TE OGH 1987/3/10 4Ob399/85

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Veröffentlicht am 10.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna, Dr.Gamerith und Dr.Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl S*** Gesellschaft mbH, Wien 11., Hasenleitengasse 73, vertreten durch DDr.Walter Barfuß, DDr.Hellwig Torggler, Dr.Christian Hauer, Dr.Lothar Wiltschek und Dr.Guido Kucsko, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei J***-K*** Gesellschaft mbH, Wien 14., Jacobsgasse 3, vertreten durch Dr.Karl Scherer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 500.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5.September 1985, GZ 2 R 129/85-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4.April 1985, GZ 38 Cg 333/84-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 14.758,95 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 1.254,45 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Parteien vertreiben Kaffee. Die Beklagte verwendet seit April 1982 ein neues "Aroma-Kurzröstverfahren", bei welchem die Bohnen kürzer geröstet werden, so daß weniger flüchtige Aromastoffe entweichen können; das Volumen des gerösteten Kaffees wird vergrößert und bleibt auch nach dem Mahlen erhalten. Seit Mitte Mai 1984 bringt die Beklagte eine 250 g-Packung "Jakobs Monarch" auf den Markt, welche deutlich - nämlich um 3 bis 3,5 cm - höher ist als die bisher üblichen, ca. 15 cm hohen 250 g-Packungen. Diese Höhendifferenz wird noch dadurch betont, daß der obere Teil der Packung durch eine in die Augen springende, ca. 4 cm hohe rot-weiße Schraffierung hervorgehoben wird. In diesem schraffierten Feld sind sowohl auf der Schauseite als auch auf der Rückseite in 6 bis 8 mm großen Buchstaben die Worte "Neu 250 g Bonus" zu lesen. Am unteren Rand der linken Schmalseite wird durch eine ca. 4 mm große Aufschrift "250 g netto" auf das Nettofüllgewicht hingewiesen. Die Packung ist mit Kaffee voll gefüllt.

Mit der Behauptung, daß diese Aufmachung der beanstandeten Kaffeepackung zur Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Füllgewicht geeignet sei und daher gegen §§ 2 und 6 a UWG verstoße, beantragt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen,

"ihre Kaffeesorte 'Monarch' in einer 250 g-Packung zu vertreiben, deren Hauptschauseite deutlich größer - nämlich beispielsweise (bei Maßen von ca. 17,8 cm Höhe, ca. 8,2 cm Breite und ca. 4,6 cm Tiefe) um etwa 3 cm höher - ist als die Hauptschauseite anderer gleichzeitig angebotener Mahlkaffeepackungen mit 250 g Füllgewicht, insbesondere auch anderer 250 g-Packungen des Mahlkaffees 'Jacobs Monarch', sofern durch die Aufmachung der Packung irreführend der Eindruck erweckt wird, daß in der Packung mehr als 250 g Mahlkaffee enthalten sei, insbesondere dadurch, daß der über die übliche Größe einer 250 g-Packung hinausgehende Teil der Hauptschauseite graphisch oder auf andere Weise besonders hervorgehoben und/oder als besonderer Vorteil herausgestellt wird, insbesondere auch dadurch, daß der obere Teil einer derartigen Packung in Höhe von ca. 4 cm durch rot-weiß-rote Streifen und auf der Schau- und Rückseite mit der Aufschrift 'Neu 250 g Bonus' gekennzeichnet ist";

außerdem verlangt die Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in je einer Samstag-Ausgabe des "K***" und der "N*** K***-Z***" sowie in einer Freitag-Ausgabe der Tageszeitung "DIE P***".

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Das neue Röstverfahren erlaube es, unter Beibehaltung der bisherigen, am Volumen orientierten Dosierung aus einer Packung - ohne jede Einbuße an Geschmack und Aroma - mehr Kaffeegetränk herzustellen als aus der gleichen Gewichtsmenge einer normal gerösteten Kaffeesorte. Die Gestaltung der Packung sei nicht irreführend, weil der Hinweis auf das Füllgewicht von 250 g und auf den "Bonus" - nämlich die größere Ergiebigkeit der neuen Röstung - den Tatsachen entspreche. Vorrangiger Kaufgrund für den Konsumenten seien der Preis sowie der Geschmack und das Aroma; bei der Herstellung des Kaffeegetränks orientiere er sich nie am Gewicht, sondern nur am Volumen.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und nahm folgenden wesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Im Einzelhandel mit koffeinhaltigem Röstkaffee ist die 250 g-Packung seit Jahrzenten die weitaus überwiegend vertriebene Packungsgröße; sie ist deshalb im Bewußtsein breiter Bevölkerungskreise bekannt und eingeführt.

Gemahlener Kaffee kann mehr oder weniger zusammengepreßt werden. Auch die Beklagte hatte den nach dem neuen Röstverfahren hergestellten Mahlkaffee zunächst in den üblichen 250 g-Packungen auf den Markt gebracht. Von entscheidender Bedeutung für den Kaufentschluß des Konsumenten ist das tatsächliche Gewicht einer Kaffeepackung.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Beklagte durch die Aufmachung der beanstandeten Packung bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Konsumenten die unrichtige Vorstellung erweckt habe, sie bekämen die im oberen, über das übliche Packungsformat hinausgehenden und durch die rot-weiß-rote Schraffierung sowie den Aufdruck "Neu 250 g Bonus" besonders hervorgehobenen Teil der Packung befindliche Kaffeemenge als "Bonus" zusätzlich zu den gewohnten 250 g. Der auf der Schmalseite der Packung angebrachte, wenig auffällige Hinweis auf das Füllgewicht von "250 g netto" könne diesen irrigen Eindruck nicht beseitigen. Da für die beanstandete Kaffeepackung im Juni 1984 nicht nur im "K***" und in der "N*** K***-Z***", sondern auch im Fernsehen geworben worden sei, bedürfe es zur Aufklärung des Publikums auch der beantragten Urteilsveröffentlichung.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Von den oben wiedergegebenen, unbestritten gebliebenen Tatsachenfeststellungen des Ersturteils ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts durch das Prozeßgericht erster Instanz.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt, wird von der Beklagten seinem ganzen Inhalt nach mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO bekämpft. Die Beklagte beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Auf die Ausführungen der Revision zum Tatbestand der "Mogelpackung" nach § 6 a UWG ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil die Vorinstanzen der Beklagten nicht etwa ein - weder durch die Eigenart der Ware noch durch verpackungstechnische Gründe bedingtes - Mißverhältnis zwischen Packungsgröße und Füllmenge vorgeworfen, sondern in der besonderen Gestaltung der beanstandeten Verpackung eine zur Irreführung der Verbraucher über die tatsächliche Füllmenge geeignete "Angabe" iS des § 2 UWG gesehen haben. Ein solcher Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot des § 2 UWG fällt aber der Beklagten tatsächlich zur Last: Die im Vergleich zur herkömmlichen, im Bewußtsein breiter Bevölkerungskreise seit Jahrzehnten bekannten und eingeführten 250 g-Packung um rund 3 bis 3,5 cm höhere "Bonus-Packung" mußte beim angesprochenen Publikum den Eindruck eines entsprechend größeren Füllgewichtes erwecken. Zur Vermeidung eines solchen Irrtums wäre die Beklagte im Sinne der vom Obersten Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 4.Oktober 1983, 4 Ob 376/83 - Schonkaffee-Überkarton - ÖBl 1984, 21 vertretenen Auffassung verpflichtet gewesen, die Konsumenten in auffallender, nicht zu übersehender Weise auf das trotz der geänderten Packungsgröße gleich gebliebene Füllgewicht von 250 g hinzuweisen. Das hat aber die Beklagte nicht getan; die in die Augen springende graphische Hervorhebung des oberen, über die gewohnte Höhe hinausgehenden Teils der Verpackung konnte vielmehr im Zusammenhalt mit dem hier angebrachten, durch große schwarze Buchstaben auf weißem Grund hervorgehobenen Aufdruck "Neu 250 g Bonus" einem nicht unerheblichen Teil der Konsumenten die irrige Vorstellung vermitteln, daß dieser obere, das gewohnte Volumen übersteigende Teil der neuen Packung einen "Bonus" in Form einer zusätzlichen, den herkömmlichen 250 g unentgeltlich zugegebenen Kaffeemenge enthalte. Der am unteren Rand der linken Seitenfläche wenig auffällig angebrachte Hinweis "250 g netto" war entgegen der Meinung der Beklagten nicht geeignet, eine solche Täuschung des Käuferpublikums hintanzuhalten.

Ob der Konsument bei der späteren Zubereitung des Kaffees die von ihm jeweils benötigte Menge nach ihrem Gewicht oder nach ihrem Volumen bestimmt, ist für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ohne Bedeutung; wesentlich ist allein, daß der durch die besondere Gestaltung der neuen "Bonus-Packung" hervorgehobene Irrtum über das tatsächliche Füllgewicht den Kaufentschluß des Publikums naturgemäß sehr wesentlich zum Nachteil der Mitbewerber der Beklagten beeinflussen kann. Mit dem angefochtenen Urteil wird der Beklagten auch keineswegs das Recht genommen, die Konsumenten auf die Vorteile der neuen Rösttechnologie hinzuweisen; ihr wird lediglich untersagt, durch die besondere Gestaltung der neuen Packung den unrichtigen Eindruck einer 250 g übersteigenden Füllmenge zu erwecken.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10356

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00399.85.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19870310_OGH0002_0040OB00399_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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