TE OGH 1987/9/1 5Ob33/87

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Veröffentlicht am 01.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Mietrechtssache der antragstellenden Hauptmieterin Liesbeth S***, Private, Bahnhofstraße 12, 1140 Wien, vertreten durch Karl S***, ebendort, wider die Vermieterin und Antragsgegnerin Elisabeth Z***, Pensionistin, Serravagasse 6, 1140 Wien, vertreten durch Dr. Manfred Melzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Angemessenheit des Hauptmietzinses, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14.August 1986, GZ 48 R 182/86-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hitzing vom 1.Oktober 1985, GZ 4 Msch 17/83-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der beiden Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der Wohnung Nr. 5 in dem der Antragsgegnerin gehörigen Haus Bahnhofstrasse Nr. 12 im

14. Wiener Gemeindebezirk. Sie begehrte die Herabsetzung des vereinbarten Hauptmietzinses gemäß § 44 Abs 2 MRG.

Die Antragsgegnerin wendete ein, daß es sich bei der von der Antragstellerin gemieteten Wohnung um eine solche der Ausstattungskategorie B von mehr als 130 m2 Nutzfläche handle, so daß die Mietzinsbildung frei sei.

Das Erstgericht erachtete die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 MRG als gegeben, nahm eine Nutzfläche der Wohnung von 129,58 m2 und deren Ausstattung nach Kategorie B an und sprach aus, daß die Antragsgegnerin als Vermieterin der antragstellenden Hauptmieterin gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung von S 1.491,93 überschritten habe.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und ließ den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil es den hier streitigen Fragen der Nutzflächenberechnung in Ermangelung einer (gefestigten) Rechtsprechung grundsätzlich Bedeutung beimaß.

Im Unterschied zum Erstgericht erachtete das Rekursgericht jene Fläche, die durch die Verfliesung der Küchenwände eingenommen wird und die das Erstgericht mit 0,30 m2 annahm, als nicht zur Nutzfläche zählend: eine Wand bestehe nicht nur aus ihrem konstruktiven Kern, sondern auch aus dem (beiderseitigen) Verputz und den in untrennbare Verbindung mit diesem gebrachten Fliesen, so daß die Verfliesung einen Teil der Wand bilde.

Hingegen billigte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß die durch einen gemauerten, vom Fußboden bis in eine Höhe von 1,50 m aufragenden Sockel gebildete Grundfläche von 0,90 x 0,23 m (= 0,207 m2) nicht in die Nutzfläche einzubeziehen sei, weil ihre Verwendung als Bodenfläche mangels Begehbarkeit nicht in Betracht komme; von wem dieser Sockel, der eine Ummauerung des Zählerkastens darstelle, geschaffen wurde, sei gleichgültig. Den Beschluß des Rekursgerichtes bekämpft die Vermieterin als Antragsgegnerin mit Revisionsrekurs. Sie stellt den Hauptantrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Begehren der antragstellenden Mieterin abzuweisen; hilfsweise begehrt sie, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung in eine Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die antragstellende Hauptmieterin hat keine Rechtsmittelgegenschrift eingebracht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Vermieterin ist berechtigt. Den Ausführungen des Rekursgerichtes zur Einbeziehung der Verfliesung in die Wand, auf der sie als unselbständiger Bestandteil aufgebracht wurde, ist grundsätzlich beizustimmen. Der Vermieterin ist jedoch darin Recht zu geben, daß es bei der Berechnung der Nutzfläche auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Vermietung entsprechend der vertraglich bedingten Beschaffenheit ankommt. War demnach die Küche nicht verfliest, so kann auch nunmehr bei der Berechnung der Nutzfläche nur die Küchenwand ohne Verfliesung berücksichtigt werden, denn andernfalls läge es - worauf die Vermieterin zutreffend hinweist - im Belieben des Hauptmieters, durch eigenmächtige Veränderungen dieser Art die Größe der Wohnnutzfläche nach der ihm jeweils günstigeren Rechtslage vorteilhaft zu gestalten. Diese bedeutungsvolle Frage wurde jedoch in erster Instanz nicht erörtert und geklärt. Sollte tatsächlich die antragstellende Mieterin die Verfliesung in der Küche aufgebracht haben, so wäre die durch diese gebildete Grundfläche in die Wohnnutzfläche einzubeziehen.

Gleichermaßen verhält es sich auch mit der durch den der Zählerverkleidung dienenden Sockel mit der Grundfläche von 0,20 m2 im Badezimmer: diesfalls ist entscheidend, ob diese Baumaßnahme erst nach Abschluß des Mietvertrages und über Begehren der Hauptmieterin vorgenommen wurde, weil in diesem Falle auch die Einwilligung der Vermieterin nun nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen darf; hier kann nicht angenommen werden, daß die Hauptmieterin eine derart weitreichende Baumaßnahme, die einen Zugang zum Zähler vom Hausgang her erst ermöglichte, eigenmächtig vorgenommen hat. Auch diese - gegebenenfalls - bedeutungsvolle Frage ist in erster Instanz nicht erörtert und geklärt worden, so daß letztlich die Rechtssache noch nicht entscheidungsreif ist.

Aus diesen Erwägungen muß in Stattgebung des Revisionsrekurses der Vermieterin unter Aufhebung der Sachbeschlüsse der beiden Vorinstanzen die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurückverwiesen werden.

Anmerkung

E11811

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00033.87.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19870901_OGH0002_0050OB00033_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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