TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/8 2003/18/0157

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Veröffentlicht am 08.09.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §13 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;
StbG 1985 §19;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Z, geboren 1969, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. April 2003, Zl. SD 259/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. April 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein befristetes Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei 1990 nach Österreich eingereist und habe anschließend Sichtvermerke bzw. - nach seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin am 21. September 1992 - eine Aufenthaltsbewilligung bis 17. November 1996 erhalten. Vom 25. Februar 1999 bis 28. März 2001 habe er von der Erstbehörde Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erhalten. Am 26. November 2001 habe er sich von seiner Ehegattin rechtskräftig scheiden lassen. Ein von ihm am 23. März 2001 eingebrachter Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels sei derzeit beim Magistrat der Stadt Wien anhängig.

Der Beschwerdeführer sei erstmals mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 27. Juli 1993 gemäß § 83 Abs. 1 StGB und § 36 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz zu einer bedingten Geldstrafe in der Höhe von 50 Tagsätzen rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 11. November 1992 eine Person durch Versetzen eines Faustschlages ins Genick sowie eine weitere Person durch Versetzen eines Stoßes, durch den diese gegen ein Haustor gefallen sei, am Körper verletzt und fahrlässig ein "Springmesser" unbefugt besessen habe. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Oktober 1994 (richtig: 19. September 1994) sei er gemäß § 36 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz zu einer Geldstrafe in der Höhe von 90 Tagsätzen rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 21. Dezember 1993 wiederum ein "Springmesser" unbefugt besessen habe. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. Dezember 2000 sei er gemäß § 164 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Wochen rechtskräftig verurteilt worden, weil er 14 Stangen österreichische Zigaretten im (regulären) Wert von S 6.500,-- unrechtmäßig erworben und im März 2000 um S 3.700,-- weiterverkauft habe. Zuletzt sei er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 31. Oktober 2002 gemäß §§ 15, 127, 129 Z. 1 und 136 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 6. August 2002 nach einem Einbruch in den Keller einer Wohnhausanlage versucht habe, Wertsachen zu stehlen und einen Kleinbus ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen habe.

Überdies sei er von der Erstbehörde am 29. Oktober 1997 gemäß § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung und am 26. September 2000 gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 iVm § 3 Abs. 2 Meldegesetz rechtskräftig bestraft worden. Mit Straferkenntnis des Landeshauptmannes von Wien vom 7. Mai 2001 sei er gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz rechtskräftig bestraft worden.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes seien die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 FrG erfüllt. Das den Verurteilungen bzw. Bestrafungen zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirke eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer halte sich seit etwa zwölfeinhalb Jahren in Österreich auf und verfüge - nach eigenen Angaben - über familiäre Beziehungen zu seiner Lebensgefährtin, mit der er allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Trotzdem sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG auszugehen. Die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz des Eigentums und der körperlichen Integrität Dritter - dringend geboten. Gerade die Vielzahl der von ihm begangenen Straftaten verdeutliche, dass er nicht gewillt sei, die zum Schutz der Gesundheit bzw. des Vermögens Dritter aufgestellten strafrechtlichen Normen seines Gastlandes einzuhalten. Da er trotz mehrerer Vorstrafen nicht habe davon abgehalten werden können, am 6. August 2002 neuerlich straffällig zu werden, könne schon aus diesem Grund eine Verhaltensprognose nicht zu seinen Gunsten ausfallen. Dies umso weniger, als er sich auch über maßgebliche Verwaltungsvorschriften hinweggesetzt habe.

Im Rahmen der gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf seinen langjährigen inländischen Aufenthalt seit 1990 Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen, dass einer daraus ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich gemindert werde. Der Umstand, dass er seit 1. Dezember 1992 regelmäßig einer Beschäftigung nachgehe, werde durch die Tatsache relativiert, dass er seinen Arbeitgeber 26-mal gewechselt habe und zwischen den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen teilweise Zeiten längerer Arbeitsunterbrechung lägen.

Jedenfalls müssten die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den genannten - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen in den Hintergrund treten. Unter diesem Blickwinkel wögen die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die baldige Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seine Lebensgefährtin gehe - abgesehen davon, dass sie nicht seine Ehegattin sei - deshalb ins Leere, weil (selbst im Fall einer Heirat) bei einem antragsgebundenen Verwaltungsakt, wie es die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft darstelle, vor dessen Erlassung an die mit dem Akt verliehene Rechtsposition anknüpfende rechtliche Regelungen - wie etwa § 49 Abs. 1 FrG - nicht zum Tragen kommen könnten.

