TE OGH 1987/2/17 10Os22/87

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Veröffentlicht am 17.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Februar 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Gottfried B*** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 10.Dezember 1986, GZ 10 b Vr 621/86-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gottfried B*** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 21.Juli 1986 in Geras vorsätzlich an einer fremden Sache ohne Einwilligung der Eigentümerin eine Feuersbrunst zu verursachen versucht habe, indem er im Bereich einer aus Holz errichteten Kegelbahn der Olga S*** an drei Stellen dürres Laub zu Haufen zusammenschob und diese sowie im Anschluß daran auch die hölzerne Außenwand mit Heizöl übergoß, welches er (teils unter Zuhilfenahme von Ölofenanzündern) entflammte, wodurch an insgesamt vier Stellen der Holzkonstruktion ein Feuer ausgebrochen sei und nur infolge sofortiger Löscharbeiten der Geschädigten sowie weiterer Personen an einer umfangreichen Ausbreitung habe gehindert werden können.

Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Ohne Bedeutung ist allerdings die Frage, aus welchen Gründen und mit welchen Vorstellungen vom bereits eingetretenen sowie allenfalls noch bevorgestandenen Effekt seines verpönten Verhaltens der Beschwerdeführer letztlich ohne Gegenmaßnahmen gegen den tatsächlichen Ausbruch des von ihm gelegten Brandes den Tatort verließ.

Denn zu einer Strafaufhebung wegen Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs. 1 StGB, zu der im Fall eines nach dem Tatplan noch unbeendeten Versuchs ein freiwilliges Aufgeben der (weiteren) Ausführung genügt (erster Fall), ist zudem vorauszusetzen, daß der - insoweit unerläßliche, weil ansonsten das Delikt sogar bis ins Stadium der Vollendung fortschritte (vgl. RZ 1981/30) - Nichteintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs kausal auf das Rücktritts-Verhalten des Täters zurückzuführen ist (vgl. Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 11 zu § 16); diese Prämisse liegt im gegebenen Fall nicht vor, weil hier die Entstehung eines (vom Schöffengericht als Feuersbrunst beurteilten) Brandes nur zufolge des Einschreitens dritter Personen, also ohne Zutun des Angeklagten, unterblieb.

Ein (darnach allein in Betracht kommender) "Putativ"-Rücktritt nach § 16 Abs. 2 StGB aber kann dem Beschwerdeführer im Hinblick darauf nicht zugute gehalten werden, daß er selbst in keiner Weise aktiv um eine Erfolgsabwendung bemüht war; bloßes Untätigbleiben reicht im hier aktuellen Zusammenhang - anders als bei einem kausal dadurch bewirkten Unterbleiben der Deliktsvollendung im Sinn des Abs. 1 erster Fall - nicht aus (vgl. Mayerhofer/Rieder, StGB 2 , Anm. 4 zu § 16).

Mit der Geltendmachung von Begründungs- (Z 5) und Feststellungsmängeln (Z 9 lit. b) zu den eingangs relevierten Themen unter dem Aspekt eines freiwilligen Rücktritts von einem noch unbeendeten Versuch geht die Beschwerde dementsprechend fehl. Zutreffend hingegen reklamiert der Angeklagte eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z 5) in Ansehung der für die subjektive Tatseite des § 169 Abs. 1 StGB maßgebenden Feststellung, daß sein Vorsatz darauf gerichtet war, das gesamte Anwesen der Olga S*** in Brand zu setzen (US 4, 6). Bei der dieser Konstatierung zugrunde gelegten Erwägung, der Beschwerdeführer habe von seiner Brandstiftung am selben Objekt im Jahr 1984 her gewußt, daß das Feuer damals von der Kegelbahn auf das ehemalige Gasthaus übergegriffen hätte, aus der das Erstgericht ableitete, er habe zur Tatzeit abermals zumindest mit einem Brand in seinerzeitigem Ausmaß gerechnet und einen solchen angestrebt (US 8/9), hat es nämlich die ihr zuwiderlaufenden Argumente des Angeklagten, vor seiner hier zu beurteilenden Tat habe es während der ganzen Nacht geregnet, das Laub sei naß und die Holzwand sei 10 m vom Gasthaus entfernt gewesen (S 225), tatsächlich - ebenso wie seinen (mit der Mängelrüge allerdings nicht aufgegriffenen) weiteren Einwand, das Gasthaus sei (diesmal) vom Brandobjekt (gemeint für ein Übergreifen des Feuers) zu weit weg gewesen; sei doch beim letzten Mal das (damals abgebrannte und seither nicht wieder erbaute) "Saalettl" nur maximal 3 m davon entfernt gewesen (S 227) - mit Stillschweigen übergangen.

Daß es bei einer Berücksichtigung jener Darstellung möglicherweise doch seiner Verantwortung geglaubt hätte, er habe nur die Kegelbahn anzünden wollen und nicht mehr, und er habe lediglich mit deren Brand gerechnet (S 225, 227), kann umsoweniger ausgeschlossen werden, als es ihm in bezug auf die (bei der Situation am Tatort durchaus nahegelegene) Möglichkeit einer Ausbreitung des Feuers auf das angrenzende Waldgebiet sehr wohl zubilligte, daran habe er nicht gedacht (US 6, 9).

Hätte sich aber der Vorsatz des Beschwerdeführers ausschließlich auf ein Niederbrennen der Kegelbahn erstreckt, dann könnte nicht gesagt werden, er sei auf das Verursachen eines im Sinn des § 169 StGB als "Feuersbrunst" zu beurteilenden Brandes gerichtet gewesen, sodaß der Angeklagte diesfalls nur den Tatbestand einer (teils versuchten, teils vollendeten, je nach seinem Vorsatz schadenqualifizierten) Sachbeschädigung (§§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 oder Abs. 2 StGB) zu verantworten hätte.

Denn als Gegenstand einer derartigen Feuersbrunst kann zwar gewiß auch ein einzeln stehendes Gebäude in Betracht kommen, doch ist dazu begrifflich immerhin eine solche Größe und räumliche Ausdehnung des betreffenden Objekts vorauszusetzen, daß allein schon durch die Ausbreitung des Feuers auf dessen gesamten Bestand ein dermaßen gewaltiger Brand entsteht, der in seinem Ausmaß mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr beherrschbar ist; auf den Wert eines derartigen Tatobjekts kommt es dabei nicht an (vgl. EvBl. 1976/150, JBl. 1978,386, EvBl. 1980/71, 9 Os 55/84 ua). Von einem in diesem Sinn ausgedehnten Brand aber kann beim Niederbrennen einer rund 45 m 2 großen, ab einer Höhe von 1,20 m offenen und bloß überdachten Holzkegelbahn - gleichermaßen wie etwa eines als Clubbaracke dienenden Holzgebäudes in einer Größe von ca. 50 m 2 samt Abstellraum und Materiallager (9 Os 55/84) - unzweifelhaft nicht gesprochen werden.

Im Hinblick auf den aufgezeigten Begründungsmangel des Urteils ist eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO).

Anmerkung

E10215

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00022.87.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19870217_OGH0002_0100OS00022_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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