TE OGH 1987/1/28 1Ob713/86

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Veröffentlicht am 28.01.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** T***

REG. G*** M.B.H., Tumeltsham 39, vertreten durch Dr. Robert Mayrhofer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Paul S***, Kfz-Mechanikermeister, Mattighofen, Furth 6, vertreten durch Dr. Manfrird Lirk, Rechtsanwalt in Braunau, wegen Herausgabe (Streitwert: S 189.816,-) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Mai 1986, GZ. 6 R 25,26/86-21, womit das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 3. Dezember 1985, GZ. 3 Cg 275/85-13, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Bank begehrte (im Verfahren 3 Cg 275/85) die Verurteilung der beklagten Partei zur Herausgabe des (näher bezeichneten) PKWs der Marke Alfetta 2,0, erbot sich aber, an dessen Stelle den Betrag von S 189.816,- s.A. anzunehmen. Das Fahrzeug sei von der A*** R*** A*** G*** MBH (in der Folge kurz Fa. A*** R***) an den Kraftfahrzeughändler Friedrich R***, einen sogenannten A-Händler, unter Eigentumsvorbehalt ausgeliefert worden und von diesem an den Beklagten, einen sogenannten B-Händler, gelangt. Da weder dieser noch Friedrich R***, über dessen Vermögen am 12.6.1985 der Konkurs eröffnet worden sei, den Kaufpreis bezahlt habe, habe die klagende Partei auf Grund einer Bankgarantie am 17.7.1985 den Betrag von S 189.816,- an die Fa. A*** R***

bezahlt und damit die Kaufpreisforderung eingelöst. Gleichzeitig habe ihr diese alle Rechte einschließlich des ihr vorbehaltenen Eigentums abgetreten. Der beklagten Partei sei der zwischen der Fa. A*** R*** und Friedrich R*** vereinbarte Eigentumsvorbehalt bekannt gewesen.

Im Verfahren 3 Cg 292/85 erließ das Erstgericht am 27.8.1985 auf Grund des Wechsels vom 3.5.1985 einen Wechselzahlungsauftrag über die Summe von S 187.161,- s.A. Mit den dagegen erhobenen Einwendungen brachte der Beklagte dagegen vor, die klagende Partei sei für ihre zur Sicherung der kreditweisen Auslieferung der Fahrzeuge an Friedrich R*** durch die Fa. A*** R*** übernommene Bankhaftung dadurch abgesichert gewesen, daß sie bei Verkauf der Fahrzeuge durch Friedrich R*** oder dessen Subhändler den Kaufpreis erhalten habe und damit die Bankgarantie abdecken habe können. Dann erst habe sie die Fahrzeugpapiere an den Käufer herausgegeben. Der klagenden Partei sei bei Aushändigung des eingeklagten Wechsels bekannt gewesen, daß die Wechselsumme den PKW betreffe; die Wechselforderung sei aber noch nicht entstanden, weil das Fahrzeug infolge Weigerung der klagenden Partei, die Fahrzeugpapiere herauszugeben, noch nicht verkauft habe werden können. Jedenfalls müsse der Beklagte den Wechsel nur Zug um Zug gegen Ausfolgung der Papiere einlösen.

Gleiche Einwendungen erhob der Beklagte auch gegen die auf Herausgabe des PKWs gerichtete Klage.

Das Erstgericht verband die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung und wies das Begehren auf Herausgabe des PKWs ab, wogegen es den Wechselzahlungsauftrag aufrecht erhielt. Es stellte fest, der von der Fa. A*** R*** Friedrich R*** im Mai 1984 unter Eigentumsvorbehalt ausgelieferte PKW sei von diesem in der Folge an den Beklagten weiterverkauft worden, ohne daß der Eigentumsvorbehalt zwischen letzteren zur Sprache gebracht oder von Friedrich R*** ein Eigentumsvorbehalt ausbedungen worden sei. Dem Beklagten sei das der Fa. A*** R*** vorbehaltene Eigentum an dem PKW nicht bekannt gewesen. Anläßlich des Verkaufs des PKWs an den Beklagten habe dieser einen von Friedrich R*** am 27.7.1984 auf die Summe von S 187.161,-

ausgestellten Wechsel angenommen; diesen Wechsel habe die klagende Partei eskomptiert. In der Folge sei der Wechsel zweimal, zuletzt bis 3.8.1985, prolongiert worden. Der PKW sei ein "Aktionsauto" gewesen, wofür die Fa. A*** R*** Friedrich R*** ein Zahlungsziel von sechs Monaten gewährt habe. Überdies sei für den PKW ein Bonus von rund S 15.000,- zugesagt worden. Die genannte Wechselsumme entspreche dem zwischen Friedrich R*** und dem Beklagten ausgehandelten Kaufpreis; der eingeklagte Wechsel sei der zweite Prolongationswechsel. Der Geschäftsleiter der klagenden Partei Walter R*** sei davon ausgegangen, daß den Wechseln jeweils der Verkauf eines PKWs an einen Kraftfahrzeughändler zugrundeliege. Dagegen habe sich die klagende Partei nicht erkundigt, welchem PKW die Wechsel im einzelnen zuzuordnen seien bzw. ob Friedrich R*** die ihm angelieferten PKWs an seine B-Händler unter Eigentumsvorbehalt weiterverkauft habe. Bis zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Friedrich R*** seien den B-Händlern die Typenscheine stets erst ausgefolgt worden, wenn sie die entsprechenden Fahrzeuge an Endabnehmer verkauft hätten. In diesen Fällen habe Friedrich R*** die ihm von dem B-Händler bekanntgegebenen Daten des Käufers an die Fa. A*** R*** weitergeleitet; diese habe den Typenschein entsprechend ausgefüllt und gleichzeitig mit den Zollpapieren der klagenden Partei übermittelt, die sie an Friedrich R*** weitergegeben habe. Dieser habe die Papiere schließlich dem B-Händler ausgefolgt.

Rechtlich führte das Erstgericht aus: Habe der Vorbehaltsverkäufer der Weiterveräußerung des Vorbehaltsgutes durch den Vorbehaltskäufer zugestimmt, kämen die Vorschriften über den Gutglaubenserwerb nicht zur Anwendung. Die Veräußerung einer Sache mit Zustimmung des Berechtigten sei wirksam und verschaffe dem Erwerber gleichgültig, ob er redlich gewesen sei, das Eigentum. Da die Fa. A*** R*** Friedrich R*** gerade deshalb mit PKWs beliefert habe, damit dieser sie weiterveräußere, müsse ihre Zustimmung zum Weiterverkauf angenommen werden. Da zwischen Friedrich R*** und dem Beklagten kein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei, müsse das Herausgabebegehren abgewiesen werden. Beim Erwerb des Wechsels habe die klagende Partei keineswegs bewußt zum Nachteil des Beklagten gehandelt und auch nicht in Kauf genommen, daß diesem hiedurch Einreden aus dem Grundgeschäft abgeschnitten würden. Der Ankauf des Wechsels habe vielmehr der zwischen Friedrich R*** und seinen B-Händlern gepflogenen Übung entsprochen. Die Einwendung, nur Zug um Zug gegen Ausfolgung der Fahrzeugpapiere zur Zahlung der Wechselsumme verpflichtet zu sein, stünde dem Beklagten lediglich gegen Friedrich R*** zu.

Das Gericht zweiter Instanz hob den von der klagenden Partei angefochtenen Ausspruch über die Abweisung des Herausgabebegehrens unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 15.000,-, nicht aber S 300.000,-

übersteige. Es treffe zu, daß das Vorbehaltseigentum bei Weiterveräußerung des Vorbehaltsgutes durch den Vorbehaltskäufer bei ausdrücklicher oder schlüssiger Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers untergehe; dann komme es auf den Gutglaubenserwerb (§ 366 HGB bzw. § 367 ABGB) nicht an. Solle der Eigentumsvorbehalt auf den Zweitkäufer überbunden werden, müsse der Vorbehaltseigentümer seine Zustimmung zur Weiterveräußerung von einer entsprechenden Verpflichtung des Vorbehaltskäufers abhängig machen. Mit dieser Rechtsansicht habe das Erstgericht die Parteien überrascht, weil es hierüber keine Erörterungen gepflogen habe. Unterlasse das Gericht die Erörterung, so bleibe das Verfahren insofern mangelhaft. Deshalb werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die Frage, ob die Fa. A*** R*** der Weiterveräußerung durch Friedrich R*** ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt und, bejahendenfalls, ob sie die Veräußerungsermächtigung von einer Überbindung des Eigentumsvorbehaltes abhängig gemacht habe, mit den Parteien erörtern und ihnen Gelegenheit zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot geben müssen. Die Vereinbarung zwischen der Fa. A*** R*** und Friedrich R*** über die Einlösungsverpflichtung bilde ein Indiz für Vereinbarungen über die Weiterveräußerung von Fahrzeugen, weil in solchen Fällen die Übertragung des Vorbehaltseigentums an die klagende Partei sonst nicht möglich gewesen wäre. Sollte sich herausstellen, daß Friedrich R***

