TE OGH 1987/3/3 5Ob29/87

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Veröffentlicht am 03.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Ingeborg P***, Schneiderin, Gyristraße 7, 4910 Ried im Innkreis, vertreten durch den Angestellten des Mieterschutzverbandes Österreichs, Landesleitung Oberösterreich, Wolfgang W***, Museumstraße 5, 4020 Linz, wider den Antragsgegner Johann P***, Pensionist, Innerleiten 4, 4873 Frankenburg, vertreten durch Maria Anna P***, Innerleiten 4, 4873 Frankenburg, wegen Feststellung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 30. September 1986, GZ R 343/86-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 3. Juli 1986, GZ Msch 2/86-12, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden der Sachbeschluß des Erstgerichtes, soweit dieser nicht durch Unterlassung der Anfechtung in Teilrechtskraft erwachsen ist (Feststellung, daß ein S 592,63 monatlich übersteigender Hauptmietzins unzulässig ist, Feststellung der Überschreitung des gesetzlich höchstzulässigen Hauptmietzinsausmaßes mit S 4.388,44 und Verpflichtung des Vermieters, diesen Betrag samt gestaffelten Zinsen an die Mieterin zurückzuzahlen), das abgeführte Rechtsmittelverfahren und der Sachbeschluß des Rekursgerichtes als nichtig aufgehoben. Die Sache wird an das Gericht erster Instanz zur Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin hat ab dem 10. Juli 1985 vom Antragsgegner im Haus Braunauerstraße 11 in 4910 Ried im Innkreis, das im Jahr 1799 erbaut worden war, die im ersten Stock gelegene aus Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und einem Baderaum mit Klosett, der zugleich von im selben Stock wohnenden Mietern benützt wird, bestehende Wohnung gegen einen die Betriebskosten umfassenden Monatsmietzins von S 2.800,-- gemietet. Die Nutzfläche der Wohnung beträgt insgesamt 44,16 m 2 . Die Räume der Wohnung waren schon vor dem 8. Mai 1945 vorhanden. Wohnzimmer und Küche sind vom Schlafzimmer durch den 1 Meter breiten und 2,5 Meter langen Gang getrennt, von dem aus der gemeinsame Baderaum zu erreichen ist. Dieser zuvor als Klosett vorhandene Raum mit einer Bodenfläche von 2,15 x 1,20 Metern wurde erst um 1975 als Bad eingerichtet und mit einer Badewanne und einem Waschbecken ausgestattet. Am 15. Jänner 1986 beantragte die Mieterin beim Erstgericht die Entscheidung, daß es sich bei dem Mietobjekt um eine Wohnung der Ausstattungskategorie D handle, der monatlich höchstzulässige Hauptmietzins einschließlich Umsatzsteuer S 281,82 betrage und seit Beginn des Mietverhältnisses das zulässige Ausmaß an Mietzins um S 12.708,08 überschritten wurde.

Der Vermieter trat dem Begehren entgegen. Die Wohnungen im Haus würden nach freien Vereinbarungen vermietet.

Im Verfahren, dem die anderen Hauptmieter des Hauses nicht beigezogen waren, stellten die Antragstellerin und der Antragsgegner außer Streit, daß in dem vereinbarten Mietzins von monatlich S 2.800,-- ein Betriebskostenpauschale von S 500,-- enthalten sei. Sie einigten sich am 18. Juni 1986, das Mietverhältnis mit 30. Juni 1986 zu beenden.

Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß auf Feststellung, daß es sich bei dem Mietobjekt um eine Wohnung der Ausstattungskategorie C handelt, wofür der monatlich zulässige Hauptmietzins einschließlich Umsatzsteuer S 592,63 beträgt, und daß seit Beginn des Mietverhältnisses bis zum Entscheidungstag das zulässige Zinsausmaß um S 4.388,44 überschritten wurde. Es trug dem Vermieter auf, der Mieterin den Überschreitungsbetrag von S 4.388,44 samt stufenweise festgelegten gesetzlichen Zinsen zurückzuzahlen. Dabei ging das Erstgericht davon aus, daß eine Ausnahme von der Mietzinsbildungsvorschrift des § 16 Abs 2 MRG nicht vorliege, weil das Mietobjekt in einem Gebäude gelegen ist, das nicht erst auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist, und auch nicht erst auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung durch Um-, Auf-, Ein- oder Zubau neu geschaffen wurde. Nach dem 8. Mai 1945 am Haus vorgenommene Adaptierungsarbeiten und Zubauten hätten den der Antragstellerin vermieteten Bestandgegenstand nicht betroffen. Es sei nur 1975 ein Bad geschaffen worden. Der Raum sei aber schon 1937 als Klosett vorhanden gewesen. Eine Standardanhebung liege nicht vor. Da die Wohnung zwar keinen Vorraum aufweise, wohl aber Wasserentnahmestellen in der Küche und im Bad und ein "Klosett innerhalb des Wohnungsverbands" vorhanden seien, sei sie in die Ausstattungskategorie nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG (C) einzuordnen. Der höchstzulässige Hauptmietzins betrage in der Zeit seit dem Beginn des Mietverhältnisses S 12,20 je Quadratmeter der Nutzfläche und daher monatlich S 538,75 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Soweit daher der vereinbarte Hauptmietzins von S 2.300,-- den Monatsbetrag von S 592,36 übersteige, sei die Vereinbarung nach § 16 Abs 5 MRG unwirksam. Bezahlt habe die Mieterin von Juli 1985 bis November 1985 S 11.500,-- (5 x S 2.300,--). Insgesamt sei für die Mietzeit von Juli 1985 bis Juni 1986 zulässig an Hauptmietzins S 7.111,56 zu fordern gewesen. Die Mieterin habe daher um S 4.388,44 zu viel bezahlt und Anspruch auf Rückzahlung samt gestaffelten gesetzlichen Zinsen.

Eine Verständigung der weiteren Hauptmieter des Hauses Edeltraud H***, Hildegard und Ferdinand H*** sowie Johannes und Waltraud W*** im Sinne des § 37 Abs 3 Z 2 MRG habe

unterbleiben können, weil sie Kenntnis vom Verfahren hatten oder selbst bereits eine Mietzinsherabsetzung verlangt hätten. Das Rekursgericht änderte infolge des nur von der Mieterin erhobenen Rekurses gegen diesen Sachbeschluß die Entscheidung dahin ab, daß es feststellte, daß es sich bei dem Mietobjekt um eine Wohnung der Ausstattungskategorie D handelt, wofür der höchstzulässige Hauptmietzins einschließlich Umsatzsteuer monatlich S 296,32 beträgt, und daß vom 10. Juli 1985 bis zum 15. Jänner 1986 (Tag der Antragstellung) auf Grund der überhöhten Hauptmietzinsforderungen das zulässige Zinsausmaß um insgesamt S 9.722,08 überschritten wurde. Es verpflichtete den Vermieter, der Mieterin diesen Betrag samt 4 % Zinsen seit dem 15. Jänner 1986 zurückzuzahlen. Das Rekursgericht gab der Mieterin recht, daß das Bestandobjekt nur der Ausstattungskategorie D nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG zuzuordnen sei, weil das Badezimmer mit dem Klosett von einer anderen Mietpartei mitbenützt wurde und nur über den Gang zu erreichen sei. Das mitbenützte Klosett liege nicht im Inneren der Wohnung. Das Vorhandensein des gleichfalls nur gemeinsam mit einem anderen Mieter zu benützenden Baderaumes wiege das Fehlen des Klosetts im Inneren der Wohnung nicht auf (§ 16 Abs 3 MRG). Der Antrag der Mieterin habe sich aber nur auf den Zeitraum vom Beginn des Mietverhältnisses am 10. Juli 1985 bis zum Tag der Antragstellung am 15. Jänner 1986 beschränkt und sei in der Folge nicht ausgedehnt worden. Es habe daher bei der Vergleichung der in diesem Zeitraum von der Mieterin geleisteten Zahlungen an Hauptmietzins von S 11.500,-- und dem zulässigen Hauptmietzins für sechs Monate von S 1.777,92 (S 296,32 x 6) zu bleiben, woraus sich der Anspruch der antragstellenden Mieterin auf Rückforderung von S 9.722,08 ergebe.

