TE OGH 1987/6/4 8Ob575/87

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Veröffentlicht am 04.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Martha H***, Hausfrau, Ludwig Thoma-Straße 36, D-8031 Puchheim, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die Antragsgegner 1.) Walter P***, Arbeiter, Josef Bichler-Straße 9, 3107 St. Pölten-Viehofen, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Rechtsanwalt in St. Pölten, und 2.) Helmut F***, Angestellter, Ausstellungsstraße 31/5, 1020 Wien, wegen Benützungsregelung infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 27. Februar 1987, GZ R 108/87-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 16. Dezember 1986, GZ 1 Nc 180/84-25, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 493 KG Viehofen, und zwar Helmut F*** zur Hälfte und die Antragstellerin sowie Walter P***, die Geschwister sind, je zu einem Viertel. Auf der Liegenschaft befindet sich ein Doppelwohnhaus mit der Bezeichnung Josef Bichler-Straße Nr. 7 und Josef Bichler-Straße Nr. 9. Die Räume des Hauses

Josef Bichler-Straße Nr. 7 werden infolge einer Benützungsvereinbarung ausschließlich von Helmut F*** und

seiner Familie benützt.

Mit dem am 13. Dezember 1984 gegen Walter P*** und Helmut F*** erhobenen Antrag begehrte Martha H***,

hinsichtlich des Hauses Josef Bichler-Straße Nr. 9 im Sinne des § 834 ABGB eine Benützungsregelung dahingehend zu treffen, daß etwa eine Hälfte des zur Verfügung stehenden Wohnraumes dem Erstantragsgegner und die andere Hälfte ihr zur Benützung überlassen werde. Hinsichtlich des Hauses Josef Bichler-Straße Nr. 9 bestehe keine Benützungsvereinbarung. Walter P*** habe große Teile dieses Hauses in Besitz genommen und weigere sich, diese Räumlichkeiten zu räumen. P*** gestatte ihr die Benützung von lediglich zwei Räumen; dies entspreche jedoch nicht den Miteigentumsverhältnissen. Da der Erstantragsgegner die Teilung der Liegenschaft durch Zivilteilung verweigere, sei sie gezwungen, die begehrte Benützungsregelung zu stellen.

Walter P*** beantragte die Abweisung des Antrages. Es liege hinsichtlich des Hauses Nr. 9 eine konkrete Benützungsregelung vor. Er habe nämlich mit Zustimmung der Antragstellerin im Jahre 1963 einen Zubau in der Form errichtet, daß er zu den vorhandenen drei Räumen ein ganzes Haus dazugebaut habe. Die Antragstellerin sei damit einverstanden gewesen, daß er mit seiner Familie den Zubau allein benützen könne. Obwohl der Antragstellerin an den im Altbau vorhandenen drei Räumen die Benützung von bloß 1 1/2 Räumen zustehe, habe er ihr entgegenkommenderweise die Benützung von zwei Räumen gestattet.

Mit Beschluß vom 18. März 1985 wies das Erstgericht den Antrag zurück. Da die Antragstellerin die Benützung des gesamten Zubaues sowie des Kellers, des Dachbodengeschoßes und eines Zimmers des Altbaues durch den Erstantragsgegner seit etwa 20 Jahren geduldet habe, liege eine stillschweigende Benützungsregelung vor, weshalb Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges gegeben sei (ON 7 dA). Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Antragstellerin dagegen erhobenen Rekurs Folge und hob den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf. Bei Beurteilung der Frage, ob der Außerstreitrichter wegen Benützungsregelung angerufen werden könne, komme es nicht darauf an, was die Antragsgegner einwenden oder was im Außerstreitverfahren festgestellt worden sei, sondern nur darauf, worauf der Antragsteller seinen Antrag gegründet habe. Nach dem Vorbringen und dem Antrag der Antragstellerin wolle sie eine rechtsgestaltende Regelung der Benützung der gemeinschaftlichen Sache für die Zukunft erreichen und Abhilfe gegen eigenmächtiges Verhalten des Erstantragsgegners schaffen. Der Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen widerrechtlichen Maßnahme eines Miteigentümers sei nur dann im streitigen Verfahren geltend zu machen, wenn damit keine Dauerregelung, die einer Benützungsregelung gleichkomme, angestrebt werde. Sei das Ausmaß der Benützung der gemeinsamen Sache strittig, sei selbst ein solches Räumungsbegehren im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Selbst wenn nun teils eine Vereinbarung der Miteigentümer und teils eine faktische Benützung bestimmter Liegenschaftsteile in ihrer Gesamtheit die Grundlagen für die Benützung einer einen einheitlichen Komplex darstellenden Liegenschaft bildeten, dann müßte bei einer wesentlichen Änderung der Umstände die Anordnung einer Änderung der Liegenschaftsbenützung in ihrer Gesamtheit dem Außerstreitrichter vorbehalten sein. Eine solche Änderung sei nach dem Vorbringen der Antragstellerin insofern gegeben, als ein Teil der gemeinsamen Liegenschaft von ihren Eltern benützt worden sei, die jedoch verstorben seien.

