TE OGH 1987/5/21 8Ob578/87

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Veröffentlicht am 21.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 28. Oktober 1983 verstorbenen Anna Gertraud L***, infolge Revisionsrekurses des erblasserischen Witwers Dr. Otto L***, Arzt i.R., Leisbach 13, 9074 Keutschach, vertreten durch Dr. Manfred Haslinglehner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 10. April 1987, GZ 1 R 194/87-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. März 1987, GZ 1 A 1065/83-29, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. August 1984, 1 A 1065/83-7, wurde der in Österreich gelegene Nachlaß der am 28. Oktober 1983 verstorbenen Gertraud L*** (auch Anna Gertraud L***) aufgrund des Erbvertrages vom 24. April 1969 dem erblasserischen Witwer Dr. Otto L*** zur Gänze eingeantwortet. Nach dem Inhalt dieses Erbvertrages sollten für den Fall des Todes oder der Wiederverheiratung des erblasserischen Witwers die erlasserischen Kinder Dr. Silvia H***, Karl-Michael L*** und Markus L*** Nacherben zu gleichen Teilen sein und dem Witwer der lebenslängliche unentgeltliche Nießbrauch am Nachlaß zustehen. Nachdem sich der erblasserische Witwer im Sommer 1985 wieder verheiratet hatte, brachten die erblasserischen Kinder im Zuge der Substitutionsabhandlung vor, das im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer Mutter errichtete Inventar sei unvollständig. So seien Schmuckgegenstände entsprechend der im Safe Nr. 95 der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Klagenfurt erliegenden Liste vom 26. Dezember 1983, im Depot Nr. 410, 320 5975 der Bayrischen Vereinsbank, Filiale Bad Reichenhall, erliegende Wertpapiere im Wert von S 93.697,70 und in einem Depot der Reichenhaller Volksbank, dessen Nummer nicht bekannt sei, erliegende unbekannte Wertpapiere nicht berücksichtigt worden. Insoweit wäre das Inventar zu ergänzen.

Der erblasserische Witwer sprach sich gegen die Ergänzung des Inventars aus, weil die Gegenstände nicht in den Nachlaß gehörten. Nachdem der Beschluß des Erstgerichtes vom 25. Juni 1986 (ON 21 d.A.), mit dem die Ergänzung des Inventars angeordnet und dem erblasserischen Witwer aufgetragen worden war, die Inventur und Schätzung des nachträglich hervorgekommenen Vermögens zu ermöglichen, vom Rekursgericht aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen worden war (ON 25 d.A.) ordnete das Erstgericht die Schätzung der im Safe Nr. 95 der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Klagenfurt verwahrten und in der dem Beschluß beigelegten Liste vom 26. Dezember 1983 angeführten Schmuckstücke an; außerdem trug es dem erblasserischen Witwer auf, diese Schmuckstücke dem Sachverständigen Walter K*** zur Schätzung vorzulegen. Bei einem Antrag auf Durchführung einer Nachtragsabhandlung sei es Sache der Antragsteller, zu bescheinigen, daß die Gegenstände, die in die Abhandlung nachträglich einbezogen werden sollten, tatsächlich Nachlaßvermögen seien. Zu der zum Zwecke dieser Bescheinigung anberaumten Tagsatzung seien die Nacherben nicht erschienen. Damit sei den Nacherben bloß die Bescheinigung gelungen, daß die in dem genannten Depot der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Klagenfurt liegenden Schmuckstücke zur Gänze und das bei der Bayrischen Vereinsbank, Filiale Bad Reichenhall, bestehende Depot zur Hälfte in den Nachlaß fielen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des erblasserischen Witwers nicht Folge. Daß die in der Liste vom 26. Dezember 1983 angeführten Schmuckstücke in den Nachlaß fielen, erscheine durch die vom Rekurswerber am 7. April 1984 vor dem Gerichtskommissär abgegebene Erklärung ausreichend bescheinigt, wonach es richtig sei, daß die Erblasserin "die im Verzeichnis der Wertgegenstände im Safe Nr. 95 bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Klagenfurt unter Schmuck (Gertraud) verzeichneten Wertgegenstände" hinterlassen habe. Daran vermöge der Umstand nichts zu ändern, daß die Noterben der Vorladung des Gerichtskommissärs nicht Folge geleistet hätten. Sie hätten dem Gerichtskommissär gegenüber die entsprechende Behauptung aufgestellt, und der Rekurswerber habe diese Behauptung dem Gerichtskommissär gegenüber als richtig zugestanden. Bei der Lösung der Frage, ob die im Depot der Ersten Österreichischen Spar-Casse in Klagenfurt liegenden Schmuckstücke der Erblasserin ein vorher nicht bekanntes Verlassenschaftsvermögen darstellten, sei entgegen der Meinung des Rekurswerbers nicht auf die subjektive Kenntnis der Beteiligten abzustellen, sondern auf die objektive Tatsache, daß das Verlassenschaftsvermögen dem Abhandlungsgericht unbekannt gewesen sei. Richtig sei also, daß eine Nachtragsabhandlung nur stattzufinden habe, wenn ein vorher nicht bestimmtes Vermögen aufgefunden werde, was etwa dann nicht der Fall sei, wenn ein Nachlaßgegenstand zwar in der Todfallsaufnahme, nicht aber im eidesstättigen Vermögensbekenntnis (oder im Inventar) genannt sei (in welchem Fall der die Nachtragsabhandlung Begehrende auf den Rechtsweg zu veweisen wäre), wohl aber dann zutreffe, wenn dem Abhandlungsgericht das aufgefundene Vermögen nicht bekannt gewesen sei. Abgesehen davon habe nach der Aktenlage lediglich der Nacherbe Karl-Michael L*** Kenntnis von den Schmuckstücken gehabt, nicht aber auch die beiden anderen Nacherben, sodaß schon im Hinblick auf diese eine Nachtragsabhandlung erforderlich sei.

