TE OGH 1987/3/17 5Ob524/87

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Veröffentlicht am 17.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Warta, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Evelyne Friederike Hildegard B***, geboren am 29.August 1949, Hausfrau, Gußriegelstraße 29/20/3, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Martha Friedmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Ing. Norbert B***, geboren am 23. August 1934, Angestellter, Schenkendorfgasse 57/7, 1210 Wien, vertreten durch Dr. Michael Datzik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21.November 1986, GZ 15 R 249/86-44, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 11.Juni 1986, GZ 3 Cg 453/81-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 514,35 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 23.August 1934 geborene Ing. Norbert B*** und die am 29. August 1949 geborene Evelyne B***, geborene K*** haben am 22. September 1972 die Ehe geschlossen. Auf Seite der Frau war dies die erste Ehe, für den Mann die zweite. Die erste Ehe des Mannes wurde durch Scheidung aufgelöst. Der Ehe entstammen zwei Kinder, der am 17.April 1974 geborene Roman und der am 22.März 1979 geborene Wolfgang. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger und hatten ihren letzten gemeinsamen Aufenthalt in Wien.

Mit der am 6.Oktober 1981 erhobenen Klage begehrte die Ehefrau die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden ihres Mannes. Dieser habe durch sein interesseloses und liebloses Verhalten - er habe sie aus dem Schlafzimmer verwiesen, um dort seinen Amateurfunk zur Nachtzeit ausüben zu können, sie beschimpft und mit Mißhandlungen bedroht - durch Verletzung seiner Unterhaltspflicht und Verweigerung des Geschlechtsverkehrs sowie Unterhaltung ehewidriger Beziehungen zu Hermine S*** die Ehe unheilbar zerrüttet.

Der beklagte Ehemann bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Am 11.März 1982 brachte er eine Widerklage mit dem Antrag ein, die Ehe aus dem Verschulden der Widerbeklagten (in der Folge Klägerin genannt) zu scheiden. Als Scheidungsgründe machte er im wesentlichen geltend, daß seine Frau den Haushalt und die Kinder vernachlässige, die Kinder grundlos schlage, sie gegen ihn aufhetze und von ihm fernhalte, ihn beschimpfe, ihrerseits den Geschlechtsverkehr verweigere und sich über ihn Dritten gegenüber in herabsetzender Weise äußere und intime Angelegenheiten der Eheleute verbreite; außerdem habe sie ihn ungerechtfertigt angezeigt und ihn durch Privatdetektive beobachten lassen.

Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden der Ehefrau. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Die Ehe der Streitteile verläuft schon seit Jahren schlecht; zwischen ihnen bestehen charakterlich gravierende Differenzen. Der um 15 Jahre ältere Beklagte und Widerkläger (in der Folge: Beklagte) macht einen phlegmatischen, nachgiebigen, fast willensschwachen Eindruck und kann sich gegen die zänkische und rechthaberische Klägerin nicht durchsetzen; er läßt ihr daher alles durchgehen. Die Klägerin ließ es an der nötigen Pflege der Kinder fehlen, indem sie ihnen häufig erst gegen 11 Uhr das Frühstück und das Mittagessen häufig gegen 15 Uhr bereitete. Sie ließ sie auch verschmutzen, als sie noch gewickelt werden mußten. Vor allem aber ist sie schon seit Jahren bestrebt, die Kontakte des Beklagten zu seinen Kindern zu verhindern und sie von ihm fernzuhalten. So weigerte sie sich im Juli 1983 entgegen einem pflegschaftsgerichtlichen Auftrag, dem Beklagten die Reisepässe der Kinder für einen von ihm geplanten Italienurlaub mit den Kindern auszufolgen. Sie ist auch nicht bereit, im Kreis der Familie unter Einschluß des Beklagten Weihnachten zu feiern, wodurch den Kindern ein wichtiges Erlebnis entzogen wird. Die negative Beeinflussung der Kinder durch ihre Mutter wurde auch vom Pflegschaftsgericht wegen ihres ungeduldigen und aufbrausenden Erziehungsstils erkannt. Bei einem Sozialarbeiter (S***) hatte der Beklagte deshalb einmal vorgesprochen und sich dabei über