TE OGH 1987/10/28 3Ob561/86

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Veröffentlicht am 28.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Karl H***, Angestellter,

2. Mag. Liselotte H***, Angestellte, beide 4400 Steyr, Porschestraße 9 und vertreten durch Dr. Tilman Schwager, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei

Prof. Dipl.-Ing. Alexander S***, Zivilingenieur für Technische Physik, 4040 Linz, Freistädter Straße 403 a, vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 53.119,63 und Feststellung (S 50.000,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. Feber 1986, GZ 3 R 309/85-9, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. Juli 1985, GZ 11 Cg 472/84-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 6.465,45 (darin enthalten S 471,40 Umsatzsteuer und S 1.280,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 8.143,63 (darin enthalten S 565,78 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger behaupten, der in dem gegen sie geführten Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr zum Sachverständigen bestellte Beklagte habe ihnen dadurch, daß er die von ihm zu überprüfende, mehrere Mängel aufweisende Warmwasserzentralheizungsanlage ihres Hauses nach nicht ordnungsgemäßer Überprüfung unrichtigerweise in Ordnung befunden habe, grob fahrlässig einen Schaden von insgesamt S 53.119,63 verursacht, wobei weitere Schäden nicht ausgeschlossen werden könnten. Sie begehren daher den genannten Betrag samt 4 % Zinsen ab Klagezustellung und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle aus der behaupteten unrichtigen Gutachtenserstattung resultierenden Schäden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung dieser Begehren. Er wendete ein, sein Prüfungsauftrag habe sich nur darauf bezogen, ob die Absperrmöglichkeit des Heizungsvorlaufes an der unrichtigen Stelle montiert sei und dadurch große Wärmeverluste entstünden, und ob den Klägern keine Bedienungsanleitung übergeben worden sei. Er habe festgestellt, daß durch die Art der Anbringung der Absperrvorrichtung keine Wärmeverluste entstünden und daher diesbezüglich kein Mangel vorliege, und dies in der am Ort der Anlage durchgeführten Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 5. November 1982 gesagt. Die Bedienungsanleitung sei zwar den Klägern nicht übergeben worden, doch sei dieser Mangel noch in der genannten Tagsatzung behoben worden. Da die Kläger auf eine Druckprobe bestanden hätten, die von ihrem damaligen Prozeßgegner abgelehnt worden sei, habe sich der Beklagte, um zur Beilegung des Streites beizutragen, ohne gerichtlichen Auftrag bereit erklärt, eine Druckprobe durchzuführen, bei der sich die Anlage als dicht erwiesen habe. Er habe jedoch nie die gesamte Heiz- und Warmwasseranlage überprüft, darüber auch nie ein Gutachten erstattet und dazu auch keinen Auftrag gehabt. Deshalb bestehe zwischen seiner Tätigkeit im damaligen Rechtsstreit und den von den Klägern behaupteten Schäden kein ursächlicher Zusammenhang. Das Erstgericht wies das Leistungs- und das Feststellungsbegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr auf Zahlung des restlichen Werklohnes von S 53.000,-- für die Errichtung einer Zentralheizungsanlage geklagten nunmehrigen Kläger wendeten dagegen mangelnde Fälligkeit wegen unvollständiger Mängelbehebung und dadurch bedingter Schäden ein. Am 5. November 1982 fand in ihrem Haus eine Tagsatzung mit Besichtigung der Zentralheizungsanlage statt. Der dieser Tagsatzung als Sachverständiger beigezogene