Im fortgesetzten Verfahren präzisierte Martha H*** ihren Antrag unter Vorlage eines Grundrisses des Hauses dahin, daß ihr fünf bestimmt bezeichnete Räume (im Altbau) zur alleinigen Benützung, ein Vorraum zur Mitbenützung mit dem Erstantragsgegner und die restlichen Räume (des Zubaues) dem Erstantragsgegner zur ausschließlichen Benützung zugewiesen werden. Hilfsweise begehrte sie die Festsetzung eines dem ortsüblichen Mietzins entsprechenden Entgelts.

Demgegenüber erklärte der Erstantragsgegner, die Antragstellerin könne die beiden südseitig gelegenen Räume ohnedies jederzeit benützen, habe jedoch davon nie Gebrauch gemacht und habe lediglich die Absicht, die Räumlichkeiten Dritten in Bestand zu geben, womit er nicht einverstanden sei. Der Antrag wolle daher zur Gänze "ab- bzw. zurückgewiesen" werden.

Mit Beschluß vom 16. Dezember 1986 (ON 25 dA) wies das Erstgericht den Antrag ab (Punkt 1.), gab jedoch dem Eventualantrag dahin statt, daß es das von Walter P*** der Antragstellerin zu leistende Benützungsentgelt ab dem 13. Juni 1986 mit S 570,-- festsetzte. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Der Anbau wurde von Walter P*** auf dessen Kosten mit Zustimmung der Antragstellerin zum Zwecke der Benützung durch ihn errichtet. Eine Zuweisung von einzelnen Räumen des Altbaues an die Antragstellerin ist technisch nicht möglich, weil ein gesonderter Zugang und eine entsprechende Trennung der Bereiche nicht möglich ist. Technisch lösbar ohne allzu großen Aufwand wäre höchstens eine Zuweisung des Altbaues zur Gänze. Der Zeitwert für den Altbauanteil beträgt S 215.000,--, jener für den Neubauanteil S 457.000,--. Der Gesamtertragswert (fiktiver Mietzins) beträgt für das ganze Haus S 2.850,-- monatlich; davon entfallen 33 % auf den Altbau oder 25 % auf den Altbau ohne "Hofzimmer", also ohne jenen Raum, den der Erstantragsgegner derzeit tatsächlich benützt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Benützung des Neubaues durch den Erstantragsgegner gerechtfertigt sei, weil dieser den Anbau auf seine Kosten und zu dessen Verwendung errichtet habe und die Antragstellerin ihre Zustimmung dazu erteilt habe. Die alleinige Benützung des Neubaues durch Walter P*** sei bei der Benützungsregelung höchstens insoweit in Betracht zu ziehen, als dadurch auch Teile des bis dahin nicht verbauten Grundes verwendet worden seien. Deshalb werde die Benützungsregelung hinsichtlich des Altbaues geringfügig zugunsten der Antragstellerin in der Wertung zu verschieben sein. Eine Zuweisung des ganzen Altbaues sei von der Antragstellerin nicht begehrt worden und komme auch nicht in Frage. Die getrennte Zuweisung von Räumen des Altbaues an die Antragstellerin sei technisch nicht möglich, weil eine Trennung in zwei Einheiten mit selbständigem Zugang nicht möglich sei. Damit erweise sich der Hauptantrag als unberechtigt.

