TE OGH 1987/10/20 5Ob579/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Petrag als weitere Richter in der Vormundschaftssache der am 23. April 1974 geborenen Gudrun S***, Akeleigasse 6, 2630 Ternitz-Pottschach wohnhaft, infolge Revisionsrekurses der mütterlichen Großmutter Maria Z***, Löwenzahngasse 20, 1220 Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 22. Juni 1987, GZ R 227/87-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 28. April 1987, GZ P 47/77-34, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 23. April 1974 geborene Minderjährige ist das uneheliche Kind der am 13. Februar 1987 verstorbenen Hemma Z***, verehelichte S***, und des Gerhard B***. Die Mutter war bis zu ihrem Tode Vormund der Minderjährigen, die auch bei dieser und deren Ehemann, dem Lehrer Ludwig S***, mit drei Halbgeschwistern im gemeinsamen Haushalt lebte und seither beim Stiefvater in Pottschach verblieb. Die in Wien wohnhafte mütterliche Großmutter Maria Z*** beantragte beim Erstgericht, sie zum Vormund der Minderjährigen zu bestellen.

Der uneheliche Vater sprach sich dagegen aus. Er befürwortete den weiteren Verbleib der Minderjährigen in der bisherigen Umgebung der Halbgeschwister und des Stiefvaters und die Bestellung des letztgenannten zum Vormund, erklärte sich aber andernfalls bereit, selbst die Vormundschaft zu übernehmen.

Der Stiefvater Ludwig S*** wendete sich mit einer Eingabe an das Erstgericht ebenfalls gegen die Bestellung der mütterlichen Großmutter zum Vormund; er wies darauf hin, daß das Jugendamt ohnedies Vormund und Sachwalter sei.

Das Erstgericht bestellte die mütterliche Großmutter Maria Z*** zum Vormund der Minderjährigen und wies den Antrag des unehelichen Vaters Gerhard B***, ihn zum Vormund zu bestellen, ab. Es führte zur Begründung dieser Entscheidung im wesentlichen an: Nach dem Gesetz seien die Verwandten der Mutter zum Vormund zu bestellen, eine Bestellung des Stiefvaters komme rechtlich nicht in Betracht. Die Betrauung des unehelichen Vaters läge nicht im Interesse der Minderjährigen, weil er diese nicht einmal kenne und überdies in zu großer Entfernung (Blumau a.d.Wild) lebe. Gegen die Person der Großmutter bestünden aber keine Bedenken: sie sei vor allem geistig rüstig und in der Lage, Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen für die Minderjährige vorzunehmen.

Das vom unehelichen Vater angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte die Verweigerung der Bestellung des Rekurrenten zum Vormund, wies aber in Abänderung des Beschlusses des Erstgerichtes den Antrag der mütterlichen Großmutter ab, sie zum Vormund zu berufen. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen:

Der Tod der unehelichen Mutter habe die gesetzliche Pflicht zur amtswegigen Bestellung eines geeigneten Vormundes ausgelöst. Gemäß § 198 Abs 2 ABGB sei für das uneheliche Kind die Mutter auf ihren Antrag hin zum Vormund zu bestellen, wenn sie geeignet ist und ihr die Sorge für die Pflege und Erziehung des Kindes zustehe; dies gelte auch dann, wenn für das Kind die gesetzliche Amtsvormundschaft besteht, außer diese entspreche dem Wohl des Kindes besser. Das gleiche gelte sinngemäß für den Vater, dessen Vaterschaft festgestellt ist, wenn er sich in der Pflege und Erziehung des Kindes bewährt habe. Wenn eine Vormundschaft auf diese Weise nicht bestellt werden könne, hänge es nach § 199 ABGB vom Gericht ab, wen es mit Rücksicht auf Fähigkeit, Stand, Vermögen und Ansässigkeit zum Vormund ernennen will. Diesen Bestimmungen sei im Zusammenhalt mit § 19 JWG der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, daß primär die uneheliche Mutter bzw. der uneheliche Vater Anspruch auf die Bestellung zum Vormund haben, sonst aber, wenn dies dem Kindeswohl besser entspreche, die Amtsvormundschaft bestehen bleiben soll und erst in dritter Linie ein Einzelvormund, auch ein Großelternteil könne dies sein, bestellt werden könne, wenn dies dem Wohl des Kindes noch besser entspreche. Die Aktenlage biete keinen Anhaltspunkt dafür, daß die mütterliche Großmutter, die in der Rangfolge erst nach der Amtsvormundschaft der Bezirksverwaltungsbehörde zu berufen wäre, mit Gewißheit Gewähr für eine bessere Wahrnehmung der Rechtsfürsorgemaßnahmen für die Minderjährige biete. Dies müsse auch schon deshalb bezweifelt werden, weil nach dem Willen der Großmutter die Minderjährige ohnedies in ihrer bisherigen Umgebung verbleiben soll, also bei ihrem Stiefvater und den Halbgeschwistern in Pottschach. Dies sei allerdings aus jugendpsychologischen Gründen zu befürworten, aber es könne dann auch nicht gesagt werden, daß die in Wien wohnhafte Großmutter das Kindeswohl besser wahrnehmen könne als die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Amtsvormund. Das Erstgericht werde deshalb diese Behörde gemäß § 198 Abs 2 ABGB zum Amtsvormund zu bestellen haben, wozu es nicht der Zustimmung nach § 20 JWG bedürfe; ein Bestellungsbeschluß erscheine im Hinblick auf § 249 ABGB erforderlich, denn der ex-lege-Eintritt als Vormund sei für diese Behörde nur in § 17 JWG vorgesehen.

Gegen diese Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der mütterlichen Großmutter.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Die Großmutter hat im Sinne des § 198 Abs 2 ABGB keinen Anspruch auf Bestellung zum Vormund für das uneheliche Enkelkind ihrer verstorbenen Tochter und ist deshalb auch nicht rekursberechtigt, wenn ihr darauf hinzielender Antrag abgewiesen wurde (vgl. EvBl 1978/180; JBl 1981, 434; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 9 zu §§ 196-199).

Das Rechtsmittel ist aus diesem Grunde zurückzuweisen, ohne daß auf seinen Inhalt eingegangen werden kann.

Anmerkung

E12332

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00579.87.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19871020_OGH0002_0050OB00579_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten