TE OGH 1987/3/3 5Ob521/87

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Veröffentlicht am 03.03.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Thomas R***, Kaufmann, und 2.) Renate R***, Geschäftsfrau, beide Kampstraße 32, 2344 Maria Enzersdorf, beide vertreten durch Dr. Friedrich Weber jun., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Anton ÖRY, Angestellter, und 2.) Brigitte ÖRY, Angestellte, beide Roseggerweg 3, Gärtnerhaus, 2340 Mödling, beide vertreten durch Dr. Dieter H. Gradwohl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 26. November 1986, GZ 41 R 542/86-86, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. Juni 1986, GZ 4 C 419/84-78, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Die Revision wird, insoweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen.

2.) Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 4.822,91 S (darin 192,-- S an Barauslagen und 420,99 S an Umsatzsteuer) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von 3.016,93 S (darin 240,-- S an Barauslagen und 252,45 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 815 KG Mödling (Roseggerweg 3), auf der sich eine um die Jahrhundertwende als "Herrenhaus" erbaute Villa und ein Gärtnerhaus mit einer Nutzfläche von 71,71 m 2 befinden. Das Gärtnerhaus wurde zunächst von einer Frau namens W*** bewohnt. Als diese auszog, schloß der Rechtsvorgänger der klagenden Parteien, Dr. K***-L***, mit Waltraud S*** einen Vertrag über die Benützung des Gärtnerhauses. Waltraud S*** trat jedoch in der Folge aus persönlichen Gründen von diesem Vertrag zurück. Dr. K***-L*** schloß hierauf am 7. August 1973 mit dem Erstbeklagten die gleiche Vereinbarung wie zuvor mit Waltraud S*** dahingehend, daß dem Erstbeklagten und seiner Familie dieses Gärtnerhaus in bester Wohnlage Mödlings zur Verfügung gestellt wird, wobei sich der Erstbeklagte zu folgenden Gegenleistungen verpflichtete:

Er hatte den 1,40 Meter breiten und ca. 120 Meter langen Gehsteig zu jeder Jahreszeit zu säubern, insbesondere im Winter von Schnee zu räumen und im Sommer Unkraut zu entfernen, und die unbewohnte Villa einmal monatlich zu lüften. Weiters verpflichtete sich der Erstbeklagte, an der Villa auftretende Schäden dem "Sekretariat K***" zu melden und die ihm zur Verfügung gestellte Wohnung instandzuhalten sowie diese bei Verlassen in dem ordentlichen Zustand zu übergeben, in dem er sie übernommen hatte. Eine Benützungsdauer wurde nicht vereinbart, aber der Erstbeklagte sollte die Wohnung im Fall anderweitiger Benötigung nach Ablauf einer sechsmonatigen Frist geräumt übergeben müssen. Desgleichen war in dieser Vereinbarung festgelegt, daß der Erstbeklagte die Kosten für Gas-, Strom- und Wasserverbrauch sowie die Telefonspesen bezahlen sollte, während die jeweiligen Grundgebühren, die bis Ende 1983 insgesamt 152,16 S inklusive Umsatzsteuer pro Monat betrugen, zu Lasten des Dr. K***-L*** gingen.

Die Zweitbeklagte war nur bei den Vertragsgesprächen zwischen ihrem Mann und Dr. K***-L*** anwesend, nicht jedoch bei der Unterfertigung des Vertrages; sie hat auch nicht ihren Mann zur Unterfertigung des Vertrages in ihrem Namen bevollmächtigt. Der Erstbeklagte erfüllte die übernommenen Verpflichtungen vereinbarungsgemäß und verrichtete darüber hinaus weitere Arbeiten, indem er die Villa öfter als einmal monatlich lüftete, Laub im Garten entfernte und auch Post, die Dr. K***-L*** und dessen Sohn Thomas L*** an die genannte Adresse bekamen, sowie Lichtrechnungen durchschnittlich zweimal monatlich ins Sekretariat K*** nach Gumpoldskirchen brachte. Den Auftrag hiezu hat der Erstbeklagte von Grete G*** vom Sekretariat K*** erhalten.

