TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/7 2005/08/0113

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Veröffentlicht am 07.09.2005
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §581 Abs1a;
ASVG §8 Abs1 Z4 lita;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §273 Abs6;
GSVG 1978 §276 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Prof. P in I, vertreten durch Fink & Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 19. Mai 2005, Zl. BMSG-229363/0001-II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung in der Unfall- und Krankenversicherung nach § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2; 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer vom 1. Jänner 1998 "bis laufend" in der Kranken- und Unfallversicherung nach "§ 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung", pflichtversichert ist. Gemäß § 273 Abs. 6 GSVG seien freiberufliche tätige bildende Künstler, freiberuflich tätige Pflichtmitglieder der Tierärztekammern und freiberuflich tätige Mitglieder der Österreichischen Dentistenkammer, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und die am 31. Dezember 1999 nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert gewesen seien, nunmehr aber nach den Bestimmungen des GSVG pflichtversichert wären, weiterhin nach den genannten Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert, solange die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung nach den bisherigen Vorschriften begründet habe, weiter ausgeübt werde und keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintrete. Dabei gelte der Anfall einer Pension nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz nicht als Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer als Künstler erwerbstätig sei. Da der Pensionsanfall keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des § 273 Abs. 6 GSVG bewirke, unterliege er nach wie vor dem ASVG. Wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG (gemeint: in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung) sei die Voraussetzung, dass die Tätigkeit als freiberuflich tätiger Künstler den Hauptberuf und die Hauptquelle der Einnahmen bilde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG waren freiberuflich tätig bildende Künstler im Sinne des § 3 Abs. 3 Z. 4 GSVG in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG pflichtversichert. Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 4 GSVG war diese Berufsgruppe in der Pensionsversicherung nach dem GSVG dann pflichtversichert, wenn diese Tätigkeit ihren Hauptberuf und die Hauptquelle ihrer Einnahmen bildete.

Aus Anlass der Einführung einer einheitlichen Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung für alle selbständig erwerbstätigen Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, durch § 2 Abs. 1 Z  4 GSVG in der Fassung des Art. 8 Z. 2 des ASRÄG 1997 (22. Novelle zum GSVG) wurde § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG durch Art. 7 Z. 20 des ASRÄG 1997 (54. Novelle zum ASVG), BGBl. I Nr. 139, im Zuge einer Neuregelung der Pflichtversicherung für Zivildienstleistende in einer neuen Z. 4 dieser Bestimmung der Sache nach aufgehoben, wobei diese Änderung gemäß § 572 Abs. 1 Z. 3 ASVG in der Fassung der 54. Novelle zum ASVG mit 1. Jänner 2000 in Kraft getreten ist. Weiterhin im ASVG geregelt blieb die Teilversicherung in der Unfallversicherung, nunmehr aber hinsichtlich des gesamten von § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG erfassten Personenkreises (§ 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG in der Fassung des ASRÄG 1997).

Gemäß § 273 Abs. 6 GSVG in der Fassung der 22. Novelle zum GSVG (Art. 8 des ASRÄG 1997) blieben aber unter anderem freiberuflich tätige bildende Künstler, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und die am 31. Dezember 1999 nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes pflichtversichert gewesen sind, nunmehr aber nach den genannten Vorschriften dieses Bundesgesetzes pflichtversichert wären, weiterhin nach den Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert, solange die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung nach den bisherigen Vorschriften begründet hat, weiter ausgeübt wird und keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintritt. Dabei gilt der Anfall einer Pension nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz nicht als Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes.

Der Pflichtversicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG wurde allerdings "für Kunstschaffende" (nach einer Änderung durch Z. 114 der 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, "für Personen hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Kunstschaffende" - gemäß § 276 Abs. 1 Z. 6 GSVG rückwirkend in Kraft gesetzt mit 30. Dezember 1997) gemäß § 273 Abs. 3a GSVG in der Fassung der 22. GSVG-Novelle (Art. 8 des bereits erwähnten ASRÄG 1997) erst mit 1. Jänner 2000 wirksam. Der Ausdruck "1. Jänner 2000" wurde durch Z. 6a der 24. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 175/1999, ausgegeben am 19. August 1999, durch den Ausdruck "1. Jänner 2001" ersetzt.

Das Wirksamwerden des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG für Künstler wurde also im Jahre 1999 durch die 24. GSVG-Novelle um ein Jahr hinausgeschoben. Gleichzeitig wurde parallel dazu in § 581 Abs. 1a ASVG in der Fassung der 57. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 173/1999, angeordnet, dass u.a. die in § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung genannten freiberuflich tätigen bildenden Künstler bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 nach den für sie jeweils geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes pflichtversichert bleiben sollten.

Aus diesen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ergibt sich kurz zusammengefasst, dass freiberuflich tätige bildende Künstler, die bis zur Aufhebung des § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG nach dieser Bestimmung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG pflichtversichert gewesen sind, nach den Bestimmungen des ASRÄG 1997 hinsichtlich der Krankenversicherung - zunächst mit 1. Jänner 2000, schließlich mit 1. Jänner 2001 - in den Geltungsbereich des GSVG übergeführt werden sollten, wobei dies gemäß § 276 Abs. 6 GSVG jedoch für bisher nach dem ASVG Pflichtversicherte solange nicht gilt, als diese die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung nach den bisherigen Vorschriften begründet hat, weiter ausüben und keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintritt, wobei ein Pensionsanfall nicht als solche gilt. Als eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts käme insbesondere in Betracht, dass die weiterhin ausgeübte künstlerische Tätigkeit nicht mehr den Hauptberuf und die Hauptquelle der Einnahmen bildet (vgl. die in § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG enthaltene Verweisung auf den seinerzeitigen § 3 Abs. 3 Z. 4 GSVG).

Durch diese legistische Entwicklung war für Kunstschaffende, deren Beschäftigung unverändert fortdauerte und den Hauptberuf sowie die Hauptquelle der Einnahmen bildete, im Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2000 die Pflichtversicherung in der Unfall- und Krankenversicherung nach dem ASVG doppelt angeordnet (nämlich einmal im ASVG: § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a bzw. ab 1. Jänner 2000 in § 581 Abs. 1a ASVG, und ein weiteres Mal in § 276 Abs. 6 GSVG), ab 1. Jänner 2001 beruht die Fortdauer dieser Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung für die Dauer unveränderter tatsächlicher Verhältnisse (und ungeachtet eines allfälligen Pensionsanfalls) nur mehr auf § 273 Abs. 6 GSVG, wobei sich selbst im Falle der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung ergeben würde: sie bestünde weiterhin nach dem ASVG (§ 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG).

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass sich in seinen für diese Versicherungspflicht maßgeblichen Verhältnissen etwas geändert hätte. Der einzige in der Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobene Einwand des Beschwerdeführers besteht darin, dass für die Weitergeltung des § 8 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG eine Übergangsregelung im ASVG erforderlich sei, weil die Bestimmungen des GSVG (insbesondere § 273 Abs. 6 GSVG) eine Weitergeltung der entsprechenden Bestimmungen des ASVG "über das im ASVG verfügte Außerkrafttretensdatum ... 31. Dezember 2000 hinaus" nicht zu bewirken vermöchten.

Dieses Argument vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen. Ein solcher "Inkorporationszwang", der zur Aufnahme der Fortgeltungsanordnung in das von der Fortgeltung betroffene Gesetz zwänge, besteht nämlich nicht: Keine Norm des Bundesverfassungsrechtes verwehrt es dem Bundesgesetzgeber, die Weitergeltung von Vorschriften eines Bundesgesetzes (ASVG), die in dem betreffenden Bundesgesetz aufgehoben wurden, in einem anderen Bundesgesetz (GSVG) - als Ausnahmebestimmung zu der nunmehr auch für selbständige Künstler bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG - wieder anzuordnen. Dabei kommt dem Umstand, dass beide Änderungen im Grundsatz hier sogar auf einem einheitlichen Gesetzesbeschluss (nämlich dem zum ASRÄG 1997, einem sogenannten "Sammelgesetz") beruhen, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Eine solche Vorgangsweise mag als legistisch unschön oder auch unzweckmäßig zu beurteilen sein, sie ist aber innerhalb jener Grenzen, die vom Rechtsstaatsgebot gesetzt werden, so lange nicht unzulässig (und damit verfassungswidrig), als zur Feststellung der Rechtslage weder "geradezu archivarischer Fleiss" (vgl. zum noch zahlreichere Gesetzesänderungen enthaltenden Budgetbegleitgesetz 2001 VfSlg. 16381/2001 unter Hinweis auf VfSlg. 3130/1956), noch "subtile Sachkenntnis, außerordentliche methodische Fähigkeiten und eine gewisse Lust am Lösen von Denksport-Aufgaben" (vgl. VfSlg. 12420/1990) vonnöten sind. Dies ist hier zumindest für die Ermittlung der für den Beschwerdeführer geltenden Rechtslage nicht der Fall.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Wien, am 7. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005080113.X00

Im RIS seit

14.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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