TE OGH 1987/3/24 4Ob396/86

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Veröffentlicht am 24.03.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Kuderna, Dr. Gamerith und Dr. Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** U*** Gesellschaft mbH, 1010 Wien, Schenkenstraße 8-10, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B*** Erzeugungs- und Vertriebsgesellschaft mbH, 9020 Klagenfurt, Hasnerstraße 7, vertreten durch Dr. Hannes Zieger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. Juli 1986, GZ. 5 R 92/86-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 13. April 1986, GZ. 18 Cg 292/84-28, zum Teil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.834,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.443,15 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei erzeugt und vertreibt (u.a.) Margarine. Die beklagte Partei vertreibt unter der Bezeichnung "B***-Reformkost-Margarine" importierte Margarine. Die Streitteile stehen im Wettbewerbsverhältnis.

Mit der am 1. Oktober 1984 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, es beim Vertrieb von Margarine zu unterlassen, eine bestimmte Mindesthaltbarkeit zu behaupten oder eine bestimmte Aufbrauchsfrist zu empfehlen, insbesondere eine mindestens 26-wöchige Haltbarkeit anzugeben, wenn die mit diesen Angaben über die Mindesthaltbarkeit versehene Margarine nicht tatsächlich bis zu dem von der beklagten Partei bezeichneten Zeitpunkt haltbar ist. Sie brachte vor, daß die beklagte Partei Margarine in Verkehr setze, auf deren Verpackung eine Mindesthaltbarkeit (empfohlene Aufbrauchsfrist) von 26 Wochen angegeben sei. Eine so lange Haltbarkeit widerspreche dem Handelsbrauch im Verkehr mit Speiseölen und -fetten, wonach Margarine unter günstigsten Verpackungs- und Lagerungsbedingungen bestenfalls 12 bis 13 Wochen haltbar sei. Sie sei auch tatsächlich nicht gegeben: Untersuchungen des von der beklagten Partei vertriebenen Produktes hätten ergeben, daß es etwa 13 Wochen, nachdem es in Verkehr gebracht worden war, als wertgemindert und nach 26 Wochen als verdorben im Sinne des Lebensmittelgesetzes zu beanstanden war. Durch diese Falschbezeichnung eines Lebensmittels habe die beklagte Partei gegen § 2 UWG verstoßen.

Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen, und wendete ein, daß die von ihr abgegebene Margarine bei Einhaltung der vorgesehenen Lagerbedingungen 26 Wochen und länger haltbar sei. Im übrigen werde aus Vorsichtsgründen nunmehr eine kürzere Aufbrauchsfrist angegeben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:

Im reellen Verkehr mit Speiseölen und Speisefetten sowie Margarine besteht zwischen Erzeugern und Händlern ein Handelsbrauch, der für Margarine bei kühler und trockener Lagerung eine Mindesthaltbarkeit von 12 Wochen vorsieht. Unter kühler Lagerung ist eine solche bis zu einer Temperatur bis maximal 15 Grad C zu verstehen. Kurzfristige Überschreitungen der Lagertemperatur haben keine Auswirkungen auf die Haltbarkeit.

Die von der Klägerin beanstandete Margarine, für welche eine empfohlene Aufbrauchsfrist bis zum 30.6.1984 angegeben war, wurde am 20.1.1984 unter strikter Einhaltung der vorgesehenen Lagerbedingungen der Lebensmittel-Versuchsanstalt in Wien übergeben. Bei den Untersuchungen am 23.Jänner 1984, 28.März 1984 und 28.Juni 1984 wurde jeweils eine neue Packung geöffnet. Es zeigte sich, daß die Margarine in der 13.Woche gerade noch als genußtauglich (mit einer Beanstandung zu rechnen), zwei Tage vor dem Ablaufdatum in der

26. Woche aber bereits als verdorben zu qualifizieren war. Das Ablaufdatum wurde als überhöht bemängelt.

Nach den in der Lebensmittel-Versuchsanstalt gewonnenen Erfahrungen ist es unwahrscheinlich, daß die angegebene Haltbarkeit von 26 Wochen bei voller Genußtauglichkeit der Margarine erreicht wird, mag es auch in Einzelfällen nicht mit 100 %iger Sicherheit auszuschließen sein.

Nach Zustellung der Klage änderte die beklagte Partei noch im Jahre 1984 ihre Angaben auf der Verpackung dahin, daß sie die Mindesthaltbarkeitsfrist der Margarine auf 12 Wochen beschränkte. In der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß der beklagten Partei ein Wettbewerbsverstoß nach § 2 UWG anzulasten sei, da sie über die Beschaffenheit der Margarine Angaben gemacht habe, die zur Irreführung des Publikums zum Nachteil der klagenden Partei geführt hätten. Die Anführung einer längeren, sowohl der tatsächlichen Haltbarkeit als auch dem Handelsbrauch zuwiderlaufenden Aufbrauchsfrist hätten dem breiten Publikum, das Diätwaren kaufe, die Ware der beklagten Partei als wesentlich vorteilhafter erscheinen lassen als die Produkte der Mitbewerber, die nicht als so lange haltbar bezeichnet gewesen seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob es auch Margarinepackungen der beklagten Partei gibt, die jeweils 26 Wochen haltbar sind, da jedenfalls einige dieser Proben trotz ordnungsgemäßer Verpackung, Lagerung und Untersuchung tatsächlich vor Ablauf dieser Frist schon verdorben waren. Auch wenn die beklagte Partei die Angabe der Haltbarkeitsfrist nachträglich umgestellt habe, vertrete sie weiterhin den Standpunkt, wettbewerbsgemäß gehandelt zu haben, weshalb die Wiederholungsgefahr zu bejahen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Unterlassungsgebot der ersten Instanz. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes zur Gänze und sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß die beklagte Partei in ihrer Rechtsrüge den Wettbewerbsverstoß durch Zuwiderhandeln gegen einen Handelsbrauch gar nicht mehr besteite. Ihr Einwand, nach der Umstellung der empfohlenen Aufbrauchsfrist sei die Wiederholungsgefahr weggefallen, übersehe, daß sie ihre Handlungen weiterhin verteidige und auf dem Standpunkt beharre, zu deren Vornahme berechtigt gewesen zu sein.

Gegen den bestätigenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebebehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der beklagten Partei ist zwar zuzugeben, daß die Angabe einer Haltbarkeitsdauer von 26 Wochen dann zulässig wäre, wenn die von ihr vertriebene Margarine tatsächlich 26 Wochen haltbar ist. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß es auf die tatsächliche Haltbarkeit der Margarine schon wegen "Zuwiderhandelns" der beklagten Partei gegen den Handelsbrauch nicht ankomme, ist verfehlt. Das Berufungsgericht übersieht, daß der festgestellte Handelsbrauch (Beil.F) eine Mindesthaltbarkeit von 12 Wochen vorsieht und daher nur eine Aussage darüber trifft, wie lange Margarine bei entsprechender Lagerung mindestens haltbar sein soll. Wäre aber das von der beklagten Partei vertriebene Produkt tatsächlich länger genußtauglich geblieben, dann könnte von einem Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG keine Rede sein. Für die beklagte Partei ist daraus freilich nichts zu gewinnen:

Das Berufungsgericht hielt die Mängelrüge der beklagten Partei zwar primär deshalb für unbegründet, weil der Wettbewerbsverstoß schon durch das "Zuwiderhandeln" gegen den Handelsbrauch begangen worden sei; es hat dann aber auch zu den geltend gemachten Berufungsgründen Stellung genommen und ausgesprochen, daß gegen die Richtigkeit des Gutachtens der Lebensmittel-Versuchsanstalt keine Bedenken bestünden; für das Erstgericht habe keine Veranlassung bestanden, dieses Sachverständigengutachten mit Hilfe von Zeugen oder durch ein neues Gutachten entkräften zu lassen. Der gerügte Verfahrensmangel liege nicht vor, gegen die Beweiswürdigung der ersten Instanz bestünden keine Bedenken.

Damit erweist sich aber die Mängelrüge der Revision, es hätte ein gerichtlicher Sachverständiger beigezogen werden müssen, als unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung der Unterinstanzen. Da das Erstgericht davon ausgegangen ist, daß einige Packungen der beanstandeten Margarine tatsächlich nicht 26 Wochen haltbar waren, hätte das gewünschte (weitere) Gutachten nur die Funktion eines Kontrollbeweises haben können. Die Ablehnung solcher Kontrollbeweise durch das Berufungsgericht ist aber in 3.Instanz nicht mehr überprüfbar.

Im übrigen wiederholt die Revisionswerberin in ihrer Rechtsrüge nur die bereits in den Vorinstanzen vorgetragenen Argumente, daß die für das Unterlassungsbegehren erforderliche Wiederholungsgefahr deshalb weggefallen sei, weil sie die Angaben über die Aufbrauchsfrist der von ihr vertriebenen Margarine ohnehin von 26 Wochen auf 12 Wochen umgestellt habe. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß die beklagte Partei die Angaben über die Haltbarkeitsdauer schon nach ihrem eigenen Vorbringen nur "aus Vorsichtsgründen" geändert, sonst aber einen Wettbewerbsverstoß ausdrücklich bestritten und auch noch im Revisionsverfahren die Auffassung vertreten hat, daß die von ihr abgegebene Margarine tatsächlich 26 Wochen haltbar sei. Damit kann aber keine Rede davon sein, die beklagte Partei habe sich von dem Wettbewerbsverstoß distanziert und Maßnahmen zur Berichtigung eines unterlaufenen Fehlers und zu dessen Verhinderung in der Zukunft ergriffen; ihr Verhalten ist vielmehr zwiespältig geblieben, so daß keine Gewähr für das Unterbleiben künftiger Verstöße gegeben ist (vgl. ÖBl 1984, 135 und 1985, 140 u.a.).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Anmerkung

E10526

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00396.86.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19870324_OGH0002_0040OB00396_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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