TE OGH 1987/1/27 5Ob19/86

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Veröffentlicht am 27.01.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Hofmann und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1) Dkfm. Rudolf M***, Kaufmann, 6365 Kirchberg I/85, und 2) Rosalia M***, Geschäftsfrau, 6365 Kirchberg I/85, beide vertreten durch Dr.Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin St. Georgs-Apotheke Mag. H*** & Co KG, 6365 Kirchberg I/85, vertreten durch Dr.Heinrich Schmiedt, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß § 12 Abs 3 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 22. November 1985, GZ 3 a R 389/85-20, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 13.Juni 1985, GZ Msch 12/84-16, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters Dr. Bernhard H*** binnen 14 Tagen 40 S an Barauslagen für die Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die beiden Antragsteller sind Miteigentümer des Hauses Kirchberg I/85. In diesem Hause befinden sich Geschäftsräumlichkeiten, die dem Betrieb der St. Georgs-Apotheke dienen, mit einer dazu gehörigen kleinen Wohnung; die gesamte Nutzfläche dieser beiden Objekte beträgt ca. 239,06 m 2 . Im Jahre 1958 haben die Antragsteller die Geschäftsräumlichkeiten und die Wohnung samt Nebenräumen (3 Kellerräume, Lager, Magisterzimmer) der Apothekerin Dr. Margit B*** vermietet. Bis zum 30. April 1984 betrieb diese Mieterin die öffentliche Apotheke als Einzelkaufmann. Mit dem Gesellschaftsvertrag vom 1. Mai 1984 errichtete Dr. B*** mit Mag. Hans H*** eine Kommanditgesellschaft zum Betrieb der öffentlichen Apotheke mit der Firma "St.-Georgs-Apotheke Magister H*** & Co KG", die aus Mag. H*** als persönlich haftenden Gesellschafter und Dr. B*** als Kommanditistin besteht. Laut Punkt III des Gesellschaftsvertrages hatte die Kommanditistin das von ihr bis dahin als Einzelkaufmann betriebene Apothekenunternehmen samt Inventar, Warenlager und den Rechten aus dem Mietvertrag über das Geschäftslokal vom 2.August 1958 in Anrechnung auf das für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgebliche Kapitalkonto in Höhe von 100.000 S als Sacheinlage in die Gesellschaft einzubringen. Am 3. Mai 1984 wurde die seit 1. Mai 1984 bestehende Kommanditgesellschaft zu A 5479 ins Handelsregister beim Landesgericht Innsbruck als Handelsgericht eingetragen. Mit Brief (ohne Datum) teilte hierauf Dr. B*** dem Erstantragsteller mit, daß sie zum 1. Mai 1984 mit ihrem langjährigen Mitarbeiter Magister Hans H*** zum künftigen gemeinsamen Betrieb des Apothekenunternehmens eine Kommanditgesellschaft mit der Firma "St.-Georgs-Apotheke Mag. Hans H*** & Co KG" gegründet habe und ersuche, die künftigen Mietzinsvorschreibungen und Betriebskostenabrechnungen an ihre Gesellschaft zu adressieren. Dr. B*** hat ihre vertragliche Einlageverpflichtung erfüllt und die Wohnung dem Gesellschafter Mag. H*** überlassen. Die beiden Vermieter beantragten mit der Behauptung, daß die vormalige Mieterin Dr. B*** das in den gemieteten Räumlichkeiten betriebene Apothekenunternehmen durch die Einbringung in die Kommanditgesellschaft veräußert habe, gegenüber der Kommanditgesellschaft als Antragsgegnerin den Hauptmietzins für die im einzelnen angeführten Bestandräumlichkeiten mit halbjährlich 106.790,40 S, wertgesichert nach dem Verbraucherindex 1976, zuzüglich Betriebskosten gemäß § 12 Abs 3 MRG festzusetzen. Dieser Mietzins sei angemessen.

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen diesen Antrag aus; sie bestritt sowohl die Abtretung der Mietrechte durch Veräußerung des Unternehmens als auch die Angemessenheit des nun begehrten Hauptmietzinses.

Das Erstgericht setzte den Hauptmietzins für die Bestandräumlichkeiten im Hause der Antragsteller in Kirchberg I/85, bestehend aus den im Erdgeschoß befindlichen Apothekenräumlichkeiten, drei Kellerräumen, der Wohnung im ersten Stock, dem Magisterzimmer im zweiten Stock und dem Lager im sogenannten Stöckelgebäude, mit halbjährlich 104.500 S, wertgesichert nach dem Verbraucherindex 1976 auf der Basis des Indexwertes für den Monat Juli 1984, fest und wies das Mehrbegehren von 2.290,40 S an weiteren halbjährlichen Hauptmietzins ab. Es erachtete folgende Hauptmietzinse für die einzelnen Räumlichkeiten als angemessen:

1) Erdgeschoß-Räumlichkeiten mit insgesamt

   ca 87 m 2  monatlich netto a 140 S =

   12.180 S, demnach für 6 Monate              73.080 S

2) Kellerräume mit insgesamt ca. 52 m 2

   monatlich a 20 S = 1.040 S,

   demnach für 6 Monate                         6.240 S

3) Wohnung im 1. Stock mit ca 67 m 2

   monatlich a 45 S = 3.015 S,

   demnach für 6 Monate                        18.090 S

4) Zimmer im 2. Stock mit ca 23 m 2

   monatlich a 35 S = 805 S,

   demnach für 6 Monate                          4.830 S

5) Lager im Stöckelgebäude mit ca 7,6 m 2

   monatlich a 30 S = 228 S,

   demnach für 6 Monate                          1.368 S

6) Holzschaukasten an der Nordwestseite

   mit ca 4,5 m 2  Schaufläche,

   monatlich 150 S, demnach für 6 Monate           900 S

                         zusammen          104.508 S,

abgerundet also für 6 Monate 104.500 S.

Rechtlich nahm das Erstgericht den Veräußerungstatbestand im Sinne des § 12 Abs 3 MRG insoferne als erfüllt an, als es meinte, aus den Gesellschaftsvertragsbestimmungen eine Veräußerung der Apotheke durch Dr. B*** an Mag. H*** gegen Leibrente ableiten zu können. Der angemessene Hauptmietzins ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten, das auf der Grundlage von Vergleichswerten Größe, Art, Beschaffenheit, Lage sowie den Ausstattungs- und Erhaltungszustand der Räumlichkeiten berücksichtigt habe und demnach dem Gesetz entspreche. Maßgebend sei dabei der gegenwärtige Zustand und nicht jeder zur Zeit der Begründung des seinerzeitigen Bestandrechtsverhältnisses. Das von der Hauptmieterin angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und ließ den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung zu, es bestehe zu den durch den Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung noch keine gesicherte Judikatur des Höchstgerichts.

Im einzelnen führte das Rekursgericht zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen an:

Unter Veräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG sei u.a. auch die Einbringung des Unternehmens in eine Gesellschaft quoad sortem zu verstehen, nicht aber eine solche zum bloßen Gebrauch (quoad usum). Aus den einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, den Dr. B*** mit Mag. H*** geschlossen hat, lasse sich der Schluß ableiten, daß Dr. B*** die von ihr im Mietgegenstand betriebene Apotheke an Mag. H*** veräußern habe wollen und auch tatsächlich veräußert habe, der Vertrag über die Errichtung einer Kommanditgesellschaft in Wahrheit jedoch nur geschlossen worden sei, um so der Möglichkeit der Mietzinsanhebung durch die Vermieter entgegenzuwirken. Es werde deshalb die Rechtsansicht des Erstgerichtes geteilt, daß es sich bei dem sogenannten Gesellschaftsvertrag in Wahrheit um einen Leibrentenvertrag handle, der ebenfalls dem Veräußerungstatbestand des § 12 Abs 3 MRG zuzuordnen sei. Daß die Vermieter ihren Antrag gegen die Kommanditgesellschaft richteten, sei auf Grund des ihnen vorgelegenen Gesellschaftsvertrages erfolgt. Darin könne aber nicht ein Mangel der Passivlegitimation erblickt werden.

Allgemeine Regeln für die Ermittlung des angemessenen Mietzinses könnten nicht aufgestellt werden, es komme vielmehr immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der Angemessenheit sei dabei jener des Mietrechtsüberganges. Diese Forderung ergebe sich bereits aus dem Gesetzestext, in dem von der Größe, Art, Beschaffenheit, Lage sowie vom Ausstattungs- und Erhaltungszustand die Rede sei; gerade die letzten beiden Kriterien seien aber auf den Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung abzustellen. Der Ansicht der Mieterin, der Sachverständige hätte auf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zurückgreifen müssen, könne nicht gefolgt werden, denn es seien dem Sachverständigen Vergleichspreise aus Kirchberg und St. Johann zur Verfügung gestanden. Der von den Vermietern verlangte angemessene Mietzins entspreche den herangezogenen Vergleichsmieten. Die Mieterin bekämpft diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz mit Revisionsrekurs. Sie stellt den Hauptantrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Antag der Vermieter auf Erhöhung des Hauptmietzinses abzuweisen, und begehrt hilfsweise, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in die erste bzw. zweite Instanz zurückzuverweisen.

