TE OGH 1987/5/14 13Os61/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ewald P*** und Daniela H*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ewald P*** gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau als Schöffengerichts vom 18.September 1986, GZ 10 c Vr 245/84-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 6.März 1942 geborene Angestellte Ewald P*** ist des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (A) und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z. 1 und 2 StGB, teilweise "in Form der Beteiligung nach § 12, 3. Alt. StGB", was aber (Einheitstäterschaft) gleichgültig ist (13 Os 114/86; B und C), schuldig erkannt worden. Diese Schuldsprüche betreffen teilweise auch seine Mitangeklagte Daniela H***.

Darnach haben Daniela H*** (u.a.) und Ewald P*** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche diese in einem 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar: am 17.August, 1.September und 30.November 1982 in Reichenthal Angestellte des Möbelhauses M***, indem Ewald P*** seine Zahlungsunfähigkeit verschwieg und beide sich als zahlungsfähige und zahlungswillige Käufer zu den üblichen Bedingungen - Zahlung 8 Tage nach Lieferung - ausgaben, zur Lieferung von Geschäftseinrichtungen und Möbeln für eine private Wohnungseinrichtung im Wert von zusammen 223.704 S zum Nachteil des Karl M*** (A 1); ferner an einem nicht mehr feststellbaren Tag gegen Ende Jänner 1983 in Zwettl die Erika S***, eine Angestellte der Daniela H***, durch die Zusage, sie werde Leiterin einer neu zu errichtenden Filiale in Horn werden, sie könnten einen derzeit dringend notwendigen Kredit nicht aufnehmen, weil sie um einen Gewerbekredit angesucht hätten (welcher in Wirklichkeit bereits abgelehnt worden war), der neben einem weiteren Kredit nicht genehmigt würde, in ein bis zwei Monaten werde der Gewerbekredit bewilligt und dann würde sofort Rückzahlung geleistet werden, wobei beide Angeklagten ihre Zahlungsunfähigkeit verschwiegen, zur Aufnahme eines Kredits von 100.000 S und zur Übergabe dieser Barschaft in zwei Teilbeträgen von 70.000 S und 30.000 S (abzüglich 12.000 S für Lebensversicherung und Vermittlungsbüro) an Daniela H*** und Ewald P***; Schaden 100.000 S (A 2); des weiteren in Wien Angestellte der Ö*** G*** DES L***

E*** reg.Gen.m.b.H. durch Verschweigen ihrer Zahlungsunfähigkeit und durch Ausstellung ungedeckter Schecks zur Auslieferung von Blumen und floristischen Waren, nämlich, am 26. April 1983 im Wert von 1.410 S, am 27.April 1983 im Wert von 4.936 S und am 29.April 1983 im Wert von 7.940,43 S (A 3). Ewald P*** hat ferner in Zwettl zur Tat der Daniela H*** - diese hat in Zwettl als Schuldnerin mehrerer Gläubiger von Mai bis spätestens Ende Dezember 1982 fahrlässig ihre Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt, daß sie für die Eröffnung eines Blumengeschäfts zu wenig Eigenkapital hatte, im Geschäft zu viele Angestellte mit mangelnder Ausbildung in dieser Branche beschäftigte, selbst weder kaufmännisches noch buchhalterisches Wissen in ausreichendem Maß hatte und unverhältnismäßig Kredit benutzte (B 1 a) und von Ende Dezember 1982 bis 7.Februar 1984 in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger in einem Betrag von insgesamt mehr als 2 Millionen Schilling, insbesondere dadurch vereitelt oder geschmälert, daß sie neue Schulden einging, Schulden zahlte und das Ausgleichsverfahren oder die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte (B 1 b) - dadurch beigetragen, daß er als ihr Handlungsbevollmächtigter, Finanzberater und Geschäftsführer auftrat und mit ihrer Zustimmung einen großen Teil der ihr Blumengeschäft betreffenden Geschäfte selbst abschloß (B 2).

Ewald P*** hat schließlich allein als Schuldner mehrerer Gläubiger in der Zeit bis Mai 1981 in Saalfelden und Zell am See fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt, daß er übermäßigen Aufwand trieb und leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzte (C 1), und ab etwa Mai 1981 bis Anfang 1985 mit Ausnahme der Zeit vom 18.September bis 16. November 1984 in Zwettl und andernorts in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt bzw. geschmälert, indem er neue Schulden einging, Schulden zahlte und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte (C 2).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Ewald P*** ficht den ihn betreffenden Teil des Urteils aus § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a und 11 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde an.