Bei Beurteilung des Eventualantrages ging das Erstgericht davon aus, daß der Neubau bei der Benützungsregelung trotz des ideellen Hälfteeigentums an der hier zu berücksichtigenden Hälfte benützungsmäßig nur in einem sehr geringen Ausmaß zu berücksichtigen sei. Dem werde am besten dadurch Rechnung getragen, daß der Antragstellerin bei der Festsetzung des Benützungsentgeltes ein solches von etwas mehr als der Hälfte des Anteiles des Altbaues, der mit 33 % zu veranschlagen sei, also in der Höhe von 20 % zugewiesen werde.

Das Gericht zweiter Instanz gab den von der Antragstellerin und dem Erstantragsgegner erhobenen Rekursen Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Wie das Rekursgericht schon in seiner Entscheidung vom 12. Juni 1985 (ON 11 dA) ausgeführt habe, sei hier der Außerstreitrichter zur Vornahme einer Benützungsregelung berufen. Nach welchen rechtlichen Gesichtspunkten diese zu erfolgen habe, regle das Gesetz nicht ausdrücklich. Nach ständiger Rechtsprechung habe grundsätzlich jeder Miteigentümer auf eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Sachbenützung Anspruch, es dürften aber die Umstände des Einzelfalles nicht außer acht gelassen werden. Zu den Umständen des Einzelfalles gehörten etwa die Berücksichtigung des persönlichen Bedarfes und dessen Dringlichkeit, aber auch die bisherige Benützungsform und insbesondere der Beitrag der einzelnen Miteigentümer bei Errichtung des im Miteigentum stehenden Objektes. Im Sinne dieser Rechtslage teile das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß die Antragstellerin keinen Anspruch auf Mitbenützung des vom Erstantragsgegner mit ihrer Zustimmung auf seine Kosten allein errichteten und bisher allein benützten Zubaues habe, sei dieser Zubau von Walter P*** doch primär errichtet worden, um für sich und seine Familie eine bessere Wohnmöglichkeit zu schaffen, nicht aber, um den Wert des Miteigentumsanteiles der Antragstellerin zu erhöhen und ihr eine bessere Benützungsmöglichkeit zu verschaffen. Zu berücksichtigen sei der Zubau nur insoweit, als dadurch Teile des bis dahin nicht verbauten Gartens verbaut worden seien. Abgesehen von diesem Aspekt habe die Antragstellerin lediglich Anspruch auf Zuweisung annähernd der Hälfte der Räume des Altbaues, wie dies vom Erstantragsgegner auch zugestanden werde. Nicht richtig sei jedoch die Ansicht des Erstgerichtes, Martha H*** habe die Zuweisung von Räumen des Altbaues nicht begehrt und sei eine solche Zuweisung infolge eines gesonderten Zuganges auch nicht möglich. Wie sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen (Skizze S. 51 und Plan ON 3) im Zusammenhang mit dem Bauakt ergebe, handle es sich offenbar bei den in der Skizze mit den Ziffern 1 bis 5 und 7 bezeichneten Räumen sowie einem Teil des Raumes 6 um den Altbau, während die Räume 8 bis 11 und ein Teil des Raumes 6 den Zubau darstellten. Dabei sei offenbar schon vor Errichtung des Zubaues der Zugang zum Altbau durch den Raum 7 und einen Teil des Raumes 6 gegeben gewesen und erfolge auch nunmehr der Zugang sowohl zum Alt- als auch zum Neubau über den Raum 7. Es sei nun ohne weiteres möglich, im Benützungsregelungsverfahren - soweit dies durch die Beschaffenheit des Objektes bedingt sei - einzelne Räume auch zur gemeinsamen Benützung zuzuweisen. Dies könnte hier etwa hinsichtlich der Räume 7 und 5 geschehen. Aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse sei aber eine abschließende Benützungsregelung hinsichtlich der Räume des Altbaues nicht möglich. Es sei vom Erstgericht bisher nicht geklärt worden, welche Größe diese Räume hätten und in welcher Form sie benützt würden. Das Erstgericht werde im ergänzenden Verfahren daher die Größe und Beschaffenheit der Räume des Altbaues einschließlich der Räume im Keller und im Obergeschoß zu prüfen und festzustellen haben, wer die jeweiligen Räume in welcher Form benütze. Da es bei einer Benützungsregelung auch auf den persönlichen Bedarf und dessen Dringlichkeit ankomme, werde auch noch zu klären sein, welchen Verwendungszweck die Antragstellerin hinsichtlich der ihr zuzuweisenden Räume nunmehr im Auge habe bzw. welche Angehörigen der Familie des Erstantragsgegners einen oder mehrere Räume im Altbau benützten. Nur dann, wenn durch Zuteilung von Räumen des Altbaues zur Benützung ein den Eigentumsanteilen entsprechendes Verhältnis nicht erreicht werden könne, werde an die Möglichkeit der Festsetzung eines Benützungsentgeltes zu denken sein. Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Stattgebung des Antrages abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und die Rückverweisung der Rechtssache zur Entscheidung an das Rekursgericht und in letzter Linie an das Erstgericht beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Vorerst ist festzuhalten, daß die Bejahung der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges im vorliegenden Fall durch das Rekursgericht in Rechtskraft erwachsen ist.

