TE OGH 1987/3/5 7Ob524/87

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Veröffentlicht am 05.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Egon J***, Einzelhandelskaufmann, Wien 22, Dichtelgasse 27, vertreten durch Dr. Heimo Verdino, Rechtsanwalt in St.Veit/Glan, wider die beklagte Partei K*** DER B*** B***, A*** Ö*** K*** DER

B*** B***, St.Veit/Glan, Spitalgasse 26, vertreten durch Dr. Anton Gradischnig, Dr. Peter Gradischnig und Dr. Gerhard Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wegen Zahlung von S 40.000,-- und Leistung einer Rente von S 1.100,- monatlich (Gesamtstreitwert S 79.600,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. Oktober 1986, GZ 6 R 147/86-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. April 1986, GZ 18 Cg 89/85-33, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Am 3.6.1976 erlitt der damals 10 Jahre alte Kläger eine Schnittverletzung im Bereich der linken Kniekehle mit Durchtrennung des Wadennervens und war deshalb in der Zeit vom 23.7. bis 3.8.1976 in stationärer Behandlung bei der beklagten Partei. Die Verletzung führte zu einer Peroneuslähmung. Mit der Behauptung, die Lähmung sei auf eine Fehlbehandlung zurückzuführen, brachte der Kläger am 3.8.1979 beim Erstgericht gegen die beklagte Partei eine Klage ein, in der er S 145.000,-- s.A. (S 120.000,-- Schmerzengeld, S 20.000,-- Entschädigung für Verhinderung des besseren Fortkommens, S 5.000,-- Kostenaufwand) und die Feststellung begehrte, daß ihm die beklagte Partei für künftige Schäden aus der Behandlung der Schnittwunde hafte. Am 17.4.1980 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich die beklagte Partei verpflichtete, dem Kläger S 100.000,-- zu bezahlen, und in dem festgestellt wurde, daß die beklagte Partei dem Kläger gegenüber für alle künftig eintretenden Schäden aus der Behandlung der Schnittwunde in der Zeit vom 23.7. bis 3.8.1976 zu haften habe; hinsichtlich des Schmerzengeldes jedoch nur, wenn sich beim Heilungsverlauf eine unvorhersehbare, wesentliche Komplikation ergebe.

Mit der am 3.6.1983 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Zahlung von (Ausdehnung AS 157) S 221.863,50 s.A. (Schmerzengeld S 200.000,--, Verdienstentgang für die Zeit vom 1.11.1981 bis 31.7.1982 S 14.240,--, Kosten des ärztlich empfohlenen Schwimmens S 4.000,--, Fahrkostenaufwand S 2.250,--, Untersuchungsaufwand S 1.373,50) sowie einer abstrakten Rente von S 1.100,-- monatlich. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im April 1980 sei nicht damit zu rechnen gewesen, daß eine weitere Operation erforderlich sein werde. Der behandelnde Arzt habe erklärt, daß der Heilungsverlauf abgeschlossen und bei entsprechender Bewegungstherapie mit einer Besserung zu rechnen sei. Es habe sich jedoch die Notwendigkeit einer operativen Verlängerungsplastik der Achillessehne des linken Beines ergeben, die anläßlich eines stationären Krankenhausaufenthaltes vom 28.9. bis 13.10.1981 vorgenommen worden sei. Am 7.2.1985 habe sich der Kläger einer weiteren Nachoperation unterziehen müssen. Die Operationen und die physischen und psychischen Belastungen als Folge der neuerlichen operativen Eingriffe rechtfertigten das begehrte Schmerzengeld. Der Kläger begehre eine abstrakte Rente, weil er seinen Fuß nicht über längere Zeit belasten dürfe und wesentlich früher als ein gesunder Lehrling ermüde. Der Umstand, daß der Kläger nach Durchführung der Operation im Jahre 1981 an 6 oder 7 Lehrstellen wegen seines Fußleidens abgewiesen worden sei, zeige, daß die Lehrherrn gesunden Arbeitskräften den Vorzug geben und daß der Kläger bei jeder Lehrstelle, die er innehabe, Gefahr laufe, diese wegen seines körperlichen Dauerschadens zu verlieren.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, die weiteren Operationen seien schon bei Vergleichsabschluß vorhersehbar gewesen. Der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf ein weiteres Schmerzengeld. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer abstrakten Rente seien nicht gegeben. Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:

Bei einer nach Abschluß des Vergleiches vom 17.4.1980 durchgeführten Kontrolle stellte sich als Folge der 1976 von der beklagten Partei behandelten Schnittverletzung ein solcher Grad von Verkürzung der Achillessehne des linken Beines heraus, daß sich die Notwendigkeit einer operativen Verlängerungsplastik ergab. Die Operation wurde am 1.10.1981 durchgeführt. Der Kläger befand sich vom 28.9. bis 13.10.1981 in stationärer Krankenhausbehandlung. Da die Operation keinen Dauererfolg brachte, mußte sich der Kläger am 7.2.1985 einer Nachoperation unterziehen. Die Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung erfolgte am 18.2.1985. Beide Operationen stellten eine wesentliche Komplikation des Heilungsverlaufes dar. Die Voraussehbarkeit dieser Operationen war zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses für den Kläger und auch jeden medizinischen Laien nicht gegeben. Der Kläger hatte zufolge der Operation vom 1.10.1981 mindestens 3 Tage andauernd starke, 11 Tage andauernd mittlere und 22 Tage andauernd leichte Schmerzen. Die Operation vom 7.2.1985 zog 6 Tage starke, 16 Tage mittlere und 29 Tage leichte Schmerzen nach sich.

Derzeit besteht beim Kläger ein Zustand der irreversiblen Durchtrennung des Wadennervs in Kniehöhe im Sinne einer vollständigen Peroneuslähmung und ein Zustand der langjährigen Wachtstumshemmung des linken Unterschenkels und Fußes mit einer muskulären Verschmächtigung und einem relativen Knochenschwund des gesamten linken Beines. Durch den Kümmerwuchs ist der linke Fuß um 2 cm kürzer als der rechte geworden. Dies bewirkt eine Gangstörung im Sinne eines Stepper- und Spitzfußganges. Daneben ist eine Sensibilitätsstörung entsprechend der Peroneusdurchtrennung eingetreten. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach der Operation vom 1.10.1981 betrug 3 Monate lang 100 % und reduzierte sich im darauffolgenden Monat über 80 % und 50 % auf 25 %. Die Arbeitsunfähigkeit nach der Operation vom 7.2.1985 betrug 2 Monate 100 % und sodann je 3 Wochen 80 % und 50 %.

Am 13.7.1981 begann der Kläger als Spengler- sowie Gas- und Wasserleitungsinstallateurlehrling zu arbeiten. Seine Lehrlingsentschädigung betrug monatlich S 2.123,--. Der Kläger mußte das Lehrverhältnis am 31.12.1981 aufgeben, da das Knie den Belastungen nicht gewachsen war. Erst nach mannigfaltigen Bemühungen erhielt der Kläger eine neue Lehrstelle als Einzelhandelskaufmann. Der Verdienstentgang des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt betrug S 14.240,--.

Der Kläger mußte wegen der 1976 behandelten Schnittverletzung mehrmals wöchentlich Schwimmübungen durchführen. Die Kosten hiefür betrugen S 4.000,--. An notwendigen Fahrtkosten erwuchsen dem Kläger S 2.250,--, an Untersuchungskosten S 1.375,50.

Der Kläger ist derzeit bei der Fa. M***-H*** als Einzelhandelskaufmann beschäftigt. Sein monatliches Nettoeinkommen betrug im März 1966 S 6.408,--. Die Tätigkeit des Klägers wird im Freien und fast zur Gänze im Gehen und Stehen ausgeübt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beträgt 30 %. Bei seiner jetzigen Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann muß sich der Kläger um 35 % mehr plagen als ein gesunder Mensch.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die beiden Operationen des Klägers in den Jahren 1981 und 1985 stellten wesentliche Komplikationen des Heilungsverlaufes dar, die für einen medizinischen Laien nicht vorhersehbar gewesen seien. Der Kläger habe daher Anspruch auf weiteres Schmerzengeld. Der begehrte Betrag sei unter Berücksichtigung der seelischen Belastungen, denen der Kläger infolge der zwei Operationen, der dauernden Verminderung seiner Arbeitsfähigkeit und der Einschränkung der Beweglichkeit des linken Kniegelenkes ausgesetzt gewesen sei, angemessen. Bei dem derzeitigen Einkommen des Klägers sei eine monatliche Rente von S 1.100,-- unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit und der größeren Anstrengung bei Ausübung seines Berufes gerechtfertigt. Der Kläger habe seine Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt verloren.