Die Verfahrensrüge (Z. 4) erblickt eine Verkürzung von Verteidigungsrechten in der Abweisung des Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des Heinrich C***, des Schwiegervaters des Angeklagten, vor dem erkennenden Gericht zur Gegenüberstellung mit dem Angeklagten (II S. 244, 245; siehe auch II S. 129, 190, 219, 220). Das Gericht hatte vor der Antragstellung in der Hauptverhandlung am 18.September 1986 gemäß § 252 Abs 1 Z. 1 StPO die Niederschrift über die am 4.Juli 1986 vor dem Bezirksgericht Engelhartszell abgelegte Zeugenaussage des Heinrich C*** (ON. 60) verlesen (II S. 241). Darnach hat der Zeuge entgegen der Verantwortung des Angeklagten keine Finanzierungszusage für den Möbelkauf bei der Firma M*** (A 1) abgegeben (II S. 235, 236). Zu dieser Zeugenvernehmung vor einem Rechtshilfegericht war es gekommen, weil Heinrich C*** einer ärztlichen Bestätigung vom 7.Juni 1986 zufolge einer Vorladung zur Hauptverhandlung für den 12.Juni 1986 wegen einer akuten Erkrankung nicht Folge leisten konnte und sich überhaupt in einem Gesundheitszustand befand, nach dem ihm eine weitere Anreise medizinisch nicht zugemutet werden konnte (II S. 205). Eine weitere ärztliche Bestätigung vom 8.September 1986 belegt die Unfähigkeit des Heinrich C***, einer Vorladung zur Hauptverhandlung für den 18. September 1986 Folge zu leisten, weil ihm sein nicht gebessertes chronisches Leiden eine Zureise nach Krems an der Donau verwehre (II S. 237). Es waren daher, wie der Schöffensenat zutreffend erkannte, die Voraussetzungen des § 252 Abs 1 Z. 1 StPO für eine Verlesung des Protokolls über die vor dem Rechtshilfegericht abgelegte Zeugenaussage gegeben (II S. 245; siehe auch im Urteil II S. 287, 288, 289).

Die Mängelrüge (Z. 5) erschöpft sich unter wörtlicher Zitierung von Passagen aus den Urteilsgründen, soweit diese für den Schuldspruch überhaupt relevant sind, in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung. Im einzelnen ist diesem Vorbringen zu erwidern:

Daß der Angeklagte seine Zahlungsunfähigkeit auch durch einen aufwendigen Lebenswandel und übermäßige Inanspruchnahme von Krediten herbeigeführt hat, ist im Akteninhalt gedeckt. Das Schöffengericht hat konkret nicht nur auf die Kreditaufnahme beim Bankhaus S*** hingewiesen, sondern auch auf die Anmietung einer relativ teuren Wohnung in Zell am See, verschiedene Investitionen und eine Fahrzeughaltung trotz drückender Verschuldung (II S. 260, 261). Ganz ausführlich hat sich das Gericht mit der Stellung und Tätigkeit des Angeklagten im Blumenhandel der Daniela H*** befaßt und, eingehend begründet, festgestellt, daß der Nichtigkeitswerber dort als "Handlungsbevollmächtigter, Finanzberater und Geschäftsführer" aufgetreten ist (II S. 251, 252, 263, 270, 281 ff.). Seine Beitragstäterschaft zur fahrlässigen Krida der Mitangeklagten (B 2) ist daher auf einer durchaus tragfähigen Grundlage bejaht worden.

Wenn die Beschwerde weiters die gemeinsame Bestellung von Möbeln bei der Firma B*** in Krems an der Donau u.a. durch die beiden Angeklagten als im Akteninhalt nicht gedeckt bestreitet, ignoriert sie die Argumentation des Schöffensenats, wonach auch der Angeklagte P*** von der Lieferfirma erfolgreich gerichtlich belangt wurde, was (schon allein) dessen strafrechtliche Mitverantwortung verdeutliche (II S. 264, 265, 285).