keine Weiterveräußerungsermächtigung erteilt bzw. diese von einer Verlängerung des Eigentumsvorbehaltes abhängig gemacht worden sei, müsse die Redlichkeit des Beklagten beim Erwerb des Fahrzeuges geprüft werden. Auch insoweit reichten die Feststellungen nicht aus; es müsse vielmehr festgestellt werden, ob Friedrich R*** anläßlich des Verkaufs des Fahrzeuges auch der Typenschein übergeben, der klagenden Partei überlassen worden oder bei der Fa. A*** R*** geblieben sei. Gutglaubenserwerb von Fahrzeugen ohne Ausfolgung des Typenscheins sei nicht möglich; im übrigen habe das Erstgericht von der klagenden Partei hiezu beantragte Zeugen nicht gehört. Das Erstgericht habe aber auch die Feststellung getroffen, daß die klagende Partei mit der Wechselklage den für den PKW bestimmten Kaufpreis geltend gemacht habe. Es sei aber grundsätzlich unmöglich, auf Zahlung des Kaufpreises zu dringen, im verbundenen Rechtsstreit dagegen den Anspruch auf Herausgabe des PKWs, es sei denn zu Sicherstellungszwecken, zu begehren. Abgesehen von der erwähnten Ausnahme sei nämlich das Herausgabebegehren als Vertragsrücktritt zu beurteilen. Einem Vorbehalt, die Herausgabe bloß zu Sicherstellungszwecken zu verlangen, habe die klagende Partei nicht erklärt. Sie habe vielmehr in erster Linie vorgebracht, der mit dem Wechsel geltend gemachte Kaufpreis betreffe ein anderes Fahrzeug als jenes, dessen Herausgabe sie fordere; erst in zweiter Linie und nur andeutungsweise habe sie behauptet, sie habe den Wechsel eskomptiert und abgerechnet und schon deshalb seien alle Ansprüche aus dem Wechsel auf sie übergegangen, so daß sie den Beklagten als Annehmer in Anspruch nehmen könne. Die Einbindung des Finanzierers (klagende Partei) in das Grundgeschäft und die damit notwendige Wahl zwischen Vertragsrücktritt und Erfüllung des Vertrages könnten nicht mit dem Argument übergangen werden, daß der Beklagte den Wechsel bei Schluß der Verhandlung noch nicht honoriert habe, sondern erst zur Zahlung des Wechsels verurteilt worden sei und die klagende Partei bis zur Zahlung des Kaufpreises vom Vertrag zurücktreten und die Herausgabe des Fahrzeuges verlangen könne. Sie habe nämlich gleichzeitig Zahlung und Herausgabe gefordert. Die Frage, ob die Weiterveräußerung des PKWs das Vorbehaltseigentum zum Erlöschen gebracht habe, müsse auch im Zusammenhang mit der Frage gesehen werden, ob die Händlerkette als Besitzdiener der klagenden Partei aufzufassen sei, etwa weil die Zwischenerwerber das Fahrzeug namens der klagenden Partei innehaben hätten sollen und diese dem Letzterwerber den Typenschein bis zur Zahlung der eingelösten Kaufpreisforderung hätte vorenthalten können. Dieser Zusammenhang ergebe sich mit besonderem Nachdruck aus der Klagebeantwortung. Dort habe der Beklagte vorgebracht, der Letzterwerber hätte erst nach Zahlung des Kaufpreises durch Übergabe kurzer Hand Eigentum erwerben sollen. Nach der gegenwärtigen Aktenlage scheine nicht die Frage wirksamer Weitergabe des Eigentumsvorbehalts, sondern die Frage, ob mit der Wechselklage der Kaufpreis für den PKW und ob die klagende Partei infolge Einlösung des Wechsels den Gegenwert ein zweites Mal geltend machen könne, im Vordergrund zu stehen. Soweit überblickbar, habe Friedrich R*** durch das Indossament nur im Umfang des Gegenwertes des PKWs buchhalterisch entlastet werden können, weil der PKW auf einen Dritten übergegangen sei, der dann ohnehin als Akzeptant für den Kaufpreis einzustehen hätte. Damit komme es im Tatsachenbereich vorerst auf die Identität zwischen Wechsel- und Kaufpreisforderung an. Fehle es an derselben, müßten die beiden verbundenen Klagen verschiedene Fahrzeuge zum Gegenstand haben. Demnach erweise sich sowohl die Frage der Weitergeltung des Eigentumsvorbehaltes als auch die Widmung des dem mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Zahlungsauftrag zugrundeliegenden Wechsels als aufklärungsbedürftig. Handle es sich um einen drittfinanzierten Kauf und sei die klagende Partei regelmäßig als Finanzierer in das Grundgeschäft eingebunden, könne sie sich im Sinne des Art. 17 WG nicht etwa damit entschuldigen, daß sie die Übersicht, welcher Wechsel welchem Fahrzeug zuzuordnen sei, verloren und sich auf Auskünfte eines Angestellten des Friedrich R*** verlassen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, steht im Vordergrund des Rechtsstreits die Frage, ob der von der klagenden Partei zu 3 Cg 292/85 eingeklagte Wechsel mit jenem, den der Beklagte in Erfüllung der Kaufpreisschuld akzeptiert zu haben behauptet, bzw. dem Prolongationswechsel identisch ist. Denn wenn auch ein Wechsel im Zweifel nicht an Zahlungs Statt, sondern bloß zahlungshalber genommen wird (EvBl. 1963/275 ua), sodaß die Kaufpreisschuld (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 12 zu § 1414; Mayrhofer in Ehrenzweig 3 , Schuldrecht Allgemeiner Teil, 579) und damit auch ein allfälliger Eigentumsvorbehalt erst mit dessen Einlösung erlischt (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 84 zu § 1063), so wird doch mit der Einklagung des Wechsels die Kaufpreisforderung geltend gemacht. Die klagende Partei stützt das Herausgabebegehren auf das an sie mit der Einlösung der Kaufpreisforderung übergegangene Vorbehaltseigentum am PKW. Sollte sie vom Kaufvertrag auch nicht ausdrücklich zurückgetreten sein, so liegt doch die Rücktrittserklärung im Begehren auf Herausgabe der Vorbehaltssache (SZ 52/154 ua; Aicher aaO Rdz 53 mwN); eine Rücknahmeklausel, die den Vorbehaltseigentümer berechtigte, die Vorbehaltssache unter Aufrechterhaltung des Kaufvertrages zurückzunehmen (vgl. SZ 58/39 = JBl. 1986, 307; Aicher aaORdz 52 mwN), hat die klagende Partei nicht behauptet. Läge Identität zwischen Wechsel- und Kaufpreisforderung vor, so hätte die klagende Partei tatsächlich gleichzeitig den Kaufpreis geltend gemacht, was die Aufrechterhaltung des Kaufvertrages voraussetzte, und die Herausgabe der Vorbehaltssache gefordert, was den Rücktritt vom Vertrag zur Voraussetzung und damit zur Folge hätte, daß dann der Kaufpreisanspruch nicht mehr besteht (Aicher aaO Rdz 56). Der Vorbehaltsverkäufer, der ein Urteil auf Bezahlung des Kaufpreises erwirkt hat, kann zwar immer noch vom Vertrag zurücktreten und damit sein Vorbehaltseigentum geltend machen (SZ 55/152 ua), da er damit zu verstehen gibt, daß er ungeachtet des Exekutionstitels auf den Kaufpreisanspruch verzichtet. Werden die beiden einander ausschließenden Ansprüche hingegen gleichzeitig erhoben, so ist der Wille des Vorbehaltseigentümers, den Kaufvertrag aufrechtzuerhalten oder von ihm zurückzutreten, nicht eindeutig bestimmt. Solange der Vorbehaltseigentümer den (vollstreckbaren) Kaufpreisanspruch weiterverfolgt, muß angenommen werden, daß er den Kaufvertrag aufrechterhalten will (vgl. SZ 58/39 = JBl. 1986, 307; JBl. 1979, 257). Dann entbehrt die Rückforderung der Vorbehaltssache (mangels Rücknahmeklausel) der Rechtsgrundlage; ein allfälliger Eigentumsvorbehalt wäre bei (auch exekutiver) Zahlung der Wechselsumme durch den Beklagten, die seinem Rekursvorbringen nach bereits erfolgt sein soll, erloschen.

