TE OGH 1987/2/17 4Ob303/87 (4Ob304/87)

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Veröffentlicht am 17.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Kuderna, Dr. Gamerith und Dr. Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert J***, Abschleppunternehmer, Krainberg 1, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Franz K***, Abschleppunternehmer, Radendorf 44, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel und Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in Villach, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000,--), infolge (Revisions)Rekurses und Revision (richtig: Rekursen) der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungs- und Rekursgerichtes vom 7.Oktober 1986, GZ 4 R 138, 139/86-27, womit infolge Rekurses und Berufung der klagenden Partei das Urteil und der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14.April 1986, GZ 22 Cg 69/85-20, (teilweise) abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Dem (Revisions-) Rekurs des Beklagten gegen die Zulassung einer durch Stellung eines "Eventualbegehrens" vorgenommenen" Klageänderung wird Folge gegeben; der Beschluß des Erstgerichtes über die Zurückweisung dieses "Eventualbegehrens" wird wiederhergestellt.

2.) Der als "Revision" bezeichnete Rekurs des Beklagten gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes (Pkt. 2.) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten seiner (Revisions-) Rekursbeantwortung selbst zu tragen. Im übrigen sind die Kosten des Revisions(rekurs)verfahrens weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Streitteile betreiben das konzessionierte Gewerbe der Güterbeförderung, beschränkt auf das Abschleppen und Bergen von Fahrzeugen. Sie stehen miteinander insbesondere dadurch in Wettbewerb, daß sie ihr Gewerbe vorwiegend auf der Wurzenpaß-Bundesstraße ausüben und dort hängengebliebene Fahrzeuge abschleppen und bergen.

Der Kläger wirft dem Beklagten vor, daß er in der Hauptreisezeit ein ständig mit einem Fahrer besetztes Abschleppfahrzeug im Bereich der Haarnadelkurve und am Beginn des anschließenden Steilstücks der Wurzenpaß-Bundesstraße abstelle, um bei Bedarf an Abschleppleistungen vor dem Kläger zur Entgegennahme von Aufträgen zur Stelle zu sein. Der Kläger verstoße damit gegen § 46 Abs 1 und § 53 GewO 1973, weil er für die Ausübung des Gewerbes an einer weiteren Betriebsstätte keine behördliche Bewilligung habe und der Tatbestand des unzulässigen Feilbietens im Umherziehen vorliege. Darin liege eine Verletzung des § 1 UWG.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Abstellen von Abschleppfahrzeugen im Bereich der Wurzenpaß-Bundesstraße zum Zwecke der Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Güterbeförderung durch Abschleppen und Bergen von Fahrzeugen außerhalb seines Standortes Radendorf 44 zu unterlassen. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, er dürfe Tätigkeiten des Gewerbes, die ihrer Natur nach nur außerhalb von Betriebsstätten vorgenommen werden können, überall verrichten (§ 50 Abs 1 Z 4 GewO 1973).

Während des Verfahrens erster Instanz erteilte die Gewerbebehörde dem Beklagten die Bewilligung, die ihm verliehene Güterfernverkehrskonzession, beschränkt auf die Verwendung eines LKW`s, auch in der weiteren Betriebsstätte auf der Wurzenpaß-Bundesstraße auf einer ihm von der Bundesstraßenverwaltung im Bereich der Haarnadelkurve bei km 3,6 zur Verfügung gestellten Abstellfläche ("Standplatz Haarnadelkurve Nr. 2") auszuüben. Der Kläger brachte daraufhin vor, daß der Beklagte schon seit der Einbringung der Klage seine drei Abschleppfahrzeuge auf der Wurzenpaß-Bundesstraße abgestellt habe. Er stelle sie auch weiterhin nicht nur auf der ihm zur Verfügung gestellten Abstellfläche in der Haarnadelkurve, sondern auch an allen sonstigen ihm geeignet erscheinenden Punkten der Wurzenpaß-Bundesstraße ab. Der Kläger stellte für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens das Eventualbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, mit Ausnahme des Abstellens eines Abschleppfahrzeuges auf dem Standplatz Nr. 1 (richtig: 2)....das Abstellen weiterer Abschleppfahrzeuge im Bereich der Wurzenpaß-Bundesstraße zum Zweck der Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Güterbeförderung durch Abschleppen und Bergen von Fahrzeugen außerhalb seines Standortes

Radendorf Nr. 44......zu unterlassen.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und das Eventualbegehren zurück.

Es war der Ansicht, daß dem Beklagten eine auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung einer Verwaltungsvorschrift, die einen Verstoß gegen die guten Sitten iS des § 1 UWG bilde, nicht zur Last falle. Das Eventualbegehren werde aus einem neuen rechtserzeugenden Sachverhalt abgeleitet. Es sei daher eine Klageänderung, die eine erhebliche Verzögerung und Erschwerung der Verhandlung besorgen lasse und daher nicht zuzulassen sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Klägers Folge, ließ die durch Stellung eines Eventualbegehrens vorgenommene Klageänderung zu und sprach aus, daß der Wert des Streit- (richtig: Beschwerde-)Gegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Rekurs nach §§ 528 Abs. 2, 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Der Berufung des Klägers gab die zweite Instanz nur teilweise Folge. Sie bestätigte das Ersturteil (über das Hauptbegehren) als Teilurteil, verwies die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung über das zugelassene Eventualbegehren an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Die zweite Instanz war der Ansicht, daß in der Erhebung des Eventualbegehrens eine Klageänderung (§ 235 ZPO) liege. Der Kläger habe dem Beklagten zunächst vorgeworfen, ein Abschleppfahrzeug gesetzwidrig an allen Punkten der Wurzenpaß-Bundesstraße abzustellen. Er habe damit den Anspruch auf Freiheit dieser Straße von Konkurrenz durch den Beklagten erhoben. Streitgegenstand des Eventualbegehrens sei hingegen das Abstellen von mehr als einem Abschleppfahrzeug auf dem Standplatz 2 in der Haarnadelkurve und das Abstellen mehrerer Fahrzeuge außerhalb dieses Standplatzes. Das Eventualbegehren sei zwar nach seinem Wortlaut eine bloße Klageeinschränkung, in Wahrheit aber eine Klageänderung infolge geänderten Klagegrundes. Eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung sei dadurch nicht zu besorgen. Im Rahmen der erhobenen Berufung sei dem Erstgericht die Entscheidung über das zurückgewiesene Eventualbegehren aufzutragen.

Dem Hauptbegehren des Klägers sei ab dem Zeitpunkt, als ihm in der Haarnadelkurve der Wurzenpaß-Bundesstraße eine weitere Betriebsstätte genehmigt wurde, die Grundlage entzogen worden. Auch wenn der Beklagte in der Vergangenheit allenfalls Wettbewerbsverstöße durch Verletzung von Verwaltungsvorschriften begangen haben sollte, fehle es nunmehr an der Wiederholungsgefahr, da eine genehmigte Tätigkeit vorliege. Die weiteren Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes befassen sich mit dem (vermeintlichen) Eventualbegehren.

Der Kläger ließ die Abweisung des Hauptbegehrens unbekämpft. Der Beklagte erhebt Rekurs (Revisionsrekurs) und

"Revision" - letztere insoweit, als das Ersturteil vom Berufungsgericht nicht als Teilurteil bestätigt wurde - und beantragt sinngemäß die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Zulässig ist der (Revisions-)Rekurs des Beklagten nur insoweit, als er die Zulassung des Eventualbegehrens durch die zweite Instanz, bekämpft. In diesem Umfang ist der Revisionsrekurs des Beklagten im Ergebnis auch berechtigt.

