TE OGH 1987/3/24 11Os5/87

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Veröffentlicht am 24.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ludwig H*** und Herbert H*** wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Oktober 1986, GZ 3 b Vr 6.023/85-60, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwalts Dr. Presslauer als Vertreters der Generalprokuratur, des Angeklagten Herbert H*** sowie der Verteidiger Dr. Doczekal und Dr. Reckendorfer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Ludwig H*** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 4.Juni 1964 geborene Ludwig H*** und der am 27.November 1944 geborene Herbert H*** des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB (Punkt I/ des Urteilssatzes) und Ludwig H*** außerdem auch des Vergehens der versuchten Zuhälterei nach den §§ 15, 216 Abs. 1 StGB (Punkt II/ des Urteilssatzes), des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z 2 StGB (Punkt III/ des Urteilssatzes) sowie des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB (Punkt IV/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Ihnen liegt zur Last, in Wien

I./ eine Person weiblichen Geschlechts mit Gewalt bzw. durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf genötigt zu haben:

1./ Ludwig H*** und Herbert H*** im bewußten und

gewollten Zusammenwirken als Beteiligte am 4.Oktober 1985 die Charlotte L*** mit Gewalt gegen ihre Person, indem Ludwig H*** sich auf die im Bett liegende Frau warf, sie niederhielt, ihr die Beine auseinanderdrückte und mit ihr - mit einer zwischenzeitigen Unterbrechung - zweimal gegen ihren Willen einen Geschlechtsverkehr vollzog, und Herbert H*** der Charlotte L*** erklärte, sie müsse mit H*** schlafen, weil sie ihm Geld schulde, wobei er sich während der Tathandlungen des H*** zu den beiden ins Bett legte; 2./ Ludwig H*** allenfalls im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten, derzeit flüchtigen Wolfgang K*** als Beteiligten in der Nacht zum 21.August 1985 die Elisabeth K*** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, indem er sie auf eine Matratze stieß, ihr die Bekleidung auszog, während sie von Wolfgang K*** gehalten wurde, sich auf sie legte, sie mit den Händen festhielt, ihre überkreuzten Beine aufzwängte und solcherart mit ihr - ebenfalls mit einer Unterbrechung - zweimal einen Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen durchführte, wobei er zwischenzeitig die Drohung äußerte, sie solle nicht "deppert" sein, sonst wäre das ihr letzter Fehler;

II./ Ludwig H*** die Charlotte L*** mit dem Vorsatz, sich aus ihrer gewerbsmäßigen Unzucht eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, am 4.Oktober 1985 durch die nach Erzwingung zweimaligen Geschlechtsverkehrs an sie gerichtete Aufforderung, sie müsse jetzt für ihn auf den "Strich" gehen, auszunützen versucht zu haben; III./ Ludwig H*** in der Nacht zum 27.November 1985 der Christine D*** fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert durch Aufbrechen des Handschuhfaches ihres Personenkraftwagens mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern; IV./ Ludwig H*** am 21.Jänner 1986 den gegen ihn im Zug einer Festnahme einschreitenden Polizeibeamten Bez.Insp. Leo L*** durch einen Schlag mit der rechten Hand ins Gesicht, wodurch er eine Absprengung von der Nasenbeinspitze, eine Prellung des Nasenbeines und eine Schleimhautläsion an der Oberlippe erlitt, während der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt zu haben. Von weiteren Anschuldigungspunkten wurden die Angeklagten rechtskräftig freigesprochen.

Ludwig H*** und Herbert H*** bekämpfen ihren

Schuldspruch wegen Nötigung zum Beischlaf - der Angeklagte H*** ferner auch jenen wegen versuchter Zuhälterei - mit Nichtigkeitsbeschwerden, wogegen die Verurteilung des Angeklagten H*** wegen versuchten Diebstahls und wegen schwerer Körperverletzung unangefochten bleibt.