Es ergibt sich auch mit aller Klarheit, daß der Angeklagte P*** nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Daniela H*** (spätestens Ende 1982; II S. 264 unten) noch weitere Geschäfte in deren Blumenhandel abgeschlossen hat; dies kann schon im Hinblick auf die Tatzeiten zu A 3 füglich nicht bestritten werden. Worin ein Widerspruch zwischen den Konstatierungen bestehen soll, daß die Angeklagten ab August 1982 in Kenntnis ihrer damals schon katastrophalen Vermögens- und Einkommenslage waren (II S. 267 unten) und die Angeklagte H*** zu Ende des Jahrs 1982 Kenntnis von ihrer Zahlungsunfähigkeit hatte (II S. 264, 266), bleibt unerfindlich. Zudem wurde die Bestellung der Möbel bei der Firma M*** keinem der Fälle der fahrlässigen Krida (§ 159 Abs 1 Z. 1 oder Z. 2 StGB) zugeordnet, sondern als Betrug qualifiziert (A 1), wo bei fehlendem Zahlungswillen die Zahlungs(un)fähigkeit keine entscheidende Rolle spielt. Zu Recht weist das Gericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung darauf hin, daß beim Betrug selbst das vorsätzliche Verschweigen der Zahlungsunfähigkeit oder des mangelnden Zahlungswillens bei Abschluß eines Kreditgeschäfts eine Täuschung des Geschäftspartners über essentielle Geschäftsvoraussetzungen bewirken kann (II S. 294). Selbst wenn bei den betrugsgegenständlichen Kreditgeschäften nicht ausdrücklich über die Zahlungsfähigkeit und den Zahlungswillen der Kreditnehmer gesprochen worden sein sollte, beträfe dies daher keine entscheidende Tatsache. Auch wenn der Angeklagte P*** die Möbel bei der Firma M*** (A 1) nicht persönlich für sich bestellt hat, war er doch bei der Bestellung durch die Mitangeklagte H*** zugegen und hat im vollen Bewußtsein der Sach- und Rechtslage am betrügerischen Geschäftsabschluß mitgewirkt. Diese auf seine Mittäterschaft im Faktum A 1 hinweisenden Feststellungen (II S. 267 ff.) werden von der Beschwerde vollends ignoriert. Weshalb der Ausspruch, daß die Angeklagten allein seit der Übersiedlung nach Zwettl ohne Vorschulden (gemeint solche aus der Zeit vor dem Umzug dorthin) bereits Verbindlichkeiten von mehreren 100.000 S hatten, in sich widersprüchlich sein soll (II S. 269 unten, 313 unten), ist nicht einzusehen.

Völlig in eine Anfechtung der Beweiswürdigung verfällt die Beschwerde, wenn sie die Konstatierungen über die Vorstellungen der Zeugin Erika S*** betreffend die Rollen der beiden Angeklagten im Blumenhandel als aktenwidrig und widersprüchlich bekämpft. Mag auch der Zeugin S*** die Angeklagte H*** sogleich als Inhaberin des Blumengeschäfts vorgestellt worden sein, so hat sie sich doch den Angeklagten P*** als in leitender Funktion darin gedacht (II S. 158), was die Beschwerde geflissentlich übergeht (II S. 314). Auch das fallweise Auftreten eines Vollstreckers vermag für sich allein noch keine unbedingt richtigen Einsichten in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu eröffnen. Ob man im Kreditvermittlungsbüro, welches das von S*** aufzunehmende Darlehen beschaffte, "offenbar" schon vorher durch P*** instruiert worden war oder nicht, ist hier nicht entscheidend, weil das nur die allfällige strafrechtliche Mithaftung anderer berühren, nicht aber die Angeklagten entlasten könnte.

Schließlich hat das Schöffengericht die Mitwirkung des Angeklagten P*** an der betrügerischen Herauslockung von Blumen und floristischen Waren (A 3) in subjektiver Hinsicht (anders als die seiner Mitangeklagten H*** auf einen bloß bedingten Vorsatz gegründet und daher im Rahmen der Beweiswürdigung von einem durch den Angeklagten P*** sehr hoch eingeschätzten Risiko gesprochen, daß die zur Zahlung hingegebenen Schecks ungedeckt waren, mit dem er sich auch abgefunden hat (II S. 274, 275, 279, 290, 291). Alles, was die Beschwerde gegen ein Wissen des Beschwerdeführers von der mangelnden Deckung der Schecks vorbringt, zielt daher ins Leere. Die gegen den Schuldspruch ergriffene Rechtsrüge (Z. 9 lit a) bringt aktenwidrig vor, daß sich das Urteil in der rechtlichen Beurteilung auf die Wiedergabe der verba legalia beschränke. Gerade das von der Beschwerde besonders herausgegriffene Wort "zweifellos" (II S. 317), aus dem bisweilen eine Unsicherheit bei Tatsachenfeststellungen erkennbar sein mag, bleibt im Rahmen einer nachprüfenden rechtlichen Beurteilung ohne praktische Auswirkung. Soweit sie den Strafausspruch bekämpft, reklamiert die Rechtsrüge (Z. 11) im Hinblick auf eine letzte Verurteilung des Angeklagten P*** durch das Kreisgericht Krems an der Donau vom 17. Jänner 1983 (10 E Vr 1000/82) "zumindest hinsichtlich des Faktums 'fahrlässige Krida' bis zum Jahr 1983 lediglich eine Zusatzstrafe" (II S. 318). Damit wird aber nur ein Berufungsgrund geltend gemacht. Im übrigen ist Voraussetzung für die Anwendung des die Verhängung einer Zusatzstrafe normierenden § 31 StGB, daß alle im neuen Erkenntnis zur Aburteilung gelangenden Straftaten vor der Fällung des früheren Urteils, das gemäß § 31 StGB zu berücksichtigen ist, begangen worden sind (Leukauf-Steininger 2 RN 12 zu § 31 StGB). Das aber ist hier unbestrittenermaßen nicht der Fall.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E11063

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00061.87.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19870514_OGH0002_0130OS00061_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten