TE OGH 1986/12/22 13Os168/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Aumann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mustafa A*** und Fazli A*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG a.F. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 24.März 1986, GZ. 21 a Vr 2914/84-167, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mustafa A*** wird zur Gänze, jene des Angeklagten Fazli A*** wird mit Ausnahme des den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG betreffenden und jenes Teils, in welchem bezüglich des Schuldspruchs wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO geltend gemacht wird, zurückgewiesen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fazli A*** betreffend den Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG wird Folge gegeben, der Schuldspruch und der Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz werden aufgehoben und es wird die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht verwiesen. Über den noch nicht erledigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fazli A*** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der beiden Angeklagten wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

I.

Mustafa A*** und Fazli A*** wurden des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG a.F., A*** teils, A*** ausschließlich in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB (I 1, II 1), weiters A*** des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (I 2) und A*** des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II 2) schuldig erkannt. Darnach war Mustafa A*** Gehilfe des wegen (Einfuhr nach und) versuchter Ausfuhr aus Österreich von 20,746 kg Heroin gesondert verfolgten Mustafa Ö*** (I 1), Fazli A*** war Anstifter dieser Straftraten (II 1) und des damit von Ö*** begangenen Schmuggels (II 2). Darüber hinaus hat Mustafa A*** zwei Gendarmeriebeamte des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt (§ 311 StGB) und der Verletzung einer Standespflicht wissentlich falsch bezichtigt (I 2). Die beiden Angeklagten machen Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 5 und 10 StPO, A*** überdies nach Z. 3, 9 lit a und 11 geltend.

II.

Das überaus weitwendige Beschwerdevorbringen des Mustafa A*** gleicht insgesamt einer im Schöffengerichtsverfahren unzulässigen (§ 280 StPO) Schuldberufung. Die Beschwerde verläßt dabei die Beweisgrundlage, indem sie punktuell einzelne Passagen des Urteils und Teile von Beweismitteln aus dem Zusammenhang reißt und sie einer gesonderten Betrachtung unterzieht, dies mit der Behauptung, die Urteilskonstatierungen seien unhaltbar und entbehrten jeglicher Grundlage, andere Feststellungen wären zu treffen gewesen. Dabei übersieht dieser Beschwerdeführer einerseits, daß die Tatrichter dem Mustafa Ö*** Glauben schenkten, der in seinem gesondert geführten Verfahren ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und als Zeuge im gegenständlichen Prozeß bei seinen die Angeklagten belastenden Angaben geblieben ist (S. 174, VI); andererseits, daß sich damit die ursprünglich gleichfalls geständigen Angaben des A*** decken und die erstinstanzliche Geschehensbeurteilung folgerichtig ergänzen (S. 170, 175/VI).

Ebensowenig prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist die Rechtsrüge des Angeklagten A***, weil er ihr einen in der Würdigung eines Telephongesprächs zwischen den Angeklagten und Ö*** enthaltenen Teil der Entscheidungsgründe (S. 175, VI), nicht aber deren Feststellung unterlegt, daß Mustafa A*** und Fazli A*** das mit einem Gewicht von 20,746 kg weit über der Grenzmenge liegende Heroin ebenso wie den Verteilungsmodus in ihren Vorsatz aufgenommen haben (S. 167, VI).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Mustafa A*** war damit zur Gänze bereits in nichtöffentlicher Beratung als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO).

III.

Ebenso unberechtigt ist die Beschwerde des Fazli A***, soweit sie behauptet (Z. 3), dem Urteil könne zu II 1 nicht entnommen werden, welcher Tat er schuldig befunden worden sei und welche strafbare Handlung er dadurch begangen habe (§ 260 Abs 1 Z. 1 und 2 StPO). Werden doch im Urteil nicht nur die Tat des Ö***, zu der ihn A*** anstiftete, sondern auch diese Anstiftung selbst durch Auftragserteilung und Finanzierung deutlich umschrieben (S. 158, 162, VI). Soweit mit diesem Beschwerdevorbringen auch Einwände gegen die Qualifizierung der Bestimmungshandlung als unmittelbare Täterschaft vorgebracht werden, wird inhaltlich ein Subsumtionsirrtum (Z. 10) behauptet, über den gemeinsam mit der unter ausdrücklicher Zitierung dieser Gesetzesstelle erhobenen Rechtsrüge im Gerichtstag entschieden werden wird. Dem weiteren Standpunkt des Beschwerdeführers zuwider muß die Schuldform vorsätzlichen Handelns im Spruch nicht zum Ausdruck kommen (siehe § 7 Abs 1 StGB).

