TE OGH 1987/8/13 12Os80/87

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Veröffentlicht am 13.08.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.August 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich R*** und Hubert S*** wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen beider Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Hubert S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Februar 1987, GZ 3 a Vr 11961/86-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Erich R*** und Hubert S*** des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Von einem weiteren Anklagepunkt, auch das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB begangen zu haben, wurden beide Angeklagten freigesprochen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen lernte der Angeklagte Erich R*** am 23.September 1986 im Lokal "WHY NOT" in Wien den am 4.März 1970 geborenen Herbert H*** kennen und nahm ihn in die Wohnung des Zweitangeklagten mit. R*** schätzte das Alter des H*** auf 17 Jahre. Auch dem Angeklagten S*** war das wahre Alter des Zeugen bekannt. In der Folge kam es bis zum 7. Oktober 1986 wiederholt zu Hand- und Mundverkehr und auch zu Analverkehr zwischen den beiden Angeklagten einerseits und dem Zeugen H*** andererseits.

Rechtliche Beurteilung

Der Schuldspruch wird von beiden Angeklagten mit auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, der Strafausspruch mit Berufungen angefochten. Die Staatsanwaltschaft bekämpft die Höhe der über S*** verhängten Strafe mit Berufung. Als undeutlich und widerspruchsvoll rügt der Angeklagte Erich R*** die Urteilsannahme, der Deliktszeitraum reiche vom 23. September 1986 bis 7.Oktober 1986, weil sich auch aus den Gründen des Urteils ergebe, daß H*** ca. vom 1. bis 6.Oktober 1986 die Wohnung verlassen hatte und in einem anderen Freundeskreis verkehrte. Mit diesem Vorbringen berührt aber der Beschwerdeführer keinen entscheidungswesentlichen Punkt. Im Urteil wird nur der Zeitraum, in dem öfter gleichgeschlechtliche Unzuchtshandlungen zwischen dem Angeklagten R*** und dem Zeugen H***

stattfanden, umschrieben, ohne daß die einzelnen Unzuchtsakte zeitmäßig genau festgestellt werden konnten. Auch wenn innerhalb dieses Deliktszeitraums an einigen Tagen keine unzüchtige Handlung begangen wurde, so ist dies für die Beurteilung der Schuld des Angeklagten und der Identität von Anklage und Urteil ohne Bedeutung (Mayerhofer/Rieder2, ENr. 18 zu § 281 Z 5 StPO). Ebenso betrifft die gerügte - nach der Aktenlage unrichtige (S 119) - Urteilsannahme, daß sich der Angeklagte nicht schuldig bekannt habe, keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Auch mit dem Vorbringen, daß H*** erst in der zweiten Woche seines Aufenthaltes dem Angeklagten R*** sein wahres Alter mitgeteilt hat, zeigt der Angeklagte keinen Begründungsmangel auf, denn das Erstgericht - das diese Aussage des Zeugen keineswegs überging (S 147 f) - hat seine Feststellung, daß R*** bereits vor der ersten Unzuchtshandlung das wahre Alter des Zeugen H*** mit 17 Jahren geschätzt hat, auf die eigene Verantwortung des Angeklagten R*** vor der Polizei (S 46) und nicht auf die Mitteilung des Zeugen H*** gestützt (S 148).

Worin der ferner geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund gelegen sein soll, ist dem Rechtsmittel nicht zu entnehmen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R*** erweist sich somit zur Gänze als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Aber auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hubert S*** ist nicht berechtigt.

In seiner Mängelrüge verweist der Beschwerdeführer S*** darauf, daß sich der Zeuge H*** älter gemacht und sein Alter mit 18 Jahren angegeben habe. Die Annahme des Erstgerichtes, daß S*** das wahre Alter des Zeugen erkannt habe, sei unzureichend begründet.

Ein Begründungsmangel haftet jedoch dem Urteil nicht an. Das Schöffengericht hat der Verantwortung des Angeklagten S***, er habe angenommen, daß der Zeuge H*** bereits 18 Jahre alt war, keinen Glauben geschenkt. Es hat vielmehr seine Feststellung, S*** habe erkannt, daß H*** noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, mit der Aussage des Erich R*** vor der Polizei, der das Alter des H*** mit 17 Jahren schätzte und der Meinung war, daß dies auch S*** hätte erkennen müssen, ferner, daß Herbert (H***) noch nicht 18 Jahre alt war (S 46) und schließlich in Erwägung des Umstandes, daß S***, der homosexuelle Kontakte und demgemäß Erfahrungen in dieser Szene hat, einige Zeit mit H*** in einer Wohngemeinschaft in engem Kontakt lebte (S 147-149), in einer den Denkgesetzen nicht widersprechenden, ausreichenden Weise begründet.

Mit seinen auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Beschwerdeausführungen übergeht der Angeklagte S*** die Feststellung des Erstgerichtes, daß er das wahre Alter des H*** gekannt hat, führt somit diesen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig aus (Mayerhofer-Rieder2 § 281 StPO E 26-30).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren somit zum Teil nach § 285 d Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO als nicht gsetzmäßig ausgeführt und zum Teil nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet bereits in einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen der beiden Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich Hubert S***) wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Anmerkung

E11655

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00080.87.0813.000

Dokumentnummer

JJT_19870813_OGH0002_0120OS00080_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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