Das Erstgericht hat die Identität der Wechsel mit der Kaufpreisforderung festgestellt (ON 13, S 10), ohne die von der klagenden Partei zu diesem Beweisthema geführten Zeugen zu vernehmen. Soweit das Berufungsgericht darin einen erheblichen Verfahrensmangel erblickt, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dieser Auffassung nicht entgegentreten. Es wird Sache des Beklagten sein zu beweisen, daß er mit dem Wechsel den noch klagsgegenständlichen PKW bezahlte. Dem Herausgabeanspruch gegenüber kann der Beklagte jedenfalls einwenden, daß er den Kaufpreis - auch durch Einlösung der Wechselschuld - schon bezahlt hat. Sollte die klagende Partei aus welchem Grunde immer zweimal bezahlt haben, so kann dies jedenfalls nicht dem Beklagten zur Last fallen. Nur wenn sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen sollte, daß dem eingeklagten Wechsel nicht die durch den Eigentumsvorbehalt gesicherte Kaufpreisforderung zugrundelag, könnte das Herausgabebegehren berechtigt sein, auch dies aber nur, wenn der Beklagte im Wege des Kaufvertrages mit Friedrich R*** nicht das unbeschränkte Eigentum an dem PKW erworben hat. Veräußert der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache mit Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers im eigenen Namen, erlangt der Zweiterwerber Eigentum, weil er vom Nichteigentümer, der vom Eigentümer dazu ermächtigt wurde, erwirbt (JBl. 1979, 594 ua;