nunmehrige Beklagte befand lt. Verhandlungsprotokoll "nach einer Druckprobe die Anlage für in Ordnung". Daraufhin nahmen die damaligen Beklagten verschiedene Außerstreitstellungen vor, gaben jedoch kein unwiderrufliches Anerkenntnis ab. Sie brachten am 8. März 1983 gegen den Anlageerrichter eine Widerklage auf S 66.107,14 ein, in der sie unter anderem behaupteten, der der Tagsatzung vom 5. November 1982 als Sachverständiger beigezogene nunmehrige Beklagte habe eine Druckprobe der Heizanlage vorgenommen, wobei der Heizkessel vorher abgeklemmt und der Heizflüssigkeit ein Frostschutzmittel beigegeben worden sei. Das habe eine erhöhte Viskosität und eine mangelnde Überprüfbarkeit der Dichtheit ergeben, die Art der Überprüfung habe auch den einschlägigen Ö-Normen widersprochen. Diese Beweis- und Sachlage habe die nunmehrigen Kläger veranlaßt, die Anlage durch mehrere unabhängige Sachverständige überprüfen zu lassen, wobei gravierende, vom Anlageerrichter zu vertretende Fehler hervorgekommen seien. Der Erstkläger sagte vor dem Kreisgericht Steyr als Partei aus, daß der nunmehrige Beklagte die Anlage beim Lokalaugenschein am 5. November 1982 nicht überprüft, sondern nur eine nicht den Ö-Normen entsprechende Druckprüfung vorgenommen und seine Angabe, die Anlage sei in Ordnung, nicht begründet habe. Bereits am 6. November 1982 sei es zu einem massiven Heizwasseraustritt mit starkem Druckanstieg gekommen, wobei die Ventile nicht abgeblasen hätten. Der nunmehrige Beklagte habe bei seiner Probe das vom Anlageerrichter eingefüllte Frostschutzmittel abgelassen und die Anlage mit reinem Wasser gefüllt. Der Anlageerrichter sagte vor dem Kreisgericht Steyr als Partei aus, der nunmehrige Beklagte habe neben einer Druckprobe die ganze Anlage besichtigt und in Ordnung befunden. Der Zeugenaussage des damaligen Verhandlungsleiters ist zu entnehmen, daß beim Lokalaugenschein Begehungen und eine Druckprobe durchgeführt wurden, worauf die Anlage in Ordnung befunden wurde. Bei den nachfolgenden Außerstreitstellungen seien die Parteien von einer Mängelfreiheit der Anlage ausgegangen. Zu einer vergleichsweisen Bereinigung sei es nur wegen der Unmöglichkeit der Aufklärung von zwei strittigen Beträgen mangels Unterlagen nicht gekommen. Am 3. Jänner 1983 bewilligte das Bezirksgericht Gmunden auf Antrag der nunmehrigen Kläger eine Beweissicherung durch Sachverständige über die von den Antragstellern behaupteten Mängel der Zentralheizungsanlage.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht im wesentlichen aus, bei den eingeklagten Kosten handle es sich um außerprozessuale Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr. Die Kläger hätten nicht aufklären können, warum sie von den ihnen in dem genannten Prozeß zustehenden Möglichkeiten, auf einer genauen Befundaufnahme und einem detaillierten Gutachten oder einer ergänzenden Begutachtung durch den nunmehrigen Beklagten oder durch einen anderen Sachverständigen zu bestehen, nicht Gebrauch gemacht und statt dessen außerhalb des Rechtsstreites weitere Sachverständige eingeschaltet haben. Die Kläger hätten dazu vorgebracht, die Gutachten dieser letztgenannten Sachverständigen hätten einerseits zur Widerlegung des Gutachtens des Beklagten, andererseits aber auch des Gutachtens des im Beweissicherungsverfahren beigezogenen Sachverständigen gedient. Abgesehen davon, daß damit nicht konkretisiert sei, inwieweit die späteren Gutachten zur Widerlegung des einen oder anderen früheren Gutachtens notwendig gewesen seien, ergebe sich aus der zitierten