TE OGH 1987/3/10 14ObA25/87

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Veröffentlicht am 10.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Martin Meches und Dr.Friedrich Neuwirth als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef N***, Angestellter, Linz, Alleitenweg 3, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Walter P***, Isolierungen Gesellschaft mbH, Wien 23., Richard Strauss-Straße 27, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 113.030,72 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 15. Oktober 1986, GZ 12 Cg 2/86-16, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Linz vom 7.August 1985, GZ 3 Cr 48/85-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, an die klagende Partei einen Betrag von S 113.030,72 brutto samt 4 % Zinsen aus S 112.060,23 brutto vom 6.4.1985 bis 7.8.1985 und aus S 113.030,72 ab 8.8.1985 zu zahlen, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.325,60 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin sind S 200 an Barauslagen und S 1.829,60 an Umsatzsteuer enthalten) sowie die mit S 19.400,55 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin sind S 4.000 als Barauslagen und S 1.400,05 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei die mit 15.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind 10.000 S an Barauslagen und 514,35 S an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger behauptet, von der beklagten Partei, seiner ehemaligen Arbeitgeberin, am 5.April 1985 ungerechtfertigt entlassen worden zu sein. Er begehrt aus diesem Rechtsgrund an Kündigungsentschädigung, Abfertigung und Differenz zwischen der Urlaubsentschädigung und der erhaltenen Urlaubsabfindung zuletzt einen der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von insgesamt 113.030,72 S brutto sA.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe sich am 2.April 1985 krankgemeldet. Eine Überwachung des Klägers habe jedoch ergeben, daß er nicht krank gewesen sei, sondern am 4.April 1985 verschiedene Besorgungen und Wege vorgenommen, Arbeitsleistungen verrichtet und mehrere Gasthäuser besucht habe. Am Abend dieses Tages sei er "nach etwas reichlicherem Alkoholkonsum" nach Hause gegangen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang eines Betrages von 56.515,36 S brutto sA statt und wies das Mehrbegehren in gleicher Höhe ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der seit 20. Oktober 1975 im Unternehmen der beklagten Partei angestellte Kläger ließ sich keine ins Gewicht fallenden disziplinären Verfehlungen zuschulden kommen. Am 29.März 1985 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 30.April 1985 auf; die Parteien vereinbarten, daß der Kläger seinen Urlaub ab 1.April 1985 während der restlichen Kündigungsfrist verbrauchen werde. Am Nachmittag des 2.April 1985 wurde der Kläger von seinem Hausarzt in den Krankenstand genommen. Er fühlte sich "nervlich schlecht" und hustete. Der Arzt gab dem Kläger den Rat, einige Tage lang zu Hause zu bleiben; er verordnete ihm Lutschtabletten und überwies ihn an einen Lungenfacharzt. Am 3.April 1985 suchte der Filialleiter der beklagten Partei, Ing. T***, den Kläger aus einem betriebsinternen Grund auf. Bei dieser Gelegenheit übergab ihm der Kläger seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit dem Bemerken, er glaube, Grippe zu bekommen. Da der Filialleiter eine ernsthafte Erkrankung bezweifelte und überdies vermutete, daß der Kläger mehrere Gastarbeiter zu einem Konkurrenzunternehmen abgeworben habe, erteilte er einem Detektivbüro den Auftrag, den Kläger zu überwachen. Am 4.April 1985 wurde der Kläger in der Zeit von 6 Uhr bis 21 Uhr 30 von einem Mitarbeiter des Detektivbüros bei folgenden Tätigkeiten beobachtet:

Der Kläger verließ um 11 Uhr 30 seine Wohnung und arbeitete 10 Minuten lang an seinem im Hof abgestellten PKW, indem er Karosserieteile säuberte und abschliff. Diese Arbeiten setzte er in der Zeit von 13 Uhr 15 bis 15 Uhr fort, wobei er sich zwischendurch fallweise wieder in seine Wohnung begab. Um 15 Uhr fuhr er zum Kaufhaus "S***", wo er Einkäufe vornahm. Nach einer Besorgung in einer Trafik fuhr er mit seinem PKW zum Gasthaus "S***" wo er sich ab 15 Uhr 40 für die Dauer einer Stunde aufhielt. Er setzte sich zu einem Bekannten und unterhielt sich mit ihm; er rauchte hiebei sehr viel und trank ein kaltes Bier. Anschließend machte er eine Besorgung in einem Feinkostgeschäft und fuhr dann heim. Um 18 Uhr verließ er wieder seine Wohnung und begab sich zu Fuß in das Gasthaus "ZUM A***", wo er an einem Tisch ein Getränk konsumierte. Um 18 Uhr 45 verließ er das Gasthaus und ging neuerlich in die "S***", wo er sich zwei Stunden lang aufhielt. Er setzte sich zu mehreren Personen an einen Tisch und trank zwei Flaschen kaltes Bier. Der Kläger verlangte keinen Bierwärmer, weil er kaltes Bier bevorzugt. Um 20 Uhr 48 verließ er das Gasthaus und ging zu Fuß heim, wobei er etwas schwankte und den Gehsteig "eher großzügig ausnützte".

Der Kläger wurde am 5.April 1986 nach Vorliegen des Detektivberichts entlassen. Nachdem sein Gesundheitszustand unverändert blieb, begann er am 15.April 1985 bei einem Konkurrenzunternehmen der beklagten Partei zu arbeiten. Das Erstgericht verneinte in rechtlicher Hinsicht das Vorliegen eines Entlassungsgrundes. Der Vorwurf der Vertrauensunwürdigkeit wäre nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger seinen Urlaub durch einen "eher fadenscheinigen" Krankenstand nur zu dem Zweck unterbrochen hätte, um in den Genuß der Urlaubsentschädigung zu kommen. Die beklagte Partei stütze aber die Entlassung auf diesen Umstand nicht; sie erblicke eine Vertrauensunwürdigkeit des Klägers darin, daß er durch sein Verhalten seine Gesundheit gefährdet und eine Verzögerung seiner Genesung herbeigeführt habe. Dies sei zwar richtig und würde im allgemeinen eine Entlassung rechtfertigen; im vorliegenden Fall seien aber das bisherige tadellose dienstliche Verhalten des Klägers sowie der Umstand zu berücksichtigen, daß das beanstandete Verhalten des Klägers in die Kündigungsfrist falle. Die beklagte Partei habe durch die Vereinbarung des Urlaubsverbrauchs während der Kündigungsfrist erkennen lassen, daß sie kein Interesse an weiteren Arbeitsleistungen des Klägers habe; ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum 30. April 1985 sei ihr daher zumutbar gewesen, ohne daß ihre Interessen wesentlich beeinträchtigt worden wären. Im Ergebnis sei es gleichgültig, ob der Kläger während der Kündigungsfrist seinen Urlaub verbrauche oder wegen eines Krankenstandes keine Arbeitsleistungen erbringe. Da jedoch beide Parteien ein - vom Erstgericht näher erörtertes - gleichteiliges Mitverschulden an der Entlassung im Sinne des § 32 AngG treffe, sei dem Kläger die Hälfte seines Anspruchs zuzubilligen. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es dem Klagebegehren zur Gänze stattgab. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es stellte ergänzend fest: Das Verhalten des grippekranken Klägers hatte mit Sicherheit eine Verlängerung des Genesungsprozesses zur Folge. Der Kläger hatte die Krankmeldung nicht vorgetäuscht. Der Arzt hatte ihm Bettruhe verordnet.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, die beharrliche Übertretung ärztlicher Anordnungen im Krankenstand und dessen Gestaltung nach eigenem Gutdünken könne Vertrauensunwürdigkeit begründen; der Kranke müsse alles unterlassen, was eine Verlängerung der Krankheit hervorzurufen geeignet sei. Das festgestellte Verhalten des Klägers vom 4.April 1985 zeige, daß er seiner Gesundung gleichgültig gegenübergestanden sei. Da er dieses Verhalten aber während der Kündigungsfrist, und zwar während des für diese Zeit vereinbarten Urlaubs, eingenommen habe, sei der beklagten Partei kein Interesse an weiteren Arbeitsleistungen des Klägers zuzubilligen. Anderweitige Rückwirkungen auf dienstliche Interessen der beklagten Partei seien weder behauptet worden noch hervorgekommen; nur die Nichtanrechnung der gemäß dem § 5 UrlG angezeigten Tage einer Arbeitsunfähigkeit bewirkenden Erkrankung auf das Urlaubsmaß könnte eine - allerdings nur finanzielle - Benachteiligung der beklagten Partei bedeuten. Da dieser die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Kündigungstermin 30. April 1985 zumutbar gewesen wäre, sei die Entlassung ungerechtfertigt. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Mitverschuldens im Sinne des § 32 AngG lägen aus den näher erörterten Gründen nicht vor, so daß dem Kläger der gesamte Klagsbetrag zuzusprechen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, die Revision als verspätet zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Zurückweisungsantrag ist nicht berechtigt, weil das Berufungsurteil der beklagten Partei am 25.November 1986 (und nicht schon am 20.November 1986, wie in der Revision offensichtlich unrichtig angegeben wird) zugestellt wurde. Die am 23.Dezember 1986 zur Post gegebene Revision wurde daher rechtzeitig erhoben. Die Revision ist berechtigt.

