TE OGH 1987/2/24 14ObA7/87

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Veröffentlicht am 24.02.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Walter Schaffelhofer und Franz Erwin Niemitz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ernestine F***, Sozialarbeiterin, 4400 Steyr, Ing. Tremel-Straße 31, vertreten durch Dr.Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei L*** O***, 4840 Vöcklabruck, Dürnauerstraße 94, vertreten durch Dr.Erich Aichinger und Dr.Harald Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 9.392,50 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 29. August 1986, GZ 21 Cg 25/86-14, somit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Vöcklabruck vom 28. Februar 1986, GZ Cr 62/85-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.812,80 S (darin 164,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Mitglied des Angestelltenbetriebsrates des beklagten Vereins, einer Interessengemeinschaft für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, die in Oberösterreich 18 Arbeitsgruppen unterhält.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 1984 teilte die beklagte Partei dem Angestelltenbetriebsrat unter anderem mit, daß zu den vier Besprechungen pro Jahr vom Verein der Landesobmann, einer seiner Stellvertreter, der Landesfinanzreferent und der Landessekretär entsandt würden. Der Betriebsrat möge bei seinen Terminvorstellungen berücksichtigen, daß diese Besprechungen in Zukunft frühestens um 18.00 Uhr beginnen können. Da die vier Mitglieder des Angestelltenbetriebsrates aus Steyr (Klägerin), Braunau, Grein und Linz anreisen mußten und der Landesobmann sowie der Landessekretär aus Vöcklabruck und der Obmannstellvertreter aus Linz kamen, wurde für die nächste Quartalsberatung, die für den 28.Jänner 1985, 18.00 Uhr, vorgesehen war, einvernehmlich Wels als relativ zentraler Besprechungsort gewählt. Dort war lediglich der Landesfinanzreferent berufstätig. Wenn vom Betriebsrat ein anderer Termin oder Versammlungsort gewünscht worden wäre, hätte darüber verhandelt werden können.

Zur Abwicklung der internen Vorbesprechung unter den Mitgliedern des Betriebsrates, die um 13.00 Uhr beginnen sollte, erhielten diese ab Mittag dienstfrei. Für die anschließende Quartalsberatung gab es keine Tagesordnung. Für die Klägerin war es nicht absehbar, wie lange die Besprechung dauern werde. Zu den bisherigen Beratungen, die während der Dienstzeit überwiegend in Vöcklabruck stattgefunden hatten, waren die Betriebsratsmitglieder in der Regel mit ihren eigenen PKW zugereist. Ausnahmsweise hatte die Möglichkeit bestanden, einen der Kleinbusse der beklagten Partei, mit welchen sonst Transporte durchgeführt wurden, zu benützen, wenn die Reise mit einem Dienstauftrag verbunden werden konnte. Für die Benützung ihrer Kraftfahrzeuge erhielten die Betriebsratsmitglieder das amtliche Kilometergeld aus der Betriebsratsumlage (dem Betriebsratsfonds) ersetzt.

Da es schon öfter vorgekommen war, daß die Klägerin von den Besprechungen erst ab 22.00 Uhr nach Hause gefahren war, schien es ihr unzumutbar, um diese Zeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen. Sie hatte zwar ihre Arbeitsstelle in Steyr, ihren Wohnsitz aber in Gleink, etwa 6 km vom Bahnhof Steyr entfernt. Die nächste Bushaltestelle war von ihrem Wohnort 1 km entfernt. Während die Fahrt von Steyr nach Wels mit öffentlichen Verkehrsmitteln im wesentlichen problemlos zu bewältigen war (Steyr ab 11.54 Uhr - Wels an 13.09 Uhr), gab es für die abendliche Rückkehr nach Gleink von Wels aus nur Abfahrtsmöglichkeiten um 19.50 Uhr und 21.46 Uhr. Die Klägerin konnte unter Benützung eines öffentlichen Busses um 21.05 Uhr oder um 23.08 Uhr in Gleink sein. Für später bestand noch eine Zugverbindung mit der Abfahrt in Wels um 23.04 Uhr und der Ankunft in Steyr um 0.59 Uhr.

Am 28. Jänner 1985 hatte die Klägerin auf der Fahrt mit ihrem eigenen PKW von Steyr nach Wels gegen 12.30 Uhr vor Bad Hall einen Verkehrsunfall. Sie kam mit ihrem, mit Spikesreifen ausgerüsteten Fahrzeug in einer vereisten Kurve ins Schleudern und stürzte über eine Böschung. Das plötzliche Auftreten von Eis war für sie auf Grund der bisher unauffälligen Beschaffenheit der Fahrbahn nicht vorhersehbar. Die Reparatur der unfallsbedingten Schäden ihres PKW kostete 9.392,50 S.

Die Beratung des Betriebsrats mit den Vertretern der beklagten Partei am 28. Jänner 1985 dauerte rund zwei Stunden. Mit der am 30. Juli 1985 eingebrachten Klage verlangt die Klägerin den Ersatz ihres Schadens samt Nebengebühren von der beklagten Partei. Sie brachte vor, daß sie die Fahrt nach Wels deshalb mit ihrem eigenen PKW angetreten habe, weil keiner der sonst dafür vorgesehenen Dienst-PKW zur Verfügung gestanden sei. Nach den Grundsätzen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 35/82 hafte die beklagte Partei für die Kosten der PKW-Reparatur. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihr unzumutbar gewesen, weil sie dann an der internen Vorbesprechung nicht teilnehmen hätte können und die Rückreise zu einem vorher nicht bekannten Zeitpunkt für sie problematisch geworden wäre.

Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen, und wendete ein, daß die Benützung des eigenen PKW durch die Klägerin weder auf ausdrücklichen Wunsch noch im unmittelbaren Interesse der beklagten Partei erfolgt sei. Die Klägerin habe auch bisher keinen Anspruch auf Ersatz der Fahrtspesen oder Beistellung eines Dienstfahrzeuges gehabt. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wäre für sie durchaus zumutbar gewesen; der dafür erforderliche Zeitaufwand sei ihr zur Verfügung gestanden. Sie habe ihren PKW - wie für eine Privatfahrt - in ihrem ausschließlichen eigenen Interesse benützt, weshalb das Mißgeschick des Unfalls zu ihren eigenen Lasten gehen müsse.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme der rechtskräftig gewordenen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt. Es vertrat auf Grund des oben wiedergegebenen Sachverhalts die Ansicht, daß die Verwendung des privaten PKW dem Betätigungsbereich der beklagten Partei und nicht dem persönlichen Lebensbereich der Klägerin zuzuordnen sei. Diese hätte die aufgetragene Tätigkeit, die nach der Aufgabenstellung des Betriebsrates als Dienstleistung anzusehen sei, unter Berücksichtigung der in ganz Oberösterreich verstreuten Betriebsstätten und des Termins der in der Dauer nicht absehbaren Besprechung ohne eigenes Kraftfahrzeug nicht ordentlich bewältigen können. Die Benützbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel sei für sie nicht kalkulierbar gewesen. Die beklagte Partei wäre daher nach der Größe des Betriebes und den Bedürfnissen des Betriebsrats gemäß § 72 ArbVG verpflichtet gewesen, der Klägerin ein Dienstfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Die beklagte Partei hätte dieser Verpflichtung nur entgehen können, wenn sie dafür Sorge getragen hätte, daß die gemeinsamen Beratungen so angesetzt werden, daß die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht nur möglich, sondern auch zumutbar war. Im vorliegenden Fall seien die Zu- und Abreise zwar möglich, aber wegen der späten Rückkehr in den Wohnort um 23.08 Uhr und eines anschließenden Fußmarsches von 1 km nicht mehr zumutbar gewesen. Die beklagte Partei habe somit die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges durch die Klägerin zumindest vorausgesetzt und damit über dessen Verwendung disponiert. Die Verwendung des PKW sei daher überwiegend im dienstlichen Interesse und zum Nutzen der beklagten Partei erfolgt. Wenn der Arbeitgeber aber ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stellen hätte müssen, habe er auch das Unfallrisiko zu tragen. Die beklagte Partei habe der Klägerin daher in analoger Anwendung des § 1014 ABGB die aus der gefahrengeneigten Tätigkeit des Lenkens eines PKW entstandenen arbeitsadäquaten Schäden verschuldensunabhängig zu ersetzen. Infolge Berufung der beklagten Partei verhandelte das Berufungsgericht die Streitsache gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG von neuem. Es gab der Berufung Folge und wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht und ergänzte diese wie folgt:

Zur Zeit der Beschäftigung der Klägerin waren bei der beklagten Partei etwa 130 Arbeitnehmer tätig. Die beklagte Partei verfügte über VW-Busse, die zum Behindertentransport verwendet wurden. Zwei oder drei der Busse waren in Steyr stationiert. Die Klägerin hatte mehrmals angesucht, einen Bus für die Fahrten zu Besprechungen des Betriebsrats benützen zu dürfen. Dies wurde ihr jedoch nicht erlaubt. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß sich das in § 1014 ABGB zum Ausdruck kommende Prinzip der "Risikohaftung bei einer Tätigkeit im fremden Interesse" analog auch auf Arbeitsverträge anwenden lasse. Der Arbeitgeber sei verschuldensunabhängig verpflichtet, dem Arbeitnehmer die mit der konkreten Arbeitsleistung typischerweise verbundenen, also arbeitsadäquaten Sachschäden, die das spezifische Risiko der Tätigkeit des Arbeitnehmers verwirklichen, zu ersetzen. Dies treffe auch auf Schäden zu, die der Arbeitnehmer beim dienstlichen Lenken eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr erleide. Es bleibe aber zu prüfen, ob die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges dem Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers oder bloß dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers, der die ihm aufgetragene Tätigkeit ebenso gut oder nahezu ebenso gut ohne Kraftfahrzeug erledigen hätte können, zuzurechnen ist. Die Risikozurechnung erfolge auf Grund des Vorteils, den sich der Arbeitgeber durch die Nutzung fremder Tätigkeit und die darauf bezogenen Dispositionen verschaffe. Für die Haftung des Arbeitgebers reiche es demnach nicht aus, daß die Tätigkeit als Betriebsrat formal bei "Erbringung der Dienstleistung" erfolge, welcher Zusammenhang sich allerdings schon aus der Eigenschaft der Mitglieder des Betriebsrates als Dienstnehmer und der Aufgabenstellung des Betriebsrates ergebe.

Bei aller Anerkennung der sich aus den §§ 38 und 39 Abs. 1 ArbVG ergebenden Aufgaben der Interessenvertretung und des Interessenausgleichs könne nicht übersehen werden, daß die Organe der Arbeitnehmerschaft nicht selten Interessen vertreten und Forderungen stellen, die den unmittelbaren - zumeist wirtschaftlichen Interessen - des Arbeitgebers nicht entsprechen. Die Tätigkeit der Klägerin als Betriebsratsmitglied könne somit nicht als ausschließlich oder überwiegend zum Nutzen der beklagten Partei ausgeübt angesehen werden, weshalb der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nicht der Sphäre des Arbeitgebers zugerechnet werden könne. Auch wenn die beklagte Partei den Zeitpunkt und den Ort der Besprechung angeordnet habe, ändere dies nichts daran, daß es Aufgabe der Klägerin gewesen sei, dort die Interessen der Belegschaft wahrzunehmen.

Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 72 ArbVG berufen, da sich die Beistellungspflicht in erster Linie auf Räumlichkeiten sowie Kanzlei- und Geschäftserfordernisse erstrecke und nicht auf Kraftfahrzeuge für Betriebsräte. Eine Bereitstellungspflicht bestehe nur soweit, als es der Umfang der Tätigkeit des Betriebsrates erfordere und dem Betrieb nach seiner Größe zumutbar sei. Gerade die vom Erstgericht aufgezeigte Struktur des Betriebes der beklagten Partei spreche gegen eine Beistellung von Dienstfahrzeugen an Betriebsratsmitglieder. Es hätten im vorliegenden Fall zumindest drei, wenn nicht vier Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden müssen, was den mit etwa 130 Mitarbeitern eher bescheidenen Betrieb überfordert hätte. Außerdem sei beachtlich, daß die beklagte Partei nur über Busse zur Beförderung Behinderter verfüge, die hauptsächlich zum Transport der Behinderten zu und von den Tagesheimstätten verwendet werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Grunde des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wieder herzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt keine Berechtigung zu.

Die Klägerin wiederholt in ihrem Rechtsmittel im wesentlichen ihre Argumente, daß es Pflicht der beklagten Partei gewesen wäre, den Mitgliedern des Betriebsrates und besonders ihr gemäß § 72 ArbVG einen PKW zur Verfügung zu stellen, weil ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund des Zeitpunktes und des Ortes der Quartalsberatung nicht zuzumuten gewesen sei. Sie habe erst durch die Verwendung ihres eigenen PKW bewirkt, daß die der beklagten Partei gesetzlich obliegende Beratung gemäß § 92 Abs. 1 ArbVG, wie von ihr vorgesehen, durchgeführt werden konnte. Damit habe sie im überwiegenden Interesse der beklagten Partei gehandelt. Zum gleichen haftungsbegründenden Ergebnis gelange man auch, falls man die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Prinzipien (§§ 1295 ff ABGB) unter dem Aspekt heranziehe, daß die beklagte Partei die ihr obliegende Pflicht zur Beistellung eines geeigneten Transportmittels vernachlässigt habe.

Soweit die Klägerin ihr Begehren auf Schadenersatz auf die §§ 1295 ff ABGB stützt, ist ihr entgegenzuhalten, daß ein schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei bisher nicht einmal behauptet wurde. Sie brachte lediglich vor, daß ihr rechtswidrig kein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt worden sei, nicht aber, die beklagte Partei habe es trotz Aufforderung schuldhaft unterlassen, ihr ein Kraftfahrzeug beizustellen. Es geht hier vielmehr um das schon in den Vorinstanzen erörterte Problem der Risikohaftung bei einer Tätigkeit im fremden Interesse, zu welchem der Oberste Gerichtshof bereits grundlegend Stellung genommen hat (OGH 31.Mai 1983, 4 Ob 35/82 Arb. 10.268 = DRdA 1984/1 = ZAS 1985, 14 = RdW 1984, 52 = JBl. 1984, 391 = EvBl. 1983/154 = SZ 56/86; für den Fall der Schadensverlagerung JBl. 1986, 468 = RdW 1986, 152). Die Leitentscheidung des Obersten Gerichtshofes fand in der Lehre weitgehende Zustimmung (etwa Klein, DRdA 1983, 357; Jabornegg, DRdA 1984, 37 ff; Hanreich, JBl. 1984, 361 ff; Schrank, ZAS 1985, 8 ff; Bydlinski, Die Risikohaftung des Arbeitgebers, 56 ff, 80 ff). Demnach läßt das in § 1014 ABGB zum Ausdruck kommende allgemeine Prinzip der "Risikohaftung bei Tätigkeit im fremden Interesse" eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Arbeitsverträge als sachgerecht erscheinen. Auch wenn § 1151 Abs. 2 ABGB seine Verweisung nur auf Geschäftsbesorgungen beschränkt, wäre es nicht gerechtfertigt, in der Haftungsfrage zwischen Geschäftsbesorgung und bloß faktischer Tätigkeit im fremden Interesse zu unterscheiden (Jabornegg DRdA 37; Bydlinski aaO 40). Der "Auftrag" entspricht insoweit dem Dienstverhältnis (Bydlinski aaO 79).

Daß der Schaden der Klägerin im Zuge der Anreise zur Quartalsberatung und zu der dieser vorausgehenden internen Besprechung im weiteren Rahmen "ex causa mandati" und "arbeitsadäquat" erfolgte, wurde auch vom Berufungsgericht im Ergebnis nicht bezweifelt. Das Betriebsratsmandat ist eng mit dem durch die Betriebsratsfunktion allerdings geänderten Arbeitsvertrag verknüpft, und es ergibt sich schon aus der Aufgabenstellung des Betriebsrats ein Sinnzusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung. Das Mandat ist zwar gemäß § 115 Abs. 1 ArbVG neben den Berufspflichten auszuüben, doch ist dieser Grundsatz sehr starken Durchbrechungen unterworfen und es ist sichergestellt, daß die Entlohnung des Betriebsratsmitglieds, das ungeachtet seiner Stellung als Organ der Belegschaft (Strasser, Arbeitsrecht II 2 , 232; Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht 397) Arbeitnehmer bleibt, wegen seiner Mandatsausübung nicht geschmälert werden darf (§§ 115 ff ArbVG; Strasser, Arbeitsrecht II 2 337; Marhold, ZAS 1980, 8 ff mwN). Die Risikobeurteilung ist jedoch nicht auf die Tätigkeit der Klägerin als Dienstnehmerin der beklagten Partei, sondern auf die Notwendigkeit des Einsatzes des eigenen Kraftfahrzeuges für diesen Zweck abzustellen.

Es bedarf daher der Beantwortung der weiteren Frage, ob die beklagte Partei ohne Verwendung des Kraftfahrzeuges der Klägerin ein eigenes Fahrzeug für diese einsetzen und so das damit verbundene Unfallrisiko selbst hätte tragen müssen. Diese Frage ist zu verneinen. Reisen, die durch die Betriebsratstätigkeit anfallen, sind zur Erfüllung der Aufgaben der gesetzlichen Interessenvertretung erforderlich. § 72 ArbVG verpflichtet den Betriebsinhaber zur unentgeltlichen Beistellung von Sacherfordernissen und Dienstleistungen. Wenn auch eine Inhaltsausweitung des Begriffes der "sonstigen Sacherfordernisse" durch die Hereinnahme einer Verpflichtung zur Beistellung eines Kraftfahrzeugs nach der betrieblichen Praxis nicht ausgeschlossen erscheint, sind doch im Einzelfall die Größe des Betriebes und die Bedürfnisse des Betriebsrates maßgebend (Jabornegg, FS Floretta, 530 ff; vgl. auch Strasser aaO 245; Floretta, Komm.z.ArbVG § 72 Anm. 2). Eine allfällige Verpflichtung zur Beistellung eines PKW hängt daher vor allem von der Leistungsfähigkeit des Betriebsinhabers ab. Es sind nach allgemeiner Verkehrsauffassung wirtschaftlich vernünftige Dispositionen vorauszusetzen (Bydlinski aaO 81).

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin war die beklagte Partei weder nach der Zahl ihrer Arbeitnehmer noch nach ihrer Struktur und dem Betriebsumfang zur Bereitstellung von Kraftfahrzeugen für die Mitglieder des Betriebsrates verpflichtet. Nach den Feststellungen verfügte die beklagte Partei nur über Kleinbusse, die im wesentlichen dem Transport Behinderter zu den von ihr betreuten Tagesheimstätten dienen. Schon diese Widmung der Busse steht ihrer Verwendung für andere Zwecke entgegen, zumal nicht einmal behauptet wurde, daß ihr Ausfall an den Dienststellen der beklagten Partei keine Transportlücke bewirkt hätte. Die Klägerin geht schon in ihrer Klage von einer unrichtigen Voraussetzung aus, weil sie vorbrachte, es seien "Dienst-PKW" vorhanden gewesen, mit denen sie zumeist fahren habe können. Auch ihre Ausführungen in der Revision, es seien genügend Dienstfahrzeuge vorhanden gewesen, entsprechen nicht dem festgestellten Sachverhalt. Daß die vier Mitglieder des Angestelltenbetriebsrates sämtliche 18 über Oberösterreich verteilten Betriebsstätten bereist hätten oder bereisen hätten müssen, ist ebenfalls nicht hervorgekommen. Die von der Klägerin geltend gemachte Notwendigkeit der Beistellung von Fahrmöglichkeiten erschöpfte sich demnach im Erfordernis, für die Quartalsberatungen zum und vom Besprechungsort zu reisen. Die beklagte Partei konnte schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Anschaffung eigener Dienstfahrzeuge lediglich zu diesen Zwecken verhalten sein. Dazu kommt, daß es an sich ausreichende öffentliche Verkehrsverbindungen gab. Daran bestand im übrigen auch seitens des Betriebsrates der beklagten Partei bisher kein Zweifel, weil die Reisekosten vom Betriebsratsfonds nur insoweit zu ersetzen gewesen wären, als die beklagte Partei nicht gemäß § 72 ArbVG ohnehin zur Beistellung eines Kraftfahrzeuges verpflichtet war (Jabornegg, FS Floretta, 532 f). Die Reisekosten der Betriebsratsmitglieder wurden aber stets vom Betriebsratsfonds getragen.