Die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen der §§ 35 und 38 FrG stünden der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" sei der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer vor Eintritt der seiner ersten Verurteilung zu Grunde liegenden, für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (am 11. November 1992) erst etwa zwei Jahre im Bundesgebiet niedergelassen gewesen sei (seit Juni 1990), könnten ihm die Bestimmungen des § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 FrG nicht zugute kommen. Da die Wendung "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" im § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG im selben Sinn zu verstehen sei und der Beschwerdeführer zum vorhin genannten Zeitpunkt noch nicht seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet gehabt habe, erfülle er auch nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft, sodass § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG dem vorliegenden Aufenthaltsverbot ebenfalls nicht entgegenstehe.

Da der Beschwerdeführer straffällig geworden sei, könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.

Die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung sei gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne - auch unter Bedachtnahme auf dessen private Situation - ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittenen rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer darüber hinaus auch den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt.

1.2. Bei der Beurteilung, ob die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt ist, kann das in den Jahren 1992 und 1993 gesetzte, den Verurteilungen des Beschwerdeführers in den Jahren 1993 und 1994 zu Grunde liegende Fehlverhalten der Körperverletzung sowie des unbefugten Besitzes von verbotenen Waffen unter Berücksichtigung des seither verstrichenen Zeitraums von mehr als neun bzw. zehn Jahren nicht mehr als geeignet angesehen werden, eine relevante Vergrößerung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2004/18/0026). Damit ist für ihn aber nichts gewonnen.

Nach den unbestrittenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer 14 Stangen österreichische Zigaretten (mit einem regulären Marktwert von S 6.500,--) unrechtmäßig erworben und im März 2000 um S 3.700,-- weiterverkauft. Obwohl er mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. Dezember 2000 gemäß § 164 Abs. 2 StGB wegen Hehlerei zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Wochen rechtskräftig verurteilt worden war, hat ihn dies nicht davon abgehalten, neuerlich in einschlägiger Weise straffällig zu werden. Am 6. August 2002 versuchte der Beschwerdeführer nach einem Einbruch in den Keller einer Wohnhausanlage, Wertsachen zu stehlen und nahm darüber hinaus einen Kleinbus ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch. Für diese strafbaren Handlungen wurde er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 31. Oktober 2002 gemäß §§ 15, 127, 129 Z. 1 und 136 Abs. 1 StGB wegen versuchten Einbruchsdiebstahls und unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

In Anbetracht dieser, gegen fremdes Eigentum gerichteten und auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Straftaten, durch die der Beschwerdeführer das große öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 99/18/0155) beeinträchtigt hat, begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken, zumal der Beschwerdeführer, was nicht bestritten wird, im Zeitraum zwischen 1997 und 2001 überdies dreimal (rechtskräftig) verwaltungspolizeilich gemäß § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung, gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 iVm § 3 Abs. 2 Meldegesetz und gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz bestraft worden ist.

2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG. Er halte sich seit zehn Jahren in Österreich auf, habe durchgehend gearbeitet, sei seit April 2002 bei einer Gebäudeservice GmbH beschäftigt und verdiene (monatlich) EUR 1.015,--. Er habe "zwischenzeitig" seine Lebensgefährtin geheiratet. Es sei "in aller nächster Zeit" damit zu rechnen, dass seiner (nunmehrigen) Ehefrau die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werde, zumal sie bereits einen entsprechenden Zusicherungsbescheid erhalten habe. Daher lägen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht vor.

2.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe seine Lebensgefährtin "zwischenzeitig" geheiratet, verstößt gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) und ist daher unbeachtlich.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es sei "in aller nächster Zeit" mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seine Lebensgefährtin zu rechnen, so ist ihm zu erwidern, dass der Umstand, dass seiner Lebensgefährtin die Verleihung der Staatsbürgerschaft bereits zugesichert worden sei, keine über den Stellenwert des langjährigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der Beziehung zu seiner Lebensgefährtin hinausgehende zusätzliche Stärkung seiner persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet bewirkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2002, Zl. 2000/18/0174). Überdies handelt es sich bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft um einen antragsgebundenen Verwaltungsakt und daher können vor dessen Erlassung an die mit dem Akt verliehene Rechtsposition anknüpfende rechtliche Regelungen - wie etwa § 49 Abs. 1 FrG 1997 -

nicht zum Tragen kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2004, Zl. 2001/18/0041).