Der Auffassung der beklagten Partei, die Entlassung des Klägers sei gerechtfertigt, ist zuzustimmen. Die Vorinstanzen haben zwar richtig erkannt, daß der Kläger durch sein Verhalten am 4.April 1985 das dienstliche Vertrauen seines Arbeitgebers verwirkt hat; sie haben aber die Frage der Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung aus den noch darzulegenden Gründen zu Unrecht bejaht und in weiterer Folge das Vorliegen eines Entlassungsgrundes im Sinne des dritten Tatbestandes des § 27 Z 1 AngG zu Unrecht verneint. Unter den vorgenannten Tatbestand fällt jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig erscheinen läßt, weil dieser befürchten muß, der Angestellte werde seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen, so daß dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Entscheidend ist, daß das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise als so schwerwiegend angesehen werden muß, daß das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, daß ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Hiefür genügt Fahrlässigkeit; Schädigungsabsicht oder ein Schadenseintritt ist nicht erforderlich. Entscheidend ist das Vorliegen der Vertrauensverwirkung (Arb. 10.072 mwH). Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Ein im Krankenstand befindlicher Arbeitnehmer ist grundsätzlich verpflichtet, den auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit abzielenden Anordnungen des Arztes nach Tunlichkeit nachzukommen und ihnen jedenfalls nicht so schwerwiegend zuwiderzuhandeln, daß der Krankheitsverlauf negativ beeinflußt und/oder der Heilungsverlauf verzögert werden könnte (Arb. 8449; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 2 , 561). Verhältnismäßig geringfügiges Zuwiderhandeln, wie es immer wieder vorkommem mag, wird bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit nicht ins Gewicht fallen. Mißachtet aber ein infolge Krankheit arbeitsunfähiger Arbeitnehmer die Anordnungen seines Arztes betont und in erheblichem Maße und ist dieses Verhalten geeignet, die vorgenannten negativen Auswirkungen herbeizuführen, dann treffen auf ihn die oben genannten Voraussetzungen einer Vertrauensverwirkung zu. Der Arbeitgeber muß befürchten, daß seine dienstlichen Interessen gefährdet sind, weil der Arbeitnehmer nicht die für die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit notwendigen ärztlichen Anordnungen befolgt, sondern ihnen offen zuwiderhandelt und damit auch die auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gerichteten dienstlichen Interessen des Arbeitgebers verletzt.

Im vorliegenden Fall hielt der Arbeitnehmer die ihm zur Ausheilung seines grippalen Infektes vom Arzt angeordnete Bettruhe nicht ein. Er nahm vielmehr im Freien Arbeiten an seinem PKW vor, führte Besorgungen durch und suchte insgesamt drei Gasthäuser auf, wo er sich während eines erheblichen Zeitraumes aufhielt und ungeachtet seines Hustens kalte alkoholische Getränke einnahm, so daß er am Abend mit schwankendem Gang heimging. Daß ein solches Verhalten mit den festgestellten Anordnungen des Arztes in betontem und unlösbarem Widerspruch stand, braucht nicht näher begründet zu werden. Im übrigen hat das Berufungsgericht ausdrücklich festgestellt, daß dieses Verhalten eine Verlängerung des Genesungsprozesses zur Folge hatte. Eine Vertrauensverwirkkung im Sinne des dritten Tatbestandes des § 27 Z 1 AngG ist daher eingetreten.

Gegen die Berechtigung der Entlassung spricht entgegen der Meinung der Vorinstanzen auch nicht der Umstand, daß sich der Kläger während seiner Krankheit im Kündigungsstadium befand und vereinbarungsgemäß während der Kündigungsfrist seinen Urlaub verbrauchte, so daß die Erbringung von Arbeitsleistungen nicht mehr in Betracht kam. Der aus diesen Umständen von den Vorinstanzen gezogene Schluß, der beklagten Partei sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ende der Kündigungsfrist, nämlich bis zum 30. April 1985, zumutbar gewesen, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Die eine Voraussetzung für die Berechtigung zur Entlassung bildende Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung setzt voraus, daß dem Arbeitgeber infolge des im übrigen tatbestandsmäßigen Verhaltens des Arbeitnehmers nach Lage der Umstände die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum nächsten Kündigungstermin (bzw. bis zum Ablauf der Vertragszeit oder für die restliche Kündigungsfrist in dem - hier zutreffenden - Fall einer der Entlassung vorangegangenen Kündigung) nicht zugemutet werden kann, vielmehr eine sofortige Abhilfe notwendig ist (Kuderna, Das Entlassungsrecht 37). "Fortsetzung auch nur bis zum nächsten Kündigungstermin" bedeutet nur, daß dem Arbeitgeber nicht der Ausspruch einer Kündigung zugemutet werden kann, sondern daß die vorzeitige Vertragsauflösung (Entlassung) als sofortige Abhilfe erforderlich ist; es bedeutet hingegen nicht, daß die jeweilige Dauer der (noch) zur Verfügung stehenden Kündigungsfrist als Maßstab für die Beurteilung der Unzumutbarkeit heranzuziehen wäre. Wollte man einer solchen Auffassung beipflichten, dann könnte ein noch so schwerwiegendes Verhalten eines Arbeitnehmers eine Entlassung mangels Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nicht rechtfertigen, wenn es sich unmittelbar vor dem Ende der Kündigungsfrist und damit unmittelbar vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses ereignet hat. Ob ein bestimmtes Verhalten die Annahme der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im konkreten Fall rechtfertigt, ist von der Dauer der Kündigungsfrist bzw. von der Zeitspanne, die im Einzelfall bis zum Ende der Vertragsdauer noch verstreichen müßte, und von der Gelegenheit, die dienstlichen Interessen in Zukunft wieder zu verletzen, unabhängig. Entscheidend ist nur, ob das zur Entlassung Anlaß gebende Verhalten an sich geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im konkreten Fall zu begründen und - im Fall der Vertrauensunwürdigkeit - ob es an sich geeignet ist, die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers für den Fall eines Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu gefährden, mag das Arbeitverhältnis unmittelbar vor der Beendigung gestanden sein oder nicht und gleichgültig, ob der Arbeitnehmer noch zu Arbeitsleistungen verpflichtet war (Arb. 9431; 4 Ob 120/81). Im vorliegenden Fall kommt daher entgegen der Meinung der Vorinstanzen dem Umstand, daß sich das Verhalten des Klägers während eines innerhalb der Kündigungsfrist verbrauchten, durch die Krankheit unterbrochenen Urlaubs ereignet hat, für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung keine Bedeutung zu. Im übrigen wird diese Voraussetzung hier auch schon dadurch erfüllt, daß der Kläger infolge des durch sein Verhalten verzögerten Genesungsprozesses und der gemäß dem § 5 Abs 1 UrlG erfolgten Nichtanrechnung der Krankheitstage auf seinen Urlaub einen entsprechend höheren Anspruch auf Urlaubsentschädigung gehabt hätte, den er im übrigen mit der vorliegenden Klage in voller Höhe geltend machte. Die Entlassung war daher gerechtfertigt. Eine Verschuldensteilung im Sinne des § 32 AngG kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht, weil die beklagte Partei kein Mitverschulden an der berechtigten Entlassung des Klägers trifft. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E10522

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:014OBA00025.87.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19870310_OGH0002_014OBA00025_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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