Der Termin für die Beratung ist zwischen dem Betriebsinhaber und dem Betriebsrat zu vereinbaren (Strasser im Kommentar zum ArbVG 491). Nach den Feststellungen hätte über Termin und Ort der Besprechung noch verhandelt werden können. Weder Ort noch Termin der Quartalsberatung waren sohin einseitig und so unabänderlich vorgegeben, daß die Klägerin mangels Koordinationsmöglichkeit zwangsläufig die ihr offenstehenden Bus- und Zugverbindungen versäumen hätte müssen. Nach § 92 Abs. 1 ArbVG hätten vom Betriebsrat sogar monatliche Beratungen verlangt werden können, wenn die anstehenden Themen zu umfangreich geworden wären. Es trifft daher nicht zu, daß die Klägerin ihre Tätigkeit in Erfüllung der Interessenvertretung ohne den Einsatz ihres eigenen PKW nicht ordentlich bewältigen hätte können. Sie hätte vielmehr ihrer Verpflichtung, an der Beratung teilzunehmen, ebenso gut (oder nahezu ebenso gut) ohne Verwendung eines Kraftfahrzeugs nachkommen können; sie hätte nur auf die Notwendigkeit der Einhaltung von Fahrplanzeiten aufmerksam machen müssen. Soweit sie sich um öffentliche Verkehrsverbindungen nach ihrer eigenen Aussage mehr oder weniger gar nicht kümmerte, kann dies nicht zu Lasten der beklagten Partei gehen, indem dieser unterstellt wird, sie hätte über den Einsatz des PKW der Klägerin disponiert. Dazu kommt, daß die Klägerin ihren PKW ebenso gut am Bahnhof oder an der Bushaltestelle in Steyr oder Gleink abstellen hätte können. Damit wären die PKW-Fahrt von Steyr nach Wels und der Verkehrsunfall überhaupt vermieden worden. Der weitere Einwand der Klägerin, ihre nach § 12 Abs. 1 AZG gewährleistete Ruhezeit wäre bei einer Rückreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln beeinträchtigt gewesen, übersieht, daß eine diesbezügliche Behauptung bisher nicht aufgestellt wurde, weshalb die tägliche Dauer ihrer Arbeitszeit nicht erörtert werden konnte, und daß sie bereits ab Mittag des Tages der Quartalsberatung dienstfrei gestellt war (§ 116 ArbVG) und daher ab diesem Zeitpunkt keine Arbeit im Sinne des Arbeitszeitrechtes mehr zu verrichten hatte, sondern ihre Interessenvertretung als Betriebsrat ausübte. Es ist daher dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß der Einsatz des eigenen PKW dem persönlichen Lebensbereich der Klägerin zuzurechnen ist und nicht dem Betätigungsbereich der beklagten Partei. Damit besteht aber kein Anspruch auf Ersatz des erlittenen PKW-Schadens. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E10348

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:014OBA00007.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_014OBA00007_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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