Die Vermieter begehren in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs der Mieterin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zunächst wendet sich die Hauptmieterin gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Gesellschaftsvertrag zur Errichtung der Kommanditgesellschaft sei abgeschlossen worden, um so der Möglichkeit der Mietzinsanhebung durch die Vermieter entgegenzuwirken; eine Verpachtung des Unternehmens wäre wesentlich einfacher und zweckmäßiger gewesen. Die Mietrechte des Unternehmens seien von der Kommanditistin und Vormieterin Dr. B*** der Gesellschaft nur zum Gebrauch überlassen worden. Der Veräußerungstatbestand im Sinne des § 12 Abs 3 MRG sei nicht erfüllt.

Auf die von den Vorinstanzen angenommene und von der Hauptmieterin bekämpfte Umgehungsabsicht der Parteien des Vertrages über die Errichtung der Kommanditgesellschaft St. Georgs-Apotheke Mag. H*** & Co KG braucht aus folgenden Erwägungen nicht eingegangen zu werden:

Nach dem Wortlaut des Punktes III des Gesellschaftsvertrages hat die Kommanditistin Dr. B*** das von ihr bis zur Errichtung der Gesellschaft als Einzelkaufmann betriebene Apothekenunternehmen (§ 1 Abs 2 Z 1 HGB) "samt Inventar und Warenlager wie auch die Rechte aus dem Mietvertrag über das Geschäftslokal" in Anrechnung auf das ihr eingeräumte und für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgebliche Kapitalkonto in Höhe von 100.000 S in die Gesellschaft vorbehaltlos eingebracht. Es handelt sich demnach um eine aus den angeführten Gegenständen und Rechten bestehende einheitliche Sacheinlage, dem Unternehmen in seiner Gesamtheit. Der Wortlaut des Gesellschaftsvertrages entspricht in dieser Beziehung der gemäß § 161 Abs 2 HGB bei Kommanditgesellschaften in Zweifelsfällen anzuwendenden Regel des Art. 7 Nr. 2 der 4. EVHGB, daß auch nicht vertretbare und nicht verbrauchbare Sachen, zu denen nach dem Sachbegriff des ABGB auch Rechte (hier Mietrechte) zu zählen sind (Koziol-Welser, Grundriß II 7 , 6), gemeinschaftliches Eigentum der Gesellschafter werden, wenn sie nicht bloß für die Gewinnverteilung vertraglich bewertet wurden, wie dies hier mit der Festlegung eines einheitlichen Betrages für das gesamte Unternehmen einschließlich der Mietrechte zum Zwecke der Anrechnung auf das der Kommanditistin eröffnete und für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen maßgebliche Kapitalkonto geschehen ist. Daß dies übrigens auch von der Kommanditistin Dr. B*** nicht anders gesehen wurde, ergibt sich aus ihrem (undatierten) Brief an den Erstantragsteller (Beilage F), in dem sie unter Mitteilung der Errichtung der Kommanditgesellschaft mit dem Komplementär Mag. H*** ersuchte, die künftigen Mietzinsvorschreibungen an ihre Gesellschaft zu adressieren, was im gewöhnlichen Sprachgebrauch nach Treu und Glauben nicht anders zu verstehen ist, als daß nunmehr die Kommanditgesellschaft als Mieterin zur Mietzinszahlung verpflichtet ist. So und nicht anders wurde es auch mit Recht von den Vermietern verstanden, die ihren Antrag auf Feststellung der Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses (§§ 12 Abs 3 iVm 37 Abs 1 Z 8 MRG) gegen die Kommanditgesellschaft gerichtet haben. Die Einbringung eines Unternehmens samt den dazu gehörigen Mietrechten am Geschäftslokal als Sacheinlage in eine Kommanditgesellschaft stellt sich aber als eine Unternehmensübertragung mit Einzelrechtsnachfolge dar, die dem Veräußerungstatbestand des § 12 Abs 3 MRG entspricht (Würth-Zingher, MRG 2 , Rdz 5 zu § 12; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 12 MRG; Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 320;

Frotz-Hügel, ÖSt 1982, 144 FN 29). Es ist kein Fall der Gesamtrechtsnachfolge, der von § 12 Abs 3 MRG nicht erfaßt wäre (Kastner, Grundriß des Gesellschaftsrechts 4 , 86 f FN 2 mwN;

Karsten Schmidt, Handelsrecht 2 , 185 f; derselbe in ZHR 1981, 2 ff, insb. 59; OGH in HS 9069 = GesRZ 1976, 95). Die Vorinstanzen haben demnach übersehen, daß ohnedies der Veräußerungstatbestand des § 12 Abs 3 MRG durch Einbringung des gesamten Apothekenunternehmens einschließlich der Mietrechte am Geschäftslokal samt Nebenräumlichkeiten als Sacheinlage der Kommanditistin und vormaligen Mieterin Dr. B*** in die mit Mag. H*** begründete Kommanditgesellschaft gegeben ist. Die in Frage stehenden Mietrechte sind demnach mit der Entstehung der Kommanditgesellschaft am 1.Mai 1984 von der Vormieterin Dr. B*** auf die Kommanditgesellschaft kraft Gesetzes übergegangen (vgl. Würth-Zingher, MRG 2 , Rdz 6 mRsprNw, Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 322).

Dieser Zeitpunkt ist auch maßgebend für die Ermittlung des "angemessenen Hauptmietzinses" im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 3 MRG, denn das Gesetz knüpft das dem Vermieter zum Ausgleich für den von ihm zu duldenden Mieterwechsel eingeräumte Recht, den Mietzins bis zur Angemessenheitsgrenze anzuheben, an den gesetzlichen Mietrechtsübergang, ohne den der Vermieter im Falle des Abschlusses eines neuen Mietvertrages über denselben Bestandgegenstand mit einem neuen Mieter gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG einen auf den Zeitpunkt der Neuvermietung bezogenen angemessenen Hauptmietzins vereinbaren dürfte, und stellt auf diese Weise in beiden Fällen den Vermieter in seinem Recht auf angemessene Miete gleich. Vom Gesetzeszweck her gesehen ergibt sich keine andere Auslegungsmöglichkeit, es besteht demnach aber auch keine im Wege der Analogie zu schließende Gesetzeslücke, so daß der Verweis der Mieterin auf § 46 Abs 2 MRG, der für die dort genannten Eintrittsberechtigten in Wohnmietverträge ausdrücklich auf den Zeitpunkt des seinerzeitigen Vertragsabschlusses abstellt und damit für Wohnmietverträge eine wegen ihres Ausschließlichkeitscharakters nicht analogiefähige Sonderregelung trifft, unbeachtlich bleiben muß. Auch der Hinweis der Mieterin auf die durch die MR-Novelle 1985 geschaffene Möglichkeit für den Hauptmieter, im Falle der Absicht, sein Unternehmen zu veräußern, den angemessenen Hauptmietzins für das Geschäftslokal durch die zuständige Behörde (Gericht, Gemeinde) bestimmen zu lassen, hat auf die dargelegte Rechtsansicht zu § 12 Abs 3 MRG keinen Einfluß, denn der Gesetzgeber ist bei jener Bestimmung offenkundig von dem Regelfall ausgegangen, daß innerhalb eines Jahres - mit diesem Zeitraum wurde die Rechtswirksamkeit der Entscheidung begrenzt - keine beachtliche Veränderung der Bewertungsgrundlagen stattfindet, so daß dort von den Tatsachengrundlagen zur Zeit des Schlusses der Verhandlung über den Bemessungsantrag auszugehen ist.

Schließlich bekämpft die Mieterin Methode und Art der Mietwertermittlung durch die Vorinstanzen.

Eine vom MRG vorgegebene Methode zur Ermittlung der Angemessenheit des Hauptmietzinses im Sinne der §§ 12 Abs 3 und 16 Abs 1 MRG, durch welche die Freiheit der Parteien, selbst zu bestimmen, welche Miete sie für das vermietete Objekt als äquivalente Gegenleistung ansehen (subjektive Äquivalenz), eine objektive Grenze finden soll, gibt es nicht (vgl. ImmZ 1985, 377). Eine analoge Anwendung der Methoden, die zur Ermittlung des "angemessenen Entgelts" nach §§ 13 Abs 1 und 14 Abs 1 WGG für Gemeinnützige Bauvereinigungen geboten sind, ist wegen des dort herrschenden Kostendeckungsprinzips der hier gestellten Aufgabe nicht adäquat und deshalb unzulässig (vgl. Weinberger in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 545 ff). Die richtige Methode zu ermitteln, kann also in Wahrheit nur ein Problem der Betriebswirtschaftslehre sein, sie muß jedoch der dem Gericht gestellten Aufgabe adäquat sein. Die Aufgabenadäquanz der vom Sachverständigen gewählten Wertermittlungsmethode und das Bewertungsergebnis sind vom Gericht frei zu würdigen, wobei dem Gewicht der vom Sachverständigen angeführten Gründe maßgebende Bedeutung zukommt (vgl. SZ 53/172). Hier hat der vom Erstgericht bestellte Sachverständige die Vergleichswertmethode gewählt, die grundsätzlich jeder anderen Methode vorzuziehen ist, weil sie mit weniger Unsicherheitsfaktoren behaftet ist als eine bloß abstrakte Ermittlung der Angemessenheitsgrenze. Diese Methode setzt freilich voraus, daß entweder ein Markt besteht, der brauchbare Vergleiche bietet, um das Übliche als Angemessenheitsgrenze im Sinne der ratio legis zu ermitteln, oder doch zumindest einige vergleichsfähige Vermietungsfälle unter annähernd gleichen Verhältnissen im näheren Umkreis herangezogen werden können. Da aber eine völlige Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Beschaffenheit der zu vergleichenden Vermietungsfälle in der Regel nicht gegeben ist, kann der Sachverständige ohne zusätzliche abstrakte Bewertungskriterien, die auf die Besonderheit des zur Beurteilung stehenden Falles Bedacht nehmen, nicht auskommen. Es ist deshalb auch die Heranziehung fiktiver Mietzinse, die ein objektiver Mieter unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles zahlen würde, durchaus zulässig (vgl. Rummel-Schlager, Enteignungsentschädigung 110 f).

Diese Grundsätze sind durch das vom Erstgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht verletzt worden. Die Mieterin meint zwar, der Sachverständige habe das Bestehen eines Marktes für Geschäftsräumlichkeiten im Gebiet von Kirchberg verneint - dies ist richtig -, sie übersieht aber, daß der Sachverständige genügend Vergleichsfälle, darunter sogar zwei in dem hier betroffenen Haus und darüberhinaus mehrere Fälle in der Umgebung, herangezogen hat, so daß die Grundlagen für die Anwendung der Vergleichswertmethode ausreichend waren.

Schließlich meint die Mieterin, es hätten bei der Wertermittlung nicht bloß objektive Kriterien, sondern auch der individuelle konkrete Vertragszweck Berücksichtigung finden müssen. Dies ist im Grundsätzlichen richtig, doch kann der Umstand, daß eine eventuelle höhere Wärmeabstrahlung durch den Kamin den Apothekenbetrieb beeinträchtigt, deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die Schaffung besonderer betriebsnotwendiger klimatischer Raumverhältnisse - Kälte, Wärme, Luftfeuchtigkeit - regelmäßig dem Betriebsinhaber als Mieter und nicht dem Hauseigentümer als Vermieter des Geschäftslokals obliegt.

Der im MRG zum Ausdruck kommende Gedanke, eine "Versteinerung" der Mietzinsobergrenzen zu vermeiden, sondern eine Anpassung an den jeweiligen Geldwert vorzusehen, damit es nicht zu einem Auseinanderklaffen von Reparaturkosten und Mietzinseingängen kommt, rechtfertigt es auch, daß der als angemessen festgestellte Betrag des Hauptmietzinses einer Wertsicherung unterworfen wird (ImmZ 1985, 377 mwN).

Aus den dargelegten Erwägungen muß der Revisionsrekurs der Mieterin erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Barauslagen - die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung hat gemäß § 37 Abs 3 Z 19 MRG jede Partei selbst zu tragen -, welche die Mieterin den Vermietern zu ersetzen hat, beruht auf den §§ 37 Abs 3 Z 19 MRG und 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10370

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00019.86.0127.000

Dokumentnummer

JJT_19870127_OGH0002_0050OB00019_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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