TE OGH 1987/9/1 5Ob7/87

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Veröffentlicht am 01.09.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Architekt Horst H***, 2.) Klaus U***, 3.) Anna M***, 4.) Margarita A***, 5.) Josef S***,

6.)

Maria S***, 7.) Johanna I***, 8.) Waltraud F***,

9.)

Margareta M***, 10.) Hellmuth W***, 11.) Johanna B***,

12.)

Kurt P***, 13.) Dr. Gerhard K***, 14.) Dkfm. Susanne K***, 15.) Dipl.Ing. Rüdiger W***, 16.) Dipl.Ing. Ernst W***, 17.) Margarete O***, 18.) Dr. Felix E***, 19.) Gertrud S***, 20.) Johanna W***, 21.) Leopold H***, 22.) Erika J***, 23.) Maria V***, 24.) Ilse K***, 25.) Josef H***,

26.)

Herbert G***, 27.) Dr. Helga G***, 28.) Karoline K***,

29.)

Hilda MAY, 30.) Dr. Wilhelm H***,

31.)

Hofrat Dipl.Ing. Wilhelm H***, 32.) Maria H***,

33.)

Dr. Gertraude S***, 34.) Martina W***, 35.) Johann B***,

36.)

Emil F***, 37.) Lieselotte B***, 38.) Gertraud R***, 39.) Friedrich H***, 40.) Elisabeth M***,

41.)

Ing. Franz P***, 42.) Roman K***,

43.)

Dipl.Ing. Constantin D***, 44.) Karl Heinz H***-E***,

45.)

Elisabeth H***-E***, sämtliche wohnhaft

Sieveringerstraße 109, 1190 Wien, mit Ausnahme des 15.) und

              30.)              Antragstellers, sämtliche vertreten durch G*** B*** "W***", Gesellschaft m.b.H., Döblinger

Hauptstraße 68, 1190 Wien, diese vertreten durch Dr. Alfred Peter Musil, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Maria S***, Pensionistin, Sieveringerstraße 109/4/6, 1190 Wien, wegen Feststellung und Zustimmung, betreffend die gemeinschaftliche Heizungsanlage (§ 19 Abs 1 WEG), infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Oktober 1986, GZ 41 R 455/86-49, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 3. Juni 1986, GZ 5 Nc 319/83-41, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin hat die ihr erwachsenen Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind Mit- und Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage Sieveringerstraße 109 im 19. Wiener Gemeindebezirk. Der von den damaligen Wohnungseigentumsbewerbern und der Wohnungseigentumsorganisatorin am 6./12. Juli 1979 geschlossene Wohnungseigentumsvertrag sah u.a. vor, daß die Aufteilung der Heizkosten im Verhältnis des tatsächlichen Aufwandes unter Zugrundelegung der "derzeit" von der Fa. G*** festgestellten Ergebnisse der Verbrauchsmessung zu erfolgen habe. Die nunmehrige Antragsgegnerin hat diesen Vertrag nicht unterfertigt und sie will diese von den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern als Antragsteller in diesem Verfahren als zulässig und bindend angesehene Vereinbarung der Mehrheit (§ 19 Abs 1 Z 1 WEG 1975), daß der Verbrauch der Zentralheizungsanlage im Verhältnis des tatsächlichen Aufwandes unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Verbrauchsmessung aufzuteilen sei, nicht anerkennen. Das Erstgericht hat antragsgemäß festgestellt, daß die Vereinbarung der Miteigentümer im Wohnungseigentumsvertrag vom

6. bzw. 12. Juli 1979, wonach der Verbrauch der Zentralheizungsanlage im Verhältnis des tatsächlichen Aufwandes unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Verbrauchsmessung aufzuteilen ist, zulässig sei. Den weiteren Antrag auf Feststellung, daß die Antragsgegnerin verpflichtet sei, der Anbringung von Meßgeräten an den Heizkörpern in ihrer Wohnung Nr. 6 im Hause Sieveringerstraße 109, Stiege IV zuzustimmen, wies das Erstgericht zurück, weil es dafür nur den streitigen Rechtsweg als zulässig ansah. Zur Begründung seines Sachbeschlusses führte das Erstgericht im wesentlichen an:

Der Wohnungseigentumsvertrag vom 6. bzw. 12. Juli 1979 stelle in Beziehung auf die Kosten der Zentralheizungsanlage eine gültige Vereinbarung nach § 19 Abs 1 Z 2 WEG dar; es sei unerheblich, daß die Antragsgegnerin an diesem Vertrag nicht beteiligt war, denn die verbücherte Vereinbarung sei auch für sie als Rechtsnachfolgerin der damaligen Vertragspartnerin (d.i. die Wohnungseigentumsorganisatorin und damalige Liegenschaftseigentümerin) den übrigen Miteigentümern gegenüber verbindlich. Inwieweit die durch § 56 MRG bewirkte Änderung des § 19 Abs 1 Z 2 WEG auf die getroffene Vereinbarung Einfluß hat, könne dahingestellt bleiben, da die grundsätzliche Zulässigkeit der vom gesetzlichen Schlüssel abweichenden Vereinbarung dadurch nicht berührt werde.

