TE OGH 1987/6/24 14Os83/87

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Veröffentlicht am 24.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Juni 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter W*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 12, zweiter Fall, 169 Abs. 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Ried im Innkreis vom 27.April 1987, GZ 8 Vr 843/86-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschwornen, soweit darin die gestellten Schuldfragen bejaht wurden, und sonach das darauf beruhende angefochtene Urteil - das im übrigen unberührt bleibt - in seinem den Angeklagten schuldig sprechenden Teil sowie demgemäß auch im Strafausspruch (ebenso wie in den Aussprüchen gemäß §§ 38 Abs. 1 Z 1 StGB, 366 Abs. 2, 369 StPO) aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das zuständige Schöffengericht beim Kreisgericht Ried im Innkreis verwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Kassierung (auch) des Strafausspruchs verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der 23jährige Peter W*** - jeweils als Bestimmungstäter - (zu 1) des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 12, zweiter Fall, 169 Abs. 1 StGB und (zu 2) des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach §§ 12, zweiter Fall, 151 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 19. und 21. September 1986 den abgesondert Verfolgten Helmut H*** dadurch, daß er ihn aufforderte, in den Räumen des C*** 53 in Braunau am Inn einen Brand zu legen und ihm dafür eine Belohnung von 25.000 S versprach, dazu bestimmt,

1. am Haus der Maria P*** ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst zu verursachen und

2. gegen Zerstörung versicherte Sachen, nämlich die Einrichtungsgegenstände des C*** 53, zu zerstören, wobei er mit dem Vorsatz handelte, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen. Vom weiteren, die Zuständigkeit des Geschwornengerichtes begründenden Anklagevorwurf in Richtung des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mord nach §§ 15, 12, zweiter Fall, 75 StGB wurde er gemäß § 336 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten gegen den Schuldspruch aus den Z 6, 8, 9, 11 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist bereits aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund berechtigt. Sie weist nämlich zutreffend darauf hin, daß der Zeuge H*** in der Hauptverhandlung am 27.April 1987 angegeben hatte, der Angeklagte habe ihm gesagt, nur die Einrichtung solle brennen, nicht aber das Haus, dieses gehöre ja jemandem anderen (vgl Band II S 112), welches Vorbringen - als erwiesen angenommen - mit dem Vorwurf, der Beschwerdeführer habe H*** bestimmt, am Haus der Maria P*** (vorsätzlich) eine Feuersbrunst zu verursachen, offenkundig nicht in Einklang gebracht werden kann und demnach gemäß § 314 Abs. 1 StPO die Stellung einer Eventualfrage in Richtung des § 170 Abs. 1 StGB indizierte. Erfordert doch § 169 StGB auf der inneren Tatseite (bedingten) Vorsatz in Ansehung sämtlicher Tatbildmerkmale, somit insbesondere auch mit Bezug auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst an fremder Sache, wogegen § 170 StGB auch demjenigen zustatten kommt, der zwar die Tathandlung vorsätzlich begeht, die Gefahr in Richtung der entstandenen Feuersbrunst aber (bloß) fahrlässig herbeiführt

(vgl Leukauf-Steininger Komm2 RN 6 zu § 169 und RN 2 a zu § 170). Da durch die gerügte Unterlassung den Laien die Möglichkeit benommen wurde, den zitierten Bekundungen des Zeugen H*** Glauben zu schenken und demzufolge zu einer vom Anklagevorwurf abweichenden rechtlichen Beurteilung zu gelangen, erweist sich das Urteil insoweit mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet, was, weil vom Obersten Gerichtshof nicht sanierbar und demnach die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar machend, die Kassierung des betreffenden Wahr- und Schuldspruchs bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zur Konsequenz hat (§§ 285 e, 344, 349 Abs. 1 StPO).

Da der Wahrspruch und das darauf beruhende Urteil in Richtung des Vergehens nach § 151 StGB eine Sonderung nicht verträgt bzw vom Inhalt des ganzen Urteiles nicht trennbar erscheint (§§ 289, 344, 349 Abs. 2 StPO) war, um eine Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes zu ermöglichen, auch insoweit mit einer Aufhebung vorzugehen. Angesichts dessen, daß über die Frage, ob der Angeklagte das Verbrechen des versuchten Mordes begangen habe, durch den Wahrspruch der Geschwornen zu dieser Hauptfrage und die Unterlassung einer Nichtigkeitsbeschwerde seitens der Staatsanwaltschaft rechtskräftig in verneinendem Sinne abgesprochen worden ist, wurde die Sache an das sachlich zuständige Schöffengericht verwiesen

(vgl Mayerhofer-Rieder StPO1 § 349 Nr 23 und 24).

Bei der gegebenen Sachlage wird im fortgesetzten Rechtsgang insbesondere auch der (schon in der Anklageschrift ON 62 angeführten) Bestimmung des § 169 Abs. 2 StGB die erforderliche Aufmerksamkeit zuzuwenden sein und nicht verabsäumt werden dürfen, auch in dieser Richtung die angezeigten Feststellungen zu treffen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E11315

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0140OS00083.87.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19870624_OGH0002_0140OS00083_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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