TE OGH 1987/9/29 2Ob570/87

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Veröffentlicht am 29.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Herbert D***, Kaufmann, 2.) Hertha D***, Geschäftsfrau, beide Linzerstraße 404, 1140 Wien, vertreten durch Dr. Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Gertraude H***, geborene F***,

Geschäftsfrau, Linzerstraße 402, 1140 Wien, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, wegen Benützungsregelung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1987, GZ 47 R 894/86-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 3. November 1986, GZ 3 Nc 127/86-2, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller brachten vor, sie seien zu 5/6 und die Antragsgegnerin zu 1/6 Miteigentümer der Liegenschaft EZ 102 KG Hütteldorf, Linzerstraße 404-406. Die Antragsgegnerin habe zu 4 C 985/82 des Erstgerichtes eine Klage gegen die Antragsteller eingebracht, in der sie sich auf eine von den früheren Miteigentümern im Jahr 1961 getroffene Benützungsregelung gestützt habe. Mit dem dieser Klage stattgebenden Urteil sei folgendes festgestellt worden: "Im Verlassenschaftsverfahren nach Robert F*** wurde ein Erbübereinkommen geschlossen, wonach Rosina F*** (Mutter der Zweitantragstellerin und der Antragsgegnerin) ein Teil des Hofes allein zur Benützung zusteht, außerdem sollte Rosina F*** den Gemischtwarenhandel des Erblassers fortführen. Dieses Unternehmen hat die Klägerin im Jahre 1973 übernommen. Seither benützt sie den Abstellplatz im Hof Nr. 3 für ihren PKW, wobei sie die Zufahrt durch den Hof 2 benützt hat. Derzeit betreibt sie den Gemischtwarenhandel im Haus Linzerstraße 402, während sich im Hause 404 noch Lager befinden. Die Antragsteller haben beschlossen, die Liegenschaft in erweitertem Maße zu nutzen und auch den Hausgarten in den Betrieb einzubeziehen. In der Folge haben die Antragsteller die Durchfahrt vom Hof 2 zum Hof 3 verstellt, der Erstantragsteller hat die Absicht, die Durchfahrt abzumauern, um eine Heurigenschenke einrichten zu können." Dieses Urteil sei in Rechtsform erwachsen.

