TE OGH 1987/9/24 12Os107/87

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1987 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bernscherer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Edwin S*** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Edwin S*** und Alfred P*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.April 1987, GZ 3 a Vr 12931/86-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Edwin S*** und Alfred P*** werden zurückgewiesen.

II. Aus deren Anlaß wird jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Edwin S*** in dem im Punkt 2. des Schuldspruchs (wegen Verbrechens der Hehlerei) enthaltenen Ausspruch, daß die an sich gebrachten Sachen durch Einbruch, somit durch eine mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt worden waren und ihm der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war, weiters in der darauf beruhenden Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 164 Abs 3 (dritter Fall) StGB und im Ausspruch über die Verbrechenseignung der Tat, sowie demgemäß auch in dem den Angeklagten Edwin S*** betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Edwin S*** auf die zu II. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Alfred P*** werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

V. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Edwin S*** und Alfred P*** die Kosten des Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Edwin S*** und Alfred P*** (zu 1.) des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB sowie Edwin S*** (zu 2.) überdies des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 (zu ergänzen: dritter Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie in Wien im Jänner 1987 als Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der E***N Ö*** S*** durch

die Vorgabe redlicher Kreditnehmer in Verbindung mit der Vorlage einer gefälschten Lohnbestätigung der Firma P***, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung einer falschen Urkunde, zur Gewährung eines Kredites in der Höhe von 98.039 S, mithin zu einer Handlung zu verleiten versucht, welche die E*** Ö*** S*** um diesen Betrag an ihrem Vermögen

schädigen sollte (Punkt 1. des Schuldspruchs):

Weiters hat Edwin S*** in Wien im Feber und März 1986 in mehreren Angriffen von den abgesondert verfolgten Rupert K*** und Anton S*** durch Einbruch gestohlene Lebensmittel, und zwar Lebensmittelkonserven, Zucker, Tee, Kaffee und Teigwaren, mithin Sachen, die andere durch eine mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt haben, dadurch an sich gebracht, daß er bei deren Verzehr mitwirkte, wobei ihm der die höhere Strafdrohung begründende Umstand bekannt war (Punkt 2. des Schuldspruchs).

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***:

Dieser Angeklagte macht die Gründe der Z 5 und 11 (der Sache nach Z 10) des § 281 Abs 1 StPO geltend; seine Beschwerde entbehrt der gesetzmäßigen Ausführung.

In der (nur gegen den Schuldspruch zu Punkt 1. des Urteilssatzes gerichteten) Mängelrüge (Z 5) bringt er vor, aus der Vorlage einer gefälschten Lohnbestätigung könne nicht zwingend darauf geschlossen werden, daß der damit angestrebte Kredit nicht zurückgezahlt worden wäre, zumal nach der Aktenlage Manuela R*** einen Kredit aufnehmen wollte und daher die Begünstigte gewesen wäre, wobei kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen sei, daß sie die Kreditraten nicht zurückgezahlt hätte, wozu komme, daß der Beschwerdeführer selbst in der Folge berufstätig gewesen sei; daher sei der bekämpfte Schuldspruch unzureichend begründet.

Dabei negiert der Beschwerdeführer aber jene Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Urteils, in welchen ohnedies zum Ausdruck gebracht wird, daß der Anstoß zur Kreditaufnahme von Manuela R*** ausgegangen ist (S 277), wobei das Gericht aber des weiteren - gestützt vor allem auf die (in der Hauptverhandlung verlesenen; vgl. S 270) Angaben des Mitangeklagten P*** (S 186) und des Beschwerdeführers (S 187) vor der Polizei sowie die Verantwortung des letzteren in der Hauptverhandlung (S 262) - zur Überzeugung gelangte, daß der angestrebte Kredit nach dem letztlich zu realisierenden (gemeinsamen) Tatplan beider Angeklagten nicht (allein) für R*** bestimmt war, sondern vom Angeklagten P*** zu dem Zweck aufgenommen werden sollte, um daraus zu einem beträchtlichen Teil Mittel für eigene Zwecke (Bezahlung offener Verbindlichkeiten; vgl. abermals S 186) zu erlangen, wobei er sich zur Rückzahlung verpflichtete, obwohl er (ebenso wie der Beschwerdeführer) dazu nicht in der Lage war (S 280). Wie P*** in der Hauptverhandlung erklärte (S 269), hätte er erst nach Gewährung des Kredits (und somit nach Übernahme der Rückzahlungsverpflichtung) "mit denen" (gemeint wohl mit R*** und S***) "auch" darüber gesprochen, daß sie mithelfen, den Kredit zurückzuzahlen. Die Mängelrüge wendet sich demnach im Kern lediglich gegen diese Würdigung der Verfahrensergebnisse durch die Tatrichter, worauf aber im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile der Schöffengerichte nicht einzugehen ist; ein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes wird damit nicht behauptet. Daß weder P*** noch der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt rückzahlungsfähig gewesen sind und daß jeder von ihnen dies auch wußte, hat das Gericht gleichfalls - beweiswürdigend, und damit einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen - konstatiert (S 280 f). Die Rechtsrüge (Z 11, sachlich Z 10) hinwieder, die sich lediglich auf Punkt 2. des Schuldspruchs bezieht, entbehrt deshalb der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie urteilsfremd davon ausgeht, dem Beschwerdeführer sei die Wertqualifikation des § 164 Abs 3 erster Fall StGB angelastet worden. Aus dem Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes (ebenso wie aus den bezüglichen Urteilsgründen) ergibt sich jedoch eindeutig, daß dem Beschwerdeführer nicht diese Qualifikation, sondern jene des § 164 Abs 3 dritter Fall StGB zur Last liegt, auf welche sich aber seine Rechtsrüge nicht bezieht. Da die Beschwerde solcherart eine Beurteilung bekämpft, die das Urteil gar nicht enthält, geht sie ins Leere.

