TE OGH 1987/2/26 6Ob513/87

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Veröffentlicht am 26.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Gerhard G***, Ingenieurkonsulent für Bauwesen, 1050 Wien, Schloßgasse 1/4/26, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Heimo Puschner, Dr. Christian Tassul, Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Wilhelm V***, Ingenieurkonsulent für Bauwesen, 1170 Wien, Rokitanskygasse 17, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,524.873,47 samt Nebenforderungen, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. November 1985, GZ 12 R 223/85-135, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. Mai 1985, GZ 40 a Cg 252/77-128, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 20.885,70 (darin enthalten S 1.898,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Gesellschaftsvertrag über eine Bürogemeinschaft für Ingenieurkonsulenten, an deren Gewinn und Verlust der Kläger beteiligt war, wurde vom Beklagten zum 31. März 1976 durch Aufkündigung aufgelöst. Vereinbarungsgemäß sollte der Kläger bei der Auseinandersetzung das auf seinem Kapitalkonto im Ausscheidungszeitpunkt aufscheinende Guthaben erhalten, wobei die Ausscheidungsbilanz nach den Grundsätzen des Jahresabschlusses zu erstellen war und die bis zum Ausscheidungszeitpunkt geleisteten Arbeiten aufgrund der Honorarberechnung festzusetzen und als Aktivposten in die Bilanz aufzunehmen waren. Weiters sollte der Kläger die Hälfte des Mindestgewinnanteiles, berechnet auf der Grundlage des im Jahresabschluß der Bürogemeinschaft ausgeworfenen Gewinnes, und zwar binnen Jahresfrist ab Ausscheidungszeitpunkt erhalten. Die Parteien wollten, daß der Kläger an den wirklichen Gewinnen der Gesellschaft beteiligt werde und daß im Fall einer Aufkündigung des Vertrages durch den Beklagten auch hinsichtlich der dann noch nicht beendeten und abgerechneten Aufträge von den tatsächlich erzielbaren Gewinnen nach Art und Inhalt der künftigen Honorarrechnungen auszugehen sei. Dazu vereinbarten die Parteien, daß zur Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens nicht auf die Honorarabrechnung zu warten, sondern von Schätzungen des wahrscheinlich erzielbaren Gewinnes auszugehen sei. Das nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien errechnete, spätestens am 31. März 1977 fällige Auseinandersetzungsguthaben des Klägers beträgt S 2,524.873,47. In der am 13. Dezember 1977 eingebrachten Klage begehrte der Kläger zunächst nur einen Auseinandersetzungsbetrag von S 1,607.023,28 samt 4 % Zinsen seit 1. April 1977, dehnte sein Begehren am 8. Juni 1979 auf S 3,226.518,28 samt den erwähnten Zinsen aus, schränkte es aber am 20. Mai 1985 auf S 2,524.873,47 samt den erwähnten Zinsen ein.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wobei er gegen das ausgedehnte Begehren Verjährung einwendete. Das Erstgericht verurteilte den Beklagten nach dem (eingeschränkten) Klagebegehren.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge.

Es setzte sich mit allen vom Berufungswerber behaupteten Mängeln des Verfahrens erster Instanz ausführlich auseinander, anerkannte solche aber ebensowenig wie die Berechtigung der Beweis- und Rechtsrüge. Zur Verjährungseinwendung führte es im wesentlichen aus, daß die eingeklagten Ansprüche binnen Jahresfrist ab Auflösung des Gesellschaftsvertrages und damit erst mit 31. März 1977 fällig geworden seien. Im übrigen würden diese Ansprüche ohnehin nicht nach drei Jahren verjähren.

Die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene, vom Kläger beantwortete Revision des Beklagten ist zulässig (§ 502 Abs. 4 Z 2 ZPO), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In einem nicht amtswegigen Verfahren erster Instanz angeblich unterlaufene, vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel können nach ständiger Rechtsprechung nicht mit Erfolg unter dem im § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO umschriebenen Revisionsgrund geltend gemacht werden (EFSlg. 46.697, 44.102, 41.770; SZ 51/8, 50/14 u.a.). Dem Revisionswerber ist zuzugeben, daß diese Rechtsprechung von einem Teil der Lehre abgelehnt wird, in jüngster Zeit wieder von Fasching (Zivilprozeßrecht Rz 1909) und Rechberger-Simotta (Zivilprozeßrecht 3 Rz 721). Diese Kritik bietet jedoch mangels neuer Argumente keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen, die im wesentlichen auf der Überlegung beruht, daß dem Obersten Gerichtshof doch nicht die Prüfung der vom Berufungsgericht verneinten, keine Nichtigkeit bewirkenden Mängel des Verfahrens erster Instanz obliegen kann, wenn ihm die Prüfung vom Berufungsgericht verneinter Nichtigkeitsgründe nach § 519 Abs. 1 ZPO verwehrt ist (JBl. 1972 569 u.a.).

Auf die vom Erstgericht unterlassene Einholung eines "Kammergutachtens" über die Aussageverweigerung des Zeugen Dr. Franz K*** brauchte das Berufungsgericht schon deshalb nicht besonders einzugehen, weil es die Aussage dieses Zeugen mit Recht für entbehrlich hielt.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß die geltend gemachten Mangelhaftigkeiten nicht vorliegen (§ 510 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Versuch des Revisionswerbers, unter den zulässigen Revisionsgründen des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO eine unzulässige Beweisrüge auszuführen, muß erfolglos bleiben.

Der festgestellte Sachverhalt wurde vom Berufungsgericht richtig beurteilt. Insbesondere ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Verjährung erst am 1. April 1977 zu laufen begann. Daher wurde nicht nur das bereits in der am 13. Dezember 1977 eingebrachten Klage gestellte, sondern auch das am 8. Juni 1979 ausgedehnten Begehren innerhalb von drei Jahren nach Beginn der Verjährung durch Klage geltend gemacht. Unter diesen Umständen müßte auf die in der Rechtsrüge bekämpfte, eine Verjährung verneinende Zusatzbegründung des Berufungsgerichtes, daß die eingeklagten Ansprüche nicht in drei Jahren verjähren, nicht näher eingegangen werden. Diese Begründung entspricht aber der Lehre (Wahle in Klang 2 V 629) und Rechtsprechung (SZ 43/26; vgl. für Ansprüche auf Gewinnanteile aus einer stillen Gesellschaft auch SZ 30/58; HS 535, 578 und 583).

Da das gesamte Auseinandersetzungsguthaben vereinbarungsgemäß spätestens binnen Jahresfrist ab Ausscheidungszeitpunkt, also am 31. März 1977 fällig war, kann der Kläger den Schaden, den ihm der Beklagte durch Verzögerung der bedungenen Zahlung zugefügt hat, ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Beklagten nach § 1333 ABGB durch die vom Gesetz bestimmten Zinsen von 4 % schon ab 1. April 1977 vergütet verlangen. Prozeßzinsen wurden von ihm nicht begehrt. Damit erweist sich auch die Rechtsrüge, soweit sie gesetzgemäß ausgeführt ist, als nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; dabei war von der richtigen Bemessungsgrundlage von S 2,524.873,47 auszugehen.

Anmerkung

E10387

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00513.87.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19870226_OGH0002_0060OB00513_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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