TE OGH 1987/7/1 3Ob656/86

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Veröffentlicht am 01.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Fa. Rochus P***, Kranbau, 8753 Aichdorf, Bundesstraße 8, vertreten durch Dr. Franz Helm, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** OHG, Industriebedarfsunternehmen, 1060 Wien, Fillgradergasse 12-14, vertreten durch Dr. Franz Schneider, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4,343.221,50 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1986, GZ 4 R 159/86-89, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. Mai 1986, GZ 14 Cg 95/79-83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 31.386,90 S (darin 2.307,90 S Umsatzsteuer und 6.000 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei erzeugt und vertreibt Kräne. Die beklagte Partei handelt mit Steuergeräten eines Erzeugers in Italien. Sie lieferte der klagenden Partei auf Bestellung Steuergeräte für von der klagenden Partei hergestellte Ladekräne des Typs "P*** 6000 P". Die klagende Partei führte von 1976 bis 1978 124 Stück solcher Ladekräne über einen Exporteur an einen Abnehmer nach Ungarn aus. Mit ihrer am 11. Juli 1979 erhobenen Klage machte die klagende Partei einen Anspruch auf Zahlung von 4,343.221,50 S geltend und stützte sich auf Gewährleistung und Schadenersatz. Die von der beklagten Partei verkauften Steuergeräte hätten unbehebbare Konstruktionsmängel aufgewiesen. Nach dem Einbau der von der klagenden Partei hergestellten Ladekräne auf Traktoren aus Rußland seien beim Betrieb an Steuergeräten Dichtungsprobleme aufgetreten und Blockgehäuse zerbrochen. Die beklagte Partei habe vor Vertragsabschluß zugesichert, daß die Steuergeräte aus Italien anderen ("Salami"-)Geräten gleichwertig seien, und nach Einlangen der Beanstandung des Abnehmers in Ungarn immer wieder Verbesserungszusagen gemacht. Die klagende Partei habe daher weiter solche Kräne erzeugt. Erst im April 1979 habe sich ergeben, daß alle Verbesserungsversuche erfolglos blieben. Die klagende Partei habe 26 Kräne zurücknehmen und bei den übrigen Kränen 101 Steuergeräte durch solche des Erzeugers "S***" ersetzen müssen. Nach Abzug des Wertes der Bestandteile der zurückgenommenen Kräne ergebe sich die eingeklagte Forderung.

Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe die Steuergeräte nicht erzeugt, sondern von dem Hersteller H*** I*** s.r.l. aus Italien bezogen. Die klagende Partei habe am 29. Juli 1976 ein Gerät zur Erprobung erhalten, das den Anforderungen entsprochen haben müsse, weil die klagende Partei bestellte. Die letzte Lieferung sei im Oktober 1977 erfolgt. Gewährleistungsansprüche seien verfristet. Schadenersatzansprüche seien nach den vertraglichen Bedingungen ausgeschlossen. Die Probleme seien nicht auf Konstruktionsfehler der Steuergeräte, sondern auf das unsachgemäße Hantieren mit den Steuerdruckventilen durch die Anwender in Ungarn zurückzuführen. Die Beanstandungen des ungarischen Abnehmers hätten überwiegend nicht die Steuergeräte, sondern Mängel der Ladekräne betroffen. Die beklagte Partei habe wegen der Geschäftsverbindung die Rügen der klagenden Partei an den Erzeuger in Italien weitergeleitet und es direkten Verhandlungen der klagenden Partei mit diesem überlassen, die Sache auszutragen. Es sei zu einer Einigung gekommen, nach einem Umbau einen mehrmonatigen Probebetrieb durchzuführen, doch sei dies vereinbarungswidrig unterblieben. Der Erzeuger habe daraufhin jede Verantwortung für aufgetretene Schwierigkeiten an den Steuergeräten abgelehnt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zusammengefaßt den folgenden Sachverhalt fest:

Zwischen der klagenden und der beklagten Partei bestand schon seit Jahren eine Geschäftsverbindung. Die klagende Partei erhielt den Auftrag, Ladekräne für die Montage auf russischen Traktoren herzustellen und nach Ungarn zu liefern. Sie erwog, die dafür benötigten Steuergeräte von der beklagten Partei zu kaufen, die solche Geräte von einem Hersteller in Italien bezieht. Die beklagte Partei stellte der klagenden Partei am 29. Juli 1976 ein Mustergerät bei. Die Erprobung verlief zufriedenstellend. Die klagende Partei bestellte bei der beklagten Partei im August 1976 Steuergeräte und rief in der Folge weitere Steuergeräte ab. Den Kaufverträgen lagen die Verkaufs- und Lieferbedingungen der beklagten Partei zugrunde, wonach Mängel unverzüglich anzuzeigen und mangelhafte Stücke kostenfrei einzusenden seien, für Mängel nur im Ausmaß der Haftung ihres Lieferanten gehaftet werde und weitergehende Ersatzansprüche nicht anerkannt würden. Die Gewährleistungsfrist werde durch Ausbesserung, Ergänzung oder Austausch der gelieferten Gegenstände nicht verlängert oder unterbrochen.

