TE OGH 1987/2/18 3Ob554/86

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Veröffentlicht am 18.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** L*** A***, Filiale Salzburg, Salzburg,

Getreidegasse 1, vertreten durch Dr. Alexander Diemand, Rechtsanwalt in Salzburg, wider beklagten Parteien 1. Ursula M***, Geschäftsfrau, Salzburg, Heinrich Puthon-Straße 4, vertreten durch Dr. Rudolf Pum, Rechtsanwalt in Linz, und 2. Hertha M***, Pensionistin, Salzburg, Aignerstraße 9, vertreten durch Dr. Günther Stanonik und Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 1,074.709,32 samt Anhang, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 12. November 1985, GZ 4 R 83/85-32, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2. Jänner 1985, GZ 3 Cg 119/84-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.626,76 (darin S 1.729,71 Umsatzsteuer und S 3.600 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Georg M*** stand mit seinem Einzelhandelsunternehmen "O***-Werbung" mit der klagenden Bank in Geschäftsverbindung. Er unterhielt bei ihren Filialen in Wien und in Salzburg Konten. Der Schwerpunkt seines in Wien und Salzburg betriebenen Unternehmens lag zunächst in Wien, dann in Salzburg. Die Zweitbeklagte ist seine Mutter. Die Erstbeklagte begann am 1. März 1980 bei ihm zu arbeiten und schloß am 21. November 1980 mit ihm die Ehe.

Mit ihrer am 21. März 1984 erhobenen Wechselklage (in Ansehung der Zweitbeklagten teilweise auch Pfandklage) begehrt die klagende Bank von den Beklagten als Gesamtschuldner aus ihrer wechselmäßigen Haftung die Zahlung der offenen Forderungen aus dem Kreditverhältnis von zuletzt S 1,074.709,32 samt Zinsen.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Der Blankowechsel mit ihrem Akzept sei vereinbarungswidrig ausgefüllt worden. Sie hätten ihre Erklärung nur als Sicherstellung der Georg M*** gewährten Kredite auf dem "Salzburger Konto" gedacht und nur für die Verpflichtungen gegenüber der Filiale in Salzburg die Haftung übernommen. Die Vereinbarung vom 24. April 1981 sei sittenwidrig. Sie seien durch die klagende Bank, besonders den Filialleiter, irregeführt worden. Die Erstbeklagte behauptete, sie habe nicht im Unternehmen ihres Ehemannes mitgearbeitet, um seine finanzielle Lage nicht gewußt und sei von der Umbuchung des Debetsaldos des Wiener Kontos auf das Salzburger Konto nie benachrichtigt worden. Die offene Forderung der Bank ergebe sich nur aus der Umbuchung. Sie hafte dafür nicht. Auch die Zweitbeklagte wendete ein, sie habe den Wechsel mit der Abrede angenommen, daß nur Verbindlichkeiten aus dem Salzburger Konto damit besichert würden. Ihre Unerfahrenheit und ihr Leichtsinn seien von den Organen der klagenden Bank ausgenutzt worden.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Bank S 1,074.709,32 und Zinsen zu bezahlen, die Zweitbeklagte insbesondere bei Exekution in die verpfändeten 545/117.031 Wohnungseigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 116 KG Aigen. Es traf folgende Feststellungen:

Die Filiale Salzburg der klagenden Bank räumte Georg M*** am 10. November 1980 einen Barkredit mit der Laufzeit bis 30. November 1981 gegen sicherungsweise Abtretung von Kundenforderungen mit einer Deckung des jeweils aushaftenden Debetsaldos zu 40 % ein und genehmigte am 21. Jänner 1981 die Erhöhung des Kreditrahmens auf S 750.000 und die Verlängerung der Laufzeit bis zum 31. Jänner 1982.

Die Erstbeklagte unterfertigte am 1. Dezember 1980 in Salzburg für das Kreditkonto bei der Filiale in Salzburg und am 22. Oktober 1980 in Wien bei der Filiale Alserstraße je ein den Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute enthaltendes Unterschriftenblatt und war damit neben ihrem Ehemann auf diesen Konten zeichnungsberechtigt.