In ihrem Revisionsrekurs wendet sich die Antragstellerin in erster Linie gegen die Ansicht der Vorinstanzen, der durch den Erstantragsgegner errichtete Zubau habe im Rahmen der Benützungsregelung außer Betracht zu bleiben und könne nur insofern berücksichtigt werden, als dadurch Teile des bis dahin unverbauten Gartens verbaut worden seien. Die Zustimmung zur Errichtung des Zubaues habe sie dem Erstantragsgegner nur aufgrund des Wunsches ihrer Eltern erteilt, die wirtschaftliche Eigentümer der Liegenschaft gewesen seien. Dabei sei davon ausgegangen worden, daß der Erstantragsgegner die Wohnräume des Altbaues, die von ihren Eltern benützt worden seien, nicht antaste und ihr diese Räume nach dem Tod ihrer Eltern zur Verfügung stehen sollten. Wenn in der Folge von den Eltern dem Erstantragsgegner zugestanden worden sei, daß dessen Sohn das Hofzimmer benützen dürfe, so sei dies eine Absprache, die ihre Rechtsposition als Miteigentümerin nicht berühre. Eine einmal abgeschlossene Benützungsregelung könne nicht für alle Zeiten unabhängig von Änderungen und Ereignissen bestehen bleiben. Infolge des Todes der Eltern sei eine Änderung der Situation eingetreten, weshalb ihr Begehren auf neue Festlegung einer Benützungsregelung berechtigt sei. Diesen Ausführungen ist vor allem zu entgegnen, daß sie nicht allein vom festgestellten Sachverhalt ausgehen, vielmehr auf der Annahme der Richtigkeit des Sachvorbringens der Revisionsrekurswerberin beruhen. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls davon auszugehen, daß die Antragstellerin eine Benützungsregelung zwischen Miteigentümern begehrt und darunter die Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile davon zur ausschließlichen oder gemeinsamen, auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit gedachten Benützung an die Teilhaber und die allfällige Festlegung einer Entgeltleistung für eine ihren Anteil übersteigende Benützung zu verstehen ist (JBl. 1982, 599 = SZ 54/163 = MietSlg. 33.075/22 ua). Die Benützungsregelung setzt allerdings die rechtliche Verfügbarkeit der in Betracht kommenden Liegenschaftsteile (Räume) voraus (MietSlg. 25.056; 27.085/9 ua). Eine solche fehlt insbesondere, wenn eine bindende Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern besteht (MietSlg. 30.094 f; 32.080 ua). Das Vorliegen einer solchen einer Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter entgegenstehenden Vereinbarung ist im vorliegenden Verfahren zwischen den Parteien strittig. Ausreichende Feststellungen dazu wurden bisher nicht getroffen. Das Verfahren ist daher schon aus diesem Grund nicht spruchreif. Ergibt sich im Zuge des Verfahrens die Unrichtigkeit der Behauptung der Antragstellerin, daß keine bindende Benützungsvereinbarung zwischen den Parteien vorliegt, wäre der Antrag auf Benützungsregelung (Hauptbegehren) abzuweisen (MietSlg. 18.059; SZ 19/199 ua). Die Unzulässigkeit einer Benützungsregelung wegen mangelnder Verfügbarkeit steht jedoch der Festsetzung einer Ausgleichszahlung nicht entgegen (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 835). Es entspricht anderseits aber auch der neueren Lehre und Rechtsprechung, daß sich jede Benützungsvereinbarung von Miteigentümern als Dauerrechtsverhältnis darstellt und als solches aus wichtigen Gründen formlos zur Auflösung gebracht werden kann (vgl. Koziol-Welser7 I 179; Gamerith, aaO, Rz 4 zu § 834; MietSlg. 31.072, 31.225, 32.078 = SZ 53/24; JBl. 1980, 651; MietSlg. 37.057 ua). Insoweit ist der Revisionsrekurswerberin grundsätzlich beizupflichten, daß selbst für den Fall der Annahme des Vorliegens einer die Miteigentümer bindenden Benützungsvereinbarung wegen einer wesentlichen Änderung der Umstände eine Neuregelung durch den Außerstreitrichter möglich wäre. Ob die von der Antragstellerin bereits im Verfahren erster Instanz behauptete, mit dem Ableben ihrer Eltern im Zusammenhang stehende Verschiebung der Benützungsverhältnisse eine solche wesentliche Veränderung darstellt, also zur Folge hat, daß die allenfalls getroffene Vereinbarung ihren Sinn verloren hätte, kann mangels Vorliegens einer entsprechenden Sachverhaltsgrundlage noch nicht beurteilt werden.

