TE OGH 1987/6/16 4Ob516/87

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Veröffentlicht am 16.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich S***, Kellner, Steirerstraße 7, 9372 Eberstein, vertreten durch den Kurator Dr. Michael Winischhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Manfred S***, Werbekaufmann, 5020 Salzburg, Sterneckstraße 57/25, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 500.000,-- s.A.

(Revisionsinteresse S 498.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. November 1986, GZ 1 R 153/86-45, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2. Dezember 1985, GZ 7 Cg 289/83-32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen.

2. zu Recht erkannt:

Der Revision wird im übrigen nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 18.754,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.443,14 Umsatzsteuer und S 2.880,-- Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der auf Grund eines am 26. August 1973 bei einem Verkehrsunfall erlittenen schweren Schädelhirntraumas, das in verhältnismäßig großem Ausmaß Hirnsubstanz zerstört hat, nicht imstande ist, einen vernünftigen Willensentscheid zu fassen und praktisch einem Kind unter sieben Jahren gleichzusetzen ist, stellte dem Beklagten, der ein Werbeunternehmen betrieb, einen Betrag von S 500.000,--, den er aus Versicherungsleistungen nach seinem Unfall erhalten hatte, für ein Werbeprojekt zur Verfügung. Mit "Interimsvereinbarung" vom 1. April 1982 bestätigte der Kläger dem Beklagten, daß er keine Ansprüche mehr hinsichtlich des Werbeprojektes habe und alle gegenseitigen Ansprüche dadurch getilgt seien, daß ihm am selben Tag von ihm ausgewählte und einwandfreie kunstgewerbliche Ware im Wert von S 525.933,84 übergeben worden sei.

Bei den vom Kläger damals übernommenen Teppichen handelte es sich um

a) einen indischen Knüpfteppich,

Hamadanmuster, rot, 191 x 98 cm im

Einzelhandelswert von.......................S  1.400,--

b) einen Pakistanteppich, Lebens-

baummuster, in braun, 165 x 91 cm...........S  8.000,--

c) einen indischen Knüpfteppich,

Medaillonmuster, beigegrundig,

176 x 122 cm................................S  5.000,--

d) einen indischen Knüpfteppich mit

Vogelmotiven, beige, 161 x 93 cm............S  5.000,--

e) einen indischen Knüpfteppich,

Miribota-Muster, beigegrundig...............S  3.100,--

f) einen indischen Knüpfteppich,

Heratimuster, blau, 88 x 91 cm..............S  2.000,--

und

g) einen indischen Knüpfteppich mit

Täbrismuster, blau, 96 x 60 cm..............S  2.000,--,

somit um sieben Teppiche im Gesamtwert von  S 26.500,--.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückzahlung des Betrages von S 500.000,-- samt Anhang mit der Behauptung, er habe den Inhalt der von ihm am 1. April 1982 unterfertigten Texte wegen seiner unfallsbedingten Beeinträchtigung nicht verstanden. In der Folge habe sich herausgestellt, daß die ihm übergebenen Teppiche einen Verkehrswert von nur S 21.700,-- besäßen. Der Beklagte habe seine offensichtliche Behinderung in verwerflichster Weise ausgenützt. Der Kläger sei vom Vertrag zurückgetreten.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der Kläger habe sich bereit erklärt, in Anrechnung auf die Schuld des Beklagten Teppiche bis zu einem Betrag von S 500.000,-- zu nehmen. Er habe sich sodann 10 Teppiche zum Verkaufswert von S 525.939,-- ausgesucht. Hierauf sei festgehalten worden, daß er durch die Übernahme dieser Teppiche voll befriedigt worden sei. Für den Fall der Klagestattgebung beantragt der Beklagte ihn nur Zug um Zug gegen Herausgabe der zehn von ihm gelieferten, im einzelnen aufgezählten Teppiche zu verurteilen (AS 63).

