TE OGH 1987/3/12 8Ob539/87

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Veröffentlicht am 12.03.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache betreffend die Bestellung eines Sachwalters für Dr. Wolfgang V***, geboren am 7. Oktober 1943, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen Dr. Wolfgang V***, angeblich Universitätsdozent, Weyrgasse 3/13, 1030 Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Jänner 1987, GZ. 44 R 75/86-75, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. Februar 1986, GZ. 10 SW 203/84-39, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht ordnete - ohne ausdrückliche Beschlußfassung über die Einleitung des Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person nach § 273 ABGB - von Amts wegen im Sinne des § 237 AußStrG die Vorladung des Betroffenen zum Amtstag mit SW-Form.1 an.

Der Betroffene erhob dagegen einen Rekurs, den das Rekursgericht zunächst als unzulässig zurückwies.

Diese Entscheidung des Rekursgerichtes wurde infolge Revisionsrekurses des Betroffenen mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 19.11.1986, 8 Ob 675/86, aufgehoben; dem Rekursgericht wurde die neuerliche Entscheidung über das Rechtsmittel des Betroffenen aufgetragen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs des Betroffenen keine Folge.

Es führte im wesentlichen aus, Voraussetzung für die amtswegige Einleitung des Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person nach § 273 ABGB sei das Vorliegen begründeter Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Bestellung. Derartige Anhaltspunkte seien gegeben.

Das Erstgericht sei vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der Betroffene sich zu Unrecht als Universitätsdozent bezeichne und der Titel eines "Vorstandes des Instituts für experimentelle und angewandte Steuerrechtswissenschaft" eine reine Phantasiebezeichnung sei; ein derartiges Institut existiere nicht. Als Belege seien Schriftsätze an die A***-E***-Versicherungs-AG und eine Berufung gegen einen Bescheid des rechtswissenschaftlichen Dekanats der Universität Wien vorgelegt worden. Aus diesen Schriften ergebe sich der Titel bzw. die Bezeichnung des Betroffenen, deren Berechtigung vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien bestritten worden seien. Aus der Berufungsschrift ergebe sich weiters, daß der Betroffene selbst behaupte, wegen Geisteskrankheit und schwerer körperlicher Krankheit haftunfähig zu sein. Der Inhalt der Schriftsätze erscheine allerdings rechtlich vertretbar, wenn auch Tendenzen erkennbar seien, die üblicherweise als querulatorisch bezeichnet würden.

Dies allein wäre nicht hinreichend, das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters einzuleiten. Das Erstgericht sei aber durch den Magistrat der Stadt Wien weiters davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der Betroffene unter Hinweis auf ein gegen ihn anhängiges Entmündigungsverfahren wegen Geisteskrankheit einen Strafaufschub im Zusammenhang mit einer Übertretung gegen das UOG selbst beantragt habe. Da der Betroffene sich - wenn auch anderen Behörden gegenüber - auf eine Geisteskrankheit selbst berufen habe, zumindest Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn anhängig seien und er selbst zugebe, außergewöhnlich umfangreiche Aktivitäten bei verschiedenen Behörden zu setzen, bestünden begründete Anhaltspunkte dafür, daß der Betroffene an einer Geisteskrankheit leiden könnte. Es sei daher zu prüfen, ob sein Einschreiten bei Behörden auf eine psychische Störung zurückzuführen sei und ob sich daraus Nachteile für ihn ergeben könnten. Daß solche Nachteile möglich seien, ergebe sich aus der Tatsache bereits verhängter Strafen, um deren Aufschub der Betroffene ersucht habe. Der angefochtene Beschluß entspreche daher dem geltenden Gesetz.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Betroffenen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Dieses Rechtsmittel ist zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorschrift des § 249 AußStrG regelt nicht das Rechtsmittelverfahren in Sachwalterschaftssachen im Sinne des 5. Hauptstückes des Außerstreitgesetzes abschließend, sondern normiert nur einzelne in Sachwalterschaftssachen geltende Ausnahmen von der allgemeinen Regelung des Rechtsmittelverfahrens in den §§ 9 bis 16 AußStrG, welche Vorschriften sie aber im übrigen unberührt läßt (RZ 1986/26 uva.). Gegen die vorliegende bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes findet im Sinne des § 16 Abs.1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Das Vorliegen des Rechtsmittelgrundes der Nichtigkeit wird vom Betroffenen nicht behauptet; Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus der Aktenlage nicht.

Der Inhalt der vom Rekursgericht erörterten Schreiben des Betroffenen wurde der Aktenlage entsprechend wiedergegeben (ON 11 S 21, ON 18 und ON 32); es liegt daher auch keine Aktenwidrigkeit vor.

Der Rechtsmittelgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs.1 AußStrG liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, trotzdem aber eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103 uva.). § 236 AußStrG ordnet an, daß das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person nach § 273 ABGB einzuleiten ist, wenn sie selbst die Bestellung eines Sachwalters beantragt oder, etwa auf Grund einer Mitteilung über die Schutzbedürftigkeit einer behinderten Person, begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Bestellung vorliegen. Das Gesetz verlangt somit als einzige materiellrechtliche Voraussetzung für die amtswegige Einleitung des Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person das Vorliegen begründeter Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme. Unter welchen konkreten Umständen im Einzelfall das Vorliegen solcher begründeter Anhaltspunkte anzunehmen ist, wird im Gesetz nicht geregelt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß unter den im vorliegenden Einzelfall gegebenen Umständen begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für den Betroffenen gegeben seien und daher im Sinne des § 236 AußStrG das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für den Betroffenen einzuleiten sei, kann daher auch nicht offenbar gesetzwidrig im Sinne des § 16 Abs.1 AußStrG sein.

Mangels Vorliegens eines in dieser Gesetzesstelle normierten Rechtsmittelgrundes ist daher der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen zurückzuweisen.

Anmerkung

E10420

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00539.87.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19870312_OGH0002_0080OB00539_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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