Insoweit die Revisionsrekurswerberin meint, sie habe im gegenständlichen Verfahren eine Benützungsregelung hinsichtlich der gesamten Liegenschaft angestrebt und nicht bloß hinsichtlich des Altbaues, so übersieht sie, daß sie die Benützungsregelung lediglich hinsichtlich jenes Teiles des auf der Liegenschaft vorhandenen Hauses begehrt hat, der die Bezeichnung Josef Bichler-Straße 9 trägt. Hinsichtlich der Art und des Umfanges der Benützungsregelung im vorliegenden Fall kann derzeit bloß gesagt werden, daß das Rekursgericht die allgemeinen Entscheidungsgrundsätze richtig erkannt und wiedergegeben hat. Grundsätzlich hat jeder Miteigentümer auf eine annähernd seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung der Sache dann Anspruch, wenn auch der persönliche Bedarf an einer solchen Nutzung gegeben ist (MietSlg. 15.023, 16.042, 22.056, 25.059 f, 31.077 ua).

In Ermangelung entsprechender Feststellungen über die anläßlich der Errichtung des Zubaues durch den Erstantragsgegner zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung ist es auch noch nicht möglich, die Frage zu beantworten, ob und bejahendenfalls in welcher Weise eine Änderung der Benützungsform des Zubaues in Frage kommt. Im Zweifel wird aber die Gestattung der Bauführung auf einem gemeinsamen Grund durch einen Teilgenossen auf dessen alleinige Rechnung zur Deckung dessen Wohnbedarfes wohl dahin zu verstehen sein, daß der Teilgenosse für den durch ihn geschaffenen Wertzuwachs kein Benützungsentgelt zu bezahlen hat (vgl. MietSlg. 37.059; 2 Ob 624/86).

Da es mangels ausreichender Feststellungen auch noch nicht möglich erscheint, den Vorinstanzen geeignete konkrete Rechtsansichten zu überbinden, erweist sich der Revisionsrekurs als unberechtigt, weshalb ihm ein Erfolg versagt werden mußte.

Anmerkung

E11478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00575.87.0604.000

Dokumentnummer

JJT_19870604_OGH0002_0080OB00575_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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