TE OGH 1987/9/17 13Os115/87

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Veröffentlicht am 17.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Egon K*** wegen des Verbrechens nach § 12 SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 25.Juni 1987, GZ. 8 Vr 719/87-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Ersten Generalanwalts Dr. Knob, und des Verteidigers Dr. Rustler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 362 Abs. 1 StPO. wird die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt, soweit Egon K*** des Vergehens nach § 14 a SuchtgiftG. schuldig erkannt worden ist. Das im übrigen unberührt bleibende Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 25.Juni 1987, GZ. 8 Vr 719/87-17, wird im Schuldspruch II (§ 14 a SuchtgiftG.) sowie im Strafausspruch aufgehoben.

Gemäß § 362 Abs. 2 StPO. wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Egon K*** wird von der Anklage, Suchtgift in einer großen Menge (§ 12 Abs. 1 SuchtgiftG.) mit dem Vorsatz besessen zu haben, daß es in Verkehr gebracht werde, und zwar im Herbst 1986 ihm von einem unbekannt gebliebenen türkischen Fernfahrer überlassene 250 Gramm Haschisch, und hiedurch das Vergehen nach § 14 a SuchtgiftG. begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen. Egon K*** wird für das unberührt gebliebene, teils versuchte, teils vollendete Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. (Schuldspruch I) nach derselben Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

4 (vier) Jahren

und gemäß § 12 Abs. 5 SuchtgiftG. zu einer Geldstrafe von

150.000 (einhundertfünfzigtausend) Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit zu drei Monaten Freiheitsstrafe, verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte hierauf verwiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen Egon K*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Egon K*** wurde des aus dem Spruch ersichtlichen Vergehens nach § 14 a SuchtgiftG. und des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt. Bezüglich der letztgenannten Straftat liegt ihm unter anderem zur Last, an die gesondert verfolgten Gabriele W*** und Walter T*** im Herbst 1986 zwei Pakete Haschisch zu je 250 Gramm geschickt (I 1 a und b) und im Dezember 1986 ein weiteres Haschischpaket zu 250 Gramm an Gabriele W*** abgesandt zu haben, wobei diese jedoch die Annahme verweigerte und das Paket retournierte (I 2 a). Da K*** einen falschen Absender angegeben hatte, führten postalische und schließlich Erhebungen der Zollfahndung zur Aufdeckung des wahren Inhalts des Pakets und zu dessen Beschlagnahme.

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. mit der Begründung geltend, die dem Schuldspruch II nach § 14 a SuchtgiftG. zugrunde liegende Haschischmenge von 250 Gramm sei bereits Gegenstand des Schuldspruchs I 2 a nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. gewesen.

Die Rechtsrüge geht indes nicht vom Urteilssachverhalt aus, wonach zusätzlich zu den teils erfolgreich, teils erfolglos übersandten 750 Gramm Haschisch beim Angeklagten noch weiteres Haschisch von 250 Gramm sichergestellt worden ist (S. 203). Die nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde mußte verworfen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat jedoch erhebliche Bedenken gegen die von der Rechtsrüge erfolglos bekämpfte Urteilsannahme. Diese Bedenken können ersichtlich auch durch nichts mehr beseitigt werden, weil die Anzeige (S. 5 f.), der Bericht der Bundespolizeidirektion Graz vom 25.Februar 1987 (S. 25 f.), die polizeilichen Niederschriften (S. 35 f., 69 f.), die Vernehmung des Beschuldigten durch den Untersuchungsrichter (ON. 4), dessen Haftbeschluß (ON. 5), die Niederschriften vor der Polizei mit Walter T*** (S. 91 f.) und Gabriele W*** (S. 109 f.) aber auch die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (S. 195), wobei das gesamte Beweisverfahren nur in Verlesungen nach § 252 Abs. 2 StPO. bestand, eindeutig gegen den Besitz von weiteren 250 Gramm Haschisch durch den Angeklagten sprechen, welches er zwar besessen, aber weder versandt noch zu versenden versucht hatte.

Es war daher anläßlich der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu Gunsten des Verurteilten anzuordnen und mit Zustimmung des Generalprokurators (§ 362 Abs. 2 StPO.) sogleich in der Sache selbst auf Freispruch im Faktum II zu erkennen.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen, auf § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. zu stützenden Strafneubemessung, wobei dem Angeklagten diesbezüglich noch ein weiterer Versuch betreffend 280 Gramm Kokain zur Last liegt (I 2 b), waren erschwerend die einschlägigen, die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllenden Vorstrafen sowie die Tatwiederholung, hingegen waren mildernd das Geständnis des Angeklagten und der Umstand, daß ein Teil der strafbaren Handlungen beim Versuch geblieben ist.

Auf der Grundlage dieser Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof die im Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe als angemessen.

Es war aber auch die Verhängung einer Geldstrafe nach § 12 Abs. 5 SuchtgiftG. geboten, weil der Angeklagte nicht dem Drogenmißbrauch ergeben ist. Der Gesamterlös des Verkaufs der 500 Gramm Haschisch betrug 32.000 S, für die weiteren, nicht übernommenen 250 Gramm Haschisch waren 16.000 S vereinbart. Die Provision für den Verkauf von 280 Gramm Kokain sollte 100.000 S betragen. Die verhängte Geldstrafe liegt damit nur geringfügig über dem errechneten Gesamterlös. Die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe ist der Geldstrafe adäquat.

Das neue Urteil (§ 362 Abs. 2 StPO.) wurde in öffentlicher Verhandlung geschöpft, weil spätestens seit der Novellierung der §§ 294 Abs. 5, 296 Abs. 3 und 471 Abs. 3 StPO. durch das StrafverfahrensänderungsG. 1983, BGBl. Nr. 168, das Recht des Angeklagten, von jedem in der Straffrage erkennenden Gericht gehört zu werden, unzweifelhaft ist (LSK. 1984/102).

Die Urteilsaussprüche betreffend die Vorhaftanrechnung, den Kostenersatz nach § 389 StPO. und die Einziehung blieben unberührt.

Anmerkung

E11670

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00115.87.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19870917_OGH0002_0130OS00115_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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