Rechtliche Beurteilung

Beide Beschwerdeführer machen Begründungsmängel nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend, der Angeklagte H*** auch die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO, doch halten die Rechtsmittel einer Überprüfung nicht stand:

Die auf das Unterbleiben der Vernehmung des Zeugen Wolfgang K*** gestützte Verfahrensrüge des Angeklagten H*** entbehrt einer prozeßordnungsmäßigen Grundlage, weil Beweisthema und Beweiszweck der begehrten Einvernahme anläßlich der Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht bezeichnet wurden und sich dem Beschwerdevorbringen zuwider auch nicht aus den Verfahrensumständen eindeutig ergaben (Band I, S 426, Band II, S 35), weshalb eine erfolgreiche Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO von vornherein ausgeschlossen ist (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 16 und 18 zu § 281 Z 4). Ein Antragsteller, der einen Zeugenbeweis führen will, wird nämlich der Verbindlichkeit zur Darlegung der zu beweisenden Tatsachen nicht allein schon durch das Vorbringen enthoben, daß die namhaft gemachte Person nach den Verfahrensergebnissen ein Tatzeuge gewesen sein soll und die Vernehmung "nützlich sein könnte". Zudem vermag der Beschwerdeführer H*** nicht zu bestreiten, daß der zur Verhaftung ausgeschriebene Wolfgang K*** wegen unbekannten Aufenthaltes vom Erstgericht nicht stellig gemacht werden konnte. Die Erwartung, der Zeuge werde "über kurz oder lang" verhaftet werden, kann an der (für unbestimmte Zeit gegebenen) Undurchführbarkeit der Beweisaufnahme im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlußfassung durch das Schöffengericht nichts ändern, weshalb die Ablehnung der Zeugenvernehmung auch im Fall prozeßordnungsgemäßer Antragstellung keinen Verfahrensmangel begründet hätte (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 104 zu § 281 Z 4). Ebensowenig zielführend sind die von den Angeklagten gegen den Schuldspruch wegen Nötigung zum Beischlaf laut Punkt I/1/ des Urteilssatzes (Faktum Charlotte L***) unter Bezugnahme auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO - aber unter weitgehender Vernachlässigung der Art der dort bezeichneten Begründungsmängel - vorgebrachten Argumente. Beide Beschwerdeführer übersehen zunächst, daß nur der gerichtliche Ausspruch über entscheidende Tatsachen - das sind die für das Erkenntnis in der Schuldfrage (einschließlich der Voraussetzungen für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes) maßgebenden Tatumstände - einer Anfechtung unterliegt und nicht schlechthin jede Urteilsannahme. Demgemäß können hier Gegenstand einer gesetzmäßigen Mängelrüge nur die Urteilsfeststellungen über die gegen Charlotte L*** gerichteten Nötigungshandlungen zur gelungenen Herbeiführung eines Beischlafes mit H*** sowie die Ableitung dieser Tatsachen aus den Angaben der Zeugin sein, nicht aber die folgenden (zu a/ und b/ von beiden Angeklagten, zu c/ vom Angeklagten H*** und zu d/ und e/ vom Angeklagten H***) aufgeworfenen Fragen:

a/ ob die vor den für den Schuldspruch bedeutsamen Vorgängen aus der Wohnung gewiesenen und später nicht eingelassenen Michael Z*** und Christian M*** den Angeklagten tatsächlich körperlich unterlegen gewesen wären, weil dies für das nachfolgende Geschehen bedeutungslos ist und das Erstgericht zudem nicht über die objektiven Kräfteverhältnisse, sondern nur im Einklang mit den Angaben des Z*** vor der Polizei (Band I, S 82 und 89) über die subjektive Befürchtung einer möglichen körperlichen Unterlegenheit absprach;

b/ ob die Angeklagten bei dieser Gelegenheit den beiden Männern Schläge androhten (wie dies der Beschwerdeführer H*** in einer von beiden Beschwerden außer acht gelassenen Schilderung [Band I, S 307] einräumte: "Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich putzen, sonst bekommen sie Ohrfeigen.");

c/ ob damals die Polizei "bald" oder erst eine Stunde nach dem Weggehen des Z*** einschritt, wobei der Beschwerdeführer H*** im übrigen den Entscheidungsinhalt fehlinterpretiert, weil sich die Worte "bald darauf" (Band I, S 443) ersichtlich auf den Abschluß der sexuellen Attacke des Angeklagten und nicht auf ein Verhalten des Z*** beziehen;

d/ ob die Angeklagten in Zuhälterkreisen verkehren, weil das Schöffengericht daraus entgegen der Meinung des Beschwerdeführers H*** keine Schlüsse zog;

e/ ob die Angeklagten damals erheblich alkoholisiert waren, weil insoweit nur eine die Zurechnungsfähigkeit aufhebende volle Berauschung relevant sein könnte, die aber in keiner Weise indiziert und auch nicht behauptet wurde.

Bei ihren darüber hinaus sinngemäß erhobenen Vorwürfen, das Erstgericht habe nicht gehörig begründet, warum es der Zeugin Charlotte L*** Glauben schenkte und weshalb es die das Vorbringen anläßlich der Anzeigeerstattung abschwächenden Angaben des Zeugen Michael Z*** in der Hauptverhandlung für unrichtig hielt, verkennen die beiden Beschwerdeführer den Umfang der gerichtlichen Begründungspflicht, welcher "in gedrängter Darstellung" zu entsprechen ist (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO). Zudem läßt sich die Gesamtheit aller Umstände, die dem Gericht die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Zeugenaussage vermitteln, nicht restlos analysieren und in Worte fassen, weshalb aus dem Unterbleiben solcher Erörterungen ein Begründungsmangel nicht abgeleitet werden kann.

Ebensowenig wird ein derartiger Mangel durch Hervorhebung jener Momente aufgezeigt, welche gegen die Verläßlichkeit der Angaben der Charlotte L*** sprechen könnten, aber vom Erstgericht ohnedies in die Urteilserwägungen über die Beweiskraft der Aussage einbezogen und mit denkrichtiger Argumentation für unerheblich befunden wurden. Demnach stellt das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach die Zeugenaussage des Heinz K*** über die Lügenhaftigkeit der Charlotte L*** sowie verschiedene bei Vernehmungen dieser Frau aufgetretene Widersprüche und Erinnerungslücken nicht sachgerecht berücksichtigt worden und die diesbezüglichen gerichtlichen Überlegungen nicht überzeugend genug seien, bloß eine im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässige und daher unbeachtliche Kritik an der einer Anfechtung entzogenen Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz dar. Diese Beschwerdeausführungen sind daher einer weiteren inhaltlichen Erwiderung nicht zugänglich; zu bemerken ist lediglich, daß die relevierten widersprüchlichen Angaben der L*** darüber, ob ein oder zwei Geschlechtsakte stattfanden, schon deshalb nicht als Beweis für eine Übertreibungstendenz dieser Zeugin dienen können, weil der Angeklagte H*** selbst zweimaligen (seiner Darstellung nach allerdings ohne Nötigung zustandegekommenen) Geschlechtsverkehr einräumt (Band I, S 306).

Zu den vom Schöffengericht durch zusammenfassende Bezugnahme auf Widersprüche gewürdigten Ungereimtheiten zählen aber auch die vom Beschwerdeführer H*** monierten Divergenzen in den Aussagen der Charlotte L*** über den zeitlichen Umfang ihrer Prostitutionsausübung sowie den dabei erzielten Verdienst, ferner über die Leistung einer Zahlung an H*** und schließlich darüber, ob sowie auf welchem Weg H*** davon Kenntnis erlangt hatte, daß die Zeugin damals wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung "nicht auf den Strich ging". Alle diese Angaben sind für das deliktische Geschehen bedeutungslos und zudem ohneweiters mit der Annahme vereinbar, daß Charlotte L*** über die Nötigung zum Beischlaf wahrheitsgemäß aussagte, weshalb es eines näheren Eingehens auf solche tatfernen Nebenumstände in den Entscheidungsgründen nicht bedurfte.

Eine vom Angeklagten H*** an sich zutreffend aufgezeigte Namensverwechslung an einer Stelle der Urteilsbegründung wurde auch vom Beschwerdeführer der Sache nach als offensichtlicher Irrtum erkannt und bezieht sich zudem nicht auf die Feststellung einer Tathandlung, sondern nur auf die Erwähnung eines für die rechtliche Beurteilung unerheblichen, die geschwundene Detailerinnerung der Zeugin L*** an die damaligen Vorgänge illustrierenden Verfahrensergebnisses, sodaß auch darin kein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt werden kann. Die noch unerledigten Einwände des Angeklagten H*** gehen am Inhalt des angefochtenen Urteils vorbei. Bei seiner Forderung, aus Angaben des Zeugen Z*** in der Hauptverhandlung zugunsten der Angeklagten bestimmte Schlüsse zu ziehen, setzt sich der Beschwerdeführer darüber hinweg, daß das Erstgericht eben diese Angaben als unglaubwürdig beurteilte, weshalb es sich hier abermals nur um einen im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässigen Angriff auf die erstinstanzliche Beweiswürdigung handelt. In gleicher Weise urteilsfremd ist der behauptete Widerspruch über die Motive der Charlotte L***, vor der Tat in der Wohnung zurückzubleiben, weil in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hiezu keine der beiden vom Beschwerdeführer als unvereinbar angesehenen Feststellungen getroffen wird. Somit versagt die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert H*** zur Gänze.

Als nicht zielführend erweist sich auch die Mängelrüge des Angeklagten Ludwig H*** in bezug auf den Schuldspruch wegen Nötigung zum Beischlaf laut Punkt I/2/ des Urteilssatzes (Faktum Elisabeth K***).

Welcher den Beschwerdeführer H*** benachteiligende Begründungsmangel sich daraus ergeben soll, daß das Erstgericht den Urteilsfeststellungen jenes Polizeiprotokoll über Angaben der Elisabeth K*** zugrunde legt, das die ausführlichste Tatschilderung enthält, während es andere polizeiliche Niederschriften als Ergebnisse einer teilweise unroutinierten Befragung charakterisiert, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Es kann jedenfalls keine Rede davon sein, daß das Schöffengericht auf diese Weise eine Berücksichtigung der bezüglichen Niederschriften von vornherein abgelehnt habe, denn es geht ohnehin auf den daraus ersichtlichen und vom Beschwerdeführer betonten Widerspruch ein, der sich aus divergierenden Schilderungen der Zeugin K*** über den Zeitpunkt ergab, zu dem sie nach der Tat das Fehlen eines Bargeldbetrages bemerkt habe. Wenn das Gericht dieser erörterten Divergenz nicht die Eignung beimißt, die Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin über ihre Nötigung zum Beischlaf durch den Angeklagten H*** und Wolfgang K*** zu erschüttern, liegt darin ein im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbarer Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung. Der verbleibende Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe mit Stillschweigen ein Eingeständnis der Zeugin K*** in der Hauptverhandlung übergangen, ungeachtet fehlender Erinnerung behauptet zu haben, schon im Taxi von den Tätern festgehalten worden zu sein, ist ebenfalls unbegründet. In dieser Beziehung befaßt sich das Schöffengericht nämlich mit dem Unvermögen der Zeugin zu widerspruchsfreien Angaben über die Tätlichkeiten auf der Fahrt zum Tatort, es sieht aber auch darin keinen Anlaß, den Wahrheitsgehalt der Zeugenaussage über die späteren, in einer Wohnung verübten Nötigungsakte anzuzweifeln (Band I, S 453), sodaß auch insoweit die der Sache nach eingewendete Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe durch Übergehung eines Entlastungshinweises nicht vorliegt.