Parteiaussage des Erstklägers, daß eine Widerlegung der gutachterlichen Äußerung des nunmehrigen Beklagten schon deshalb nicht erforderlich sein konnte, weil die Zentralheizungsanlage bereits am Tag nach dieser Äußerung erkennen habe lassen, daß sie nicht in Ordnung gewesen sei. Sollten die nunmehrigen Kläger im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr zwar obsiegen, jedoch keinen Ersatz der im vorliegenden Verfahren begehrten Kosten des Beweissicherungsverfahrens und der außerprozessualen Beiziehung von Sachverständigen erhalten, weil dies als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig erachtet werde, hätten sich die Kläger diesen Vermögensnachteil selbst zuzuschreiben. Sollte der Anlageerrichter aber zum Ersatz dieser Kosten verurteilt werden, würde den Klägern kein Vermögensnachteil entstehen. Daß die gutachterliche Äußerung des Beklagten Außerstreitstellungen im Sinn von Tatsachengeständnissen der nunmehrigen Klägerin im Verfahren 2 Cg 555/81 bewirkt habe, könne auf diesen noch offenen Prozeß keinen Einfluß haben, weil solche Außerstreitstellungen jederzeit widerrufen werden könnten. Unwiderrufliche Anerkenntnisse seien nicht abgegeben worden. Sollten sie jedoch abgegeben worden sein und bewirken, daß die nunmehrigen Kläger den mehrfach erwähnten Prozeß verlieren, dann wären das von ihnen beantragte Beweissicherungsverfahren und die außergerichtliche Beiziehung mehrerer Sachverständiger für diesen Prozeß unnötig und insofern auch nicht als vom nunmehrigen Beklagten verursacht anzusehen. Im übrigen ließe sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht ableiten, daß der Beklagte allfällige unwiderrufliche Anerkenntnisse verursacht und verschuldet habe. Die Kläger hätten auch nicht ausgeführt, inwieweit die gutachterliche Äußerung des Beklagten die Beiziehung von fünf weiteren Sachverständigen notwendig gemacht habe. Selbst wenn diese Gutachten der Stoffsammlung für die Widerklage der Kläger gedient haben sollten, was diese nicht ausdrücklich behauptet hätten, ergebe sich aus ihrem Vorbringen kein Anhaltspunkt dafür, daß die nun eingeklagten Kosten nicht auch ohne gutachterliche Äußerung des Beklagten aufgelaufen wären. Eine genauere Überprüfung der Anlage, deren Unterlassung die Kläger dem Beklagten vorwerfen, wäre ja auch teurer gewesen. Soweit die späteren Gutachten der Widerlegung der dem Gutachten des Beklagten nachfolgenden Gutachten anderer Sachverständiger dienten, sei dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen, daß der Beklagte unrichtige oder ergänzungsbedürftige Gutachten dieser anderer Sachverständigen verursacht habe. Sollten irgendwelche Erklärungen der Kläger auf Grund der gutachterlichen Äußerung des Beklagten zum Verlust des Verfahrens 2 Cg 140/83 des Kreisgerichtes Steyr führen, dann müßte diese Prozeßführung von vornherein als verfehlt angesehen werden und es wären die Kosten nicht dem Beklagten anzulasten. Die Kläger hätten auch nicht ausgeführt, welche sonstigen künftigen Schäden ihnen drohen könnten, die sie ohne die gutachterliche Äußerung des Beklagten nicht auch treffen würden, und warum sie bereits jetzt ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung für solche ihnen offenbar noch gar nicht bekannte Schäden haben. Die auch nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage nicht schlüssig begründeten Klagebegehren seien daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobenen Berufung der Kläger Folge, hob das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück.

