TE OGH 1987/6/17 14ObA80/87

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Veröffentlicht am 17.06.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D*** Werbegestaltungsgesellschaft mbH, 1020 Wien,

Blumauergasse 6, vertreten durch Dr. Wolfgang Wilfing, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang H***, Gastwirt, 1150 Wien, Hütteldorferstraße 77, vertreten durch Dr. Hartmut Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 10.203,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 24. November 1986, GZ 44 Cg 174/86-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 23. Jänner 1986, GZ 10 Cr 51/85-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war von 1980 bis Mitte des Jahres 1982 bei der Klägerin als Vertreter angestellt. Am 30. November 1983 führte das Finanzamt eine Lohnsteuerprüfung bei der Klägerin durch, welche hinsichtlich des Beklagten auf Grund einer Fehlberechnung des Steuerberaters eine Lohnsteuernachforderung von S 10.203,-- ergab. Die Klägerin entrichtete diesen ihr zur Zahlung vorgeschriebenen Betrag am 6. Dezember 1985.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten den Ersatz der bezahlten Steuerschuld.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sollte er zuviel an Gehalt bezogen haben, habe er diese Beträge gutgläubig verbraucht. Der Anspruch sei verjährt und er sei zur Klage nicht passiv legitimiert, weil die Klägerin ausschließlich den Steuerberater, der den Schaden durch falsche Berechnungen verursacht habe, zum Ersatz heranziehen könne. Für den Fall des Zurechtbestehens der Klageforderung wendete er einen Anspruch auf restliche Provisionen in Höhe von S 20.000,-- bis zur Höhe der Klageforderung aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß die Klägerin die Lohnsteuernachzahlung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (4. Dezember 1985) nicht entrichtet habe und daher nicht berechtigt sei, diesen erst später abgeführten Betrag vom Beklagten zu fordern.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung mit Teilurteil im Sinne des Klagebegehrens ab. Im übrigen verwies es die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung über die Gegenforderung an das Erstgericht zurück. Es führte das Verfahren gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Beklagte gemäß § 82 Abs. 1 EStG Steuerschuldner gewesen sei und mit der Klägerin, welche die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hatte, als Gesamtschuldner im Sinne des § 891 ABGB für die Steuerverbindlichkeit gehaftet habe. Die Klägerin habe im Sinne des § 1358 ABGB eine fremde Schuld gezahlt und sei mit inzwischen - und zwar von dem nunmehr maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in zweiter Instanz - erfolgter Entrichtung der zur Nachzahlung vorgeschriebenen Lohnsteuer in die Rechte des Gläubigers eingetreten; sie sei daher berechtigt, den Ersatz des Geleisteten zu fordern. Der Beklagte könne nicht gutgläubigen Verbrauch des zuviel Erhaltenen einwenden, da es sich dabei nicht um die Rückforderung von Arbeitsentgelt handle, sondern um die Forderung auf Ersatz einer für ihn bezahlten Schuld. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt, da er erst nach Entrichtung der Abgabenschuld habe geltend gemacht werden können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte wiederholt im wesentlichen seine bereits in erster Instanz vorgebrachten Einwände, daß er nicht belangt werden könne, weil sich die Klägerin bei der Steuerberechnung eines Steuerberaters als Erfüllungsgehilfen bedient habe, und der Anspruch sei verjährt, da es sich bei der nicht abgeführten Lohnsteuer um monatliche Teilleistungen gehandelt habe, die alle - hätte sie die Klägerin rechtzeitig abgeführt - vor mehr als drei Jahren gezahlt hätten werden müssen.

Gemäß § 82 Abs. 1 EStG ist zwar der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerpflichtiger, Steuerschuldner und Träger der Steuer; der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer (Schubert-Schuch-Pokorny-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2 921 f). Der Arbeitnehmer selbst kann - von den Ausnahmefällen des § 82 Abs. 2 EStG abgesehen - von den Abgabenbehörden nicht auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden. Für seine Steuerverbindlichkeit haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemäß den §§ 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 BAO gemeinsam als Gesamtschuldner im Sinne des § 891 ABGB. Daher zahlt der Arbeitgeber bei Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer eine fremde Schuld im Sinne des § 1358 ABGB, für die er persönlich haftet. Wenn daher der Arbeitgeber vom Finanzamt wegen zu wenig abgezogener Lohnsteuer in Anspruch genommen wird, tritt er gemäß § 1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern (Gamerith in Rummel

ABGB § 1358 Rz 3 mwH; Arb. 9.098, 9.884, 10.091 = DRdA 1985/2;

SZ 54/169 = JBl. 1982, 439; RZ 1986/29 ua). Dieser Anspruch behält

entgegen der Ansicht des Beklagten die rechtliche Qualifikation als Anspruch auf Nachzahlung zu wenig entrichteter Steuer, so daß schadenersatzrechtlichen Erwägungen der Boden entzogen ist. Die Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer setzt kein Verschulden des Arbeitgebers voraus (MSA EStG 1972 § 82 Anm. 1). Ob der Arbeitgeber selbst die Berechnung der Lohnsteuer vornahm oder dazu die Dienste eines Steuerberaters in Anspruch nahm, ist unerheblich. Voraussetzung des Eintritts in die Gläubigerrechte ist allerdings die Befriedigung des Gläubigers, die nicht durch Barzahlung erfolgen muß (Gamerith aaO Rz 4) und noch bis zum Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung erfolgen kann (ZAS 1971/22; Berger ebendort 178).

Entgegen der Ansicht des Beklagten entsteht der Regreßanspruch des Arbeitgebers - wie erwähnt - weder zum Zeitpunkt, an dem er die Lohnsteuer - hätte er sie richtig errechnet - abführen hätte müssen noch im Zeitpunkt der Vorschreibung der Steuernachzahlung, sondern im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung. Erst diese läßt den Regreßanspruch entstehen und setzt allfällige Fristen zu seiner Geltendmachung in Lauf (Gamerith in Rummel ABGB § 896 Rz 2 mwH; SZ 46/19 ua). Der Ersatzanspruch der Klägerin auf Nachzahlung zu wenig entrichteter Lohnsteuer, die erst nach Klageeinbringung in voller Höhe entrichtet wurde, ist daher nicht verjährt. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens, an dem sich die Klägerin nicht beteiligte, gründet sich auf die §§ 52 Abs. 2, 392 Abs. 2 ZPO.

Anmerkung

E11404

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:014OBA00080.87.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19870617_OGH0002_014OBA00080_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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