Im April 1981 war der Kreditrahmen für den von der Filiale Salzburg gewährten Barkredit erheblich überzogen. Der Filialleiter Walter P*** forderte vom Kreditnehmer eine Besicherung durch Mithaftung anderer Personen. Der Kreditrahmen sollte auf S 2,000.000 erweitert werden. Es hafteten in Salzburg damals rund S 2,300.000 bis S 2,400.000 und bei der Filiale Alserstraße in Wien etwa S 850.000 aus. Am 24. April 1981 kam Georg M*** mit den Beklagten in die Zweigstelle der klagenden Bank in Salzburg zum Filialleiter, der von der Mitarbeit der Erstbeklagten im Unternehmen ihres Ehemannes wußte und auch die Zweitbeklagte kannte, die bei dieser Zweigstelle ihr Pensionskonto unterhielt und alle Geldgeschäfte abwickelte. Der Filialleiter wußte auch, daß die Zweitbeklagte als Witwe nach dem Generaldirektor einer Bank monatlich mehr als S 40.000 Pension bezog. Sie war schon früher bei finanziellen Schwierigkeiten ihres Sohnes helfend eingesprungen. Da der Filialleiter beide Beklagten als in Geldangelegenheiten erfahren kannte und annahm, sie seien über das Unternehmen "O***-Werbung" ihres Ehemannes und Sohnes und seine Finanzlage unterrichtet, beschränkte er sich darauf, auf die Notwendigkeit der Mithaftung wegen erheblicher Überschreitung des Kreditrahmens von S 750.000 hinzuweisen, und legte den dazu bereiten Beklagten Blankowechsel und Ermächtigungsschreiben zur Unterfertigung vor. Die Beklagten setzten ihre Unterschriften auf das Wechselformblatt und das Schreiben, worin sie erklärten, der Bank zur Sicherstellung und allfälligen Abdeckung aller gegen den Schuldner Georg M*** aus dem eingeräumten Kredit oder aus jedem sonstigen wie immer gearteten Rechtsgrund zustehenden derzeitigen und künftigen Forderungen und Ansprüche den Wechsel blanko unterschrieben zu übergeben, und die Bank ermächtigten, diesen Wechsel ohne weiteres Einvernehmen bis zur Höhe ihrer Forderungen auszufüllen, als Aussteller zu fertigen und gegen sie als Annehmer geltend zu machen. Ein Haftungshöchstbetrag wurde nicht vereinbart. Beide Beklagten waren damals intellektuell und auf Grund ihrer allgemeinen Erfahrungen in der Lage, die Bedeutung und den Umfang der eingegangenen Verpflichtung zu erfassen. Es steht nicht fest, ob sie vom Filialleiter ausdrücklich auf Punkt 23 Absatz 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen aufmerksam gemacht wurden, wonach verpfändete Werte und sicherungsweise übereignete Sachen für sämtliche Forderungen der Kreditunternehmung gegen den Kunden haften, wenn dies nicht vertraglich ausgeschlossen wurde; ob ihnen mitgeteilt wurde, daß sie auch für Außenstände auf dem "Wiener Konto" mithaften; ob die Erstbeklagte einigermaßen genau über das Ausmaß der Verbindlichkeiten ihres Ehemannes gegenüber der klagenden Bank auf den Konten in Wien und Salzburg unterrichtet war, und ob die Zweitbeklagte wußte, daß auch bei der Filiale Alserstraße der klagenden Bank in Wien ein Kreditvertrag ihres Sohnes bestand. Der Filialleiter in Salzburg hatte mit ihr über die finanziellen Schwierigkeiten des Sohnes mit dessen "O***-Werbung" gesprochen. Welche Information die Beklagten von Georg M*** erhielten, steht nicht fest.

Auch die Filiale Alserstraße der klagenden Bank hatte ihren Barkredit durch Forderungsabtretungen besichert, nicht aber durch eine Mithaftung oder Bürgschaft. Zunächst gab es keine Abstimmung unter den beiden Zweigstellen der klagenden Bank. Erst am 8. September 1981 schrieb die Zweigstelle Alserstraße an die Filiale in Salzburg, der Kreditnehmer habe vorgeschlagen, den Debetsaldo auf dem Wiener Konto ab Oktober 1981 in Monatsraten von S 30.000 sukzessive zurückzuführen. Im Februar 1982 wurde aber seine Finanzlage so schlecht, daß er mit seinem Rechtsvertreter und Steuerberater, der Erstbeklagten und den Herren der klagenden Bank in Salzburg zu einer längeren Besprechung zusammentraf. Mag. Dieter F*** der klagenden Bank stellte die finanzielle Lage dar, erwähnte die Außenstände auf dem Wiener Konto und verwies darauf, es habe sich herausgestellt, daß bei weitem nicht alle zedierten Forderungen einbringlich seien. Er forderte eine zusätzliche Besicherung, etwa auf einer Liegenschaft, weil sonst "der Geldhahn zugedreht werden müsse".