Die klagenden Parteien begehrten von den beklagten Parteien mit der am 17. November 1981 erhobenen Klage die Räumung des Gärtnerhauses. Ihr Rechtsvorgänger Dr. Hubert K***-L*** habe mit den Beklagten am 7. August 1973 eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß ihnen das Gärtnerhaus prekaristisch im Sinne der Bestimmung des § 974 ABGB zur Verfügung gestellt werde. In diesem Übereinkommen sei die Dauer des Gebrauches des Gärtnerhauses durch die Beklagten nicht bestimmt, jedoch festgelegt worden, daß für den Fall der anderweitigen Benötigung der Wohnung (Gärtnerhaus) sich die Beklagten verpflichten, die Wohnung (Gärtnerhaus) nach Ablauf einer sechsmonatigen Räumungsfrist ordnungsgemäß zu übergeben. Das Gärtnerhaus sei den Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Die von ihnen übernommenen Verpflichtungen hätten für die Beklagten keine Beschwernisse mit sich gebracht und nur eine geringe Tätigkeit dargestellt. Im Mai 1981 habe ihr Rechtsvorgänger die Beklagten zur Räumung der Liegenschaft bis 31. Oktober 1981 aufgefordert. Sie hätten dies wohl zur Kenntnis genommen, sich jedoch in der Folge zu Unrecht des Bestehens eines Hausbesorger-Dienstvertrages bzw. eines Mietvertrages nach den Bestimmungen des Mietengesetzes berühmt und die Durchführung der Räumung verweigert.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie hätten mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Parteien einen "Miet- bzw. Hausbesorgerdienstvertrag" abgeschlossen. Der Zweitbeklagten mangle die passive Klagslegitimation, weil sie nicht Vertragspartner gewesen sei. Schon aus dem Kaufvertrag der klagenden Parteien mit ihrem Rechtsvorgänger gehe hervor, daß die Liegenschaft nicht bestandfrei übergeben worden sei.