Es ging davon aus, daß ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der in einem Zivilprozeß schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgebe, den Prozeßparteien nach den §§ 1295 und 1299 ABGB für die Folgen dieses Versehens hafte. Es sei daher zu prüfen, ob die vom Beklagten im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr abgegebene Äußerung ein objektiv unrichtiges Gutachten darstelle, ob den Beklagten im Sinne des § 1299 ABGB an dessen Abgabe ein Verschulden treffe und ob und inwieweit den Klägern dadurch ein Schaden zugefügt worden sei. Da das Erstgericht diese entscheidungswesentlichen Tatsachen nicht ausreichend erörtert habe, sei sein Verfahren im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO mangelhaft geblieben.

Der Beklagte habe zwar keinen ausführlichen schriftlichen Befund und auch kein schriftliches Gutachten erstattet, aber die Heizungsanlage besichtigt, eine Druckprobe gemacht und "sie in Ordnung befunden". Auch darin sei eine gutachterliche Äußerung zu erblicken, die für den weiteren Prozeßverlauf von entscheidender Bedeutung sein konnte und für deren objektive Unrichtigkeit der Beklagte allenfalls zu haften hätte. Das Erstgericht habe nicht festgestellt, ob diese Erklärung des Beklagten unrichtig gewesen sei. Sie habe sich nämlich nur auf jene Teile der Heizungsanlage beziehen können, die der Beklagte nach dem ihm erteilten Auftrag zu begutachten hatte. Wäre die Anlage, soweit sie der Beklagte überprüft hat, weil sein Auftrag nicht weiter gereicht habe, tatsächlich in Ordnung gewesen, könnte von einem unrichtigen Gutachten keine Rede sein. Das Erstgericht werde daher vorerst festzustellen haben, welchen Auftrag der Beklagte gehabt habe und ob seine protokollierte Äußerung in diesem Umfang objektiv unrichtig gewesen sei.

Bei der Beurteilung des Verschuldens des Beklagten sei davon auszugehen, daß § 1299 ABGB den objektiven Sorgfaltsmaßstab gegenüber § 1297 leg. cit. verschärfe, weil der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad des Fleisses nach dem Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe entscheidend sei.

Wäre das vom Beklagten erstattete Gutachten objektiv unrichtig und träfe ihn dabei ein Versehen im Sinne des § 1299 ABGB, würden Feststellungen zu treffen sein, ob und in welchem Ausmaß den Klägern dadurch ein Schaden zugefügt worden sei. Obwohl der Vorprozeß noch nicht beendet sei, könnte der Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten schon dann bestehen, wenn der Schaden durch entsprechende Prozeßhandlungen oder Rechtsmittel nicht mehr abgewendet werden könne, weil er bereits entstanden sei. Positiver Schaden sei auch der Rettungsaufwand. Durch die gutachterliche Äußerung des Beklagten habe den Klägern zweifellos ein Schaden entstehen können, äußerstenfalls sogar der des Prozeßverlustes. Für die Verhinderung eines derart drohenden Schadens zweckmäßige Aufwendungen seien daher allenfalls vom Beklagten zu ersetzen. Obwohl die Kläger diesbezüglich vorgebracht hätten, daß ihre in der Klage angeführten Aufwendungen notwendig gewesen seien, um das unrichtige Gutachten des Beklagten zu widerlegen, und dazu die Parteienvernehmung angeboten hätten, habe das Erstgericht diesbezüglich weder Beweise aufgenommen noch Feststellungen getroffen. Das Erstgericht werde daher durch die Aufnahme der beantragten Beweise auf die in der Klage angeführten Beträge einzugehen und zu klären haben, ob ihre Aufwendung zur Widerlegung der Äußerung des Beklagten zweckmäßig gewesen seien. Dazu werde zu erörtern sein, ob die allfällige Unrichtigkeit des Gutachtens und die Mängel der Heizungsanlage nicht durch zweckdienliche Prozeßhandlungen im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr zu klären gewesen wären. Wären nämlich die Aufwendungen der Kläger völlig überflüssig, weil ein durch ein unrichtiges Gutachten drohender Schaden im Vorprozeß bereits in diesem Verfahren zu verhindern gewesen wäre, seien sie nicht zu ersetzen.

Das Feststellungsbegehren wäre dann gerechtfertigt, wenn künftige Schäden aus einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Beklagten möglich wären. Es sei daher zu erörtern, inwieweit den Klägern ein weiterer konkreter Schaden drohe.

