TE OGH 1986/12/18 7Ob713/86

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Veröffentlicht am 18.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wilhelm F***, Hauseigentümer, Wien 8., Tigergasse 26-28/3/9, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Haimo Puschner, Dr. Christian Tassul und Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** A*** S*** M*** Warenvertriebsgesellschaft m.b.H., Wien 1., Rauhensteingasse 10, vertreten durch Dr. Hans Bichler, Dr. Daniel Charim und Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 69.790,41 s.A. und Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14.August 1986, GZ 48 R 250/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17.Jänner 1986, GZ 50 C 596/85-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.333,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.030,35 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Rechtsstreiten 50 C 512/85, 50 C 646/85 und 50 C 596/85 begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung von S 68.790,41 und die Räumung der ihr vermieteten Geschäftsräumlichkeiten. Die Beklagte sei trotz Mahnung mit den Mietzinsen für die Monate März, Juli und August 1985 im Rückstand. Der Kläger bringe deshalb das Mietverhältnis gemäß § 1118 ABGB mit sofortiger Wirkung zur Auflösung.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klagen, da sämtliche Mietzinse bezahlt worden seien.

In der Tagsatzung vom 20.12.1985, ON 4, übergab die Beklagte dem Kläger einen Bankscheck über S 91.300 (eingeklagter Betrag zuzüglich eines weiteren Rückstandes für Oktober 1985). Der Kläger erklärte, den Scheck nicht an Zahlungs Statt, sondern nur zahlungshalber zu übernehmen. Die Beklagte treffe an der verspäteten Zahlung ein grobes Verschulden. Der Mietzins sei seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahre 1983 überwiegend nicht zum Fälligkeitstermin, sondern erst nach Mahnung oder gerichtlicher Geltendmachung bezahlt worden.

Die Beklagte bestritt das Vorliegen eines groben Veschuldens. Das Erstgericht gab den Klagen statt und traf folgende Feststellungen:

Die Beklagte ist seit 1.1.1983 Mieterin jener Räumlichkeiten, hinsichtlich derer der Kläger die Aufhebung des Vertrages fordert. Der vereinbarte Mietzins beträgt - wertgesichert - S 18.000 zuzüglich anteiliger Betriebskosten. Der Mietzins für die Monate März 1985 (S 22.872,67), Juli 1985 (S 22.430,97) und August 1985 (S 23.441,77) wurde von der Beklagten trotz Mahnung nicht bezahlt. Die Zinsvorschreibungen erfolgten monatlich. Sie wurden der Beklagten von der Hausbesorgerin übergeben. Im Falle eines Mietzinsrückstandes wurden der Vorschreibung für den nächsten Monat Zahlungserinnerungen beigeschlossen. Auf den Zahlscheinen wird die Kontonummer der Hausverwaltung bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse angegeben.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Hingabe eines Schecks durch die Beklagte an den Kläger in der (letzten) Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20.12.1985 sei nicht als Zahlung des Mietzinsrückstandes anzusehen. Da der Kläger den Scheck nur als Leistung zahlungshalber akzeptiert habe, erlösche die Schuld nicht mit der Hingabe des Schecks, sondern erst, wenn der Gläubiger die ursprünglich geschuldete Leistung aus dem erfüllungshalber Hingegebenen erhalte. Die Beklagte sei sohin mit der Bezahlung des Mietzinses in einem qualifizierten Zahlungsrückstand gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Streitwert S 300.000 übersteigt. Ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes führte es aus, eine auf § 30 Abs.2 Z 1 MRG gestützte Kündigung sei gemäß § 33 Abs.2 MRG aufzuheben, wenn den Mieter am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden treffe und er vor Schluß der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz unmittelbar vorangehenden Verhandlung den geschuldeten Betrag entrichte. Dies gelte gemäß § 33 Abs.3 MRG sinngemäß auch bei Rechtsstreitigkeiten wegen Räumung des Mietgegenstandes im Sinne des § 1118, 2.Fall, ABGB). Der Zahlungsverzug sei erst beendet, wenn die Leistung beim Gläubiger, dessen Konto oder dessen Machthaber einlange. Habe die Beklagte dem Kläger in der letzten mündlichen Streitverhandlung auch einen von einem Kreditinstitut ausgestellten Bankscheck übergeben, mit dessen Bonität und Einlösung zu rechnen gewesen sei, sei damit doch der geschuldete Zinsbetrag noch nicht entrichtet gewesen. Bei Hingabe eines Schecks trete nämlich Erfüllung erst ein, wenn der Gläubiger den Gegenwert des im Zweifel zahlungshalber angenommenen Schecks erhalte. Der Kläger habe ausdrücklich erklärt, den Scheck zahlungshalber anzunehmen. Der Mietrückstand sei deshalb durch die Hingabe des Schecks nicht getilgt worden. Die Übergabe eines Bankschecks sei der Barzahlung nicht gleichzuhalten.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben. In der Revision macht die Beklagte geltend, das Insolvenzrisiko des Scheckempfängers entfalle, werde der Scheck von einer Bank ausgestellt, angesichts deren Bonität zur Gänze. Die Bank hafte für die auszuzahlende Summe mit ihrem ganzen Vermögen. Die Hingabe eines Bankschecks beinhalte für den Scheckempfänger die gleichen Sicherheiten wie die Hingabe von Bargeld; der Bankscheck sei auch überall einlösbar. Die Tilgung der Verbindlichkeit habe sowohl durch Bargeld als auch durch eine qualifizierte gleichwertige Leistung erfolgen können. Die Annahme eines von einer Bank ausgestellten Schecks bloß zahlungshalber sei daher geradezu eine schikanöse Rechtsausübung.