Mit Urteil vom 5. Dezember 1983 (ON 35 dA) wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Diesem Begehren stehe ein Mietverhältnis entgegen, in das die Kläger als Rechtsnachfolger des Voreigentümers eingetreten seien. Ein Prekarium liege schon deshalb nicht vor, weil es im Hinblick auf die sechsmonatige Räumungsfrist an der jederzeitigen freien Widerrufbarkeit des Benützungsrechtes fehle (MietSlg 16.078). Ein Hausbesorgerdienstverhältnis sei nicht gegeben, weil der Erstbeklagte nur einzelne Arbeiten zu verrichten habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von den klagenden Parteien erhobenen Berufung Folge und hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt mit dem Ausspruch auf, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Es billigte die Ablehnung der Annahme des Bestandes eines Dienstverhältnisses zwischen den Streitteilen durch das Erstgericht, vertrat jedoch die Ansicht, die Vereinbarung über die Verpflichtung der Beklagten, die Wohnung nach Ablauf von sechs Monaten, nachdem ihnen mitgeteilt worden sei, die Wohnung werde anderweitig benötigt, geräumt und in Ordnung zu übergeben, könne nicht als Frist für die Auflösung des Vertrages verstanden werden, sie stelle vielmehr bloß einen Aufschub der Räumung dar. Da die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht ausreichten, die Frage zu beurteilen, ob die vom Erstbeklagten übernommenen Arbeiten gegenüber dem Wert der Benützung nicht ins Gewicht fallen oder doch ein Entgelt darstellten, erachtete das Berufungsgericht die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht erforderlich. Dieser Aufhebungsbeschluß erwuchs in Rechtskraft.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren abermals ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus - dem Aufhebungsbeschluß entsprechend - ua noch Feststellungen über den Wert der vom Erstbeklagten erbrachten Leistungen den für die Leistungen erforderlichen Zeitaufwand und gelangte schließlich zu einem "Mittelwert" der vom Erstbeklagten erbrachten Leistungen von "gerundet" 989,-- S pro Monat gegenüber dem Benützungswert des Gärtnerhauses im Jahre 1973 von 3.500,-- S monatlich.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß Inhalt des zwischen dem Erstbeklagten und Dr. K***-L*** abgeschlossenen Vertrages die Gebrauchsüberlassung des Gärtnerhauses auf unbestimmte Zeit mit sechsmonatiger Räumungsfrist gegen Erbringung der festgestellten Gegenleistungen gewesen sei. Dem Benützungswert des Gärtnerhauses von 3.500 S pro Monat zuzüglich der Grundgebühren von Gas, Wasser, Strom und Telefon von 152,16 S pro Monat stehe der Wert der Gegenleistungen von durchschnittlich 989,-- S pro Monat gegenüber. Dieser Betrag sei aber keineswegs so geringfügig, daß er gegenüber dem Wert der Benützung ins Gewicht fiele. Dem Klagebegehren, das nur auf die Behauptung gestützt worden sei, die Beklagten verweigerten die Räumung des ihnen prekaristisch überlassenen Gärtnerhauses, habe daher mangels Vorliegens einer Bittleihe der Erfolg versagt bleiben müssen. Abschließend erwähnte das Erstgericht noch, daß zwar nur der Erstbeklagte Vertragspartner Dris. K***-L*** gewesen sei, daß aber die Zweitbeklagte ihr Benützungsrecht vom Erstbeklagten ableite und damit die Kläger auch mit dem gegen den Zweitbeklagten gerichteten Räumungsbegehren nicht hätten durchdringen können. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Parteien Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Stattgebung des Räumungsbegehrens mit dem Ausspruch ab, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht jedoch 300.000,-- S übersteigt und die Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen der in der Berufung geltend gemachten Aktenwidrigkeiten und Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehend erachtete das Berufungsgericht jedoch die Rechtsrüge der Berufungswerber als berechtigt. Das Berufungsgericht habe bereits zum Ausdruck gebracht, daß die Leistungen des Erstbeklagten einzelnen von Hausbesorgern zu erbringenden Arbeiten entsprächen. Als Maßstab einer ortsüblichen für diese Arbeiten zustehenden Belohnung könne daher der Mindestlohntarif für diese Arbeiten, nicht jedoch die Entlohnung von Schneeräumungsunternehmen zugrunde gelegt werden. Gerichtskundig sei, daß das Landesgesetzblatt für Wien (Nr. 15/1972) für den Zeitraum ab 1. Juli 1973, somit für den Zeitpunkt der Vertragserrichtung 1 S pro m 2 für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis vorsehe. Nach dem Mindestlohntarif gebühre für die Gehsteigreinigung diese Entlohnung. Der räumliche Geltungsbereich des Mindestlohntarifes für Wien umfasse auch Mödling. Das bedeute, daß für die Monate November bis März je 1 S für Gehsteigreinigung von 168 m 2 , somit 840 S jährlich, zu berücksichtigen seien. Lege man die vom Erstgericht herangezogenen Stundensätze für die sonstigen Leistungen zugrunde und ließe man außer Betracht, daß diese für die genannten Leistungen angeführten Beträge zur Zeit des Vertragsabschlusses jedenfalls noch niedriger gewesen sein müßten und daß die Postbesorgung sowie auch das Laubentfernen oder das mehrmalige Lüften der Wohnung erst nach Vertragsabschluß durch Auftrag einer Sekretärin Gegenstand der Vereinbarung geworden sei, so ergebe sich auch unter Berücksichtigung des Entgelts für die Gehsteigreinigung ein durchschnittlicher monatlicher Wert dieser Leistungen des Erstbeklagten von 240,-- S. Stelle man diese Leistungen von 240,-- S den den Beklagten eingeräumten Benützungswert von 3.652,16 S monatlich gegenüber, so komme man zu dem Ergebnis, daß das geleistete Entgelt gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht falle, die Überlassung gegenüber diesen Leistungen daher einer unentgeltlichen Überlassung gleichstehe. Da der mangelnde Bindungswille bereits in dem unbekämpft gebliebenen Aufhebungsbeschluß zugrunde gelegt worden sei, seien sämtliche Voraussetzungen für die Annahme eines Prekariums gegeben. Nach Widerruf desselben sei daher der Erstbeklagte zur Rückstellung des Objektes ebenso verpflichtet, wie die Zweitbeklagte, die ihr Benützungsrecht vom Erstbeklagten ableite. Zur Begründung des Ausspruches über die Unzulässigkeit der Revision führte das Berufungsgericht aus, daß die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vorlägen, weil der Rechtskraftvorbehalt nicht ausgenützt worden sei, die Entscheidung im zweiten Rechtsgang sich nur innerhalb des im ersten Rechtsgang aufgeworfenen Bereiches bewege und im übrigen die Frage, ob ein Prekarium vorliege, von den Umständen des Einzelfalles abhinge. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 1 und 4 ZPO gestützte außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird beantragt, die Nichtigkeit des Verfahrens auszusprechen und in letzter Linie ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagenden Parteien machten von der ihnen gemäß § 508 a Abs 2 ZPO eingeräumten Möglichkeit, eine Beantwortung der außerordentlichen Revision zu erstatten, mit dem Antrag Gebrauch, die außerordentliche Revision zu verwerfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig und auch berechtigt.