Das von der Antragsgegnerin angerufene Gericht zweiter Instanz wies in Abänderung des Sachbeschlusses des Erstgerichtes - der Zurückweisungsbeschluß wurde mangels Anfechtung rechtskräftig - das Begehren der antragstellenden Mit- und Wohnungseigentümer ab. Es begründete seine Sachentscheidung im wesentlichen so:

Bis zur Verbücherung des Wohnungseigentumsvertrages vom 6./12. Juli 1979 im Jahre 1980 sei die Wohnungseigentumsorganisatorin alleinige Eigentümerin der Liegenschaft gewesen, auf der sich die Wohnungseigentumsanlage Sieveringerstraße 109 im 19. Wiener Gemeindebezirk befindet. Dieser Vertrag habe den Titel zum Erwerb des Wohnungseigentums gebildet und die Vertragspartnerschaft aller Miteigentümer vorausgesetzt; es sei aber nicht erforderlich gewesen, daß die vertragschließenden Teile schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Miteigentümer waren, vielmehr habe es genügt, daß das Wohnungseigentum im Hinblick auf künftige Begründung des Miteigentums vereinbart war. Der Abschluß dieses Vertrages bedeute aber nicht, daß damit auch wirksam eine Vereinbarung im Sinne des § 19 Abs 1 WEG getroffen wurde: eine derartige Vereinbarung über die Änderung des bisher gehandhabten Heizkostenschlüssels durch eine verbrauchsabhängige Heizkostenberechnung unter Verwendung von Meßgeräten sei als wichtige Veränderung keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung und könne nur von allen Miteigentümern (Wohnungseigentümern) wirksam geschlossen werden. Dabei sei zu berücksichtigen, daß vor dem Zeitpunkt der Verbücherung des Wohnungseigentums Voraussetzung für die Anwendung des § 19 WEG sei, daß zumindest gemischtes, also nebeneinander bestehendes Wohnungseigentum und schlichtes Miteigentum bestehe. § 19 Abs 1 Z 2 WEG sei in erster Linie darauf abgestellt, den vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel für die Aufwendungen abweichenden Nutzungsmöglichkeiten und Veränderungen durch ntsprechende Vereinbarungen Rechnung zu tragen und diese etwa nach längerer Verwaltung zu korrigieren; Grundlage hiefür sei aber eine endgültige Festsetzung der Nutzwerte und der Miteigentumsanteile und des auf ihnen aufbauenden Verteilungsschlüssels, um vorhandenen erheblichen Diskrepanzen bei den objektiven Nutzungsmöglichkeiten Rechnung zu tragen. Selbst wenn von Anfang an Verdunstungsmesser in jeder Wohnung montiert gewesen wären, so sei die Verrechnung tatsächlich nicht unter Zugrundelegung von Verbrauchsmessungen erfolgt. im Zeitpunkt des im Wohnungseigentumsvertrag genannten Beschlusses der Mehrheit der künftigen Miteigentümer habe es daher als Regelung hinsichtlich der Aufwendungen für die Heizung keine Verbrauchsmessung gegeben. Ein Beschluß auf Einführung der verbrauchsabhängigen Berechnung der Heizkosten habe deshalb zum damaligen Zeitpunkt auch der Antragsgegnerin gegenüber keine Wirksamkeit entfalten können, weil er als nicht in den Bereich der ordentlichen Verwaltung zählende wichtige Angelegenheit der Vereinbarung aller Miteigentümer bedurfte. Da zum Zeitpunkt dieses Vertragsschlusses Wohnungseigentum überhaupt noch nicht bestanden habe, sei die getroffene Vereinbarung überdies nicht als eine solche im Sinne des § 19 WEG anzusehen. Es fehle auch die Grundlage für eine verbrauchsabhängige Berechnung der Heizkosten, nämlich die Montage des Meßgeräte in allen Wohnungen - die Antragsgegnerin habe sich bisher der Montage des (neuen) Meßgerätes widersetzt - , so daß auch § 19 Abs 1 Z 1 WEG i. d.F. des § 56 MRG nicht anwendbar sei.