Das Berufungsgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger S 141.863,50 s.A. zu bezahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 80.000,-- s.A. sowie auf Zahlung einer abstrakten Rente von monatlich S 1.100,-- wies es ab. Es sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, vertrat jedoch die Ansicht, der durch die Verletzung und Fehlbehandlung bestehende Invaliditätszustand, wie er schon zur Zeit des Vergleichsabschlusses bestanden habe, und das damit verbundene psychische Ungemach seien bereits durch den Vergleich vom 17.4.1980 abgegolten worden und könnten bei der vorliegenden Schmerzengeldforderung, die nur ein Teilgeschehen im Invaliditäts- und Leidenzustand des Klägers betreffe, nicht mehr berücksichtigt werden. Daß durch die beiden Operationen eine Verschlechterung des bereits vorher bestehenden Invaliditätszustandes eingetreten wäre, sei nicht behauptet und auch nicht festgestellt worden. Berücksichtige man aber lediglich das mit den Operationen vom 1.10.1981 und 7.2.1985 verbundene körperliche und seelische Ungemach, sei lediglich ein Schmerzengeld von S 120.000,-- den Umständen angemessen. Für den Zuspruch einer abstrakten Rente genüge nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit schlechthin oder eine bloße Erschwernis der Arbeit. Es müsse vielmehr eine Einkommensminderung wegen der unfallbedingten Verletzungen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu erwarten oder doch wahrscheinlich sein. Der Geschädigte, der nach wie vor - ohne Einkommensverlust - an seinem Arbeitsplatz arbeite, müsse konkrete Umstände behaupten und beweisen, die den Verlust seines Arbeitsplatzes wahrscheinlich machen, um eine abstrakte Rente zugesprochen zu erhalten. Die abstrakte Rente sei eine Ausnahme für jene Härtefälle, in denen der Verletzte trotz seines körperlichen Dauerschadens leer ausgehen müßte, weil ihm zufällig kein ziffernmäßig erfaßbarer Verdienstentgang erwachsen sei. Es sei nicht festgestellt worden, daß beim Kläger der Verlust des Arbeitsplatzes und damit eine Einkommensminderung auf Grund der verletzungsbedingten Invalidität in der Zukunft wahrscheinlich sei. Die bloß abstrakte Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes in Zukunft reiche für die Zuerkennung einer abstrakten Rente nicht aus. Die Mehranstrengung des Klägers bei der Arbeit bilde als Unlustgefühl eine Teilkomponente beim Schmerzengeldanspruch. Sollte der Kläger in Zukunft auf Grund seiner Invalidität einen Verdienstentgang haben, könne er diesen nach der konkreten Berechnungsmethode geltend machen. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil die Grundsätze über die Voraussetzungen der Zuerkennung einer abstrakten Rente umstritten seien und in der Judikatur ein gewisser Auffassungswandel in dieser Frage vorzuliegen scheine.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Abweisung des Rentenbegehrens und des Begehrens auf Zahlung eines Schmerzengeldes von S 40.000,-- mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß ihm ein weiterer Schmerzengeldbetrag von S 40.000,-- und eine monatliche Rente von S 1.100,--, beginnend mit dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz, zuerkannt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Zu prüfen ist vorerst, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliegen.

Der Kläger macht in der Revision geltend, die Voraussetzungen für den Zuspruch einer abstrakten Rente lägen vor. Diese erfülle bei ihm wegen der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit und des Ausmaßes seiner Arbeitserschwernis nicht nur die Ausgleichsfunktion. Auch die Sicherungsfunktion sei gegeben, weil der Kläger im Konkurrenzkampf mit gesunden Bewerbern wesentlich benachteiligt sei. Wenngleich der Arbeitsplatz des Klägers gegenwärtig nicht gefährdet erscheine, sei doch der Kläger bei einer wirtschaftlichen Depression in höherem Maße der Gefahr der Arbeitslosigkeit und Erschwerung bei der Wiedergewinnung eines Arbeitsplatzes ausgesetzt. Der Kläger sei wegen seiner Verletzung bereits einmal zu einem Berufswechsel gezwungen gewesen.

Der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichtes entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Danach hat eine abstrakte Rente sowohl eine Ausgleichs-, als auch eine Sicherungsfunktion zu erfüllen. Sie gebührt daher nicht, wenn sie im Einzelfall nur eine dieser Aufgaben erfüllt, sondern erst, wenn beide Voraussetzungen für den nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz liegenden Zeitraum bejaht werden können. Um die Aufgabe der Ausgleichsfunktion zu erfüllen, genügt nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit schlechthin oder eine bloße Erschwernis der Arbeit. Es muß vielmehr eine Einkommensminderung wegen der unfallsbedingten Verletzungen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu erwarten oder doch wahrscheinlich sein. Die Sicherungsfunktion wird erfüllt, wenn konkrete Umstände hinzutreten, die den Verlust des Arbeitsplatzes und die damit verbundene Einkommenseinbuße wahrscheinlich machen. Der Geschädigte muß konkrete Umstände behaupten und beweisen, die den Verlust seines Arbeitsplatzes und eine damit verbundene Einkommenseinbuße wahrscheinlich machen (ZVR 1985/48, ZVR 1984/325, ZVR 1983/84, ZVR 1977/109 uva). Der Oberste Gerichtshof vertritt nach diesen Ausführungen deshalb die Ansicht, daß die abstrakte Rente eine Ausnahme für jene Härtefälle bildet, in denen der Verletzte trotz Vorliegens eines körperlichen Dauerschadens leer ausgehen müßte, weil zufällig und vorläufig ein ziffernmäßig erfaßbarer Verdienstentgang nicht erwachsen ist (ZVR 1983/84 ua). Es trifft auch die Ansicht des Berufungsgerichtes zu, daß der Kläger dann, wenn er doch unfallsbedingt einen (konkreten) Verdienstentgang haben sollte, nicht gehindert ist, diesen nach der konkreten Berechnungsmethode geltend zu machen. Auch wenn der Kläger vorbringt, er habe einen Nachteil bereits dadurch erlitten, daß er die Tätigkeit als Spengler- und Installateurlehrling habe aufgeben müssen, vermag dies die Voraussetzungen für eine abstrakte Rente nicht darzulegen, da er damit einen konkreten Verdienstentgang behauptet.

Gegen die Abweisung eines Mehrbegehrens von S 40.000,-- an Schmerzengeld wendet sich der Kläger mit der Behauptung, das Berufungsgericht habe übersehen, daß gerade die bei und nach den beiden streitgegenständlichen Operationen eingetretenen seelischen Schmerzen besonders gravierend gewesen seien, da danach unwiderruflich zutage getreten sei, daß der Kläger die Hoffnung auf Heilung oder Verbesserung seines Leidenszustandes endgültig aufgeben müsse. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit sei mit der ursprünglichen Globalabfertigung (Vergleich vom 17.4.1980) nicht umfaßt gewesen. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes folgt aber auch in diesem Punkt der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Schmerzengeld ist im Normalfall ein Globalbetrag, der für alle vergangenen und künftigen überschaubaren Schmerzen gebührt (ZVR 1986/5). Zwar kann späteres neuerliches Schmerzengeld dann gewährt werden, wenn es sich um die Vergütung von Schmerzen handelt, die sich nicht als Fortsetzung der früheren darstellen, sondern die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht zu erwarten waren (ZVR 1981/41), wenn gegenüber dem Vorprozeß weitere, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht zu erwartende, aus der damaligen Sicht nicht abschätzbare Unfallfolgen eintreten (ZVR 1985/48). Es ist auch richtig, daß das Bewußtsein, körperlich nicht mehr voll einsatzfähig zu sein, Sport nur mehr beschränkt ausüben zu können und in der Berufsausübung beeinträchtigt zu sein, gerade einen jüngeren Menschen stark belastet, so daß darauf bei Bemessung des Schmerzengeldes Bedacht zu nehmen ist (ZVR 1972/10). Das Berufungsgericht ist aber diesen Grundsätzen bei der Bemessung des Schmerzengeldes ohnedies gefolgt und hat auf die aufgezeigten Umstände Bedacht genommen. Es ist auch von einer in ständiger Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung bei der Schmerzengeldbemessung nicht in auffälliger Weise oder gar extrem abgewichen (vgl. hiezu Petrasch, Das neue Revisions- (Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 177), wie im übrigen schon das Verhältnis zwischen dem insgesamt bzw. im vorliegenden Verfahren zugesprochenen Schmerzengeld (S 220.000,-- bzw. 120.000,--) zu dem vom Kläger überdies begehrten (S 40.000,--) zeigt.

Die Revision erweist sich damit entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den das Revisionsgericht nicht gebunden ist (§ 508 a Abs 1 ZPO), als nicht zulässig und war deshalb zurückzuweisen.

Ein Zuspruch von Kosten an die beklagte Partei für die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung hatte zu entfallen, da sie auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat.

Anmerkung

E10408

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00524.87.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19870305_OGH0002_0070OB00524_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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