Der Kläger "anerkannte" das Zug-um-Zug-Begehren, allerdings nur hinsichtlich der ihm ausgefolgten, im Gutachten des Sachverständigen Helmut W*** (ON 13) angeführten Teppiche (AS 64 und 126). Der Erstrichter gab der Klage - unter Abweisung des Zinsenmehrbegehrens - dahin statt, daß er den Beklagten zur Zahlung des Betrages von S 500.000,-- samt 4 % Zinsen seit 1. April 1982 Zug um Zug gegen Herausgabe der oben erwähnten sieben Teppiche verurteilte. Er stellte neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt weiters fest:

Als Dauerfolgen des Verkehrsunfalles bestehen beim Kläger eine Lähmung beider Beine mit ausgeprägter Gangstörung, eine Lähmung des linken Armes, eine geringe Beeinträchtigung des rechten Armes, eine Herabsetzung der Sehkraft des rechten Auges um zwei Drittel, eine Schwerhörigkeit links, eine Beeinträchtigung des Geruchsvermögens sowie ausgeprägte psychiatrische Folgen. Er ist auf Grund der Schädelhirnverletzung berufsunfähig. An psychiatrischen Folgen fällt ein sehr niedriger Intelligenzquotient von 88 auf, womit der Kläger annähernd wie ein Grenzdebiler abschneidet. Seine Intelligenz ist weit unter die ursprüngliche Begabung gesenkt; er ist verlangsamt, unkonzentriert, vergeßlich und jedenfalls von einer derartigen intellektuellen Schwerfälligkeit, daß er im praktischen Leben wie ein leicht Schwachsinniger dasteht. Zu dieser intellektuellen Schwächung tritt eine Wesensveränderung; er ist etwas enthemmt, sprunghaft und kritiklos. Er ist auch leicht verführbar und leicht zu beeinflussen, was nicht ausschließt, daß er in bestimmten Situationen auch eigensinnig und störrig reagieren kann. Seine Diskretions- und Dispositionsfähigkeit ist ganz allgemein stark beeinträchtigt und in bestimmten Situationen so gut wie völlig aufgehoben.

Der Kläger begleitete den Beklagten im Zuge der Beschaffung von Werbeaufträgen für dessen Projekt auch zu einem Teppichhändler nach Freilassing. Dort war eine Gegenverrechnung der Forderung des Beklagten gegenüber dem Teppichhändler aus dem Werbeauftrag mit Teppichen vorgesehen; der Kläger bekam einen Teppich zu sehen und äußerte, daß ihm der Teppich gefalle und er ihn gerne haben wolle. Der Beklagte verwies darauf, daß ein gewisser Max R*** und eine gewisse Anna M*** ihm gegenüber Schulden zu begleichen hätten und dies in Form der Übergabe von Teppichen machen würden, die der Kläger in Anrechnung auf die Schuld des Beklagten erhalten könne. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Der Beklagte bekam von M*** und R*** 19 Teppiche, die teilweise auf der Rückseite einen aufgenähten oder aufgehefteten Leinenfleck aufwiesen, der wie mit Tintenbleistift beschrieben war; alle Teppiche hatten Anhänger aus Papier, die mit einer Schnur befestigt waren. Darauf stand eine Nummer sowie eine Bezeichnung des Teppichs. Der Beklagte bestätigte die Übernahme von 19 Orientteppichen im Wert von S 833.311. Er fuhr in Begleitung der Waltraud W*** in das Haus des Klägers und legte ihm dort Teppiche vor, von denen sich der Kläger sieben aussuchte. Der Beklagte entfernte die angehängten Zettel und Aufkleber, nahm sie mit und übersandte dem Kläger dafür Zertifikate, die vom Händler -

hier offenbar von Anna M*** - angefertigt waren und einen wertmäßigen Rückschluß nicht zulassen.

Auf der Rechnung Nr. 386 vom 5. April 1982 bestätigt der Beklagte Anna M*** die Übergabe von 10 Teppichen mit Lieferdatum 20. März 1982, und zwar:

Ein Bouchara Zertifikat Nr. TN 846, S 17.600,-- Einkaufspreis, S 23.860,-- Verkaufspreis,

eine Belutsche TN 3001, S 33.000„-- und S 42.760,--, ein Afghan TN 38, S 55.000,-- und S 66.000,--,

ein Jomud TN 87, S 24.000,-- und S 37.600,--,

ein Kasak PN 3, S 160.000,-- und 211.000,--,

ein Wiss RN 14, S 21.700,-- und S 37.400,--,

ein Kayseri ON 11, S 16.000,-- und S 34.800,--,

ein Karapek TN 823, S 11.600,-- und S 19.233,--,

ein Homadan Indo PRT 633, S 7.000,-- und S 11.300,--.

ein Dosemialti RP 14, S 28.900,-- und S 41.980,--;

Summe der Einkaufspreise S 374.800,--

Summe der Verkaufspreise S 525.933,--

inklusive 30 % Umsatzsteuer.

Daraufhin bestätigte Anna M*** den Erhalt von S 86.390,--; der Beklagte bestätigte, daß er gegen sie und Max R*** keine Forderungen mehr habe.

In der - ebenso wie die oben angeführte "Interimsvereinbarung" - mit 1. April 1982 datierten "Vergleichsvereinbarung zur Vereinbarung vom 1. April 1982" wurde festgehalten, daß sie die gesondere Bestätigung der Schuldtilgung ersetze, der Kläger an diesem Tag kunstgewerbliche Ware, die von ihm ausgewählt und einwandfrei übergeben wurde, im Wert von S 525.933,84 erhalten habe und die verbleibende Restsumme von S 25.933,84 entweder in bar oder mit seinem Gewinnanteil am Werbeobjekt bezahlen solle.

Alle sieben vom Kläger übernommenen Teppiche sind handgeknüpft und neuwertig; das Grundmaterial (Kette und Schuß) besteht aus Baumwolle, der Flor aus Schafwolle.

Rechtlich würdigte der Erstrichter diesen Sachverhalt folgendermaßen:

Der Kläger sei nach § 865 ABGB nicht fähig gewesen, einen Vertrag mit dem Beklagten über die Hingabe eines Betrages von S 500.000,-- zu schließen. Nach § 877 ABGB habe derjenige, der die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, das zurückzustellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Der Kläger habe sieben Teppiche im Wert von S 26.500,-- vom Beklagten bekommen, die er seinerseits Zug um Zug gegen Zahlung von S 500.000,-- zurückzustellen habe. Der Beklagte sei daher schuldig, Zug um Zug gegen Übergabe dieser sieben Teppiche den eingeklagten Betrag zu zahlen.

Der gegen dieses Urteil vom Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz teilweise, und zwar dahin Folge, daß es den Beklagten zur Zahlung von S 498.000,-- s.A. Zug um Zug gegen Herausgabe der vom Kläger am 1. April 1982 übernommenen Teppiche mit Ausnahme des oben zu f) angeführten indischen Knüpfteppiches mit Heratimuster verurteilte und das Mehrbegehren von S 2.000,-- s.A. abwies. Es stellte ergänzend fest, daß der eben erwähnte Teppich bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz gefehlt habe, übernahm die Feststellungen der ersten Instanz und führte zur Rechtsrüge aus:

Der Beklagte bekämpfe nicht mehr ausdrücklich die Ansicht des Erstrichters, daß der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig gewesen und das Rechtsgeschäft daher nichtig sei. Diese Rechtsansicht sei auch unbedenklich. Der Kläger sei nach den Feststellungen einem Kind unter sieben Jahren gleichzusetzen. Der von ihm mit dem Beklagten über die Hingabe von S 500.000,-- geschlossene Vertrag sei folglich ungültig. § 877 ABGB ordne für einen solchen Fall die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung an. Der Beklagte habe daher grundsätzlich S 500.000,--, der Kläger die erhaltenen sieben Teppiche zurückzuerstatten. Im Verfahren erster Instanz sei jedoch hervorgekommen, daß ein Teppich im Wert von S 2.000,-- gefehlt habe, dessen Rückgabe somit unmöglich sei. Dies bewirke - entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung, der Kläger, der mangelnder Verschulden an der Unmöglichkeit der Rückerstattung nicht bewiesen habe, könne deshalb nicht mehr die Aufhebung des Vertrages verlangen - nicht, daß der Kläger seinen Anspruch auf Vertragsanfechtung verloren habe. Sei die Naturalrückstellung unmöglich geworden, dann sei zu prüfen, ob die Rückstellungspflicht etwa im Sinne des § 1447 ABGB aufgehoben oder etwa im Sinne der in § 1041 ABGB zum Ausdruck kommenden Grundsätze in eine Wertersatzpflicht umgewandelt wurde. Im letzteren Fall könne die Rückabwicklung zwanglos so bewirkt werden, daß an die Stelle der Sache, die der Anfechtende wegen Verlust des Eigentums zurückzustellen außerstande ist, deren Wert zu treten habe. Zwar habe der Kläger nicht die ihn treffende Zug-um-Zug-Verpflichtung bekämpft; der Beklagte habe aber in der Berufung die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens und hilfsweise die Abänderung der Zug-um-Zug-Verpflichtung begehrt, so daß das Klagebegehren auf Grund dieses Rechtsmittels bezüglich des Betrages von S 2.000,-- gleichsam im Sinne einer Anrechnung abzuweisen und damit notwendigerweise die Zug-um-Zug-Verpflichtung der Gegenseite entsprechend einzuschränken gewesen sei. Insoweit werde, wenngleich sich dies letztlich zugunsten des geschäftsunfähigen Rechtsmittelgegners auswirken könne, auch vermieden, daß ein Urteil gefällt werde, welches nicht vollstreckbar sei. Der Kläger habe daher dem Beklagten die sechs vorhandenen Teppiche und den Geldbetrag von S 2.000,-- zurückzustellen, der dem Wert des siebenten Teppichs bei dessen Übergabe in die Gewahrsame des Klägers entspreche. Aus der Gegenverrechnung mit diesem Betrag ergebe sich somit, daß der Beklagte dem Kläger Zug um Zug gegen Übergabe der sechs genannten Teppiche S 498.000,-- s.A. zurückzuerstatten habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 1 und Z 4 ZPO. Er stellt einen Abänderungsantrag auf Abweisung des Klagebegehrens und hilfsweise sowohl einen Aufhebungsantrag als auch den Antrag auf Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

I. Zur geltend gemachten Nichtigkeit:

Nach Ansicht des Beklagten habe das Berufungsurteil in seinem abändernden Ausspruch die Berufungsanträge unter Verletzung der Grundsätze der §§ 405, 462 und 466 ZPO überschritten. Er habe keinen Antrag auf Abänderung der vom Erstrichter ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verpflichtung im Sinne des Berufungsurteils gestellt und weder in erster noch in zweiter Instanz Aufrechnung begehrt; auch der Kläger habe die von ihm angebotene Zug-um-Zug-Leistung nicht eingeschränkt. Die Abänderung durch das Berufungsgericht erweise sich "letztlich auch als eine reformatio in peius", da mit der Berufung hinsichtlich der Zug-um-Zug-Leistung ein aliud begehrt worden sei und nicht eine Kompensation zur Sanierung möglicher Schwierigkeiten des Klägers bei der Exekutionsführung. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Gewiß ist die Beifügung einer Zug-um-Zug-Leistung des Klägers

eine Beschränkung seines Begehrens, die auch dann, wenn er sie nicht

selbst angeboten hat, zulässig ist, weil sie gegenüber seinem

Begehren ein Minus bedeutet (Fasching III 651 mit Nachweisen aus der

Rechtsprechung; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 1052). Die

Weglassung oder Verringerung der im Klagebegehren enthaltenen

Zug-um-Zug-Leistung ist demnach eine Erweiterung des Klagebegehrens

(SZ 36/4; NZ 1986, 188). Würde ein Berufungsgericht auf Berufung des

Beklagten die vom Kläger zu erbringende Zug-um-Zug-Leistung

vermindern, dann könnte darin ein Verstoß gegen das sich aus

§ 462 ZPO ergebende Verbot der Schlechterstellung (Fasching IV 30)

gelegen sein. Das Gericht zweiter Instanz ist hier jedoch anders

vorgegangen: Es hat an die Stelle des einen vom Kläger

zurückzustellenden Teppichs dessen mit S 2.000,-- festgestellten

Wert gesetzt. Damit hat es die rechtliche Stellung des Beklagten nicht verschlechtert, wie bei Behandlung der Rechtsrüge näher auszuführen sein wird.

Es trifft zu, daß eine Exekutionsführung des Klägers auf Grund des vom Erstrichter gefaßten Urteilsspruches gescheitert wäre, wenn er nicht die gesamte Gegenleistung von sieben Teppichen hätte erbringen können (Heller-Berger-Stix 220). Daraus ist indes für den Beklagten nichts zu gewinnen, weil sein Interesse daran, daß das gegen ihn ergangene Urteil nicht vollstreckbar ist, nicht zu schützen ist.

Das Berufungsgericht hat im Interesse der Vollstreckbarkeit den Spruch des von ihm der Sache nach bestätigten Urteils erster Instanz insofern anders gefaßt, als es an die Stelle einer Gegenleistung, die der Kläger nicht mehr erbringen kann, das Interesse gesetzt hat. Der Umstand, daß es bereits selbst die Aufrechnung vorgenommen hat, gereicht dem Beklagten nicht zum Nachteil.

Aus diesen Gründen war die Revision, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, mit Beschluß zu verwerfen (§§ 473, 513 ZPO; Fasching IV 366).

II. Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO:

Der Beklagte meint, auf Grund der Feststellungen über den derzeitigen Geisteszustand des Klägers könne nicht darüber abgesprochen werden, ob er bei Abschluß des Vertrages vom 1. April 1982 geschäftsunfähig war.

Diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Die Feststellungen gehen eindeutig dahin, daß der Kläger seit seinem Verkehrsunfall vom 26. August 1973 in der im einzelnen geschilderten Weise beeinträchtigt ist. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, daß sich sein Geisteszustand als Spätfolge des Unfalles erst nach dem 1. April 1982 verschlechtert hätte. Die Feststellungen rechtfertigen daher die Schlußfolgerung, daß der Beklagte seit dem Unfall vom Jahre 1973, also auch bei Abschluß der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Abmachungen, geschäftsunfähig war (§ 865 ABGB). Der Beklagte hält ferner seine bereits in zweiter Instanz vertretene Rechtsansicht aufrecht, das Klagebegehren wäre abzuweisen gewesen, weil der Kläger zur (gänzlichen) Naturalrückstellung nicht imstande sei und sein mangelndes Verschulden daran nicht bewiesen habe. Dem kann nicht zugestimmt werden:

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, verliert nach neuerer Auffassung derjenige, der wegen ursprünglicher Ungültigkeit oder nachträglichen Wegfalls der Causa eine Rückabwicklung anstrebt seinen Anspruch nicht dadurch, daß er selbst nicht mehr in der Lage ist, die Rückabwicklung durch Naturalrestitution vorzunehmen (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 932; Rummel, ÖJZ 1978, 258; Koziol-Welser7 I 381; JBl 1984, 200; RdW 1986, 173). Hat derjenige, der einen Vertrag anficht oder dessen Nichtigkeit geltend macht, nicht gerade in einer wider Treu und Glauben verstoßenden Weise die Naturalrückstellung des Empfangenen vereitelt und damit schlüssig auf die Vertragsaufhebung verzichtet, dann ist ein Verlust des Anfechtungsrechtes nicht anzunehmen und kann die Rückabwicklung zwanglos so bewirkt werden, daß an die Stelle der Sache, die der Anfechtende wegen Verlustes des Eigentums zurückzustellen außerstande ist, deren Wert im maßgebenden Zeitpunkt zu treten hat (RdW 1986, 173). Die Frage, ob der zufällige Untergang der Sache den Herausgabeberechtigten trifft und der Empfänger in einem solchen Fall nicht einmal ihren Wert zu vergüten hat, wenn er die eigene Leistung zurückfordert (in diesem Sinne Koziol-Welser aaO), bedarf hier keiner Erörterung, weil das Berufungsgericht ohnehin den Verlust des einen Teppichs zu Lasten des Klägers dadurch berücksichtigt hat, daß es seinen Zahlungsanspruch um S 2.000,-- gemindert hat.

Der Revision mußte somit ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11126

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00516.87.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19870616_OGH0002_0040OB00516_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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