Die antragstellenden Mit- und Wohnungseigentümer bekämpfen den Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz mit Revisionsrekurs und beantragen in erster Linie die Wiederherstellung der Entscheidung erster Instanz; hilfsweise begehren sie die Aufhebung der bekämpften Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Beschlußfassung in die erste Instanz.

Die Antragsgegnerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung vom 17. Dezember 1985, 5 Ob 6/85, seine Überzeugung ausgedrückt, daß die Vereinbarung eines Heizkostenverteilungsschlüssel, der den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten der Heizung Rechnung trägt, dem § 19 Abs 1 Z 1 WEG zu unterstellen ist. Eine solche Vereinbarung kann nach dieser Vorschrift von der Mehrheit der Miteigentümer getroffen und auch wieder geändert werden. Wenn der Verbrauch oder der Anteil am Gesamtverbrauch jedes einzelnen Benützers der zentralen Heizungsanlage durch besondere Vorrichtungen (Geräte) feststellbar ist, so darf zufolge des zwingenden Charakters des 2. Satzes des § 19 Abs 1 Z 1 WEG nur mit dem dort vorgesehenen Verteilungsschlüssel die Aufteilung der Heizkosten auf die einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer vorgenommen werden. Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung ist dann freilich auch davon abhängig, daß alle Heizkörper der Anlage mit Meßgeräten ausgestattet sind, oder, wenn dies zur Zeit der Vereinbarung noch nicht der Fall ist, werden, denn solange dieses Erfordernis nicht besteht, kann die Heizkostenaufteilung nicht in verbrauchsabhängiger Weise vorgenommen werden.

Die Parteien haben hier übereinstimmend vorgebracht, daß in der Wohnungseigentumsanlage von Anfang an Geräte zur Messung des Verbrauches an den Heizkörpern angebracht waren und alle Wohnungen an die zentrale Heizungsanlage angeschlossen sind. Es waren daher auch die Voraussetzungen für die im Wohnungseigentumsvertrag von der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentumsbewerber - ausgenommen lediglich die Antragsgegnerin - getroffene Vereinbarung vorhanden, daß die Aufteilung der Heizkosten im Verhältnis des tatsächlichen Aufwandes unter Zugrundelegung der Verbrauchsmessung, die damals von der Fa. G*** vorzunehmen war, zu erfolgen hat. Der Zulässigkeit dieser Vereinbarung konnte es auch nicht schaden, daß zur Zeit ihres Abschlusses bloß die Wohnungseigentumsorganisatorin Eigentümerin der Liegenschaft war und nicht einmal sogenanntes gemischtes Wohnungs- und Miteigentum mit wenigstens einem Wohnungeigentumsbewerber bestand, denn wirksam konnte die Vereinbarung erst mit der Begründung von Wohnungseigentum durch den entscheidenden Grundbuchakt (Einverleibung) werden, auf dieses Ziel hin war sie schließlich getroffen worden. Es ist völlig bedeutungslos, daß zwischenzeitig eine Verrechnung der Heizungskostenanteile nicht entsprechend der getroffenen Vereinbarung erfolgte, weil die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer - ausgenommen bloß die Antragsgegnerin - nach wie vor zu der seinerzeit getroffenen Vereinbarung steht und diese auch in diesem Verfahren als zulässig festgestellt haben will, so daß kein Raum für die Annahme irgendwelcher gegenteiliger schlüssiger Mehrheitsbeschlüsse oder -vereinbarungen vorhanden ist. Zu bemerken ist lediglich, daß die vom Erstgericht mit Recht getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Mehrheitsvereinbarung der Wohnungseigentumsbewerber vom 6./12. Juli 1979 nunmehr - nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 19 Abs 1 Z 1 WEG durch § 56 Z 2 MRG am 1. Jänner 1982 - in der zwingend gebotenen Fassung des dort vorgesehenen Verteilungsschlüssels zu verstehen ist; diesem Umstand erscheint durch die von der seinerzeitigen Vereinbarung abweichende Formulierung des Feststellungsbegehrens ausreichend Rechnung getragen.

Aus den dargelegten Erwägungen ist dem Revisionsrekurs der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer Folge zu geben und in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 37 Abs 3 Z 19 MRG und §§ 40, 41 ZPO.

Anmerkung

E12087

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00007.87.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19870901_OGH0002_0050OB00007_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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