Die Ansicht der zweiten Instanz, das "Eventualbegehren" beruhe auf einem anderen Klagegrund als das Hauptbegehren, ist nicht beizupflichten. Nach dem Wortlaut und dem Sinn des Hauptbegehrens sollte dem Beklagten verboten werden, Abschleppfahrzeuge (also auch mehr als eines!) im (gesamten) Bereich der Wurzenpaß-Bundesstraße abzustellen. Der Zweck des Haupt- und des "Eventualbegehrens" ist derselbe: Dem Beklagten sollte untersagt werden, bei Anfallen eines Abschleppauftrages schon an Ort und Stelle zu sein. Das "Eventualbegehren" unterscheidet sich vom Hauptbegehren nur dadurch, daß aus dem beantragten Verbot das Abstellen eines Abschleppfahrzeuges an der vom Beklagten erwirkten weiteren Betriebsstätte (Standplatz Nr. 2 der Haarnadelkurve) ausgenommen wurde; das "Eventualbegehren" bezieht sich folgerichtig nur noch auf das Unterlassen des Abstellens weiterer Abschleppfahrzeuge im Bereich der Wurzenpaß-Bundesstraße. Eine Änderung des Klagegrundes liegt in dem vom Kläger zum "Eventualbegehren" erstatteten ergänzenden Vorbringen nicht. Daß der Kläger das Hauptbegehren zunächst auf das Abstellen eines Abschleppfahrzeuges durch den Beklagten gestützt hatte und erst im Zusammenhang mit der Erhebung des "Eventualbegehrens" das Abstellen mehrerer Fahrzeuge durch den Beklagten erwähnte, ist für den Klagegrund ohne Bedeutung; der Kläger hat damit nur die tatsächlichen Angaben ohne Änderung des Klagegrundes geändert (§ 235 Abs 4 ZPO). Das wird durch den ausdrücklichen Hinweis des Klägers besonders deutlich, der Beklagte sei schon seit der Erhebung der Klage mit allen drei Abschleppfahrzeugen an der Wurzenpaß-Bundesstraße gestanden (AS 83). Das "Eventualbegehren" ist daher als bloße Einschränkung des Hauptbegehrens in diesem inbegriffen (1 Ob 34/84 ua); es kann somit nicht als bedingtes, für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens selbständig zu erledigendes weiteres Begehren bestehen. Das Erstgericht hat das im Hauptbegehren enthaltene "Eventualbegehren" im Ergebnis zu Recht nicht nur "nicht zugelassen", sondern wegen teilweiser Identität "zurückgewiesen".

Das Berufungsgericht hat nach seinem Spruch das gesamte Hauptbegehren abgewiesen. Sein Entscheidungswille war aber eindeutig darauf gerichtet

a) nur jenen Teil des Hauptbegehrens abzuweisen, der sich auf das Abstellen eines Fahrzeuges am Standort der (nunmehr) genehmigten weiteren Betriebsstätte bezieht, und

b) hinsichtlich des darüber hinausgehenden Unterlassungsbegehrens (Abstellen weiterer Fahrzeuge im Bereich der Wurzenpaß-Bundesstraße) dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufzutragen.

Das ergibt sich insbesondere aus der rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz, wonach das Hauptbegehren vom Zeitpunkt der Genehmigung einer weiteren Betriebsstätte an "nicht aufrecht zu erhalten" gewesen sei. Anstatt nun - bei gleichzeitiger Bestätigung der Zurückweisung des "Eventualbegehrens" - das abweisende Urteil der ersten Instanz in dem zu a) genannten Umfang als Teilurteil zu bestätigen und im übrigen b) mit einem Aufhebungsbeschluß vorzugehen, hat das Berufungsgericht das Ersturteil ("Hauptbegehren") zur Gänze bestätigt und die Rechtssache zur Entscheidung über das "Eventualbegehren" an das Erstgericht zurückverwiesen. Diese formal verfehlte Entscheidung läßt aber keinen Zweifel daran, daß das Berufungsgericht eine abweisende Entscheidung über den von den Vorinstanzen rechtsirrig als "Eventualbegehren" bezeichneten Teil des Unterlassungsbegehrens weder fällen wollte noch tatsächlich gefällt hat. Unter diesen Umständen hatte der Kläger keine Veranlassung, das Teilurteil des Berufungsgerichtes, das sich zwar dem Wortlaut seines Spruches nach auf das gesamte Ersturteil bezog, inhaltlich aber, wie oben ausgeführt, nur eine Bestätigung der Abweisung des zu a) genannten Teilbegehrens war, mit Revision zu bekämpfen.

Die "Revision" des Beklagten ist daher in Wahrheit ein Rekurs gegen den Teilaufhebungsbeschluß der zweiten Instanz über den oben unter Punkt b) genannten Teil des Hauptbegehrens. Dieser Rekurs ist mangels Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes durch die zweite Instanz - diese hat nur die Zulässigkeit der Revision gegen das (unangefochten gebliebene) Teilurteil ausgesprochen - unzulässig (§ 519 Abs 1 Z 3 ZPO).

Die vom Kläger erstattete "Revisionsbeantwortung" ist zulässig, weil das Rekursverfahren im Falle des § 521 a Abs. 1 Z 2 ZPO zweiseitig ist und Einwendungen gegen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht durch Rekurs, sondern nur durch dessen Beantwortung geltend zu machen sind (§§ 507 Abs. 1, 513 ZPO). Da aber der Kläger auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Beklagten gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes nicht hingewiesen hat, gebühren ihm hiefür keine Kosten (§§ 41, 50 ZPO). Im übrigen stützt sich die Kostenentscheidung auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E10534

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00303.87.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19870217_OGH0002_0040OB00303_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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