Die Frage, ob eine bestimmte Sache im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz gewesen sei und daher in das Inventar aufzunehmen sei, sei vom Abhandlungsgericht - ohne Verweisung auf den Rechtsweg - unter Umständen in einem förmlichen Beweisverfahren soweit zu klären, als dies mit den Mitteln des außerstreitigen Verfahrens möglich sei (EvBl. 1967/216, NZ 1969, 120, EFSlg. 42.425, 44.736, 44.740, 47.312 ua). Die Aufnahme einer Sache in das Inventar habe für die Frage des Eigentums und die allenfalls im Prozeßweg vorzunehmende Pflichtteilsberechnung keinen Einfluß (EFSlg. 47.318, 37.324). Es werde also weder durch die Aufnahme noch durch die Nichtaufnahme einer Sache in das Inventar in die Rechte der Erben eingegriffen (EFSlg. 25.969, 47.339 ua). Werde von Dritten Eigentum an bestimmten Sachen, die sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz befunden hätten, behauptet, sei dieses Recht aber nicht klar, dann sei die betreffende Sache gemäß § 97 AußStrG in das Inventar unter Angabe ihres Wertes aufzunehmen (EFSlg. 47.315), sie sei nur dann nicht zu bewerten, wenn das Eigentumsrecht des Dritten (der auch der Erbe sein könne) klar erscheine, also durch Urkunden bewiesen werde (EFSlg. 37.439). Solange die Zugehörigkeit einer Sache zum Nachlaß (also der Besitz des Erblassers daran) strittig sei, sei sie nicht in das Inventar aufzunehmen (EFSlg. 42.427). Über all diese Fragen habe das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluß jedoch noch nicht entschieden. Es habe lediglich die Vornahme der Inventur angeordnet und dem Rekurswerber als Erben aufgetragen, die Durchführung der Inventur zu dulden. Das Erstgericht habe nur das "Vorhandensein" der im angefochtenen Beschluß angeführten Schmuckgegenstände als bescheinigt angesehen, jedoch nicht festgestellt, daß sie sich im Besitz der Erblasserin befunden hätten oder daß sie in das Inventar aufzunehmen seien.

Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des erblasserischen Witwers, der unzulässig ist. Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte, ist der Revisionsrekurs nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit zulässig (§ 16 AußStrG). Das Rechtsmittel stützt sich ausdrücklich bloß auf den Beschwerdegrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Es sei unbestritten, daß eine nachträgliche Verlaßabhandlung angeordnet worden sei. Die Ansicht der Vorinstanzen, daß die Ergänzung des Inventars und die Schätzung der in dem genannten Safe verwahrten erblasserischen Schmuckstücke anzuordnen sei, widerspreche aber dem klaren Gesetzestext des § 179 AußStrG. Dieser Paragraph besage, daß, wenn nach erfolgter Einantwortung ein vorher nichtbekanntes Verlaßvermögen aufgefunden werde, nachträglich die erforderliche Abhandlung darüber vorzunehmen sei. Dies sei hier nicht der Fall. Der Rechtsmittelwerber wehre sich gegen die Ansicht der Vorinstanzen, hier nur unnötige, durch nichts gerechtfertigte Kosten aufwachsen zu lassen.

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich unrichtige rechtliche Beurteilung nicht dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit gleichzusetzen ist, so macht der Revisionsrekurswerber mit diesen Ausführungen inhaltlich doch diesen Anfechtungsgrund geltend, was nach ständiger Rechtsprechung an sich genügt (SZ 46/107; EFSlg. 49.929 ua). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes allerdings nur dann vor, wenn die zu beurteilende Frage im Gesetz so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 46/98; EFSlg. 37.388, 47.208 ua). Nach § 179 Abs. 1 AußStrG ist eine Nachtragsabhandlung dann vorzunehmen, wenn nach erfolgter Einantwortung ein "vorher nicht bekanntes Verlassenschaftsvermögen" aufgefunden wird. Was unter dem "vorher nicht bekannten" Verlassenschaftsvermögen zu verstehen ist, bestimmt das Gesetz weder ausdrücklich noch sonst so eindeutig, daß über die Absicht des Gesetzgebers kein Zweifel aufkommen kann. Die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung dieser Gesetzesstelle ist daher nicht offenbar gesetzwidrig (vgl. die zu der ähnlichen Bestimmung des § 179 Abs. 2 AußStrG ergangene Entscheidung NZ 1984, 129). Da somit der inhaltlich geltend gemachte Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht gegeben ist und auch kein anderer der im § 16 Abs. 1 AußStrG normierten Rechtsmittelgründe vorliegt, mußte der Revisionsrekurs zurückgewiesen werden.

Anmerkung

E11001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00578.87.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19870521_OGH0002_0080OB00578_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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