2.3. Die Behörde hat den langjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers, die Bindung zu seiner Lebensgefährtin, mit der er allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, und seine Erwerbstätigkeit berücksichtigt und hat zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die von ihm ausgehende Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität und an der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Straßenverkehr bzw. an der Einhaltung der Vorschriften des Meldegesetzes und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gegenüber. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Schutz des Eigentums Dritter) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG), nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Interessenabwägung als unbedenklich. Durch das wiederholte, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Fehlverhalten des Beschwerdeführers, wurde die für seine Integration in Österreich wesentliche soziale Komponente maßgeblich gemindert. Ferner werden seine persönlichen Interessen in Österreich dadurch relativiert, dass er unstrittig mit seiner Lebensgefährtin nicht in einem Haushalt zusammenlebt. Von daher hat die belangte Behörde zutreffend der durch sein wiederholtes und einschlägiges Fehlverhalten bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin.

3. Letztlich vermag der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis, dass er sich seit zehn Jahren (den Feststellungen der belangten Behörde zufolge seit zwölfeinhalb Jahren) in Österreich aufhalte, auch im Licht des § 38 FrG nichts zu gewinnen.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG wegen des maßgeblichen Sachverhalts unzulässig wäre. Eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 FrG ist (u.a.) in den Fällen des § 35 FrG unzulässig. Gemäß § 35 Abs. 2 FrG dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, nur mehr ausgewiesen werden, wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Hat der in § 35 Abs. 2 genannte Zeitraum bereits zehn Jahre gedauert, so dürfen Fremde gemäß § 35 Abs. 3 FrG wegen Wirksamwerdens eines Versagungsgrundes nicht mehr ausgewiesen werden, es sei denn, sie wären von einem inländischen Gericht (Z. 1.) wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei oder gemäß der §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 32 Abs. 1 des Suchtmittelgesetzes - SMG, oder nach einem Tatbestand des 16. oder 20. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder (Z. 2.) wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung(§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden.

Nach der hg. Rechtsprechung ist unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts" der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen, wobei es sich beim "maßgeblichen Sachverhalt" im Fall eines auf strafbaren Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbotes nicht um die Verurteilungen bzw. die Bestrafungen, sondern um das zu Grunde liegende Fehlverhalten handelt (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2004/18/0026. Unzulässig wäre es, auch ein solches Fehlverhalten dem Aufenthaltsverbot zu Grunde zu legen und in den "maßgeblichen Sachverhalt" einzubeziehen, das unter Berücksichtigung des seither verstrichenen Zeitraumes nicht (mehr) geeignet ist, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2004, Zl. 99/18/0462, und vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0287). Der Verwaltungsgerichtshof vermag in diesem Punkt der Auffassung der belangten Behörde nicht beizupflichten, wonach die gegen die körperliche Integrität gerichteten Delikte des Beschwerdeführers vom 11. November 1992 und vom 21. Dezember 1993 eine solche relevante Gefahrenerhöhung mit sich bringen würden. Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes nach § 35 FrG ist demnach (u.a.) zu prüfen, wie lange der Fremde im Zeitpunkt vor Verwirklichung des ersten zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehenden Umstandes (hier: der unrechtmäßige Erwerb und Weiterverkauf von Zigaretten im März 2000) ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war. Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (Niederlassung in Österreich seit Juni 1990) - bereits acht, aber noch nicht zehn Jahre in Österreich aufhältig. Daher kommt für ihn die Regelung des § 35 Abs. 2 FrG zum Tragen. Der Beschwerdeführer ist unbestritten wegen Begehung einer strafbaren Handlung von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden. Sein weiterer Aufenthalt gefährdet - wie bereits dargestellt - die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Daher erweist sich vorliegend § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG als der Verhängung des Aufenthaltsverbotes nicht hinderlich.

Vor "Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" verfügte der Beschwerdeführer auch noch nicht über die für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 erforderliche Dauer des inländischen Hauptwohnsitzes von mindestens zehn Jahren, weshalb der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbots auch § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG nicht entgegensteht.

4. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. September 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003180157.X00

Im RIS seit

13.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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