die Klägerin dahin beschwert, daß sie ihm die Kinder entziehe und verhindere, daß er mit ihnen etwas unternimmt. Bei diesem Wesen der Klägerin ist es glaubhaft, daß sie am 16.Oktober 1981 das Kind Roman mißhandelt hat, weil es angeblich die Klospülung nicht betätigt hatte; dabei erlitt das Kind die auf den (zu den Akten genommenen) Lichtbildern ersichtlichen Verletzungen; diese vom Beklagten angefertigten Lichtbilder hat dieser dem Sozialarbeiter S*** gezeigt. Auf Ersuchen des Beklagten wurde gegen die Klägerin nichts unternommen; der Beklagte wollte nämlich vermeiden, daß noch mehr Unruhe in die Familie getragen wird. Seit Jahren kocht die Klägerin für ihren Mann nicht mehr und wäscht sie für ihn die Wäsche nicht mehr. Sie näht für ihn auch nichts mehr und machte auch häufig über ihn Dritten gegenüber herabsetzende Äußerungen, so etwa, daß er im Bett nichts wert sei, ein Trottel sei, er stinke; solche Äußerungen sind häufig auch in der Öffentlichkeit gefallen. Eine disharmonisierende Ursache zwischen den Ehegatten ist auch die Tatsache, daß die Streitteile seit etwa Anfang des Jahres 1981 keinen Geschlechtsverkehr mehr haben, da dieser von keinem der Partner mehr gewünscht wird, wobei der Beklagte offenbar Potenzschwierigkeiten hat, was ein Grund für die schlechte Behandlung durch die Klägerin sein dürfte. Das zerrüttete Verhältnis der Ehegatten führte zu ständigem Streit und gegenseitigen Beschimpfungen, wobei schon geringfügige Anlässe zu heftigen Auseinandersetzungen eskalierten. So wollte der Beklagte am Abend des 16.Februar 1982 den im Zimmer weinenden mj. Wolfgang beruhigen, worauf die Klägerin in der Absicht, den Beklagten von den Kindern fernzuhalten, dazwischentrat und ihn aufforderte, zu verschwinden. Sie nahm das Kind auf den Arm und lief mit ihm auf den Gang hinaus. Da der Beklagte nicht wußte, was die Klägerin mit dem Kind vorhatte, rief er um Hilfe; darauf eilten die Nachbarn herbei und versuchten den Streit zu schlichten. Sie forderten die Klägerin auf, dem Beklagten das Kind zu übergeben, was diese auch tat; daraufhin beruhigte sich das Kind. Am folgenden Tag (17.Februar 1982) erschien die Klägerin am Polizeikommissariat Favoriten und erstattete gegen ihren Mann Anzeige, daß dieser sie ständig bedrohe und sie im November 1981 auch geohrfeigt habe. Dann schilderte sie den Vorfall vom Vortag und behauptete, sie fürchte sich vor dem Beklagten, weil er im Besitze eines Revolvers und eines Gewehres sei. Er habe in den letzten Tagen unbestimmte Drohungen ausgestoßen, wie etwa "sie werde schon sehen was passiert". Der Beklagte erklärte bei seiner polizeilichen Einvernahme, die Waffen bereits im Oktober 1981 bei seinem Onkel S*** verwahrt zu haben, was von diesem Onkel auch bestätigt wurde. Dieser Vorfall zeigt das Bestreben der Klägerin, ihren Mann strafbarer Handlungen zu verdächtigen, was auch der Vorfall vom 13.Dezember 1984 zeigt. Diesbezüglich verwies das Erstgericht auf den Inhalt der Anzeige des Polizeikommissariates Favoriten und die diesbezügliche Aussage des Beklagten (AS 189). Nach den Angaben des Beklagten - sowohl als Partei, als auch vor dem Polizeikommissariat Favoriten - habe die Klägerin zu Unrecht behauptet, er habe sie bedroht und verletzt; zu seinem Schutze habe er die Polizei verständigt, damit sie feststellen könne, daß die Klägerin nicht verletzt sei. Wegen des tiefen Zerwürfnisses der Ehegatten verkehren diese miteinander fast nur mehr schriftlich. Wenn die Klägerin ihrem Mann etwas mitteilen will, schreibt sie dies auf Zettel, die sie dann auf dessen Bett legt; der Beklagte sammelt diese Zettel seit Jahren. Sie enthalten neben verschiedenen Aufforderungen und Erklärungen der Klägerin auch Beschimpfungen, wie etwa "Verbrecher, Schmarotzer und Heuchler". Ein Streitpunkt zwischen den Eheleuten war auch, daß der Beklagte im Jänner 1980 mit dem Hobbyfunken begann, wobei er dies zunächst im Schlafzimmer, manchmal auch bis Mitternacht betrieb. Seit Dezember 1981 benützen die Streitteile das Schlafzimmer einverständlich nicht mehr gemeinsam; die Klägerin schläft im Wohnzimmer, die Kinder schlafen im Kinderzimmer. Seitdem sich die Klägerin im Jahre 1976 geweigert hatte, nach Altenburg zu fahren, wo der Beklagte seit 1975 auf einer ihm gehörigen Wiese ein Wohnmobil abgestellt hat, verbringen die Streitteile auch keinen Urlaub mehr gemeinsam. Die Klägerin will mit ihrem Mann keinen Urlaub verbringen, insbesondere nicht in diesem Wohnmobil, weil dieses zu wenig komfortabel eingerichtet ist, keinen Strom und kein Klosett hat. Außerdem beschuldigte die Klägerin ihren Mann, ehewidrige Beziehungen zu seiner Tante S*** zu unterhalten. Sie ließ ihn durch Detektive überwachen, doch ergaben diese Beobachtungen keine Anhaltspunkte für eine solche Verdächtigung. Daß sich der Beklagte nach Kinobesuchen mit seiner Tante, die nach dem Tode ihres Mannes alleinstehend und 15 Jahre älter als der Beklagte ist, beim Gehen in sie einhängte, ist ein harmloses Verhalten, das keinen Schluß auf ehewidrige Beziehungen zuläßt. Der Altersunterschied und das verwandtschaftliche Verhältnis läßt solche Beziehungen auch wenig glaubhaft erscheinen, zumal die Beobachtung der beiden keine diesbezüglichen Anhaltspunkte erbrachte. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß beide Ehegatten schwere Eheverfehlungen gesetzt hätten. Die Klägerin dadurch, daß sie den Kontakt des Beklagten mit den Kindern in einer deren Entwicklung gefährdenden Weise behindert und sich geweigert habe, den Urlaub mit der Familie zu verbringen und darüber hinaus auch - abgesehen von der Hinterlassung von Zetteln - jede Kommunikation mit dem Beklagten abgelehnt habe. Als schwere Eheverfehlungen der Klägerin seien aber auch die ordinären Beschimpfungen des Beklagten mit Ausdrücken wie Drecksau, Schwein, Homosexueller sowie ihre abfälligen Äußerungen über ihn gegenüber Dritten, er stinke und sei impotent, und ihre Bosheitsakte ihm gegenüber, wie etwa ihre Weigerung, ihm die Pässe der Kinder auszufolgen und den Schlafraum des Beklagten während dessen Abwesenheit bei extremer Kälte auskühlen zu lassen, zu werten. Dem Beklagten hingegen seien als schwere Eheverfehlungen die Vernachlässigung und Beeinträchtigung des Familienlebens durch zu intensiven Fernsehkonsum und seinen Hobbyfunkbetrieb sowie der Umstand anzulasten, daß seine Unterhaltsleistungen - wie sich aus dem Verfahren 1 C 20/84 des Bezirksgerichtes Favoriten ergäbe - nicht seiner Leistungskraft entsprochen hätten und auch im Zuge von Streitigkeiten seine Frau beschimpft habe. Die Gegenüberstellung der beiderseitigen Eheverfehlungen ergäbe, daß das Verschulden des Beklagten gegenüber dem der Klägerin in erheblichem Ausmaß zurücktrete, und zwar insbesondere wegen der negativen Beeinflussung der Kinder, die geeignet gewesen sei, deren geistige und sittliche Entwicklung zu gefährden. Es sei daher der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Ehefrau gerechtfertigt gewesen. Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Klägerin gegen den Verschuldensausspruch - im Sinne der Scheidung der Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten - erhobenen Berufung nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise und erachtete - von dieser Sachverhaltsgrundlage ausgehend - auch die in der Berufung erhobene Rechtsrüge als nicht berechtigt. Daß es sich bei den der Klägerin angelasteten Tatbeständen nur um Probleme der Kindererziehung als Folge der Spannungen durch das Scheidungsverfahren gehandelt habe, sei offensichtlich aktenwidrig, wie schon die letzten von der Beweisrüge aufgegriffenen Punkte zeigten, bei denen es sich um davon unabhängige abfällige Äußerungen der Ehefrau über den Ehemann gegenüber dritten Personen und Bosheitsakte handle. Inkonsequent sei es, wenn sie zunächst hervorhebe, sie habe Handlungen des Beklagten in Bezug auf die Kindererziehung nicht zum Gegenstand von Gerichtseingaben gemacht, unmittelbar anschließend aber begehre, sein diesbezügliches, in die Feststellungen nicht aufgenommenes Fehlverhalten solle aber dennoch vom Berufungsgericht berücksichtigt werden. Die Vernachlässigung des Familienlebens durch den Beklagten durch zu intensiven Fernsehkonsum und seinen Hobbyfunkbetrieb sowie die (teilweise) Verletzung der Unterhaltspflicht sei vom Erstgericht ohnedies berücksichtigt worden; eine weitere Vernachlässigung des bereits zerrütteten Familienlebens während des Verfahrens fiele aber weiter nicht ins Gewicht; ehewidrige Beziehungen zu Hermine S***, die von der Berufungswerberin nicht nur aus prozeßtaktischen Gründen nunmehr so gewertet würden, seien vom Erstgericht nicht festgestellt worden. Es genüge daher der Hinweis, daß die Klägerin sich durch den vorgenommenen Verschuldensauspruch nicht beschwert erachten könne. Der Berufung sei somit nicht Folge zu geben gewesen. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Scheidung der Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten, jedenfalls aber aus dem gleichteiligen Verschulden abzuändern; hilfsweise wird - offensichtlich im Rahmen der Anfechtung - ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die in der Revision geltend gemachten Mangelhaftigkeiten und Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor, was keiner Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO). Mit diesen unter den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO erstatteten Ausführungen versucht die Revisionswerberin vielmehr in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung und die Feststellungen der Vorinstanzen, insbesondere über die vom Beklagten erstatteten polizeilichen Anzeigen, ihre Tätlichkeiten gegenüber dem mj. Roman, die Vernachlässigung der Haushaltsführung durch sie und das Verhältnis des Beklagten zur Witwe seines Onkels zu bekämpfen und jene Umstände darzustellen, die die Vorinstanzen nach Ansicht der Klägerin richtigerweise hätten feststellen sollen. Insoweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis gelangt, die ihr von den Vorinstanzen zum Vorwurf gemachten Eheverfehlungen könnten ihr als solche doch nicht angelastet werden, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus; diese Ausführungen sind daher unbeachtlich.

In ihrer zu einzelnen von den Vorinstanzen festgestellten Verhaltensweisen gesondert zur Darstellung gebrachten Rechtsrüge versucht die Revisionswerberin einerseits, die Qualifizierung verschiedener ihr angelasteter Verhaltensweisen als schwere Eheverfehlungen zu bekämpfen, zum andern aber darzulegen, dem Beklagten müßte auch noch anderes Verhalten als schwere Eheverfehlung zum Vorwurf gemacht werden.

So meint sie, die festgestellte Behinderung des Kontaktes des Beklagten mit den Kindern dürfe in Wahrheit nicht ihr angelastet werden, dafür habe vielmehr der Beklagte einzustehen, weil er es gewesen sei, der seine Fürsorge für die Kinder vernachlässigt und damit das Vater-Kind-Verhältnis schwer beeinträchtigt habe. Auch die Äußerung, ihr Mann stinke, und der im Zusammenhang mit dem "Auskühlen" des vom Beklagten benützten Zimmers ihr vorgeworfene Bosheitsakt stellten keine schweren Eheverfehlungen dar. Der Klägerin ist dazu zu entgegnen, daß sie diese Rügen nicht auf der Grundlage der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ausführt, sondern dabei von Umständen ausgeht, die zum Teil zwar ihrem Vorbringen entsprechen, die aber von den Vorinstanzen nicht als erwiesen angenommen wurden. Wenn die Revisionswerberin weiters die Ansicht vertritt, nach Einbringung der Scheidungsklage und nach Setzung der Eheverfehlungen ihres Mannes habe ihr nicht mehr zugemutet werden können, mit der Familie den Urlaub zu verbringen, weshalb hierin keine Eheverfehlung erblickt werden könne, so übersieht sie, daß sich der ihr von den Vorinstanzen in diesem Zusammenhang gemachte Vorwurf nicht erst auf den von ihr nun herangezogenen Zeitraum bezieht, sondern bereits auf die Zeit ab dem Jahr 1976. Da dem festgestellten Sachverhalt keine Umstände zu entnehmen sind, die die mangelnde Bereitschaft der Klägerin zu gemeinsamen Urlauben an sich bloß als entschuldbare Reaktion auf ehewidriges Verhalten des Beklagten erscheinen ließe, ist für den Standpunkt der Klägerin in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen.

Dem ihr von den Vorinstanzen wegen der Verweigerung des persönlichen Kontaktes mit ihrem Mann und dessen Beschimpfung im Wege der ihm hinterlassenen Zettel gemachten Vorwurf versucht die Klägerin mit der Behauptung zu begegnen, sie habe "teilweise die Verständigung mit ihrem Mann und das Vorbringen von Wünschen und Beanstandungen auf Zettel durchführen müssen", weil der Beklagte "überwiegend" spät nachts nach Hause gekommen sei, weshalb sie "vielfach" keine Möglichkeit gehabt habe, ihm mündlich ihre Wünsche vorzutragen. Auch hier ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Der allein entscheidenden Sachverhaltsgrundlage ist nämlich ein solches Motiv nicht zu entnehmen; darnach steht vielmehr fest, daß diese Art des Verkehrs zwischen den Streitteilen auf das tiefgreifende Zerwürfnis zwischen ihnen zurückzuführen ist. Darüber hinaus ließe sich aus solchen Umständen aber auch keineswegs die Berechtigung der Klägerin ableiten, ihren Mann auf diesem Wege mit derartigen Schimpfworten zu belegen, ein Verhalten, das auch nicht als Äußerung einer Kritik erklärt werden kann. Insoweit die Revisionswerberin schließlich die Verwendung von Ausdrücken, die "vielleicht sachlich nicht angebracht gewesen seien" damit zu rechtfertigen oder zu beschönigen versucht, daß der Beklagte damals schon durch gemeinsames Verreisen und gemeinsame Nächtigungen mit Frau S*** und Vernachlässigung des Kontaktes mit den Kindern schwere Eheverfehlungen gesetzt habe, geht sie ebenfalls von einem feststellungsfremden Sachverhalt aus. Der Nachweis eines über enge - weil jahrzehntelang bestehende - familiäre Beziehungen hinausgehenden, erotisch motivierten und damit als ehewidrig anzusehenden Verhältnisses des Beklagten zu der eineinhalb Jahrzehnte älteren Witwe seine Onkels, ist der Klägerin nicht gelungen. Der Klägerin ist es daher verwehrt, ihrer Rechtsrüge eine von den Vorinstanzen nicht als erwiesen angenommene Grundlage zu unterstellen. Von der dem Beklagten eigenen Grundhaltung aus betrachtet erscheint sein festgestelltes Verhalten im Hinblick auf das zänkische, rechthaberische und beleidigende Benehmen der Klägerin nachvollziehbar, ohne ihm dabei ehestörende Absichten unterstellen zu müssen. Schließlich darf in diesem Zusammenhang - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch nicht übersehen werden, daß die Klägerin ihrem Mann das Verhältnis zu dieser Frau in ihrer Klage gar nicht zum Vorwurf gemacht hat, sie dieses vielmehr erst im Zuge des Verfahrens zusätzlich als Scheidungsgrund geltend gemacht hat; der vom Berufungsgericht daraus gezogene Schluß, die Klägerin habe dieses Verhältnis erst im Zuge des Verfahrens aus prozeßtaktischen Gründen als ehewidrig empfunden dargestellt, erscheint somit nicht unbegründet. Unter diesen Umständen fehlt aber auch eine Grundlage für den Wunsch der Revisionswerberin ihr Verhalten dem Beklagten gegenüber und ihre Äußerungen über ihn Dritten gegenüber in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen und diesen damit die Qualifikation als schwerwiegende Eheverfehlungen zu nehmen. Auch wenn tatsächlich Potenzschwierigkeiten des Beklagten - wie vom Erstgericht vermutet - mit ein Grund für das Benehmen der Klägerin gewesen sein sollten, ließe sich daraus noch nicht ein Recht ableiten, ihren Mann derart lieblos, ja sogar gehässig zu behandeln und Dritten - wenngleich Familienangehörigen - von Belangen des Intimbereiches in einer für den Beklagten kränkenden Weise Mitteilung zu machen. Wenn die Revisionswerberin weiters auf die Feststellung der Vorinstanzen, wonach beide Teile etwa ab Anfang des Jahres 1981 keinen Geschlechtsverkehr mehr gewünscht hätten, sowie darauf hinweist, daß eheliche Beziehungen nach Einbringung der Scheidungsklage als Versöhnung zu werten gewesen wären und zur Abweisung ihrer Klage hätten führen müssen, ist sie darauf zu verweisen, daß die Vorinstanzen ihr die Verweigerung des ehelichen Verkehrs ohnehin nicht als Scheidungsgrund angelastet haben. Schließlich vertritt die Klägerin noch den Standpunkt, die festgestellte Verletzung der Unterhaltspflicht des Beklagten stelle eine besonders schwere Eheverfehlung dar, zumal eine unzulängliche Unterhaltsleistung auch lebensbedrohend sein könnte. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Verletzung der Unterhaltspflicht der Frau und den Kindern gegenüber, insbesondere dann, wenn letztere auf den Unterhalt angewiesen sind, eine schwere Eheverfehlung darstellt; dem haben die Vorinstanzen auch Rechnung getragen. Hier geht es aber um die Frage, ob diese dem Beklagten zur Last liegende Eheverfehlung derart schwer ins Gewicht fällt, daß sie - im Zusammenhang mit den übrigen Eheverfehlungen des Beklagten - ein Abgehen von der von den Vorinstanzen vorgenommenen Verschuldensabwägung rechtfertigt. Dies ist aber nicht der Fall. Es ist nämlich doch zu bedenken, daß einerseits diese Pflichtverletzung nach den Feststellungen der Vorinstanzen bloß in der Leistung eines zu geringen Unterhaltsbetrages lag, somit von der in der Revision anklingenden Lebensbedrohung gar keine Rede sein kann, ihr anderseits aber auch eine grobe Verletzung der Beistandspflicht der Klägerin ihrem Mann insofern gegenüberstand, als die Klägerin seit Jahren für ihn nicht mehr gekocht und auch nicht mehr seine Wäsche versorgt hat. Daß die Klägerin ab September 1984 eine Berufstätigkeit habe aufnehmen müssen - wie die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang ausführt - ist jedenfalls nicht geeignet, dieses ehewidrige Verhalten für die Zeit davor zu rechtfertigen. Im übrigen ist den Feststellungen der Vorinstanzen auch nicht zu entnehmen, daß die Klägerin für diese pflichtwidrigen Unterlassungen oder die von ihr an den Tag gelegte Vernachlässigung ihrer Kinder tatsächlich irgend einen sie rechtfertigenden Grund gehabt hätte.

Abschließend muß somit gesagt werden, daß die Revisionswerberin nicht in der Lage war, Umstände aufzuzeigen, die die Unrichtigkeit der von den Vorinstanzen vorgenommenen Verschuldensabwägung erkennen ließen. Da es bei der Verschuldensabwägung auf das Gesamtverhalten der Ehegatten in seinem Zusammenhang (EFSlg 43.684, 46.231 uva) und nicht auf eine isolierte Beurteilung der einzelnen Eheverfehlungen ankommt und bei Betrachtung der beiderseitigen Eheverfehlungen unter Berücksichtigung des Grades ihrer Verwerflichkeit (EFSlg 38.777, 46.233, 46.235 ua) und ihres Beitrages zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe (EFSlg 43.679, 46.234) doch gesagt werden muß, daß der Unterschied des Verschuldens der beiden Streitteile offenkundig zu Lasten der Klägerin hervortritt (EFSlg 38.788, 41.284, 46.244 uva), kann in dem Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Klägerin an der Scheidung der Ehe kein Rechtsirrtum erblickt werden. Der Revision mußte daher der Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10542

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00524.87.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19870317_OGH0002_0050OB00524_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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