TE OGH 1987/8/13 12Os84/87

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Veröffentlicht am 13.08.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.August 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilfried N*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 18.Februar 1987, GZ 21 Vr 1920/86-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Wilfried N*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Linz mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern dadurch, daß er sich als rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer bzw. zahlungswilliger Dienstleistungsbezieher ausgab, sohin durch Täuschung über Tatsachen die nachangeführten Personen zu Handlungen, nämlich der Gewährung von Darlehen verleitet, die die Genannten an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schade 100.000 S überstieg, und zwar

1. in der Zeit vom 27.Jänner bis 18.April 1986 in mehreren Angriffen Adolf S*** zur Übergabe eines Darlehens in der Höhe von 105.300 S,

2. Anfang Mai 1986 den Gerhard P*** zur Übergabe eines Darlehens in der Höhe von 60.000 S,

3. in den Monaten April und Mai 1986 den Rainer S*** zur Übergabe von Darlehen von insgesamt 96.000 S,

4. am 20.November 1985 Verfügungsberechtigte der Firma Friseursalon S*** zur Erbringung von Dienstleistungen im Wert von 525 S, sowie Übergabe eines Bargeldbetrages von 1.475 S durch Vortäuschung der Zahlungswilligkeit und Hingabe eines ungedeckten Schecks über einen Betrag von 2.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO behauptet der Beschwerdeführer einen dem Erstgericht unterlaufenen Verstoß gegen die Vorschrift des § 260 Abs 2 StPO, weil im angefochtenen Urteil im Anschluß an den Strafausspruch die Feststellung fehle, ob auf eine oder mehrere vorsätzlich begangene strafbare Handlungen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfalle. Dieser Einwand ist schon deshalb verfehlt, weil eine solche Feststellung im Anschluß an den Strafausspruch eines Urteils nur dann zu treffen ist, wenn der Angeklagte wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Straftaten zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wird. Da dem Angeklagten nach dem Schuldspruch Betrug, somit ein vorsätzlich begangenes Delikt zur Last liegt, sind die Voraussetzungen zu einem Ausspruch gemäß § 260 Abs 2 StPO von vornherein nicht gegeben.

Daß das Hauptverhandlungsprotokoll nur vom Vorsitzenden, nicht aber vom Schriftführer unterfertigt worden ist, bildet keine Nichtigkeit im Sinne des § 271 Abs 1 StPO, weil mit Nichtigkeit nur die gänzliche Unterlassung der Protokollierung bedroht ist. Die Vorschriften über den Protokollsinhalt sind dagegen nicht zwingend, ihre Mißachtung steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (Mayerhofer-Rieder, StPO2, § 271 Entsch.Nr. 22).

Im vorliegenden Protokoll über die Hauptverhandlung vom 18. Februar 1987 sind - nach der vom Vorsitzenden über Antrag des Verteidigers (ON 32) beschlossenen Ergänzung vom 1.April 1987, vgl. S 3 g verso - die Aussagen der Zeugen Gerhard P*** (S 153 verso), Rainer S*** (S 159), Gertrude und Franz M*** (S 153 a verso, S 153 c), enthalten. Weil entscheidend jene Fassung ist, die der Vorsitzende dem Hauptverhandlungsprotokoll gibt, können diese ursprünglich vorhandenen Auslassungen weder unter dem Grunde der Z 3 noch dem der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gerügt werden. Mit dem Vorbringen, daß zu dem unter Punkt 4 angeführten Schuldspruch in Ansehung der Erschleichung von Dienstleistungen des Friseursalons S*** es an der erforderlichen Anklage fehle, macht der Beschwerdeführer der Sache nach den Grund der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO geltend. Auch dieser Vorwurf ist nicht berechtigt:

In der Hauptverhandlung hat der öffentliche Ankläger die Anklage gegen den Beschwerdeführer auf den sodann im erstgerichtlichen Schuldspruch unter den im Punkt 4 vorgenannten Vorfall vom 20. November 1985 ausgedehnt und in diesem Zusammenhang dem Angeklagten die Übergabe eines ungedeckten Schecks in der Höhe von 20.000 S (richtig wohl 2.000 S) an S*** als betrügerische Vorgangsweise angelastet (vgl. S 132).