Die klagende Partei baute die von der beklagten Partei bezogenen Steuergeräte (Nettopreis je Stück 4.500 S) in ihre für den Export nach Ungarn bestimmten Ladekräne (Preis 117.377,10 S bzw. 165.700 S) ein und lieferte die Kräne mit Fakturierung durch die S*** Maschinenvertriebsgesellschaft mbH an den Abnehmer in Ungarn. Bald nach der Anwendung ergaben sich Störfälle. Durch eine geringfügige Änderung am Steuerelement konnte die Lärmentwicklung vermindert werden. Die klagende Partei teilte der beklagten Partei am 28. Jänner 1977 mit, sie wünsche eine weitere Lieferung von Steuergeräten nicht; die Geräte seien unbrauchbar; sechs Steuergeräte seien geplatzt. Den Beteiligten blieb die Ursache der Störungen unklar. In Besprechungen, denen der Abnehmer und der Steuergerätehersteller beigezogen wurden, kam es zur Erörterung mehrerer Varianten der Mängelbehebung. Nicht nur Mängel am Steuergerät, sondern auch Konstruktionsmängel an Ladekränen wurden festgestellt. Der österreichische Exporteur verpflichtete sich, Konstruktionsänderungen an den Kränen und einen Austausch der mangelhaften Steuergeräte bis zum Feber 1979 vorzunehmen. Bei den praktischen Versuchen blieb die Ursache der aufgetretenen Schäden an den Steuergeräten unklar. Die klagende Partei meinte, die Geräte seien nicht tauglich, die beklagte Partei und der Erzeuger führten die Störfälle auf falsche Bedienung der Kräne zurück. Der ungarische Abnehmer stornierte die Rahmenbestellung bei der S*** Maschinenvertriebsgesellschaft mbH und gab 26 Autokräne zurück, obwohl inzwischen die klagende Partei Steuergeräte des Herstellers "S***" eingebaut hatte und diese Geräte zufriedenstellend arbeiteten. Es ist nicht auszuschließen, daß die Störungen an den von der beklagten Partei gelieferten Steuergeräten auf Fehler in der Bedienung beim Arbeitseinsatz der Ladekräne zurückzuführen sind. Das Erstgericht war der Rechtsmeinung, der Wandelungsanspruch der klagenden Partei auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Steuergeräte von 585.000 S sei verspätet geltend gemacht, weil die Präklusivfrist von sechs Monaten bei Erhebung der Klage bereits verstrichen war. Schadenersatzansprüche stünden der klagenden Partei nicht zu, weil der ihr obliegende Beweis eines Verschuldens der beklagten Partei nicht erbracht sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes, wonach nicht erwiesen ist, daß die beiden an den Steuergeräten aufgetretenen Mängel, die in Dichtungsschwierigkeiten und im Zerbersten des Gehäuses in mehreren Fällen bestanden, auf einen konstruktiven Fehler der von der beklagten Partei vertriebenen Geräte oder aber auf Bedienungsfehler beim Einsatz der Ladekräne zurückzuführen seien. In den Beweisergebnissen, besonders den Ausführungen des Sachverständigen, sei diese negative Feststellung schlüssig gedeckt. Wenn aber der dafür beweispflichtigen klagenden Partei der Nachweis, daß die von ihr behaupteten Konstruktionsfehler der Steuergeräte vorlagen und schon bei deren Ablieferung durch die beklagte Partei vorhanden waren, nicht gelungen sei, fehle es an den Voraussetzungen für den auf Gewährleistung gestützten Wandelungsanspruch wie für den auf Ersatz der Mängelfolgeschäden gerichteten Anspruchs, ohne daß zur abschließenden rechtlichen Beurteilung weitere Feststellungen, deren Unterbleiben die klagende Partei rügte, erforderlich wären.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die klagende Partei mit ihrer Revision aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Sie beantragt, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Streitsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird im wesentlichen nur der zum Scheitern verurteilte Versuch unternommen, in dritter Instanz die Beweiswürdigung durch die Tatsacheninstanzen zu bekämpfen. Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Bei der Entscheidung im Revisionsverfahren ist von der im Tatsachenbereich getroffenen Feststellung auszugehen, daß die von der klagenden Partei vorgetragene Behauptung, es habe ein von der beklagten Partei zu vertretender Konstruktionsmangel an den von ihr bezogenen Steuergeräten vorgelegen und zu den beim Betrieb der Ladekräne aufgetretenen Störfällen geführt, nicht erwiesen ist. Das Gericht zweiter Instanz hat diese Feststellung des Erstgerichtes übernommen, ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen; denn es oblag den Tatsacheninstanzen, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine solche Angabe für wahr zu halten sei oder nicht (§ 272 Abs 1 ZPO). Wenn es das Berufungsgericht billigte, daß die Ergebnisse der wiederholt ergänzten Begutachtung durch den Sachverständigen in Zusammenschau mit allen anderen erhobenen Beweisen die Überzeugung nicht festigen konnte, die Störungen seien auf Mängel der Steuergeräte zurückzuführen, weil eine andere Ursache ebenfalls in Betracht kommt, die nicht von der beklagten Partei zu vertreten ist, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.

