TE OGH 1987/2/26 8Ob682/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alois N***, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 19, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ehegatten Karl und Gertraud L***, 4852 Weyregg, Miglberg 10 (S 36/85 und S 37/85 je KG Wels) wider die beklagte Partei Heinz V*** GesmbH., 4852 Weyregg, Miglberg 10, vertreten durch Dr. Gerhard Hickl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 3.Juli 1986, GZ R 526/86-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 21.Februar 1986, GZ 3 C 125/85-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 514,35) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ehegatten Karl und Gertraud L***. Er kündigte der Beklagten den zwischen den Ehegatten L*** und ihr am 19.12.1984 geschlossenen Unternehmenspachtvertrag für den letzten Tag des Monates November 1985 auf. Die Beklagte habe den vereinbarten Pachtzins von je S 17.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer für die Monate Juli und August 1985, der am 15.7. und 15.8.1985 fällig war, trotz Aufforderung nicht bezahlt, deshalb den Bestandvertrag unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen.

Gegen den die Aufkündigung bewilligenden Beschluß des Erstgerichtes brachte die Beklagte rechtzeitig Einwendungen ein. Sie habe im Einvernehmen mit den Ehegatten L*** verschiedene Investitionen vorgenommen. Ihren sich hieraus ergebenden Ersatzanspruch von S 139.564,-- habe sie gegen den Bestandzins aufgerechnet, sodaß sich noch immer ein Guthaben zu ihren Gunsten ergebe. Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit der Ehegatten L*** habe sie dabei nicht gehabt.

Der Kläger replizierte, daß die Unternehmenspachtverträge deshalb geschlossen worden seien, um den andrängenden Gläubigern sämtliches verwertbare Vermögen der Gemeinschuldner zu entziehen; die Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit der Ehegatten L*** gekannt, zumindest habe sie diese Umstände kennen müssen. Die von der Beklagten behauptete Kompensation werde nach §§ 28, 31 KO angefochten.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung als wirksam und verpflichtete die Beklagte, das Bestandobjekt, die Diskothek bzw. den Gasthofbetrieb Miglberg 10 samt Zubehör, binnen 14 Tagen zu räumen und dem Kläger geräumt zu übergeben. Es traf - zusammengefaßt dargestellt - nachstehende Feststellungen:

Seit Ende September 1983 betreiben mehrere Gläubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren in die Liegenschaft der Ehegatten L***; daneben laufen zahlreiche Verfahren in ihr bewegliches Vermögen.

Heinz V*** ist Geschäftsführer der Beklagten. Für diese schloß er am 19.12.1984 mit den Ehegatten L*** einen Unternehmenspachtvertrag über das von ihnen auf der Liegenschaft 4852 Weyregg, Miglberg 10, betriebene Unternehmen "Diskothek und Gasthof" samt Zubehör. Sie vereinbarten unter anderem:

"Gebäude oder Gebäudeerweiterungen, die die Beklagte auf dem Pachtgrundstück errichten wird, gehen in ihr Eigentum über; nach Beendigung des Bestandverhältnisses sollen sie den Verpächtern (Ehegatten L***) entgeltlich zum Verkehrswert überlassen werden. Die Beklagte ist berechtigt, das Pachtobjekt unterzuvermieten. Der Pachtzins beträgt für ein Jahr S 120.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer und ist in 12 Raten bis zum 15. eines jeden Monates zu entrichten; die Raten betragen für die Monate Jänner bis Mai sowie November und Dezember S 5.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer, für die Monate Juni bis Oktober je S 17.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer. Die Verpächter sind berechtigt, den Vertrag unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen, wenn die Pächterin mit einer Pachtzinsrate länger als durch sechs Wochen in Verzug bleibt.

Ebenfalls am 19.12.1984 schloß die Beklagte mit einer Heinz S*** GesmbH einen Betriebsunterpachtvertrag über das vorgenannte Bestandobjekt. Ab 1985 war Heinz S*** oftmals am Pachtobjekt anwesend; im Zeitraum Ende 1985/Anfang 1986 etwa zwei- bis dreimal wöchentlich. S*** wünschte, daß seine Investitionen mit dem Pachtzins verrechnet würden, womit sich L*** (mündlich) einverstanden erklärte. Heinz S***

bestellte im Jahre 1985 einen Traktor, der S 90.000,-- kostete. Die Berggasthof S*** GesmbH bestellte auch Bettzeug um S 3.502,--, weiters Waren um S 32.400,-- sowie Fenster um S 10.896,--. Karl L*** bestellte im Namen der Firma S*** GesmbH Transportarbeiten um S 2.766,--, die am 30.9.1985 erbracht und mit Rechnung vom 1.10.1985 verrechnet wurden.

Am 24.6.1985 wurde über das Vermögen der Ehegatten Karl und Gertraud L*** der Konkurs eröffnet. Von den genannten Investitionen wurde lediglich die Bestellung des Traktors (S 90.000,--) vor der Konkurseröffnung vorgenommen. Am 9.9.1985 teilte der Masseverwalter Dr. N*** der Beklagten mit eingeschriebenem Brief mit, daß der Pachtzins für die Monate Juli bis September 1985 noch ausständig sei; er forderte sie zur Zahlung auf. Zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz hafteten die Pachtzinse für die Monate Juli bis Dezember 1985 unberichtigt aus.

