TE OGH 1987/2/18 3Ob23/87

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Veröffentlicht am 18.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emma T***, Baumeisterswitwe, 5222 Munderfing 57, vertreten durch Dr. Helfried Krainz ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Eva M***, Geschäftsfrau, 3111 N, 20 th.St., Arlington, VA 22201, USA, vertreten durch Dr. Nikolaus Bilowitzki, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 24. Juli 1986, GZ. 32 R 18/86-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 7. Oktober 1985, GZ. 5 C 1/85-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen Teiles insgesamt zu lauten hat:

"Die Exekution 5 E 9.909/84, nunmehr 19 E 6201/86 des Bezirksgerichtes Salzburg, ist hinsichtlich der im Pfändungsprotokoll unter den Postzahlen 1-9 und 11-12 angeführten Fahrnisse unzulässig.

Das Mehrbegehren, die Exekution auch zur Postzahl 10 für unzulässig zu erklären, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.622,85 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 1.379,35 Umsatzsteuer und S 450,-- Barauslagen), die mit S 4.035,95 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 321,45 Umsatzsteuer und S 500,-- Barauslagen) und die mit S 5.743,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei macht in ihrer Widerspruchsklage geltend, die am 28.12.1984 zu 5 E 9.909/84 des Bezirksgerichtes Salzburg in Postzahl 1-12 gepfändeten Gegenstände stünden in ihrem Eigentum, weil ihr Rechtsvorgänger Ing. Paul T*** diese am 4.6.1971 von Friederike B*** erworben habe, welche durch einen zu 5 E 7.048/70 des Bezirksgerichtes Salzburg durchgeführten Freihandverkauf Eigentümerin gewesen sei. Die Fahrnisse seien zwar in der Gewahrsame der verpflichteten Partei Alfred D*** geblieben, doch sei dieser angewiesen worden, sie künftig im Namen des Ing. Paul T*** inne zu haben.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt die Identität der jetzt gepfändeten Gegenstände mit den seinerzeit verkauften und wendete ein, daß es zu keinem Eigentumsübergang an den Rechtsvorgänger der Klägerin gekommen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und die Revision nicht zulässig sei. Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die am 28.12.1984 zu 5 E 9.909/84 gepfändeten Fahrnisse Postzahl 1-12 standen ursprünglich im Eigentum der verpflichteten Partei bzw. im Miteigentum des Verpflichteten und seiner Frau. Die Postzahlen 1-9 und 11-12 waren schon im Exekutionsverfahren 5 E 7.048/70 gepfändet gewesen. Am 4.6.1971 wurden sie im Zuge eines Freihandverkaufes an Friederike B*** verkauft und von ihr ins Eigentum übernommen. Diese entfernte die gekauften Fahrnisse jedoch nicht aus der Wohnung, sondern beließ sie in der Gewahrsame des Verpflichteten und seiner Frau, wies diese aber an, sie künftig in ihrem Namen und Auftrag bis auf Widerruf als Verwahrer inne zu haben. Das Geld zur Entrichtung des Kaufpreises hatte Ing. Paul T*** als Darlehen zur Verfügung gestellt. Mit Vereinbarung vom 17.1.1972 räumte Friederike B*** deshalb ihm an den gekauften Gegenständen zur Besicherung der offenen Darlehensschuld Sicherungseigentum ein und wies den Verpflichteten und seine Frau an, die Gegenstände künftig nicht mehr in ihrem, sondern im Namen des Ing. Paul T*** inne zu haben. Eine körperliche Übergabe an diesen erfolgte nicht. Das von Ing. Paul T*** gewährte Darlehen wurde bisher nicht zurückgezahlt. Friederike B***, eine Schwester des Verpflichteten, hatte die seinerzeit gepfändeten Fahrnisse nur zu dem Zweck erworben, um diese einerseits beim Verpflichteten belassen und andererseits dem Darlehensgeber sicherungshalber übereignen zu können, wobei der Verpflichtete vor weiteren Pfändungen geschützt sein sollte.

Die Klägerin ist rechtskräftig eingeantwortete Alleinerbin des im Jahr 1982 verstorbenen Ing. Paul T***.

In rechtlicher Hinsicht waren die beiden Vorinstanzen der Auffassung, daß das Sicherungseigentum des Rechtsvorgängers der Klägerin mangels einer Gewahrsamsänderung nicht entstehen habe können. Eine bloße Besitzanweisung sei zur Übertragung von Sicherungseigentum nicht ausreichend.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Frage des Besitzerwerbes durch Erklärung in der Judikatur eine hinreichende Behandlung erfahren habe.

Da die Klägerin den Eigentumserwerb auf einen einheitlichen Rechtsakt stützt, war es zutreffend, nicht jeden Pfandgegenstand gesondert zu bewerten; die Rechtssache liegt daher insgesamt im sogenannten Zulassungsbereich.

Rechtliche Beurteilung

Die nur zu den Postzahlen 1-9 und 11-12 erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Zutreffend gehen die beiden Vorinstanzen davon aus, daß die Übereignung zu bloßen Sicherungszwecken zulässig ist, daß dabei aber wegen des pfandrechtsähnlichen Zweckes die Bestimmungen über den Erwerb des Pfandrechts beachtet werden müssen (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 360, Entscheidungen wie JBl. 1980, 435, SZ 56/188).

Gemäß § 451 Abs.1 ABGB muß der Gläubiger, um das Pfandrecht wirklich zu erwerben, die verpfändete bewegliche Sache in Verwahrung nehmen, und gemäß § 467 ABGB erlischt das Pfandrecht, wenn der Gläubiger den Pfandgegenstand dem Schuldner ohne Vorbehalt zurückstellt. Wegen dieses sogenannten Faustpfandprinzips reicht zwar das Besitzkonstitut zum Pfandrechtserwerb nicht aus. Wenn sich die Sache aber in der Gewahrsame eines Dritten befindet, dann muß diese Gewahrsame nicht verändert werden, sondern es genügt, wenn der Dritte angewiesen wird, die Sache künftig nicht mehr im Namen des Pfandschuldners, sondern jetzt im Namen des Pfandgläubigers innezuhaben. Dies entspricht der einhelligen Lehre (Ehrenzweig, System2 I/2 408, Klang in Klang2 II 431 und 438; Bydlinski in Klang2 IV/2 460 und 667, Frotz, Kreditsicherung 112 auch 68 f, Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II 212, Koziol-Welser, Grundriß7 II 109, Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 451) und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 18/42; SZ 25/89; ebenso 3 Ob 27/80; vgl. auch in anderem Zusammenhang EvBl. 1982/137 und SZ 54/51). Durch Besitzanweisung kann daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen auch das Pfandrecht oder wie hier Sicherungseigentum wirksam übertragen werden. Am sogenannten Titel (Rechtsgrund) fehlte es entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht; denn auch ein Vertrag, mit dem Sicherungseigentum eingeräumt wird, ist als Erwerbsgrund anerkannt (RZ 1966, 66 mwN ua).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht freilich darin, daß nicht nur zu beurteilen ist, ob auf Grund der Vereinbarung vom 17.1.1972 im Verhältnis zwischen Friederike B*** und Ing. Paul T*** Sicherungseigentum entstand, wobei hier der Verpflichtete der von der Besitzanweisung betroffene Dritte war, sondern daß auch die Rechtsbeziehungen zwischen Friederike B*** und dem Verpflichteten problematisch sind.

Eine unzulässige Umgehung der Bestimmungen des Faustpfandprinzipes ist aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Daß ein Verwandter des Verpflichteten bei einer drohenden Versteigerung die gepfändeten Gegenstände ersteht, um Eigentümer zu werden, und andererseits die Gegenstände in der Gewahrsame des Verpflichteten beläßt, damit dieser sie weiterhin benützen könne, ist kein ungewöhnlicher oder unerlaubter Vorgang. Wie immer in einem solchen Fall die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verpflichteten und seinem Verwandten gestaltet sein mögen - nur der Verpflichtete ist nach § 180 Abs.1 EO hier iVm § 278 Abs.1 EO vom Bieten im eigenen und im fremden Namen ausgeschlossen und seine Vertreter sind nach § 180 Abs.3 EO zum Bieten nicht zuzulassen -, nach Entrichtung des Kaufpreises und Übergabe des bei der Versteigerung oder wie hier beim Freihandverkauf erworbenen Pfandgegenstandes erwirbt dieser Verwandte Eigentum (JBl. 1937, 300, SZ 26/281). Die Gläubiger des Verpflichteten werden dadurch nicht benachteiligt, weil sie keinen Anspruch darauf haben, daß die Vermögensstücke des Verpflichteten mehrmals versteigert werden. Auch das Publizitätsprinzip wird nicht verletzt, weil die Versteigerung oder der Freihandverkauf ein öffentlicher, jederzeit leicht beweisbarer Vorgang ist. Auf die Streitfrage, ob bei der Besitzanweisung auch die Annahme des Angewiesenen nötig ist (Bydlinski in Klang2 IV/2 657) muß nicht eingegangen werden, weil nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zumindest eine konkludente Annahme der festgestellten Anweisung durch den Verpflichteten zugrunde zu legen wäre. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die Bemessungsgrundlage für die Gerichtssgebühren beträgt gemäß § 16 Abs.1 lit.f GGG nur S 6.000,--.

Anmerkung

E14852

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00023.87.0218.000

Dokumentnummer

JJT_19870218_OGH0002_0030OB00023_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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