TE OGH 1987/8/13 12Os77/87

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Veröffentlicht am 13.08.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.August 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard T*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nF und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.November 1986, GZ 6 b Vr 13.069/85-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Punkt 2 des Schuldspruchs wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nF und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde (betreffend Punkt 1 des Schuldspruchs wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG) zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard T***

1. des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG aF (richtig: neue Fassung) und

2. des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nF schuldig gesprochen, weil er

1. Mitte Oktober 1984 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge eingeführt und in Verkehr gesetzt hat, indem er in Gesellschaft der abgesondert Verfolgten Michael B*** jun., Richard S*** und Simon G*** ca 2,8 kg

Cannabisharz von Marokko nach Österreich einführte und zumindest 175 Gramm Cannabisharz in Tirol weiterverkaufte bzw weitergab,

2. ab Oktober 1984 bis Ende 1985 in verschiedenen Orten des Bundesgebietes Suchtgifte erworben und besessen hat. Er wurde hiefür nach § 28 StGB, § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nF zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung.

Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, daß der Angeklagte die von Simon G*** in Österreich übernommenen 175 Gramm Cannabisharz teils für den Eigenbedarf verwendete, teils an unbekannte Personen in Tirol weitergab, und daß er eine geringe Haschischmenge (80 Gramm) persönlich von Marokko nach Österreich schmuggelte. Der Mangel der beweismäßigen Deckung dieser Annahme ergebe sich insbesonders aus den Aussagen in der Hauptverhandlung und aus der Aussage des Simon G*** vom 8.Oktober 1985.

Die Mängelrüge ist nicht begründet, denn das Schöffengericht hat den Angaben der vernommenen Zeugen in der Hauptverhandlung nur sehr eingeschränkt Glauben geschenkt, vielmehr aufgrund der Verantwortung der Beschuldigten Simon G*** und Richard S*** im Vorverfahren (S 77 und 35) die Feststellung getroffen (S 189, 190), daß sich der Angeklagte am Erwerb von ca 2,8 kg Cannabisharz in Marokko durch Anbahnung des Kontaktes mit dem Lieferanten und Beisteuerung von Geldbeträgen beteiligt hat, daß er 80 Gramm Cannabisharz im After nach Österreich schmuggelte und 175 Gramm - aus der geschmuggelten Menge von ca 2,8 kg Cannabisharz - in Österreich von G*** übernahm (S 79), und daß er die 175 Gramm Cannabisharz in Österreich zum Teil selbst verwendete, zum Teil veräußerte (S 35).

Rechtliche Beurteilung

Ein Begründungsmangel haftet somit dem Urteil nicht an. Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO rügt der Beschwerdeführer, daß das Erstgericht keine Feststellung in Richtung seines Vorsatzes, insbesonders in Richtung auf eine große Menge Suchtgift, getroffen habe.

Mit diesen Ausführungen übergeht der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellungen, daß der Angeklagte, der in maßgeblicher Funktion an dem Erwerb von 2,8 kg Cannabisharz beteiligt war, mit dem Tatplan handelte, Cannabisharz im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit anderen nach Österreich zu schmuggeln und zum eigenen Gebrauch sowie zur Weiterveräußerung zu verwenden, und daß er wußte und hinnahm (§ 5 Abs. 1 StGB), daß die zur Weiterveräußerung gedachte Haschischmenge im großen Ausmaß Gesundheit oder Leben von Menschen zu gefährden geeignet war (S 189, 193), daß somit sein (zumindest bedingter) Vorsatz nach diesen Feststellungen des Erstgerichtes auch auf eine große Menge Cannabisharz im Sinne des § 12 SuchtgiftG nF gerichtet war. Auch der gerügte Feststellungsmangel in Richtung des Anklage- und Urteilsfaktums 2 (Vergehen nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nF durch Erwerb und Besitz von Suchtgift in der Zeit von Oktober 1985 bis Ende 1985) haftet dem Urteil nicht an, denn das Gericht stellt ausdrücklich fest, daß der Angeklagte spätestens seit seiner Rückkehr aus Marokko im Oktober 1984 und zumindest bis Jahresende 1985 neben den 175 Gramm Haschisch, die er von G*** erhielt, bzw den 80 Gramm Haschisch, die er persönlich nach Österreich schmuggelte, in nicht mehr feststellbarer Weise unberechtigt weiteres Suchtgift erworben und zur Deckung des eigenen Bedarfes verwendet hat (S 190, 193, 194).

Im Recht ist hingegen die Mängelrüge, daß diese (Punkt 2 des Schuldspruches betreffende) Feststellung im Urteil nicht begründet wird. Denn das Erstgericht hat die Annahme, daß der Angeklagte - außer der von Punkt 1 des Schuldspruches erfaßten Suchtgiftmenge - in der Zeit vom Oktober 1984 bis Ende 1985 in Österreich weitere Suchtgifte erworben und besessen hat, auf keine konkreten Beweisergebnisse gestützt, vielmehr nur eine Vermutung ausgesprochen (S 193, 194).

Der Punkt 2 des Schuldspruches betreffenden Mängelrüge des Angeklagten war somit gemäß § 285 e StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben, weil sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nF (Punkt 2) hatte auch die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge. Im übrigen war aber die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Beratung zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO und zum Teil als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Fassung des Urteilssatzes (Punkt 1), die Zitierung der die Strafe bestimmenden Gesetzesstelle und die diesbezüglichen Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen (S 194) lassen erkennen, daß § 12 Abs. 1 SuchtgiftG in der Fassung der Novelle 1985 angewendet wurde und die Zitierung "§ 12 Abs. 1 SGG a.F." im Spruch des Urteils (S 187) auf einem Schreibfehler beruht. Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO bestand kein Anlaß, weil § 12 Abs. 1 SGG n.F. das für den Angeklagten günstigere Gesetz war (§ 61 StGB; ÖJZ-LSK 1986/85).

Anmerkung

E11664

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00077.87.0813.000

Dokumentnummer

JJT_19870813_OGH0002_0120OS00077_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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