Die Zweitbeklagte war in der Folge bereit, ihre Liegenschaftsanteile mit Wohnungseigentum an der EZ 116 KG Aigen zu verpfänden. Sie unterfertigte vor dem Notar am 16. Februar 1982 eine Pfandbestellungsurkunde, wonach sie dieses ihr unbewegliches Vermögen der klagenden Bank zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche gegen ihren Sohn bis zum Höchstbetrag von S 600.000 verpfändete. Die klagende Bank nahm die Pfandbestellung an. Am 3. März 1982 langte bei der Zweigstelle Alserstraße der im Februar 1982 erteilte Auftrag des Kreditnehmers ein, das dort bestehende Konto zu löschen und den Gegenwert auf sein Konto in Salzburg zu übertragen. Darauf wurde der Debetsaldo von S 841.088,27 vom Wiener Konto dem Salzburger Konto angelastet. Georg M*** und beide Beklagten nahmen sodann das Schreiben der klagenden Bank vom 19. April 1982 zustimmend zur Kenntnis, wonach das von den Beklagten und dem Kreditnehmer unterfertigte Blankoakzept samt Ermächtigungsschreiben zur wechselmäßigen Deckung und "allfälligen Mobilisierung" aller der klagenden Bank bereits zustehenden oder in Hinkunft erwachsenden wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche diene.

In der Folge wurde Georg M*** zahlungsunfähig. Mangels eines die Kosten deckenden Vermögens wurde der Konkurs nicht eröffnet. Gegen ihn haften Forderungen der klagenden Bank von S 1,074.709,32 aus.

Das Erstgericht kam zu dem Ergebnis der rechtlichen Beurteilung, daß die Beklagten wegen der Familienbindung für Ehemann und Sohn eine (nicht schon wegen Fehlens einer Betragsbeschränkung bedenkliche) Haftung übernommen hätten, ohne daß eine Sittenwidrigkeit anzunehmen sei. Ein Irrtum sei bei der eindeutigen und unmißverständlichen Erklärung vom 24. April 1981 auszuschließen. Die klagende Bank könne die Beklagten selbst ohne Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der östereichischen Kreditinstitute in der Vertragsbeziehung zur Zahlung heranziehen, weil sie für alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der klagenden Bank gegen Georg M*** die Mithaftung übernommen hätten. Damit sei auch die Überführung des Debetsaldos vom Wiener Konto auf das Salzburger Konto der klagenden Bank gedeckt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen als Ergebnis eines für mängelfrei befundenen Verfahrens und erachtete die Beweiswürdigung als unbedenklich. Auch das Gericht zweiter Instanz verwarf den Einwand der Sittenwidrigkeit. Die Beklagten hätten um die Bedeutung der Unterschriftsleistung auf dem Wechsel und der Widmungserklärung als Sicherstellung der klagenden Bank für alle gegen den Kreditnehmer bestehenden oder in Zukunft entstehenden Forderungen gewußt. Ob der Zweigstellenleiter die Erfahrenheit der Beklagten in Geldangelegenheiten nur vermutete, sei nicht entscheidend und ebensowenig, ob die Zweitbeklagte wußte, daß ihr Sohn auch in Wien bei der klagenden Bank ein Konto besaß. Eine Irreführung liege nicht vor. Den Beklagten sei vor Abgabe ihrer Unterschriften vom Zweigstellenleiter erklärt worden, ihre Mithaftung sei wegen der erheblichen Überschreitung des mit S 750.000 vereinbarten Kreditrahmens erforderlich. Ein allenfalls vorhandener Irrtum der Beklagten über die Höhe der Verbindlichkeiten von Ehemann und Sohn oder den Umfang ihrer Haftung sei nicht durch die klagende Bank oder ihrer Leute veranlaßt worden. Die Pfandbestellung habe die Zweitbeklagte überhaupt ohne Einwirkung der klagenden Bank vorgenommen. Eine rechtlich relevante Verletzung der Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank liege nicht vor. Sie sei nur ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn der Bank schon die Zahlungsunfähigkeit oder die drohende Gefahr des unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruches ihres Kreditnehmers bekannt sei, sie aber wegen der vom Dritten geleisteten Sicherheit noch weiteren Kredit gewähre. Daß die Bank Kenntnis vom drohenden wirtschaftlichen Ruin ihres Kreditnehmers hatte, als sie die Wechselhaftungserklärung annahm, sei in erster Instanz weder behauptet noch festgestellt worden. Die Beklagten hätten nicht erwarten dürfen, von der Bank über die Vermögenslage ihres Ehemannes und Sohnes aufgeklärt zu werden. Die Wahrung der eigenen wirtschaftlichen Interessen müsse jedem Kunden der Bank zugemutet werden, besonders bei Geschäften, die ein Risiko in sich tragen. Auch die über Auftrag des Kontoinhabers vorgenommene Übertragung des Debetsaldos vom Wiener Konto auf das Konto in Salzburg sei der klagenden Bank nicht vorwerfbar und schließe die Geltendmachung der von den Baklagten wirksam übernommenen Mithaftung für alle Verbindlichkeiten des Schuldners nicht aus.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes haben die Beklagten die nach dem § 502 Abs 4 Z 2 ZPO jedenfalls zulässige Revisionen erhoben. Sie machen den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache, die Zweitbeklagte auch die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit der Entscheidung geltend und beantragen die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen in die Abweisung des gegen sie erhobenen Klagebegehrens. Die Zweitbeklagte stellt hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind nicht berechtigt.

Die von der Zweitbeklagten behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens und die gerügte Aktenwidrigkeit liegen nicht vor, weil es sich zum einen um die Wiederholung der Rüge eines schon im Berufungsverfahren erfolglos geltend gemachten Verfahrensmangels, zum anderen um einen Angriff auf die im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigung handelt (§ 510 Abs 3 ZPO). Daß die Beklagten aus ihrer wechselrechtlich übernommenen Haftung gegenüber der klagenden Bank für alle wie immer gearteten Forderungen gegen Georg M*** für dessen festgestellte Verbindlichkeit als Gesamtschuldner einzustehen haben, wurde von den Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum erkannt.

Nach dem der Revisionsentscheidung zugrunde zu legenden erschöpfend festgestellten Sachverhalt kamen die Haftungserklärung und die Wechselunterschriften wirksam zustande. Weder die Anfechtung wegen Irreführung noch wegen Sittenwidrigkeit gelang. Es ist davon auszugehen, daß die klagende Bank vom Kreditnehmer, der den ihm von der Salzburger Zweigstelle eingeräumten erhöhten Kreditrahmen um mehr als das Doppelte überzogen und auch noch von einer Wiener Filiale der klagenden Bank Kredit in Anspruch genommen hatte, eine Besicherung durch Beibringung von Haftungserklärungen anderer Personen verlangte, weil ihr die Besicherung durch die vereinbarten Zessionen nicht mehr ausreichend erschien. Georg M*** bewog Ehefrau und Mutter dazu, die Haftung zu übernehmen. Sie wurden aufgeklärt, daß ihre Haftungserklärung - die schon nach der klaren Abfassung der Wechselwidmungserklärung ohne Betragsbeschränkung auch für alle künftig gegen den Schuldner entstehenden Forderungen der Bank abgegeben wurde - wegen der schon bestehenden erheblichen Überziehung des Kreditrahmens von S 750.000 verlangt werde. Es kann daher nicht gesagt werden, der Zweigstellenleiter der klagenden Bank habe die Haftungserklärung durch Irreführung herausgelockt oder gegen die guten Sitten die Bereitschaft der Beklagten ausgenützt, für Ehemann und Sohn die Mithaftung zu übernehmen, steht doch auch fest, daß die Erstbeklagte die Zeichnungsberechtigung an den Konten ihres Ehemannes besaß und daß die Zweitbeklagte schon früher helfend eingesprungen war, wenn ihr Sohn finanzielle Schwierigkeiten hatte. Die Beklagten haben es sich selbst zuzuschreiben, wenn sie die Haftung durch Wechselakzept übernahmen, ohne diese betraglich zu beschränken oder sich über die Höhe der Verbindlichkeiten des Schuldners zu unterrichten und sich Gewißheit über die mit ihrem Beistand verbundenen Risken zu verschaffen.

