TE OGH 1987/6/16 4Ob517/87

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Veröffentlicht am 16.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg Z***, Haushalt, 1234 Wien, Ketzergasse 62/4/2, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Werner Z***, Rechtsanwalt, 1040 Wien, Brucknerstraße 4, wegen Unterhaltes (Streitwert S 360.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Dezember 1986 GZ 43 R 2101/86-127, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. Juni 1986, GZ 10 C 46/82- 118, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung I. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.341,45 (darin enthalten S 1.081,95 Umsatzsteuer und S 1.440,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung eines monatlichen Unterhalts von S 10.000,-- ab 28. September 1982. Sie sei mit dem Beklagten seit 6. November 1975 in aufrechter Ehe verheiratet. Der Beklagte verdiene monatlich S 40.000,-- netto und habe für die Klägerin und für die beiden gemeinsamen ehelichen Kinder zu sorgen. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe den Unterhaltsanspruch verwirkt: Sie habe das Interesse am Beklagten verloren, die Freizeit mit ihm nicht verbracht, an seinem Verhalten stets etwas auszusetzen gehabt, seine Kleidung wahllos in der Wohnung verstreut, ihn aus dem gemeinsamen Schlafzimmer hinausgeworfen, ihm das Betreten der Ehewohnung erschwert und ihm schließlich den Wohnungsschlüssel weggenommen. Seit Dezember 1981 habe er festgestellt, daß sich in der Ehewohnung Peter M*** aufhielt, mit dem die Klägerin ein ehebrecherisches Verhältnis unterhalte. Peter M*** habe sich im Verfahren 2 C 510/82 des Bezirksgerichtes Liesing am 28. April 1982 in einem Vergleich verpflichtet, die Ehewohnung nicht mehr zu betreten, halte sich aber nicht daran. Er sei vielmehr "fester Bestandteil der Familie" geworden, werde von den Kindern als Vater angesprochen und habe mit der Klägerin auch mehrere gemeinsame Urlaube verbracht. Am 16. Dezember 1982 habe der Beklagte Peter M*** mit der Klägerin nackt im Ehebett liegen gesehen. Die Klägerin habe auch schon in der Wohnung des Peter M*** gewohnt. Im September 1982 habe die Klägerin auf den Beklagten eingeschlagen. Außerdem bestritt der Beklagte den geltend gemachten Unterhaltsbetrag auch der Höhe nach.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens, wobei es die vom Beklagten tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen berücksichtigte. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die am 6. November 1975 zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe verlief anfangs harmonisch. Im Sommer 1977 fuhr der Beklagte allein nach Indien. Danach verbrachte er seine Freizeit vornehmlich allein. Wegen dieses Verhaltens des Beklagten lebten sich die Streitteile auseinander. Der Beklagte blieb in der Folge auch Familienfeiern fern und reiste im Jahr 1980 allein in die USA. Im Herbst 1980 kamen die Streitteile einander kurzzeitig wieder näher.

Bereits nach drei Wochen verlor aber der Beklagte wieder das Interesse an der Klägerin und kam nur noch sporadisch in die Ehewohnung. Das letzte Mal nächtigte er dort im Frühling 1981. Bis zum Sommer 1983 suchte er die Ehewohnung jeweils nur während der Abwesenheit der Klägerin auf. Die Klägerin sperrte den Beklagten nicht aus der Wohnung aus Im Jahr 1981 half Peter M***, ein Freund des Bruders der Klägerin, der Klägerin bei Renovierungsarbeiten in der Ehewohnung.

In der Folge traf die Klägerin Peter M*** mehrmals zufällig im Geschäft ihres Bruders. Peter M*** wohnte nicht in der Ehewohnung. Den Vergleich im Verfahren über die Räumungsklage des Beklagten schloß er deshalb ab, um zu verhindern, daß die Kinder der Streitteile als Zeugen aussagen müssen. Nach diesem Vergleichsabschluß trafen sich die Klägerin und Peter M*** öfters zum gemeinsamen Tennisspiel und zu (getrennten) Saunabesuchen. Im September 1982 besuchte die Klägerin Peter M***, der sich auf einem Genesungsurlaub befand, um ihm einige Sachen nachzubringen. Sie blieb mit ihrem Sohn Andreas in derselben Pension, nächtigte aber in einem anderen Zimmer. Am darauffolgenden Wochenende brachte sie Peter M*** dessen PKW nach. Während dieses Genesungsurlaubes lernte Peter M*** eine andere Frau kennen, mit der er bis Mai 1983 eine Beziehung unterhielt. Aus Anlaß eines Winterurlaubes, den die Klägerin Ende Jänner 1983 in Mallnitz verbrachte, wollte sie Peter M*** durch einen Besuch überraschen, traf sie jedoch nicht mehr an. Das monatliche Nettoeinkommen des Beklagten beträgt ca. S 40.000,--. Aus diesem Sachverhalt leitete das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht ab, daß die Klägerin den ihr gemäß § 94 ABGB zustehenden Unterhaltsanspruch nicht verwirkt habe. Da sie im Haushalt tätig sei und für die ehelichen Kinder sorge, stehe ihr der beanspruchte monatliche Unterhaltsbetrag zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es verneinte die vom Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und übernahm dessen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht trat das Berufungsgericht der vom Erstgericht vorgenommenen Unterhaltsbemessung bei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt der Beklagte die Revision aus den in § 503 Abs. 1 Z 1 bis 4 ZPO genannten Gründen mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Zu I.:

Nichtig (im Sinne des § 477 Abs. 1 Z 9 ZPO) soll das Urteil des Berufungsgerichtes nach Ansicht des Beklagten deshalb sein, weil seine Fassung so mangelhaft sei, daß eine Prüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könne und für die Entscheidung keine nachvollziehbaren Gründe angegeben seien. So hätte das Berufungsgericht aus dem im Verfahren 2 C 510/82 des Bezirksgerichtes Liesing abgeschlossenen Vergleich, in dem sich Peter M*** verpflichtete, die Ehewohnung "künftighin ab sofort nicht mehr zu betreten", die Feststellung treffen müssen, daß sich Peter M*** (gemeint offenbar: zuvor) ständig in der Ehewohnung aufgehalten habe. Aus dem nicht voll leserlichen Postaufgabestempel einer vom Beklagten zum Nachweis eines von der Klägerin und Peter M*** in Mallnitz gemeinsam verbrachten Winterurlaubes vorgelegten Ansichtskarte hätte das Berufungsgericht ohne Ergänzung des Beweisverfahrens nicht den Schluß ziehen dürfen, daß die Klägerin und Peter M*** nicht gemeinsam an diesem Urlaubsort gewesen sein könnten. Auch im Hinblick darauf, daß Peter M*** gegenüber einem Versicherungsunternehmen die Ehewohnung als seine Anschrift angegeben habe, hätte das Berufungsgericht zwingend zu dem Schluß kommen müssen, daß er mit der Klägerin zusammengelebt habe; für seine gegenteiligen Feststellungen habe das Berufungsgericht keine Gründe angegeben. Auch zur Höhe des Einkommens des Beklagten sei keine ausreichende Entscheidungsgrundlage vorhanden, habe doch die Klägerin, auf deren Aussage die Feststellungen gestützt seien, darüber zunächst nichts gewußt und dann erst behauptet, der Beklagte habe ihr monatliche Einkommensbeträge in der Höhe von S 40.000,-- bis S 50.000,-- netto genannt.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen unterstellt der Beklagte, daß das Berufungsgericht für die Ablehnung seiner Beweiswürdigungsrüge keine Gründe angegeben habe; richtigerweise wären auf Grund der Beweisergebnisse gegenteilige Feststellungen zu treffen gewesen. In Wahrheit hat aber das Berufungsgericht im einzelnen begründet, warum es der Beweiswürdigung des Erstgerichtes beitrat und dessen Feststellungen übernahm. Die Ausführungen zum Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 1 ZPO enthalten somit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Die wegen Nichtigkeit erhobene Revision war daher gemäß §§ 513, 473 Abs. 1 ZPO mit Beschluß zu verwerfen.

Zu II.:

Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Die vom Revisionswerber geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, weil sie sich in der Verweisung auf die Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die Schlußfolgerung, daß deshalb die materielle Überprüfung des "Ersturteils" ausgeschlossen bleiben müsse, erschöpft. Zur gesetzmäßigen Geltendmachung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wäre aber konkret anzuführen gewesen, aus welchen Gründen das Berufungsgericht die Sache unrichtig rechtlich beurteilt habe (Fasching, ZPR Rz 1928). Da die Schlußfolgerungen, auf denen die Feststellungen der Vorinstanzen beruhen, nicht gegen die Gesetze des Denkens und der Erfahrung verstoßen, können auch die Ausführungen zum Revisionsgrund der Nichtigkeit nicht als dem Gesetz entsprechende Rechtsrüge aufgefaßt werden (vgl. SZ 57/198); für eine solche reicht es nicht aus, daß hienach einwandfreie Schlußfolgerungen des Berufungsgerichtes durch andere, ebenfalls als möglich anzusehende ersetzt werden können (RZ 1967, 105).

Der Revision war sohin ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E11572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00517.87.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19870616_OGH0002_0040OB00517_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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