Bydlinski in Klang 2 IV/2, 633 f; Aicher aaO Rdz 98); dabei kann die Zustimmung ausdrücklich oder konkludent erteilt worden sein. Feststellungen, ob Friedrich R*** von der Fa. A*** R*** zur Weiterveräußerung des PKWs ermächtigt war, hat das Erstgericht nicht getroffen, aber aus dem Zweck der Belieferung auf eine stillschweigende Verfügungsermächtigung Friedrich R***s geschlossen. Das Berufungsgericht hielt diese Beurteilung für eine überraschende Rechtsansicht des Erstgerichtes, weil dieses die Frage mit den Parteien, die sie erkennbar nicht beachtet hätten, nicht erörtert habe; darin erblickte das Gericht zweiter Instanz einen Verfahrensmangel und trug deshalb dem Erstgericht die Erörterung der Frage, ob bzw. welche Vereinbarung die Fa. A*** R*** mit Friedrich R*** über die Weiterveräußerung und das Schicksal des Eigentumsvorbehaltes getroffen hat, auf. Ob das Erstgericht die Parteien mit seiner Rechtsauffassung über die Folgen der Weiterveräußerung tatsächlich überrascht hat, ist vom Obersten Gerichtshof mangels Rüge nicht zu überprüfen.

Da Friedrich R*** ein autorisierter Vertrags-A-Händler war, der die Fahrzeuge nur zum Zwecke der Weiterveräußerung (an B-Händler oder Letztabnehmer) anschaffte, erfolgte die Veräußerung des PKWs an den Beklagten im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb und führte jedenfalls dann zum Erlöschen des Eigentumsvorbehaltes und damit zur Übertragung freien Eigentums an den Zweiterwerber, wenn die Vorbehaltseigentümerin keine Abmachungen über die Beschränkung der Verfügungsermächtigung Friedrich R***s getroffen haben sollte (JBl. 1979, 594 ua; Mayrhofer in GS Gschnitzer 301;

Bydlinski aaO 634; Frotz, Kreditsicherungsrecht, 185; vgl. auch Aicher aaO Rdz 98). Der Beklagte könnte aber auch bei fehlendem unbeschränktem Eigentum Friedrich R***s oder bei einem Verstoß gegen die diesem nur gegen Eigentumsvorbehalt eingeräumte Weiterveräußerungsermächtigung das Eigentum am PKW im guten Glauben erworben haben. Da Friedrich R*** als Kraftfahrzeughändler den PKW im Rahmen eines Grundhandelsgewerbes (§ 1 Abs 2 Z 1 HGB) veräußerte, ist diese Frage nach § 366 Abs 1 HGB zu beurteilen. Danach wird das Eigentum auch dann erworben, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, daß dem Erwerber beim Erwerb bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache dem Veräußerer nicht gehört bzw. dieser nicht befugt ist, über die Sache für den Eigentümer zu verfügen. Das Erstgericht hat zwar festgestellt, dem Beklagten sei beim Erwerb des PKWs nicht bekannt gewesen, daß Friedrich R*** durch einen Eigentumsvorbehalt gebunden war; zur Frage, ob dem Beklagten grobe Fahrlässigkeit zur Last falle, hat es jedoch keine Feststellungen getroffen. Die klagende Partei hat dafür, daß Friedrich R*** dem Beklagten den PKW unter Voraussetzungen, unter denen er nicht annehmen hätte können, freies Eigentum zu erwerben, geliefert hätte, Beweise angeboten, die das Erstgericht jedoch nicht aufgenommen hat. Beim Kauf eines - auch fabriksneuen - Fahrzeuges auf Kredit kann der Käufer im allgemeinen nicht damit rechnen, daß der Verkäufer seinerseits den Kaufpreis an seinen Lieferanten bereits bezahlt hat. Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Gutgläubigkeit des Käufers eines fabriksneuen Fahrzeuges nicht schon allein deshalb verneint werden darf, weil er den Typenschein, dessen Übergabe für den Eigentumserwerb ohne Belang ist, nicht eingesehen hat; Voraussetzung für die Annahme des guten Glaubens ist aber Barzahlung, bei der der Käufer nach den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs erwarten darf, daß der bezahlte Kaufpreis ausreiche, um alle Ansprüche des Lieferanten (Erzeugers, Importeurs oder Großhändlers) seines Verkäufers abzudecken; deshalb kann in einem solchen Fall die Redlichkeit des Erwerbers im allgemeinen bejaht werden, weil er mit einer Veruntreuung des für den Erzeuger oder den Finanzierer bestimmten Betrages nicht rechnen muß (ZVR 1962/24 = HS 627;

7 Ob 562/82; 6 Ob 517/81; ähnlich auch die Lehre und Rechtsprechung in der BRD: BGH LM Nr. 10 zu § 366 HGB ua; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I 103 f;

Schlegelberger-Hefermehl, HGB 5 § 366 Rz 35; Canaris im Großkomm HGB 3 § 366 Rz 53; Quack in MünchKomm 2 Rz 83 zu § 932 BGB). In solchen Fällen kann der Erwerber, selbst wenn er in den Typenschein nicht Einsicht nimmt, darauf vertrauen, daß ihm der Veräußerer - sei es als Volleigentümer, sei es infolge zureichender Weiterveräußerungsermächtigung - das Eigentum am PKW verschaffen kann. Er wird auch annehmen dürfen, daß dem Vorbehaltseigentümer klar sein mußte, der Zweiterwerber werde nicht bar zahlen, wenn er nicht auch das Volleigentum am PKW erwerben kann. Andererseits wird er grundsätzlich nicht damit rechnen können, daß der Lieferant auch dann mit dem Erlöschen des Eigentumsvorbehaltes und somit dem Verlust seiner Kaufpreissicherung einverstanden ist, wenn der PKW dem Letztabnehmer auf Kredit ausgeliefert wurde. Dies muß umsomehr dann gelten, wenn der Zweiterwerber selbst Wiederverkäufer ist. Deshalb sind bei einer Veräußerung an einen anderen Wiederverkäufer insofern strengere Anforderungen an dessen guten Glauben zu stellen, als eine Weiterveräußerungsermächtigung in erster Linie dem Absatz der Ware an Endabnehmer gegen Barzahlung zu dienen bestimmt ist (Canaris aaO Rz 51). Maßgebende Bedeutung muß bei der Beurteilung grobfahrlässiger Unkenntnis von Eigentumsvorbehalt bzw. Weiterveräußerungsermächtigung den branchenüblichen Gepflogenheiten im autorisierten Autohandel zugemessen werden; gerade auf diese hat sich die klagende Partei in ihrem Beweisantrag auch berufen. Sollte es demnach branchenüblich sein, daß die Zwischenhändler bei Auslieferung von Fahrzeugen an Wiederverkäufer auf Kredit den Eigentumsvorbehalt ihres Lieferanten überbinden, so wäre dem Beklagten, ohne daß besondere Umstände dagegensprächen, schon allein die Annahme, daß Friedrich R*** dennoch den Eigentumsvorbehalt seines Lieferanten nicht überbunden hat (oder sich wenigstens selbst den sog. nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt ausbedingen mußte), als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 HGB zuzurechnen. Er kann in seinem Vertrauen auf die Weiterveräußerungsermächtigung Friedrich R***s nur soweit geschützt sein, als er sich selbst im Rahmen des üblichen gehalten hat (vgl. JBl. 1986, 112; SZ 54/161). Das Erstgericht wird auch festzustellen haben, ob dem Beklagten bekannt war, oder nach den Umständen bekannt sein mußte, daß die klagende Partei die Geschäfte Friedrich R***s mit der Fa. A*** R*** finanzierte; im Falle der Drittfinanzierung drängt sich die Annahme, daß sich der Lieferant das Eigentum vorbehielt, um dem Drittfinanzierer eine angemessene Kreditsicherung zu bieten, geradezu auf.

Dem Rekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E10107

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00713.86.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19870128_OGH0002_0010OB00713_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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