TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/7 2003/08/0141

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Veröffentlicht am 07.09.2005
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §308 Abs3;
ASVG §309;
ASVG §563 Abs11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Mag. D in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. April 2003, Zl. MA 15-II-Z 2/2003, betreffend Erstattungsbetrag gemäß § 308 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beitragserstattung gemäß § 308 ASVG stattgegeben und festgestellt, dass der Erstattungsbetrag EUR 76,92 betrage. Weiters wurde festgestellt, dass mit der Leistung dieses Betrages alle Ansprüche und Berechtigungen aus der Pensionsversicherung erlöschen, die aus diesen Versicherungsmonaten erhoben werden können. Die belangte Behörde führte dazu aus, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 23. Mai 1962 bis 22. Juni 1962 bei einem näher genannten Dienstgeber beschäftigt gewesen sei und zwei Beitragsmonate in der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG erworben habe. Mit Wirkung vom 1. Mai 1978 sei der Beschwerdeführer in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen worden. Aus diesem Anlass habe die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Überweisungsbetrag für 73 Beitragsmonate und 6 Ersatzmonate errechnet und an das Bundesrechenamt überwiesen. Für die Monate Mai 1962 und Juni 1962, für die kein Überweisungsbetrag geleistet worden sei, habe der Beschwerdeführer mit Antrag vom 20. August 2002 die Erstattung der Beiträge gemäß § 308 Abs. 3 ASVG beantragt. Nach § 563 Abs. 11 ASVG sei für Personen, die vor dem 1. Juni 1996 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis aufgenommen worden seien, § 308 Abs. 3 ASVG in der am 30. Juni 1996 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Gemäß § 308 Abs. 3 ASVG in der am 30. Juni 1996 geltenden Fassung habe der zuständige Versicherungsträger dem Versicherten, wenn nach Abs. 1 ein Überweisungsbetrag zu leisten sei, die Beiträge für jeden vor dem Stichtag nach Abs. 7 liegenden Beitragsmonat der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, der nicht nach Abs. 1 in der Pensionsversorgung angerechnet worden sei, mit 7 v.H. der Berechnungsgrundlage nach Abs. 6 zu erstatten. Gemäß § 308 Abs. 6 ASVG sei die Grundlage für die Erstattung der Beiträge nach Abs. 3 in der Pensionsversicherung der Arbeiter für männliche Arbeiter 45 v.H. der am Stichtag geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung.

Gemäß § 308 Abs. 7 ASVG sei der Stichtag für die Feststellung des nach Abs. 5 zuständigen Versicherungsträgers, der nach Abs. 1 zu berücksichtigenden Versicherungsmonate und der Berechnungsgrundlage nach Abs. 6 der Tag der Aufnahme in das pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis, wenn sie an einem Monatsersten erfolge, sonst der der Aufnahme folgende Monatserste. Gemäß § 309 ASVG sei der Überweisungsbetrag nach § 308 Abs. 1 ASVG binnen 18 Monaten nach Einlangen des Anrechnungsbescheides beim zuständigen Versicherungsträger zu leisten. Innerhalb der gleichen Frist seien auch die Beiträge nach § 308 Abs. 3 ASVG zu erstatten. Im Falle des § 308 Abs. 3 vorletzter Satz ASVG trete an die Stelle des Anrechnungsbescheides der Antrag des Versicherten. Bei verspäteter Flüssigmachung sei der Überweisungsbetrag mit dem für das Jahr, in dem der Anrechnungsbescheid bzw. der Antrag beim Versicherungsträger einlange, geltenden Aufwertungsfaktor nach § 108c ASVG aufzuwerten. Im vorliegenden Fall sei die Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit 1. Mai 1978 erfolgt; Stichtag sei daher der 1. Mai 1978. Im Jahre 1978 habe die monatliche Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung S 16.800,-- (dies entspreche EUR 1.220,90) betragen. 45 % dieses Betrages ergebe EUR 549,71; 7 % dieser Berechnungsgrundlage ergebe EUR 38,459. Somit errechne sich ein Erstattungsbetrag für zwei Monate in der Höhe von EUR 76,92. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass in § 309 ASVG nicht nur die Aufwertung des Überweisungsbetrages an den Dienstgeber, sondern auch die Aufwertung der erstatteten Beiträge an den Versicherten vorgesehen sei, wies die belangte Behörde darauf hin, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur die Aufwertung des Überweisungsbetrages an den Dienstgeber vorgesehen sei. Der gegenständliche Erstattungsbetrag sei daher zu Recht nicht zum Stand 2002 aufgewertet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach dem diesbezüglich unstrittigen Sachverhalt ist der Beschwerdeführer mit 1. Mai 1978 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis aufgenommen worden, wobei in der Folge die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten einen Überweisungsbetrag an den Bund geleistet hat. In diesem Überweisungsbetrag wurde der Zeitraum vom 23. Mai bis 22. Juni 1962, in dem der Beschwerdeführer ebenfalls in einem pensionsversicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden war, nicht berücksichtigt.