Nur der Vollständigkeit halber sei in bezug auf den Schuldspruch des Angeklagten S*** zu Punkt 1. des Urteilssatzes beigefügt, daß der genannte Angeklagte im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB2 ENr. 2 ff zu § 12) nicht dadurch benachteiligt ist, daß seine Mitwirkung an der (versuchten) Betrugsstraftat als unmittelbare (Mit-)Täterschaft anstatt (richtig) Beitragstäterschaft beurteilt wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*** war somit gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO in Ansehung

des Angeklagten S***:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof allerdings davon überzeugt, daß das Urteil in Ansehung des Angeklagten Edwin S*** im Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes (wegen Verbrechens der Hehlerei) insoweit mit einer (ungerügt gebliebenen) materiellen Nichtigkeit im Sinn der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist, als die Hehlerei dem § 164 Abs 3 dritter Fall StGB unterstellt wurde. Nach dem Inhalt des in Rede stehenden Schuldspruchs (S 275) waren jene Lebensmittel, welche S*** an sich gebracht hatte, von den Vortätern (Rupert K*** und Anton S***) "durch Einbruch" gestohlen worden. In den Entscheidungsgründen wird hiezu (zunächst) festgestellt, daß die Vortäter ihren Lebensunterhalt aus Einbruchsdiebstählen bezogen und das Diebsgut auch in jene Wohnung brachten, die (ua) S*** (mit-)bewohnte, und daß die Mitglieder der Wohngemeinschaft "aus dem Erlös von Diebsgut" lebten (S 279). Im folgenden wird aber hinsichtlich jener Lebensmittel, die (allein) den Gegenstand der dem Angeklagten S*** angelasteten Hehlerei bilden, konstatiert, daß sie von den Vortätern "in den umliegenden Selbstbedienungsläden durch Ladendiebstahl erworben" worden waren (abermals S 279), was den Mitgliedern der Wohngemeinschaft (und demnach auch S***) bekannt war (vgl. auch die diesbezügliche Verantwortung des S*** vor dem Untersuchungsrichter S 216 a).

Solcherart enthält aber das Urteil keine eindeutigen Feststellungen, auf Grund welcher verläßlich beurteilt werden könnte, ob die dem Angeklagten S*** zur Last liegende (Sach-)Hehlerei nach § 164 Abs 3 dritter Fall StGB qualifiziert ist, zumal mit dem Begriff "Ladendiebstahl" gemeiniglich Diebstähle umschrieben werden, die nicht durch Einbruch begangen werden. Es war daher der dem Urteil in Ansehung der angeführten (Verbrechens-)Qualifikation anhaftende Feststellungsmangel, demzufolge dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung in der Sache verwehrt ist, von Amts wegen gemäß § 290 Abs 1 StPO wahrzunehmen und diesbezüglich spruchgemäß zu erkennen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P***:

Dieser Angeklagte stützt seine Beschwerde auf die Z 5 und "9" (gemeint wohl: Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO; auch er führt die Rügen nicht den Prozeßgesetzen gemäß aus.

Die Mängelrüge (Z 5) beschränkt sich auf die (mit dem Urteilsinhalt in Widerspruch stehende) Behauptung, das Gericht habe seine (und des Mitangeklagten S***) Verantwortung, rückzahlungsfähig gewesen zu sein, mit Stillschweigen übergangen, wiewohl im Urteil auf diese Verantwortung sehr wohl eingegangen, sie jedoch - beweiswürdigend - als widerlegt erachtet wurde (S 280 f). Mit seinem Vorbringen unternimmt der Beschwerdeführer vielmehr nur den (im Nichtigkeitsverfahren unbeachtlichen) Versuch, seiner vom erkennenden Gericht als Schutzbehauptung gewürdigten (den subjektiven Tatbestand des Betruges leugnenden) Darstellung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen, womit aber der geltend gemachte formelle Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird.

Soweit sich die Beschwerde aber in rechtlicher Beziehung (Z 9 lit a) gegen die Erfüllung des subjektiven Betrugstatbestandes wendet, indem sie ein Handeln des Beschwerdeführers mit Schädigungs"absicht" bestreitet, übergeht sie die gegenteiligen Urteilskonstatierungen: Darnach hat der Beschwerdeführer gewußt, daß er (und auch der Mitangeklagte S***) nicht imstande ist, den Kredit (ordnungsgemäß) zurückzuzahlen, und die Schädigung der Bank "in Kauf genommen" (S 280 unten/S 281 oben), wobei dem Urteil im übrigen auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer (überdies auch) mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat. Die Behauptung der Beschwerde, das Gericht habe bloß festgestellt, daß dem Beschwerdeführer "die subjektive Schädigungsabsicht nicht wesensfremd" sei, aber keine weiteren Konstatierungen zur subjektiven Tatseite getroffen, negiert zum einen die eben wiedergegebenen Urteilsausführungen und greift zum anderen - erblickt man darin den Vorwurf eines damit der Sache nach relevierten Begründungsmangels - lediglich ein im Urteil (zusätzlich; vgl. die Wortfolge: Im übrigen ... in S 281) ersichtlich nur illustrativ der eigentlichen Begründung des bekämpften Ausspruchs (S 280) angefügtes Argument heraus, dem für die Beweiswürdigung jedenfalls keine entscheidende Bedeutung beigemessen wurde.

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*** war demnach gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zu den Berufungen:

Der Angeklagte S*** war mit seiner Berufung auf die auch den diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch erfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten P*** sind hingegen die Akten (in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO) dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzumitteln (vgl. 10 Os 104/81 ua).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E11921

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00107.87.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19870924_OGH0002_0120OS00107_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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