Das Vorbringen der Mängelrüge, soweit es nicht auf die Ausführungen zum vorangehenden Nichtigkeitsgrund verweist, läuft auf eine Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus, indem die Beweiskraft der Angaben des Mustafa Ö***, denen, wie anläßlich der Erledigung der Beschwerde des Mitangeklagten erwähnt, volle Glaubwürdigkeit zuerkannt wurde, und der Protokolle über Telephongepräche in Zweifel gezogen werden.

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) geht - anders, als sie

behauptet - nicht von den Urteilskonstatierungen aus, weil sie den festgestellten Gefährdungsvorsatz bestreitet (S. 167, VI). Die gegen den Schuldspruch nach § 12 SuchtgiftG a.F. erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*** erweist sich demnach teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z. 2 StPO), teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO), weshalb das Rechtsmittel in diesem Umfang bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen war.

IV.

Im Recht ist hingegen die Beschwerde (Z. 3, 5, 9 lit a, 11) des Fazli A***, die den Schuldspruch nach §§ 35, 38 FinStrG anficht. Fehlen doch im Urteil jegliche Ausführungen und Feststellungen zu einem gewerbsmäßigen Verhalten dieses Angeklagten. Der dennoch nach §§ 35, 38 Abs 1 lit a FinStrG gefällte Schuldspruch ist damit aus dem Grund der Z. 10 nichtig. Er war, so wie der darauf gegründete Strafausspruch, in nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben und die diesbezügliche Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen (§ 285 e StPO). Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht, ausgehend vom gesetzlich umschriebenen (§ 38 Abs 1 lit a FinStrG, § 70 StGB) und in der Rechtsprechung verdeutlichten (Dorazil-Harbich-Reichel, Kropfitsch, Finanzstrafrecht, Entscheidungen zu § 38: I) Begriff der Gewerbsmäßigkeit, entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Erachtet demnach das Gericht diesen namentlich im Gesetz angeführten erschwerenden Umstand für nicht gegeben, scheidet auch die darauf gegründete Annahme gerichtlicher Zuständigkeit aus (siehe § 53 Abs 1 lit a FinStrG). Soweit hernach eine Gerichtskompentenz auf § 53 Abs 4 FinStrG gegründet würde, wären entsprechende Feststellungen notwendig, insbesondere, daß die gerichtliche Zuständigkeit zur Durchführung des Finanzstrafverfahrens bei Ö*** gegeben ist bzw. war (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch E. 16 zu § 53 FinStrG). Die Ermittlungen des Erstgerichts betreffend den auf das Suchtgift entfallenden Abgabenbetrag sind - wie die Beschwerde ebenfalls zutreffend aufzeigt - falsch, weil sie ersichtlich nicht von dem seit 1.Jänner 1977 (9.ZolltarifGNov. BGBl. Nr. 669/1976) geltenden Gewichtszoll, sondern noch von einem Wertzoll (s. ON. 84) ausgehen. Auch dies wird im erneuerten Verfahren zu beachten sein, in dem ferner nicht die durch die Finanzstrafgesetznovelle 1985 (BGBl. Nr. 571) geänderten Zuständigkeitsnormen, sondern die zur Zeit der Begründung der Gerichtsanhängigkeit geltenden zugrunde zu legen sein werden (Art. II § 3 Abs 2 FinStrGNov. 1985).

V.

Über den unerledigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Fazli A*** (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO betreffend den Schuldspruch nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG) sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten (ausschließlich wegen der nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG verhängten Strafen) wird spruchgemäß (§§ 285 d Abs 2, 296 Abs 3 StPO) verfahren werden.

Anmerkung

E10270

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00168.86.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19861222_OGH0002_0130OS00168_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten