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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine willkürliche Abweisung des Antrags einer Gemeinde auf Aufhebung der bei Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs im Jahr 1978 erteilten, rechtskräftigen Auflage; Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität von grundverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke nicht entscheidungsrelevantSpruch
Die beschwerdeführende Gemeinde ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (im folgenden: LGVK) vom 27.10.1987 wurde gemäß §3 Abs1 lita iVm §7 Abs1 litc Tiroler Grundverkehrsgesetz (im folgenden: TGVG) 1983 die Zustimmung zur Eigentumsübertragung an der Liegenschaft in EZ 772 II KG Landeck an die Stadtgemeinde Landeck unter der Auflage erteilt, daß näher bezeichnete Grundstücke binnen fünf Jahren an einen Selbstbewirtschafter eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes weitergegeben werden. Zur Sicherung der Auflagenerfüllung wurde der Rechtserwerberin gemäß §7 Abs2 TGVG 1983 eine Kaution in der Höhe von S 400.000,-- auferlegt. Dieser Bescheid ist unbekämpft geblieben und somit rechtskräftig geworden. Eine der Auflage entsprechende Weitergabe ist nicht erfolgt.
2. Mit Schreiben vom 16.8.1993 richtete die Stadtgemeinde Landeck das Ersuchen an die LGVK, von den im Bescheid vom 27.10.1987 genannten "Bedingungen" Abstand zu nehmen und von der hinterlegten Kaution in Höhe von S 400.000,-- keinen Gebrauch zu machen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellte die LGVK mit Bescheid vom 27.4.1994 mit näherer Begründung den Verfall der vorgeschriebenen Kaution zugunsten des Landeskulturfonds für Tirol fest.
3. Mit Schreiben vom 12.7.1999 beantragte die Stadtgemeinde Landeck neuerlich, die mit Bescheid vom 27.10.1987 vorgeschriebene Auflage zu beheben. Die Stadtgemeinde benötige dringend landwirtschaftliche Grundreserven, um bei der Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen im Talkessel für öffentliche Zwecke Landwirten entsprechende Tauschflächen anbieten zu können. Überdies würde die Durchsetzung der Auflage für sie auch deshalb eine unbillige Härte darstellen, weil sodann der rechtliche Bestand der Schiabfahrt auf den betreffenden Grundstücken nicht mehr gesichert wäre.
4. Die LGVK wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5.10.2000 als unbegründet ab, da die Stadtgemeinde zum einen nicht ausreichend dargetan habe, daß sie an der Nichterfüllung der Auflage kein Verschulden treffe, und zum anderen auch keine unbillige Härte vorliege, da die Stadtgemeinde über ausreichend andere Tauschflächen verfüge und es ihr hinsichtlich der Schiabfahrt freigestanden wäre, durch eine entsprechende Dienstbarkeit Vorsorge zu treffen.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG), auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs (Art6 StGG) sowie auf Einhaltung der Garantien des Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheids beantragt wird.
6. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Bedenken der beschwerdeführenden Stadtgemeinde entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids, mit dem die nunmehr bekämpfte Auflage vorgeschrieben wurde, stand das TGVG 1983 in Geltung. Gemäß §3 Abs1 lita TGVG 1983 bedurften u.a. Rechtsgeschäfte, die den Erwerb des Eigentums an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück zum Gegenstand haben, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Diese Zustimmung darf gemäß §4 Abs1 leg. cit. nur unter näher genannten Voraussetzungen erteilt werden. §7 Abs1 TGVG 1983 sieht vor, daß zur Sicherung der nach §4 geschützten Interessen die Zustimmung unter bestimmten Auflagen erteilt werden kann.
1.2. Bei Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheids hatte die belangte Behörde das inzwischen erlassene TGVG 1996 anzuwenden. Gemäß §8 Abs3 TGVG 1996 kann die Grundverkehrsbehörde eine Auflage mit Bescheid aufheben, "wenn die Durchsetzung der Auflage für den Verpflichteten auf Grund von Umständen, die ohne sein Verschulden eingetreten sind, eine unbillige Härte bedeuten würde".
2.1. Die beschwerdeführende Gemeinde behauptet zunächst die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechts, da die Vorschreibung der bekämpfen Auflage im Bescheid vom 27.10.1987 unter denkunmöglicher Gesetzesanwendung erfolgt sei. Dadurch, daß die belangte Behörde im nunmehr bekämpften Bescheid an dieser - "ohne Rechtsgrundlage ergangenen" - Auflage "festgehalten" habe, sei sie wiederum denkunmöglich vorgegangen.
2.2. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß die Erteilung der Auflage nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Der beschwerdeführenden Gemeinde wäre es freigestanden, gegen den Bescheid vom 27.10.1987, mit dem die Auflage vorgeschrieben wurde, Rechtsmittel zu ergreifen. Daß sie dies unterlassen hat, gibt ihr nicht das Recht, im Verfahren über die Aufhebung der strittigen Auflage auch deren Erteilung überprüfen zu lassen. Eine willkürliche Vorgehensweise kann der belangten Behörde in diesem Zusammenhang nicht vorgeworfen werden (vgl. auch VfSlg. 15.139/1998).
Daß die Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen des §8 Abs3 TGVG 1996 über die Aufhebung der Auflage in willkürlicher Weise verneint hätte, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet und ist auch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht hervorgekommen. Die Behörde hat auf Basis eines ergänzten Ermittlungsverfahrens über die Aufhebung der rechtskräftigen Auflage entschieden; es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß ihr dabei ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre.
3.1. Eine Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz infolge Inländerdiskriminierung erblickt die beschwerdeführende Stadtgemeinde weiters darin, daß das Genehmigungsverfahren für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gegen "elementare Säulen von Europarecht" verstoße.
3.2. Da es sich im vorliegenden Verfahren um die begehrte Aufhebung einer 1987 rechtskräftig erteilten Auflage handelt, geht die Bezugnahme auf Gemeinschaftsrecht von vornherein ins Leere (vgl. VfSlg. 15.139/1998). Die Frage der grundsätzlichen Gemeinschaftsrechtskonformität von grundverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist in diesem Verfahren nicht entscheidungsrelevant, weshalb die behaupteten Rechtsverletzungen schon deshalb nicht vorliegen können. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das Vorbringen, die belangte Behörde habe die Garantien des Art6 EMRK verletzt, "weil nur der EuGH Europarecht auslegen darf".
4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Gemeinde in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.
5. Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Auflagen Bescheid, EU-Recht, GrundverkehrsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B2179.2000Dokumentnummer
JFT_09989075_00B02179_00