Mit dem rechtzeitig zu Protokoll gegebenen Revisionsrekurs bekämpft der Vermieter den abändernden Teil des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes mit dem erkennbaren Ziel, daß die erstrichterliche Feststellung wieder hergestellt werde, es handle sich um eine Wohnung der Ausstattungskategorie C. Es sei eine freundliche sonnige Wohnung, die Wohnküche sei möbliert und mit einem Durchlauferhitzer ausgestattet. Das zur Wohnung gehörige Klosett habe nur von hauseigenen Personen benützt und gegen die Benützung durch Fremde versperrt werden können. Zu Unrecht sei auch der Zeitraum vom 16. Jänner 1986 bis 30. Juni 1986 nicht in die Berechnung einbezogen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist wirksam erhoben und nach der abschließenden Regelung des § 37 Abs 3 Z 18 MRG, wodurch auch die Rechtsmittelbeschränkung nach § 528 Abs 1 Z 5 ZPO nicht anzuwenden ist, gegen den abändernden Teil des Beschlusses der zweiten Instanz zulässig.

Aus Anlaß des zulässig erhobenen Rechtsmittels ist eine den Vorinstanzen unterlaufene Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen:

Wie das Erstgericht richtig erkannt hat, hat das Gericht von Verfahren, die von einem Hauptmieter der Liegenschaft gegen den Vermieter eingeleitet werden, auch die anderen Hauptmieter der Liegenschaft, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrags unmittelbar berührt werden könnten, zu verständigen und diesen anderen Hauptmietern Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu geben. Es genügt, wenn sie zu einem Zeitpunkt, zu dem dies noch zulässig ist, also nicht erst in dem vom Neuerungsverbot beherrschten Rechtsmittelverfahren, Gelegenheit zu einem Sachvorbringen haben. Hat der antragstellende Hauptmieter nur die Entscheidung über die Zulässigkeit des vereinbarten und/oder begehrten Hauptmietzinses nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG beantragt, ist die Einreihung des Mietgegenstandes in eine der Ausstattungskategorien nach § 16 Abs 2 MRG nur als eine nicht der Rechtskraft fähige Vorfragenlösung vorzunehmen (MietSlg 36.503) und daher keine Beteiligung der übrigen Hauptmieter geboten. Wird aber die spruchmäßige Feststellung der Ausstattungskategorie beantragt, so müssen die übrigen Hauptmieter der Liegenschaft nach § 37 Abs 3 Z 2 MRG am Verfahren beteiligt werden (Würth in Korinek-Krejci, HBzMRG, 519; MietSlg 35.430/33; MietSlg 36.504/43). Der Entzug des den übrigen Hauptmietern zukommenden rechtlichen Gehörs hat die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Sachbeschlusses und des darüber abgeführten Rechtsmittelverfahrens zur Folge. Dies ist, soweit nicht Teilrechtskraft eingetreten ist, auch amtswegig aus Anlaß des zulässigen Rechtsmittels des Vermieters aufzugreifen. Die Beteiligungsmöglichkeit ist nicht schon dann gewahrt, wenn die übrigen Hauptmieter irgendwie Kenntnis erlangten, daß zwischen einem Hauptmieter und dem Vermieter ein Verfahren über einen Antrag anhängig ist, dessen Stattgebung ihre Interessen berühren könnte. Die nach § 37 Abs 3 Z 2 MRG dem Gericht obliegende Verständigung muß sicherstellen, daß den betroffenen übrigen Hauptmietern klar wird, daß sie sich an dem ihre rechtlichen Interessen berührenden Verfahren beteiligen und dadurch ihre Parteistellung wahrnehmen können. Dies ist nicht schon dadurch erreicht, daß die anderen Mieter nur wissen, daß ein Verfahren anhängig ist. Da die Stattgebung des Hauptantrages auf Feststellung der Ausstattungskategorie schon wegen der Bindung eines solchen einem Feststellungsurteil gleichkommenden Sachbeschlusses in einem allfälligen späteren Verfahren nach den §§ 18 und 19 MRG die Interessen der übrigen Hauptmieter unmittelbar berührt, begründet die Unterlassung ihrer Beteiligung Nichtigkeit des Sachbeschlusses und des Rechtsmittelverfahrens.

Im fortzusetzenden Verfahren wird, falls die Antragstellerin den Antrag auf Feststellung aufrecht hält, die Ausstattungskategorie der Wohnung festzustellen, und sich nicht mit einem, allenfalls auf die restliche Mietzeit bis 30. Juni 1986 ausgedehnten Antrag auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Ausmaßes des Hauptmietzinses beschränkt, soweit darüber nicht schon rechtskräftig entschieden wurde, die Verständigung der übrigen Hauptmieter stattzufinden haben, damit sie sich am Verfahren beteiligen können.

Anmerkung

E10548

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00029.87.0303.000

Dokumentnummer

JJT_19870303_OGH0002_0050OB00029_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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