TE OGH 1987/9/1 5Ob67/87

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Veröffentlicht am 01.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Slobodan M***, Kaufmann, Hofgasse 12, 6020 Innsbruck, und 2. Monika M***, Geschäftsfrau, Hofgasse 12, 6020 Innsbruck, beide vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner Peter P***, Kaufmann, Hofgasse 4, 6020 Innsbruck, vertreten durch DDr. Walter Nowak, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Überprüfung der Angemessenheit des Hauptmietzinses nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Rekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 20. März 1987, GZ 3 a R 174/87-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. Dezember 1986, GZ Msch 96/86-3, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

Die Eigentümerin von 7/8 Anteilen der Liegenschaft

EZ 36 II KG Innsbruck mit dem Gasthof "Zum Burgriesen" in der Hofgasse 12 im Stadtzentrum von Innsbruck, Philomena S***, hatte im Rechtsstreit AZ 11 C 165/85 des Bezirksgerichtes Innsbruck gegen die nunmehrigen Antragsteller ein Urteil erwirkt, wonach diese den Raum mit rund 50 m2 Nutzfläche im Erdgeschoß mit Ausnahme der Verkaufsauslage zur Hofgasse und der dahinter liegenden Fläche bis zum Verkaufspult von etwa 4 m2 zu räumen hatten; das auf Räumung auch des zuletzt bezeichneten Teiles des Geschäftsraumes gerichtete Mehrbegehren der Mehrheitseigentümerin Philomena S***, der als Nebenintervenient der nunmehrige Antragsgegner beitrat, weil ihm die zwangsversteigerte Liegenschaft am 17. November 1983 nach Erhebung der Räumungsklage zugeschlagen worden war, wurde rechtskräftig abgewiesen. In dem Rechtsstreit war davon ausgegangen worden, daß den Antragstellern im Jahr 1982 eine Auslagenvitrine und der kleine Teil des dahinterliegenden, im übrigen nach der Einstellung des früheren Gastwirtschaftsbetriebes wegen Ablagerung von Schutt und Abfall unbenützbaren 50 m2 großen Raumes zu geschäftlichen Zwecken in Bestand gegeben worden war. Die Mieter sollten diesen Teil des Raumes durch einen Vorhang vom übrigen Raum abgrenzen. Im August 1982 nahmen die Antragsteller den Geschäftsbetrieb durch Verkauf von Schallplatten, Musikkassetten und Souvenirs vom in Bestand genommenen Teil des Raumes aus durch die Schaufenstervitrine (ehemals ein Fenster) an ihre Kunden auf. Der vereinbarte Mietzins betrug S 10.000,-- für die Sommermonate und S 5.000,-- für die Wintermonate, jährlich also S 90.000,--. Nach rechtskräftiger Entscheidung im Räumungsprozeß beantragten die Mieter gegen den nunmehrigen Alleineigentümer der Liegenschaft bei der Gemeinde die Prüfung der Angemessenheit des Mietzinses mit der Begründung, daß dieser mit S 10.000,-- bzw. S 5.000,-- für die nur 4 m2 große Teilfläche der Geschäftsräumlichkeit die Angemessenheitsgrenze überschreite.

Der Gegner wendete ein, das Rechtsverhältnis unterliege nicht dem Mietrechtsgesetz, weil den Antragstellern kein Raum, sondern nur eine kleine Teilfläche des Gaststättenraumes in Bestand gegeben wurde; im übrigen sei der vereinbarte Mietzins wegen des Standplatzes in der Innsbrucker Altstadt und der Entwertung des übrigen Teiles des Erdgeschoßraumes angemessen.

Die Gemeinde wies den Antrag ab, weil von den Antragstellern nur die vom übrigen Raum nicht abgetrennte Teilfläche in Bestand genommen wurde und das Mietrechtsgesetz nur die Raummiete erfasse. Die Mieter riefen das Gericht an und setzten dadurch diese Entscheidung außer Kraft.

Das Erstgericht wies ebenfalls den Antrag ab. Es schloß sich der Ansicht des Antragsgegners an und meinte, Raummiete liege nur vor, wenn sie sich auf einen räumlich abgegrenzten Bestandgegenstand erstrecke; die Flächenmiete unterliege nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, sodaß es auch nicht zu einer Angemessenheitsprüfung kommen könne.

Das Rekursgericht hob über den Rekurs der Mieter diesen Sachbeschluß des Erstgerichtes auf, trug die Verfahrensergänzung und neue Entscheidung auf und sprach aus, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei. Das Rekursgericht kam zur Ansicht, es handle sich um eine vom Mietrechtsgesetz erfaßte Raummiete, wenn auch nur ein räumlich nicht abgegrenzter Teil eines Geschäftsraumes vermietet werde. Das Fehlen einer vertikalen Abteilung bewirke nicht "Flächenmiete". Das Bestandverhältnis unterliege daher, weil eine andere Ausnahme vom Gegner nicht behauptet wurde, den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes über die Mietzinsvereinbarung und der Überprüfbarkeit nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG, doch fehle es an den für eine abschließende Sachentscheidung erheblichen Feststellungen.

Den Aufhebungsbeschluß bekämpft der Antragsgegner mit seinem zulässigen (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG) Rekurs. Er will die Wiederherstellung des abweisenden Beschlusses des Erstgerichtes erreichen.

Die Antragsteller beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Das Mietrechtsgesetz gilt für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art (wie im besonderen von Geschäftsräumen, Magazinen, Werkstätten, Arbeitsräumen, Amts- und Kanzleiräumen) samt den etwa mitgemieteten Haus- und Grundflächen (wie im besonderen von Hausgärten, Abstell-, Lade- oder Parkflächen) und für die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte (§ 1 Abs 1 Halbsatz 1 MRG). Die Miete von Grundstücken zu Geschäftszwecken allein wird vom Mietrechtsgesetz nicht mehr erfaßt (RV 425 BlgNR 15. GP in Würth-Zingher, MRG2, 9 ff.; Bernat in Korinek-Krejci, HBzMRG, 106; Würth in Rummel, Rz 3 zu § 1 MRG; SZ 57/194 m.w.H.; EvBl 1986/127). Hier haben aber die Antragsteller nicht eine Grundfläche gemietet, sondern einen Teil eines Raumes, um dort ihre geschäftliche Tätigkeit zu entfalten. Nach dem zunächst maßgebenden eindeutigen Wortlaut hat der Gesetzgeber neben der Miete von Wohnungen auch die Miete einzelner Wohnungsteile - in der Regel einzelner Zimmer (Bernat a.a.O., 104) in den Anwendungsbereich einbezogen, hingegen durch Anführung von "Geschäftsräumlichkeiten" die Miete solcher Objekte nur dann den Vorschriften des MRG unterstellt, wenn es sich um Räume, also baulich umschlossene Einheiten handelt. Räumliche Teile eines Geschäftsraumes ohne bauliche Abgrenzung, wie hier der über einer 4 m 2 großen Teilfläche des rund 50 m2 großen Raumes gelegene, nur durch einen Vorhang abzugrenzende Raumteil, sind nicht Geschäftsräumlichkeit im Sinne des § 1 Abs 1 MRG. Ihre entgeltliche Zurverfügungstellung fällt nicht in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes.

Damit ist der den Antrag der Mieter abweisende Sachbeschluß des Erstgerichtes im Ergebnis berechtigt, weil die Vorschriften des MRG, so insbesondere auch § 16 MRG und § 37 MRG auf das Vertragsverhältnis nicht anzuwenden sind.

Anmerkung

E12084

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00067.87.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19870901_OGH0002_0050OB00067_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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