Die klagende Partei geht in ihrer Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie unterstellt, es sei mit einem sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad anzunehmen, daß es sich um Konstruktionsfehler an den von der beklagten Partei gelieferten Steuergeräten handle. Auszugehen ist davon, daß die Versuche, die Ursache der Störfälle zu ermitteln, letztlich keine Klarheit brachten und diese entweder auf Mängel der Steuergeräte, ebenso aber allein auf Bedienungsfehler, die außerhalb des Einflußbereiches der beklagten Partei lagen, zurückgehen können. Bei dieser "entweder-oder-Verursachung" handelt es sich aber nicht, wie die Revisionswerberin meint, um den Fall der kumulativen oder konkurrierenden Kausalität, von dem gesprochen wird, wenn zwei (oder mehr) reale Ursachen gleichzeitig wirksam werden und jede auch allein den Schaden herbeigeführt hätte (Koziol, Haftpflichtrecht2 73). Die allgemeine Beweislastverteilung im Schadenersatzrecht verlangt, daß der Geschädigte den Kausalzusammenhang wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit so doch mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit nachweist (Koziol aaO 327 mwH in FN 22). Nun steht aber hier eben nicht fest, daß die von der klagenden Partei behaupteten Schäden auf einen Mangel der von der beklagten Partei vertriebenen Geräte zurückgehen oder daß dies wenigstens so sehr wahrscheinlich ist, daß von der beklagten Partei der Beweis des Gegenteils verlangt werden könnte; sondern es bleibt offen, ob nicht die Geräte mängelfrei waren und allein falsch bedient wurden. Auch Gewährleistungsansprüche können mit Erfolg nur geltend gemacht werden, wenn dem Anspruchsteller der Beweis des Vorliegens von Mängeln gelingt.

In diesem Fall fehlt aber sowohl einem Gewährleistungsanspruch als auch einem Anspruch auf Ersatz von Mängelfolgeschäden jede Grundlage, wenn unbewiesen blieb, ob überhaupt die zur Begründung des Anspruchs vorgetragene Angabe zutrifft, daß Mängel der Steuergeräte vorlagen und zu den Störfällen führten. Ist schon fraglich, ob in den Steuergeräten überhaupt eine Ursache der festgestellten Betriebsstörungen der Ladekräne lag oder aber eine andere, davon verschiedene Ursache zu den Störungen führte, so fehlt es an einem zu fordernden Nachweis sowohl von Sachmängeln als auch eines Kausalzusammenhanges, und es bedarf weder der Erörterung, wie schadenersatzrechtlich die Haftung in Fällen kumulativer oder alternativer Kausalität zu beurteilen ist, noch der Feststellung, ob die beklagte Partei eine Mängelbehebung zusagte. Darin könnte eine Anerkennung nur erblickt werden, wenn das Vorliegen von Mängeln festgestellt wäre, weil nicht behauptet wurde, daß die beklagte Partei Ansprüche der Klägerin unabhängig vom Vorliegen eines zur Gewährleistung oder zu Schadenersatz verpflichtenden Mangels anerkannt habe.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E11737

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00656.86.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19870701_OGH0002_0030OB00656_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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