt. Mit Beschluß vom 11. Mai 1983 (ON 24) wurde der von der Mutter zu bezahlende monatliche Unterhaltsbetrag ab 1. März 1983 auf S 1.200,-- erhöht. Der Unterhaltsvorschuß wurde mit Beschluß vom 13. Juni 1983 (ON 26) von Amts wegen auf S 1.200,-- erhöht. Mit Beschluß vom 19. Dezember 1984 (ON 27) wurde der Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 1. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1987 weiter gewährt. Mit Schreiben vom 25. März 1986 (ON 31) gab das Jugendamt der Stadt Linz dem Erstgericht bekannt, daß die mj. Natascha seit 2. Dezember 1985 als Kanzleipraktikant beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung beschäftigt ist und eine monatliche Entlohnung von S 4.105,43 netto bezieht. Es wurde ersucht, die Unterhaltsvorschüsse mit 31. Dezember 1985 einzustellen. Das Erstgericht erkannte mit seinem Beschluß vom 9. April 1986 (ON 32) im Sinne dieses Antrags.

Am 15. April 1986 beantragte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz, die Ersatzpflicht der mj. Natascha S***, hilfsweise des gesetzlichen Vertreters Eugen S***, für den zu Unrecht bezogenen Unterhaltsvorschuß von S 4.800,-- auszusprechen (ON 34). Eugen S*** beantragte, im Hinblick auf seine beengten wirtschaftlichen Verhältnisse vom Ausspruch der Ersatzpflicht Abstand zu nehmen; der zu Unrecht erhaltene Betrag sei für den Unterhalt des Kindes verbraucht worden. Das Jugendamt der Stadt Linz teilte mit, daß Eugen S*** am 9. Dezember 1985 bekanntgegeben habe, daß die mj. Natascha ab 2. Dezember 1985 als Büropraktikantin tätig sei. Da ein Lohnzettel nicht eingelangt sei, habe eine Gehaltsauskunft der Oberösterreichischen Landesregierung eingeholt werden müssen.

Das Erstgericht sprach mit Beschluß vom 9. Mai 1986 (ON 37) aus, daß vom Ersatz der an die mj. Natascha S*** von Jänner 1986 bis April 1986 zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse im Betrag von S 4.800,-- Abstand genommen werde. Gegen diesen Beschluß erhob der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz Rekurs. Das Erstgericht bestellte mit Beschluß vom 6. Juni 1986 (ON 40) Dr. Werner H***, Rechtspraktikant beim Bezirksgericht Linz, zum Kollisionskurator der mj. Natascha S*** mit dem Wirkungskreis der Vertretung der Minderjährigen im Verfahren über den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz auf Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Unterhaltsvorschüsse. Der Kollisionskurator gab die Erklärung ab, das bisherige Verfahren zu genehmigen. Das Landesgericht Linz gab dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz Folge und änderte mit seinem Beschluß vom 2. Juli 1986 (ON 43) den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß Natascha S*** verpflichtet wurde, die zu Unrecht erhaltenen Unterhaltsvorschüsse von insgesamt S 4.800,-- in 12 Monatsraten a S 400,--, beginnend mit der Rechtskraft des Beschlusses an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz zurückzubezahlen. Dieser Beschluß wurde dem Kollisionskurator Dr. Werner H*** am 23. Juli 1986 zugestellt. Mit dem an das Landesgericht Linz gerichteten Schreiben vom 28. Juli 1986 (ON 44) versuchte Eugen S*** als Vertreter der mj. Natascha S***, von der Auferlegung des Rückersatzes des Betrages von S 4.800,-- an Natascha S*** Abstand zu nehmen. Das Erstgericht wies das Rechtsmittel mit Beschluß vom 19. August 1986 (ON 45) zurück. Zur Vertretung der mj. Natascha S*** sei als Kollisionskurator Dr. Werner H*** bestellt worden, dem Vater komme daher die Rekurslegitimation nicht zu. Am 25. September 1986 erschienen Eugen S*** und Dr. Werner H*** beim Erstgericht und erklärten, "gemeinsam" Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes zu erheben. Das Rekursgericht wies mit seinem Beschluß vom 17. Oktober 1986 (ON 50) den Rekurs des Vaters zurück, gab dem Rekurs der Minderjährigen Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Vorlage des Rekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 2. Juli 1986 (ON 43) an den Obersten Gerichtshof auf. Eugen S*** habe den Rekurs nicht selbst, sondern als Vertreter seiner Tochter erhoben. Da ihm Vertretungsbefugnis im Verfahren betreffend den Rückersatz der zu Unrecht erhaltenen Unterhaltsbeträge nicht zukomme, hätte das Erstgericht gemäß § 6 Abs 2 ZPO die zur Behebung des Mangels der gesetzlichen Vertretung erforderlichen Aufträge erteilen müssen. Das Vorbringen des Kollisionskurators lasse erkennen, daß er der Erhebung des Rekurses zustimme und sich dem Rechtsmittel anschließe. Demnach liege der vom Erstgericht angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist nicht schon gemäß § 15 Abs 3 UVG unzulässig, weil die mit dieser Bestimmung verfügte Rechtsmittelbeschränkung nicht für Beschlüsse über den Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse gilt; deren Anfechtbarkeit richtet sich nach den §§ 14 und 16 AußStrG (JBl 1984, 486; EFSlg 46.496, 41.518 u.a.). Das Erstgericht hat zutreffend erkannt, daß Eugen S*** im Hinblick auf die obwaltende Interessenkollision zur Vertretung der mj. Natascha im Verfahren über die Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Unterhaltsvorschüsse nicht befugt ist. Es hat deshalb Dr. Werner H*** zum Kollisionskurator der Minderjährigen bestellt (vgl. SZ 55/24). Wird für ein bestimmtes Geschäft ein Kollisionskurator bestellt, so verliert der gesetzliche Vertreter insoweit die Vertretungsbefugnis (NZ 1973, 95; RZ 1968, 194; SZ 36/163; SZ 25/242), ihm kommt daher auch eine Rechtsmittelbefugnis nicht zu. Der Beschluß des Rekursgerichtes vom 2. Juli 1986 (ON 43) wurde dem Kollisionskurator Dr. Werner H*** am 23. Juli 1986 zugestellt; er ließ diesen Beschluß unbekämpft. Eine Genehmigung des von Eugen S*** erhobenen Rechtsmittels gemäß § 6 ZPO kommt nicht in Betracht, da die Minderjährige ohnehin gesetzlich vertreten war. Ein Mangel der gesetzlichen Vertretung, wie ihn § 6 ZPO voraussetzt, liegt nicht vor. Demzufolge ist der Revisionsrekurs des Eugen S*** zurückzuweisen.

Anmerkung

E09760

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00696.86.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19861216_OGH0002_0010OB00696_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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