2.1. Gemäß § 308 Abs. 3 ASVG in der vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, geltenden Fassung sind unter bestimmten - im vorliegenden Beschwerdefall unstrittig gegebenen - Voraussetzungen dem Versicherten die Beiträge für vor dem Zeitpunkt der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis liegende Beitragsmonate, welche in der Pensionsversorgung nicht angerechnet wurden, zu erstatten.

Mit Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (vgl. dessen Art. 34 Z. 136 und 164) wurde gemäß § 563 Abs. 1 Z. 4 ASVG § 308 Abs. 3 ASVG mit Wirkung vom 1. Juli 1996 aufgehoben, zugleich jedoch in § 563 Abs. 11 ASVG angeordnet, dass für Personen, die vor dem 1. Juli 1996 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis aufgenommen worden sind, § 308 Abs. 3 in der am 30. Juni 1996 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden ist.

2.2. § 309 ASVG in der bis zum Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 am 1. Juli 1996 geltenden Fassung lautete wie folgt:

"Fälligkeit des Überweisungsbetrages und der Beitragserstattung

§ 309. Der Überweisungsbetrag nach § 308 Abs. 1 ist binnen 18 Monaten nach Einlangen des Anrechnungsbescheides beim zuständigen Versicherungsträger zu leisten. Innerhalb der gleichen Frist sind auch die Beiträge nach § 308 Abs. 3 zu erstatten. Im Falle des § 308 Abs. 3 vorletzter Satz tritt an die Stelle des Anrechnungsbescheides der Antrag des Versicherten. Der Überweisungsbetrag und die Beiträge sind bei verspäteter Flüssigmachung mit dem für das Jahr, in dem der Anrechnungsbescheid bzw. der Antrag beim Versicherungsträger einlangt, geltenden Aufwertungsfaktor nach § 108 c aufzuwerten."

In der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 lautete § 309 ASVG folgendermaßen:

"Fälligkeit des Überweisungsbetrages

§ 309. Der Überweisungsbetrag nach § 308 Abs. 1 ist binnen 18 Monaten nach Einlangen des Anrechnungsbescheides beim zuständigen Versicherungsträger zu leisten. Bei verspäteter Flüssigmachung ist der Überweisungsbetrag mit dem für das Jahr, in dem der Anrechnungsbescheid beim Versicherungsträger einlangt, geltenden Aufwertungsfaktor nach § 108c aufzuwerten."

2.3. Mit der 59. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 1/2002, wurde, um Härtefälle im Hinblick auf geleistete Beiträge zur freiwilligen Höherversicherung und für Schul- bzw. Studienzeiten als Ersatzzeiten hintanzuhalten (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu 834 BlgNR 21. GP, S. 18), in § 308 Abs. 3 ASVG - dessen frühere Fassung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 aufgehoben worden war - wiederum eine Regelung betreffend die Erstattung von Beiträgen an den Versicherten aufgenommen; dies betrifft allerdings nicht die beschwerdegegenständlichen Beiträge, bei denen es sich weder um Beiträge zur Höherversicherung noch um Beiträge für Ersatzzeiten handelt. Zugleich wurde in § 309 ASVG eine Regelung eingefügt, wonach innerhalb der im ersten Satz des § 309 ASVG genannten Frist von 18 Monaten "auch die Beiträge nach § 308 Abs. 3 zu erstatten" sind.

3. Der Beschwerdeführer bezieht sich in seiner Beschwerde auf den Wortlaut des § 309 ASVG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 und macht damit implizit geltend, dass nicht nur - wie im § 563 Abs. 11 ASVG ausdrücklich angeordnet - § 308 Abs. 3 ASVG, sondern auch § 309 ASVG auf den Beschwerdeführer in der am 30. Juni 1996 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden sei.

Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung betreffend die Anwendung des § 309 ASVG in seiner vor Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes geltenden Fassung auf die Erstattung von Beiträgen an Personen, die vor dem 1. Juni 1996 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis aufgenommen worden sind, fehlt. Auch die Gesetzesmaterialien zum Strukturanpassungsgesetz (72 und zu 72 BlgNR 20. GP, S. 249) geben zur Frage der Anwendbarkeit des § 309 ASVG in der bis zum Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 geltenden Fassung keinen Aufschluss.

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass § 309 ASVG in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung heranzuziehen sei und dies dazu führe, dass keine Aufwertung hinsichtlich des hier gegenständlichen Erstattungsbetrages (nach § 308 Abs. 3 ASVG i.d.F. vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996) zu erfolgen habe, kann jedoch nicht geteilt werden:

Die nunmehr in § 309 ASVG i.d.F. BGBl. I Nr. 1/2002 vorgesehene Regelung bezieht sich auf Erstattungsbeiträge nach § 308 Abs. 3 ASVG in der Fassung der 59. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 1/2002; dass in § 309 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 1/2002 keine Regelung betreffend die Aufwertung der Erstattungsbeiträge vorgesehen ist, erklärt sich daraus, dass eine derartige Aufwertungsbestimmung für die zu erstattenden Beiträge nunmehr in § 308 Abs. 3 erster Satz ASVG i.d.F. BGBl. I Nr. 1/2002 enthalten ist.

Für Erstattungsbeiträge nach § 308 Abs. 3 ASVG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 war in § 309 ASVG eine ausdrückliche Aufwertungsregelung enthalten, welche - ebenso wie § 308 Abs. 3 ASVG selbst - durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 aufgehoben wurde. Mit der Übergangsbestimmung des § 563 Abs. 11 ASVG sollte für einen bestimmten Personenkreis weiterhin die Erstattung von Beiträgen, wie sie bis dahin in § 308 Abs. 3 ASVG vorgesehen war, aufrechterhalten und damit die Rechtslage gewissermaßen zu diesem Stichtag "eingefroren" werden.

Dass dabei nur die Bestimmung des § 308 Abs. 3 ASVG zitiert wurde, nicht aber die den konkreten Erstattungstermin und Auszahlungsbetrag näher determinierenden Vorschriften des § 309 ASVG (die in ihrer bisherigen Fassung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 weggefallen waren), kann vor diesem Hintergrund nur als Redaktionsversehen des Gesetzgebers beurteilt werden, zumal ohne Berücksichtigung der in § 309 ASVG (in der vor dem 1. Juli 1996 geltenden Fassung) getroffenen Regelungen über den Aufwertungsbetrag eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Beamten vorliegen würde, die vor dem 1. Juli 1996 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis übernommen wurden, jedoch auf Grund durch sie nicht beeinflussbarer Unterschiede in der Verfahrensdauer die geleisteten Beiträge teils valorisiert, teils aber nicht valorisiert refundiert erhalten würden.

Ausgehend von diesen Überlegungen handelt es sich beim Fehlen einer ausdrücklichen Bezugnahme auf § 309 ASVG in § 563 Abs. 11 ASVG um eine planwidrige Lücke, die durch die Anwendung des § 309 ASVG in der am 30. Juni 1996 in Geltung stehenden Fassung zu schließen ist.

4. Gemäß § 309 ASVG in der im vorliegenden Beschwerdefall daher anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 sind die Erstattungsbeträge binnen 18 Monaten nach Einlangen des Anrechnungsbescheides beim zuständigen Versicherungsträger zu leisten. Ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, dass eine Aufwertung des Erstattungsbetrages gemäß § 309 ASVG in der Fassung vor Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen über den Zeitpunkt des Einlangens des Anrechnungsbescheides beim zuständigen Versicherungsträger zu treffen, sodass die Frage, ob eine verspätete Flüssigmachung des Erstattungsbetrages vorliegt, nicht abschließend beurteilt werden kann.

5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das den Ersatz der Eingabegebühr betreffende Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 7. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080141.X00

Im RIS seit

21.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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