Die wechselmäßige Haftung der Beklagten wurde, selbst wenn dies den Beklagten unklar gewesen sein sollte, für die damals mit rund S 3,200.000 bestandenen, aber auch alle künftig neu entstehenden Verbindlichkeiten gegen den Schuldner Georg M*** begründet. Dies mußte ihnen auch bewußt sein, wenn von der den Kreditrahmen erheblich überschreitenden Überziehung gesprochen wurde. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten im Sinne des § 879 Abs 1 oder Abs 2 Z 4 ABGB (dazu insbesondere Krejci in Rummel, ABGB, ab Rz 48 zu § 879) bei Zustandekommen des Haftungsvertrages liegen aus diesen Gründen ebenfalls nicht vor.

Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß die Beklagten der klagenden Bank eine Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungs- und Warnpflichten aus der vorvertraglichen Beziehung - sofern eine solche Einwendung in der ersten Instanz überhaupt erhoben wurde - nicht entgegenhalten können. Die Bank ist nicht verpflichtet, einen Bürgen über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären, wenn sie nicht schon auf Grund ihrer Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation des Hauptschuldners weiß, daß dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein wird, oder sie sonst eine für den Bürgen besonders gefährliche Situation erkennen mußte (SZ 56/81; EvBl. 1984/160; RdW 1986, 40). Umso weniger bedurfte es bei der Hereinnahme der vom Schuldner besorgten Wechselhaftungserklärungen der Beklagten solcher Hinweise, wenn diese zur Person des Schuldners in einer besonderen Nahebeziehung standen und erwartet werden konnte, daß sie deshalb für den Schuldner zur Überbrückung einer Geldschwierigkeit einzustehen bereit sind.

Daß schließlich die Verlagerung des Debetsaldos von dem einen Konto des Schuldners auf das andere auf Anordnung des Schuldners keine Auswirkungen auf die Haftung der Beklagten hat und insoweit unbedenklich ist, folgt schon aus der Überlegung, daß die Beklagten auch dann gehaftet hätten, wenn der Schuldner von der Filiale in Salzburg einen weiteren Kredit in der Höhe des Umbuchungsbetrages in Anspruch genommen und damit andere Verbindlichkeiten, etwa aus der Geschäftsbeziehung mit der Zweigstelle in Wien, abgedeckt hätte. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, ihre Haftung betragsmäßig oder durch Eingrenzung der dem Schuldner weiter zu gewährenden Kredite zu beschränken. Nach der in der Wechselwidmungserklärung übernommenen unbeschränkten Haftung erfolgte die Vervollständigung des Wechselblankettes nicht vertragswidrig.

Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. Jänner 1979 zu 1 Ob 778/78 ist für die Beklagten wegen des anders gelagerten Sachverhalts nichts zu gewinnen. Dort hatten die Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH persönlich nur die wechselmäßige Haftung für einen bestimmten Überbrückungskredit übernommen, nicht aber eine unbeschränkte Haftung für alle wie immer gearteten, derzeitigen und künftigen Forderungen der Bank (Widmungserklärung). Ob eine solche betraglich unbeschränkte Haftung in anders gelagerten Fällen sittenwidrig sein kann, ist hier nicht zu prüfen, weil die letztlich bestehende Forderung nicht übermäßig über der den Beklagten damals genannten Summe liegt. Insgesamt steht daher der Inanspruchnahme der Beklagten aus ihrer gerade für den Fall des Ausfalls der Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners übernommenen Wechselhaftung nichts entgegen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 46 Abs 2 iVm § 50 ZPO. An Eingabengebühr für die Revisionsbeantwortung (3 Bogen) waren nur S 3.600 zu entrichten (AnwBl. 1971/71).

Anmerkung

E10319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00554.86.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19870218_OGH0002_0030OB00554_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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