In ihrer Zulassungsbeschwerde machen die Revisionswerber mit Recht geltend, das Berufungsgericht sei bei der Lösung einer Rechtsfrage sowohl des materiellen Rechts als auch des Verfahrensrechtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen. Den Revisionswerbern ist vorerst darin beizupflichten, daß die mangelnde Ausnützung des vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang beigesetzten Rechtskraftvorbehaltes durch die Beklagten diesen - entgegen der Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Unzulässigkeit der Revision (§ 500 Abs 3 ZPO) - nicht das Recht nimmt, die vom Berufungsgericht im Aufhebungsbeschluß vertretene Ansicht zu bekämpfen, die Vereinbarung des Erstbeklagten mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Parteien, der Erstbeklagte müsse die Wohnung im Falle anderweitiger Benötigung nach Ablauf einer sechsmonatigen Frist geräumt übergeben, stehe der Annahme der jederzeitigen Widerruflichkeit der Benützungsmöglichkeit des Erstbeklagten nicht entgegen (SpR 37 neu = SZ 26/312 = EvBl. 1954/138; Fasching IV 292; Fasching, Lehrbuch, Rz 1824). Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht die Revision gegen sein im zweiten Rechtsgang gefälltes Urteil für unzulässig erklärt. Die Revision erweist sich somit als zulässig.

Insoweit die Revisionswerber Nichtigkeit geltend machen und diese aus der Annahme des Vorliegens eines Hausbesorgerdienstvertrages und damit einer Dienstwohnung ableiten, ist ihnen folgendes zu entgegnen:

Die Frage, ob die Wohnung, deren Räumung begehrt wird, eine Dienstwohnung ist und damit die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes gegeben wäre, ist aufgrund der Verhandlungsergebnisse zu beurteilen (Arb. 6201 ua); von diesen Ergebnissen ausgehend haben die Vorinstanzen übereinstimmend das Vorliegen eines Dienstverhältnisses verneint. Die Revisionswerber übersehen aber auch, daß sie im gesamten Verfahren an durch einen Rechtsanwalt vertreten waren und zur Sache verhandelt haben, ohne die Einrede der Unzuständigkeit zu erheben, weshalb jedenfalls dadurch schon Heilung der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes eingetreten wäre (§ 104 Abs 3 JN).

Die Revision mußte daher, insoweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen werden.

Im übrigen kommt der Revision jedoch Berechtigung zu. Bei der Bittleihe (Prekarium) handelt es sich um einen Leihvertrag, bei dem der Gebrauch der Sache gegen jederzeitigen Widerruf eingeräumt wird, sodaß der Verleiher die Sache nach Willkür zurückfordern kann. Der für das Prekarium wesentlichen Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs entspricht der Mangel der Bindung des Verleihers für die Zukunft (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 974 samt Rechtsprechungsnachweis). Die freie, jederzeitige Widerruflichkeit ist aber - wie das Erstgericht bereits im ersten Rechtsgang zutreffend erkannte - dann nicht gegeben, wenn dem Eigentümer zwar das Recht zum Widerruf eingeräumt, dem Benützer aber für diesen Fall eine längere - so wie hier - etwa sechsmonatige Räumungsfrist eingeräumt wird (MietSlg 16.078; Schubert, aaO, Rz 1 zu § 974 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Da die Revisionswerber - wie bereits bei Erledigung der Zulassungsbeschwerde dargetan wurde - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes berechtigt sind, die vom Berufungsgericht dazu vertretene, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweichende und daher nicht zu billigende Rechtsansicht zu bekämpfen, mangels der den Klägern somit eingeräumten Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs die Qualifikation der zwischen dem Erstbeklagten und Dr. K***-L*** getroffenen Vereinbarung als Bittleihe ausscheidet, die Kläger ihr Räumungsbegehren aber ausdrücklich und ausschließlich auf das Vorliegen einer Bittleihe gestützt haben, erweist sich die Revision berechtigt. Es mußte daher die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abgeändert werden.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00521.87.0303.000

Dokumentnummer

JJT_19870303_OGH0002_0050OB00521_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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