Schließlich hält auch der Schuldspruch des Angeklagten H*** wegen versuchter Zuhälterei einer Überprüfung stand. Dem Beschwerdevorbringen (Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO) zuwider steht die Annahme, daß der Angeklagte H*** die Charlotte L*** "in kategorischer Weise" aufforderte, für ihn auf den "Strich" zu gehen, zu den Angaben der genannten Zeugin über diese von ihr als "dahingesagt" bezeichnete Äußerung und über ihren Zweifel, ob sie bei der Prostitution "freie Hand" haben sollte, in keinem Gegensatz. Die Zeugin brachte zwar zum Ausdruck, nicht konkret sagen zu können, ob sie nach den Intentionen des Angeklagten die Prostitution freiwillig oder gezwungen ausüben hätte sollen, doch ergibt sich aus ihren Schilderungen keineswegs mangelnde Ernstlichkeit, sondern vielmehr drohende Bestimmtheit der Aufforderung des Angeklagten (Band I, S 420, 88).

Die in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO) bestrittene Ausführungsnähe des inkriminierten Verhaltens zur Verübung der Zuhälterei nach dem § 216 Abs. 1 StGB war - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - gegeben, lag doch das Verhalten des Täters im nahen Vorfeld der Erfolgsverwirklichung (siehe § 15 Abs. 2 StGB), dh jener Sachverhaltsgestaltung, die aus dem Tätigkeitswort des Tatbestandes (hier: "ausnützt") hervorgeht. Den Urteilsfeststellungen zufolge wollte Ludwig H*** mit Charlotte L*** sogleich eine Wohngemeinschaft eingehen und sie zur Ausübung der Prostitution anhalten, um ihr für längere Zeit fortlaufend einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Schandlohnes abzunehmen. Damit zeigt der Urteilssachverhalt aber in anschaulicher Klarheit, daß der Angeklagte H*** in örtlicher, zeitlicher und aktionsmäßiger Beziehung unmittelbar vor der von ihm angestrebten Gewinnung wirtschaftlicher Vorteile (siehe Band I, S 443: "ab jetzt") auf eine dem Zuhältereibegriff nach dem § 216 Abs. 1 StGB entsprechende Art stand. Sein Handeln wurde daher vom Erstgericht zu Recht schon als ausführungsnaher Versuch der Zuhälterei und nicht als bloße Vorbereitungshandlung beurteilt.

Demgemäß war auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ludwig H*** zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die beiden Angeklagten nach dem § 202 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Ludwig H*** unter Anwendung des § 28 StGB in der Dauer von drei Jahren und über Herbert H*** in der Dauer von einem Jahr.

Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall, bei Ludwig H*** auch das Zusammentreffen mehrerer Delikte und die Wiederholung der Gewalttätigkeitsdelikte als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber bei Ludwig H*** das "teilweise Geständnis", bei Herbert H*** den "vergleichsweise wenig intensiven Tatbeitrag".

Mit ihren Berufungen streben H*** und H*** die Herabsetzung der über sie verhängten Strafen, H*** auch die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 1 StGB an. Die Berufungen sind nicht begründet.

Selbst wenn man dem Angeklagten H*** als zusätzlichen Milderungsgrund den Umstand zugutehält, daß es in zwei Fakten beim Versuch blieb, werden die vom Erstgericht ausgemessenen Freiheitsstrafen der Schuld der beiden Angeklagten, ihren belasteten Persönlichkeiten sowie dem Unrechtsgehalt ihrer Tathandlung(en) durchaus gerecht. Insbesonders in Anbetracht der sich aus der Wirkungslosigkeit der bisherigen zahlreichen Abstrafungen ergebenden Ausgeprägtheit ihrer deliktischen Neigungen bestand hier für eine Korrektur der verhängten Freiheitsstrafen kein Anlaß. Der von Herbert H*** überdies begehrten Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht standen im Hinblick auf die Vorstrafenbelastung spezialpräventive Erwägungen entgegen. Den Berufungen der Angeklagten war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10447

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00005.87.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19870324_OGH0002_0110OS00005_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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