Der Rechtskraftvorbehalt wurde ausgesprochen, weil die entscheidenden Rechtsfragen auch anders beantwortet werden könnten und die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zur Frage des Ersatzes von Aufwendungen zur Abwendung eines Schadens durch ein unrichtiges Gutachten eines Sachverständigen während eines noch laufenden Verfahrens vorlägen.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten, der die Sache für spruchreif hält und deshalb die Wiederherstellung des klageabweisenden erstgerichtlichen Urteils beantragt.

Die Kläger beantragen, den Aufhebungsbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Das nach § 519 Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 leg. cit. zulässige Rechtsmittel ist auch berechtigt, weil die Streitsache entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes zur Entscheidung reif ist.

Der Sachverständige wird zwar für jeden Einzelfall vom Gericht bestellt (§ 183 Abs 1 Z 4, §§ 351 ff ZPO), er ist aber trotzdem kein Organ der Gerichtsbarkeit, weshalb der Bund für einen Schaden, den ein solcher Sachverständiger durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zufügt, nach dem Amtshaftungsgesetz nicht haftet (Schragel, AHG2 42 ff; Fasching, ZPR, Rz 997; SZ 28/116; RZ 1965, 83; RZ 1978/130; SZ 54/19 ua).

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der in einem Zivilprozeß schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgibt, haftet aber für den dadurch den Prozeßparteien verursachten Schaden nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des ABGB (Schragel aaO;

Fasching aaO; Welser, Die Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten 79; Koziol, Österr. Haftpflichtrecht2 II 190; SZ 11/225;

SZ 43/236; SZ 50/98 = EvBl. 1978/189; RZ 1978/130). Die Zivilprozeßordnung widmet dem "Beweis durch Sachverständige" einen eigenen Titel, nämlich den die §§ 351 bis 367 umfassenden Fünften Titel des Ersten Abschnittes ihres Zweiten Teiles. Weiters gelten die Allgemeinen Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme (Zweiter Titel des erwähnten Abschnittes, §§ 266 bis 291) auch für den Sachverständigenbeweis.

Nach den genannten Bestimmungen wird der Sachverständige zur Abgabe eines Gutachtens bestellt. Das Gutachten, das auch schriftlich erstattet werden kann, hat gründlich und erschöpfend zu sein (§ 360 Abs 1) und ist stets zu begründen. Vor Darlegung seiner Ansicht hat der Sachverständige in den Fällen, in welchen der Abgabe seines Gutachtens die Besichtigung von Personen, Sachen, Örtlichkeiten und dergleichen vorausging und die Kenntnis ihrer Beschaffenheit für das Verständnis und die Würdigung des Gutachtens von Belang ist, eine Beschreibung der besichtigten Gegenstände zu geben (Befund; § 362 Abs 1). Erscheint das abgegebene Gutachten ungenügend oder wurden von den Sachverständigen verschiedene Ansichten ausgesprochen, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß eine neuerliche Begutachtung durch dieselben oder andere Sachverständige oder doch mit Zuziehung anderer Sachverständiger stattfinde (§ 362 Abs 2). Die Parteien können bei der Beweisaufnahme zugegen sein und an die Sachverständigen die Fragen stellen lassen oder selbst stellen, die sie zur Aufklärung oder Vervollständigung für dienlich erachten (§ 289 Abs 1, § 341 Abs 1 und § 367). Bei einer Tagsatzung abgegebene Befunde und Gutachten sind nach ihrem wesentlichen Inhalt, erforderlichenfalls ihrem Wortlaut nachzuprotokollieren, die Aufzeichnungen dem Sachverständigen und den bei seiner Vernehmung anwesenden Parteien zur Einsicht vorzulegen oder auf Verlangen vorzulesen und im Protokoll unter anderem zu bemerken, ob der Sachverständige beeidet wurde und ob und welche Einwendungen von den Parteien oder von Sachverständigen gegen das Protokoll erhoben wurden (§§ 343 und 367).

Nach dem in den erstgerichtlichen Feststellungen nicht ganz richtig wiedergegebenem Protokoll über die vom Kreisgericht Steyr im Verfahren 2 Cg 555/81 am 5. November 1982 in Traunkirchen, Mühlbachberg 143, durchgeführte Tagsatzung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung sind zu dieser Tagsatzung der damalige Kläger, Ing. Ernst H***, und der damalige Erstbeklagte und nunmehrige Erstkläger mit ihren damaligen Rechtsanwälten, der nunmehr Beklagte als Sachverständiger, und Dipl.-Ing. Lothar P*** als Zeuge erschienen. Neben den die Schallträgerprotokollierung betreffenden Erklärungen enthält das auch von den erschienenen Parteien und ihren Vertretern unterfertigte Protokoll nach dem Hinweis über die Wiederholung der bisherigen Verhandlungsergebnisse den Satz: "Die Sanierungsarbeiten werden an Ort und Stelle vom Sachverständigen überprüft und nach einer Druckprobe für in Ordnung befunden". Dann folgen Außerstreitstellungen bzw. Hinweise auf strittig gebliebene Beträge, die Gebühren des Sachverständigen und des Zeugen betreffende Erklärungen und die Erstreckung der Tagsatzung auf unbestimmte Zeit.

Daraus ergibt sich, daß eine den zitierten Bestimmungen der Zivilprozeßordnung entsprechende Protokollierung des vom Beklagten in der Tagsatzung vom 5. November 1982 abgegebenen Befundes und Gutachtens (vorläufig) nicht vorgenommen wurde und daß ua. die nunmehrigen Kläger gegen diese Vorgangsweise keine Einwendungen erhoben.

Als es am 6. November 1982, also bereits einen Tag nach der erwähnten Tagsatzung, zu einem massiven Heißwasseraustritt mit starkem Druckanstieg kam, hätten den Klägern Bedenken gegen die Richtigkeit des von ihnen behaupteten Gutachtens des Beklagten, daß die gesamte Warmwasserzentralheizungsanlage in Ordnung sei, kommen müssen.

Da im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr die Verhandlung noch nicht geschlossen war, hätten die Kläger in erster Linie in diesem Verfahren entweder einen ergänzenden Befund und ein gründliches und erschöpfendes Gutachten des Beklagten oder eines anderen Sachverständigen beantragen und mit allen ihnen von der Prozeßordnung gebotenen Mitteln ein richtiges Ergebnis des Sachverständigenbeweises anstreben müssen.

Daß ihnen dies nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, hätten die Kläger in erster Instanz behaupten müssen, weil sonst eine schlüssige Begründung dafür fehlt, daß der von ihnen im vorliegenden Verfahren geltend gemachte verhältnismäßig hohe Rettungsaufwand zur Widerlegung der vom Beklagten im Verfahren 2 Cg 555/81 des Kreisgerichtes Steyr als Sachverständigen abgegebenen Erklärungen zweckmäßig war (Wolff in Klang2 VI 59;

Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1293 und Rz 45 zu § 1304;

SZ 31/55). Die bloß unsubstantiierte Behauptung der Notwendigkeit eines solchen Rettungsaufwandes und das einzige Beweisanbot auf Parteienvernehmung reichten hiezu nicht aus.

Da die Streitsache somit im klageabweisenden Sinne zur Entscheidung reif ist, konnte der Oberste Gerichtshof über den Rekurs nach § 519 Abs 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Aufhebungsbeschluß durch Wiederherstellung der die Klagebegehren abweisenden erstgerichtlichen Entscheidung abändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 46 Abs 2 und § 50 ZPO.

Anmerkung

E12773

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00561.86.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19871028_OGH0002_0030OB00561_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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