Umfangreiche Gebäudeerweiterungen, Renovierungen und Erneuerungen wurden von der Beklagten nicht vorgenommen. Eine Vereinbarung, daß diverse ersatzweise beschaffte Gegenstände im Eigentum der Ehegatten L*** verbleiben sollten anstatt in das Eigentum der Beklagten überzugehen, konnten nicht festgestellt werden.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Kündigung gerechtfertigt sei, weil die Beklagte den Bestandzins trotz Mahnung nicht bezahlt habe. Auf die behauptete Kompensation brauche nicht Bedacht genommen zu werden, weil die Forderungen, mit denen aufzurechnen versucht wurde, nicht der Beklagten, sondern anderen Gesellschaften zustünden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz verneinte die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel erster Instanz. Auf der Grundlage der Feststellungen des Erstgerichtes stellte es klar, daß ein Bestandzinsrückstand für die Monate Juli bis Dezember 1985 vorgelegen sei, der für die Monate Juli bis September 1985 eingemahnt worden war. Die Voraussetzungen für die Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 1118 zweiter Fall ABGB lägen daher vor. Für die Annahme einer den Betandzinsrückstand kompensierenden Gegenforderung fehle es an der Personenidentität zwischen Gläubiger und Schuldner: Die von der Beklagten behaupteten Investitionen seien nicht von ihr, sondern von anderen Gesellschaften getätigt worden. Eine Zession von Forderungen aus den Investitionen zu ihren Gunsten habe die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Aufkündigung für unwirksam erkannt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte behauptet Verfahrensmängel erster sowie zweiter Instanz und stellt sich auf den Standpunkt, daß dem Berufungsgericht Aktenwidrigkeiten unterlaufen seien. Die geltend gemachten Revisionsgründe liegen jedoch nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Rechtsrüge führt die Beklagte dahin aus, daß schon aus dem bloßen Umstand von getätigten Investitionen auf eine Kompensation der daraus resultierenden Ansprüche und der Bestandzinsforderungen nach Bereicherungsgrundsätzen zu schließen gewesen wäre. Dem ist zu entgegnen:

Die grundsätzliche Berechtigung des Klägers, den Unternehmenspachtvertrag vom 19.12.1984 unter Beziehung auf § 24 KO gemäß § 10 Abs 2 dieses Vertrages wegen Bestandzinsrückstandes aufzukündigen, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Es genügt daher, darauf zu verweisen, daß die Beklagte mit dem vereinbarten Pachtzins dergestalt in Rückstand ist, daß die in dieser Vertragsbestimmung enthaltene Berechtigung zur Aufkündigung voll zum Tragen kommt. Darüber hinaus handelt es sich um einen sogenannten qualifizierten Bestandzinsrückstand im Sinne des § 1118 zweiter Fall ABGB, der sogar eine Räumungsklage rechtfertige; denn die Beklagte ist mit dem Bestandzins für die Monate Juli bis Dezember 1985 im Rückstand und wurde auch zumindest hinsichtlich des Pachtzinses von Juli bis September 1985 zur Bezahlung ausdrücklich aufgefordert.

Es ist auch weiters nicht strittig, daß die Beklagte keine prozessuale Aufrechnung von Gegenforderungen aus Investitionen dem Kündigungsbegehren entgegenhielt; dies wäre schon mangels Gleichartigkeit der dem Aufrechnungsbegehren zugrunde liegenden Leistungen nicht möglich (SZ 50/35 ua); die Beklagte behauptet jedoch, daß die Bestandzinsforderung durch (außergerichtliche) Aufrechnung mit von ihr getätigten Investitionen getilgt sei, weshalb der geltend gemachte Auflösungsgrund nicht vorliege. Dem ist jedoch zu erwidern:

Wann Ersatzansprüche aufgrund von Aufwendungen des Pächters gegen den Verpächter fällig werden, bestimmt § 1097 ABGB. Danach entsteht ein solcher Ersatzanspruch erst nach der Beendigung des Bestandverhältnisses (Würth in Rummel Rz 4 zu § 1097 ABGB; SZ 47/98; MietSlg 28.135 ua). Vor der Beendigung kann daher mangels Fälligkeit eine Kompensation von Ansprüchen aus Investitionen mit Bestandzinsforderungen nicht erfolgen.

Damit verbliebe zur Stützung des Standpunktes der Beklagten lediglich eine vertragliche Vereinbarung, aufgrund deren eine Kompensation dennoch vorgenommen werden könnte. Der Pachtvertrag selbst enthält jedoch eine solche Vereinbarung nicht, weil nach dessen § 5 Abs 4 ein Entgeltanspruch aus Anlaß der Übertragung von Investitionen ins Eigentum der Bestandgeber erst nach der Beendigung des (Haupt-)Bestandverhältnisses gegeben sein sollte. Aber auch aus der Äußerung des Unterbestandnehmers, er wünsche sich eine Verrechnung seiner Investitionen mit dem Pachtzins, läßt sich nicht ableiten, daß damit eine Vereinbarung über die Kompensation von Auslagen für getätigte Investitionen mit Bestandzinsforderungen zwischen den Verpächtern und dem (Haupt-)Pächter abgeschlossen worden wäre, zumal an dem festgestellten Gespräch der (Haupt-)Pächter selbst nicht beteiligt war. Die festgestellte Äußerung des Unterbestandnehmers gegenüber einem der verpachtenden Ehegatten ist daher keinesfalls als eine Kompensationsvereinbarung zwischen dem Hauptbestandnehmer und den Bestandgebern zu beurteilen.

Demnach war der Revision der Beklagten schon aus den dargelegten Gründen der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10591

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00682.86.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19870226_OGH0002_0080OB00682_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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