Rechtliche Beurteilung

Diese Ausführungen sind nicht berechtigt.

Eine Kündigung nach § 30 Abs.2 Z 1 MRG ist gemäß § 33 Abs.2 MRG aufzuheben, wenn den Mieter an dem Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden trifft und er den geschuldeten Betrag vor Schluß der der Entscheidung des Gerichts erster Instanz unmittelbar vorangehenden Verhandlung entrichtet. Diese Regelung gilt sinngemäß bei Rechtsstreitigkeiten nach § 1118, zweiter Fall, ABGB (§ 33 Abs.3 MRG).

Zur Frage, ob den Mieter an dem festgestellten Zahlungsrückstand ein grobes Verschulden trifft, wurden keine Feststellungen getroffen. Das Revisionsgericht pflichtet jedoch den Vorinstanzen darin bei, daß der Klage bereits deshalb stattzugeben ist, weil der Mieter den geschuldeten Betrag nicht zu dem in § 33 Abs.2 MRG genannten Zeitpunkt entrichtet hat.

Voraussetzung für die Aufhebung der Kündigung bzw. die Abweisung des Räumungsbegehrens ist die Zahlung des gesamten bei Verhandlungsschluß bestehenden Rückstandes. Der geschuldete Zinsbetrag muß, um rechtzeitig gezahlt zu sein, vor Schluß der Verhandlung in die Hände des Vermieters gelangt sein (SZ 13/229). Bei der Hingabe eines Schecks tritt die Wirkung der Erfüllung erst ein, wenn der Gläubiger den Gegenwert des im Zweifel immer nur zahlungshalber angenommenen Schecks erhält (SZ 7/228, SZ 45/103, Gschnitzer in Klang 2 VI 378, Koziol-Welser, Grundriß 7 I 251, Baumbach-Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz 15 , Rdz 19 zu Einleitung zum Scheckgesetz). Der Scheck dient zwar der Zahlung, ist aber kein gesetzliches Zahlungsmittel (Baumbach-Hefermehl aaO Rdz 20). Der Scheckinhaber hat - auch ohne Widerruf - dem Bezogenen gegenüber keinen Anspruch auf Zahlung des Schecks (Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 126; SZ 25/175). Der Umstand, daß der von der Beklagten dem Kläger übergebene Scheck von der ausstellenden Bank auf sich selbst gezogen wurde (vgl. Art.6 Abs.3 ScheckG), erhöht ohne jeden Zweifel die Sicherheit des Scheckempfängers ganz bedeutend. Dies ändert jedoch nichts daran, daß auch der Bankscheck ein Scheck ist, und daß deshalb die Wirkung der Erfüllung - eine Annahme des Schecks durch den Kläger an Zahlungs Statt ist ausdrücklich nicht erfolgt - erst eintritt, wenn der Gläubiger den Gegenwert des Schecks erhält (der von Schinnerer-Avancini, Bankverträge III, 98, behandelte Spezialfall der Honorierung des Akkreditivs kann nicht verallgemeinert werden). Die Behauptung, die Annahme eines von einer Bank ausgestellten Schecks bloß zahlungshalber sei schikanöse Rechtsausübung, kann als Neuerung im Revisionsverfahren nicht beachtet werden (§ 507 Abs.3 ZPO).

Mit Recht haben die Vorinstanzen in der zahlungshalber angenommenen Hingabe eines Schecks eine Erfüllung nicht gesehen und dem Klagebegehren stattgegeben. Der Revision mußte deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10047

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00713.86.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19861218_OGH0002_0070OB00713_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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