Zu diesem Anklagevorwurf stellte das Erstgericht im angefochtenen Urteil fest, daß der Angeklagte am 20.November 1985 tatsächlich im Friseursalon des Karl S*** in Linz (Hans Joachim S*** war dort Geschäftsführer, vgl. S 33 des in das vorliegende Verfahren einbezogenen Aktes 18 U 1316/86 des Bezirksgerichtes Linz, ON 28) einen ungedeckten Scheck über 2.000 S ausgefolgt hat, womit er die zuvor in diesem Friseursalon erbrachte Dienstleistungen (er ließ sich dort frisieren, wofür er 525 S schuldete) scheinbar bezahlte. Den Restbetrag von 1.475 S ließ er sich herausgeben (Ersturteil S 158). Das Erstgericht hat somit im angefochtenen Urteil den unter Anklage gestellten Vorfall am 20. November 1985 dem Friseursalon S*** entsprechend den Verfahrensergebnissen nur näher konkretisiert, indem es ausführte, wozu die in der Anklageausdehnung angeführte Hingabe eines ungedeckten Schecks von 2.000 S dienen sollte, nämlich zum Teil zur angeblichen Begleichung der vom Angeklagten in diesem Friseursalon betrügerisch erschlichenen Dienstleistung im Gegenwert von 525 S und ferner zur Herauslockung des Differenzbetrages von 1.475 S. Von einer Anklageüberschreitung kann unter diesen Umständen somit keine Rede sein, weil das Erstgericht nur zulässigerweise eine nähere Konkretisierung des von der Anklageausdehnung erfaßten Vorfalls vom 20. November 1985 vorgenommen und demnach dem Schuldspruch kein anderes, von der Anklageausdehnung abweichend, Ereignis zugrundegelegt hat (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO2, Nr. 1, 2, 6, 7, 13, 18, 19, 24-29 sowie 40 zu § 262).

Mit dem weiteren pauschalen Beschwerdevorbringen, daß auch die übrigen Schuldvorwürfe und der Ausspruch des Erstgerichts über entscheidende Tatsachen mit den in den Akten befindlichen Urkunden und mit der Aussage des Zeugen S*** in Widerspruch stünden und offenbar unzureichend begründet seien, wird mangels näherer Substantiierung ein Mangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht aufgezeigt.

Nach den Konstatierungen des Erstgerichts lieh sich der Beschwerdeführer von S*** Geldbeträge zur Anmietung eines Lokals und zur Errichtung einer "Peep Show" aus, wobei von ihm als Rückzahlungstermin zunächst der 1.März 1986 (S 160) und sodann der 1. April 1986 (S 162) zugesichert wurde. Der Beschwerdeführer war sich zu diesem Zeitpunkt darüber im klaren, daß die Rückzahlung der Beträge mehr oder minder vom Zufall abhängig ist und hat diesen Umstand in Kauf genommen, um zu Geld zu kommen, welches er für private Zwecke verwendete (vgl. S 160); er war sich darüber bewußt, daß er die geliehenen Geldbeträge nicht bis 1.Juli 1986 (wie von ihm versprochen, vgl. S 162) und auch nicht innerhalb wirtschaftlich vertretbarer Zeit werde zurückzahlen können. Auch bei dem von Gerhard P*** erhaltenen Darlehen (Punkt 2 des Urteilssatzes) war dem Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen klar, daß er den vereinbarten Rückzahlungstermin auf keinen Fall werde einhalten können; er hat auch hier ernstlich bedacht, daß er die Rückzahlung in wirtschaftlich vertretbarer Zeit nicht werde vornehmen können, was ihm "egal" war, weil es ihm lediglich darum ging, zu Geld zu gelangen (S 166). Zu dem ihm angelasteten Betrug zum Nachteil des Rainer S*** schließlich stellte das Gericht fest, daß der Angeklagte diesem gegenüber als Eröffnungszeitpunkt des für die "Peep Show" vorgesehenen Lokals den Juli 1986 genannt hatte und damit den Eindruck erweckte, er plane tatsächlich zu diesem Zeitpunkt die Eröffnung dieser Show und damit auch den Beginn der Rückzahlung des Darlehens, daß er jedoch bei der Darlehensaufnahme daran dachte, daß er diese Beträge nicht werde zurückzahlen können, was ihm aber gleichgültig ("egal") war, weil er das Geld für seinen Lebensunterhalt benötigte (S 164).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, der Angeklagte habe tatsächlich den Entschluß gefaßt, sich selbständig zu machen und ein Lokal zur Veranstaltung einer "Peep Show" zu eröffnen, den Darlehensnehmern sei von Anfang an bewußt gewesen, daß sie sich an einer riskanten Sache beteiligen, so übergeht sie die oben wiedergegebenen Urteilskonstatierungen und versucht nur, seiner vom Erstgericht abgelehnten Darstellung zum Durchbruch zu verhelfen, bekämpft somit im Ergebnis die Beweiswürdigung des Erstgerichts, wobei er die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes ignoriert. Auch der in der Mängelrüge in sachlicher Ausführung des Grundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Einwand, das Urteil treffe zum Faktum 1 des Urteilssatzes keine Feststellungen zum Schuldvorwurf des Betruges, geht an diesen Konstatierungen vorbei. Weil der Beschwerdeführer solcherart nicht, wie dies zur gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge erforderlich wäre, an den die Grundlagen des Schuldspruchs bildenden tatsächlichen Feststellungen des Urteils festhält, ist sie nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die vom Angeklagten außerdem erhobenen Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden.

Anmerkung

E11929

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00084.87.0813.000

Dokumentnummer

JJT_19870813_OGH0002_0120OS00084_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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