Die Antragsteller beantragten eine neue Benützungsregelung mit der Begründung, die Vereinbarungen hätten wegen wesentlicher Verschiebung der objektiven Gebrauchsmöglichkeit und völliger Änderung des Sachverhaltes ihren Sinn verloren. Die Antragsteller hätten in Erfahrung gebracht, daß die Antragsgegnerin schon zur Zeit des Vorprozesses Eigentümerin der Liegenschaft Linzerstraße 402 gewesen sei und dort den Gemischtwarenhandel betrieben habe, nicht jedoch im Haus Linzerstraße 404. Der Abstellplatz im Hof werde seit 1973 nicht mehr benützt, die Antragsgegnerin habe seit damals keinen Bedarf daran, sie habe bei ihrem Haus Linzerstraße 402 genug Parkmöglichkeit. Rosina F*** habe einen Gehirnschlag erlitten und wohne mit der Antragsgegnerin im gemeinsamen Haushalt in einer Wohnung in der Wahlberggasse, die Wohnung in dem im Miteigentum der Parteien stehenden Haus werde seit Jahren weder von Rosina F*** noch von der Antragsgegnerin benützt. Beim Vorprozeß habe es sich um eine schikanöse Rechtsausübung der Antragsgegnerin gehandelt. Den Antragstellern sei mit Bescheid vom 1. Februar 1985 am Standort Linzerstraße 404-406 von der zuständigen Magistratsbehörde der Betriebe eines Heurigen bzw. eines Bauernmarktes bewilligt worden, die Antragsteller hätten erhöhten und dringenden Bedarf nach Benützung der Hofflächen. Eine Durchfahrt durch den Hof 2 zum Hof 3 sei seit Jahren nicht mehr möglich, die Verschließung der Durchfahrt sei schon vor 5 Jahren mit Rücksicht auf den schlechten Bauzustand erforderlich gewesen. Die Antragsteller begehrten daher, eine Neuregelung der Benützung der Liegenschaft EZ 102, Grundbuch Hütteldorf, Bezirksgericht Hietzing, durchzuführen und das Benützungsrecht der Antragsgegnerin entsprechend einzuschränken, den Antragstellern auf jeden Fall die alleinige Benützung aller Hofflächen der Liegenschaft zuzusprechen, wobei das Gericht ersucht werde, zu prüfen, ob - mangels Bedarfes - der Antragsgegnerin überhaupt gestattet werden solle, die früher von Rosina F*** benützte Wohnung, die wertvollen Wohnraum darstelle und von niemandem gebraucht werde, weiterhin zu beanspruchen. Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung zurück, eine rechtsgestaltende Verfügung des Außerstreitrichters könne erst dann erfolgen, wenn die vertragliche Regelung wegen Veränderung der Voraussetzungen im streitigen Verfahren aufgelöst worden sei. Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und erteilte dem Erstgericht den Auftrag, nach Verfahrensergänzung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund neuerlich zu entscheiden. Die neuere Judikatur erblicke in einer außergerichtlichen Benützungsregelung ein Dauerrechtsverhältnis, das aus wichtigen Gründen jederzeit formlos gelöst werden könne. In diesem Fall stehe einer Rechtsgestaltung durch den Außerstreitrichter nichts im Wege. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, in welchem die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, bildet nach nunmehr herrschender Rechtsprechung eine Benützungsregelung ein Dauerrechtsverhältnis, das aus wichtigen Gründen jederzeit formlos gelöst werden kann. In diesem Fall ist eine Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter möglich (MietSlg 31.072, 32.178, 32.179, 34.652, 37.057 ua). Die Rekurswerberin ist sich dieser Rechtsprechung bewußt, teilt deren Ansicht jedoch nicht; sie vermag dagegen jedoch keinerlei stichhältige Gründe anzuführen. Bei Beurteilung der Frage, ob über ein Begehren im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren abzusprechen ist, sind der Wortlaut des Begehrens und der zu seiner Begründung vorgebrachte Sachverhalt maßgebend (MietSlg 34.652 mwN). Da die Antragsteller eine wesentliche Änderung der Verhältnisse behaupten, hat über ihren Antrag grundsätzlich der Außerstreitrichter zu entscheiden. Dem Revisionsrekurs ist allerdings insoweit beizupflichten, als nur neu eingetretene Umstände eine Benützungsregelung im Verfahren außer Streitsachen rechtfertigen könnten. Wurde die Wirksamkeit einer Benützungsregelung im Streitverfahren festgestellt, dann müßten die Änderungen nach dem Schluß der Verhandlung eingetreten sein. Wurde im Verfahren 4 C 985/82 des Erstgerichtes das Zustandekommen der Benützungsregelung festgestellt und von der Wirksamkeit dieser Vereinbarung ausgegangen (ob dies der Fall war, kann nicht verläßlich beurteilt werden, weil nicht aktenkundig ist, welches Klagebegehren die Antragsgegnerin gestellt hatte) könnten die schon damals eingetretenen Umstände eine Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter nicht rechtfertigen. Die Behauptungen, die Antragsgegnerin habe den Abstellplatz schon zur Zeit des Streitverfahrens nicht benützt und nicht benötigt, sie habe schon zur Zeit des Streitverfahrens die Räume im Haus Linzerstraße 404 nicht mehr für den Betrieb des Gemischtwarenhandels benützt, eine Durchfahrt in den Hof 3 über den Hof 2 sei schon seit 5 Jahren (also auch schon zur Zeit des Prozesses) nicht mehr möglich gewesen, könnten daher keine Rechtfertigung für eine Neuregelung der Benützung darstellen. Allerdings haben die Antragsteller noch andere Gründe zur Stützung ihres Antrages vorgebracht und zwar, daß die Wohnung seit Jahren nicht mehr benützt werde (da nicht angeführt wird, seit wie vielen Jahren, kann nicht davon ausgegangen werden, daß es sich auch hier um einen schon zur Zeit des Streitverfahrens eingetretenen Umstand handelt) und daß die Antragsteller auf Grund eines Bescheides aus dem Jahre 1985 einen besonderen erhöhten Bedarf an der Benützung des Hofes haben. Da bei der Benützungsregelung die Umstände des einzelnen Falles nicht außeracht gelassen werden dürfen, wozu auch die persönlichen Bedürfnisse und deren Dringlichkeit gehören (MietSlg 6931, 20.055, 34.101 ua), kann nicht schon auf Grund des Vorbringens der Antragsteller ausgeschlossen werden, daß eine Änderung der Verhältnisse eine Neuregelung der Benützung rechtfertige. Zutreffend hat daher das Rekursgericht dem Erstgericht aufgetragen, nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden.

Aus diesen Gründen mußte dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E12023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00570.87.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19870929_OGH0002_0020OB00570_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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