TE OGH 1987/11/17 4Ob604/87

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Veröffentlicht am 17.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*** R*** Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH, Wien 1., Goldschmiedgasse 3/17, vertreten durch Dr. Günther Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ludovik Z***, Gastwirt, Wien 9., Liechtensteinstraße 117/2, vertreten durch Dr. Ludwig Hötzl und Dr. Manfred Michalek, Rechtsanwälte in Wien, wegen restlicher 25.200 S sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Juni 1987, GZ 4 R 283/86-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. Oktober 1986, GZ 22 Cg 619/85-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.083,45 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 685,95 S Umsatzsteuer und 1.538 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte 39.000 S an Vermittlungsprovision, weil der Beklagte, nachdem er sich auf Grund eines Zeitungsinserates der Klägerin telefonisch über Abschlußgelegenheit und Vermittlungshonorar informiert habe, die Cafe-Konditorei "Bon-Bon" in Wien 9., Porzellangasse 37, um 650.000 S erworben habe. Die Provision errechne sich mit 5 % dieses Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer.

Der Beklagte wandte ein, daß die Klägerin weder von ihm noch vom Verkäufer Albert M*** einen Vermittlungsauftrag erhalten habe; das zwischen ihm und Albert M*** abgeschlossene Geschäft stehe mit der Tätigkeit der Klägerin in keinem Zusammenhang.

Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von 25.200 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 13.800 S sA ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Ab Ende Dezember 1984 suchte Albert M***, der Inhaber der Cafe-Konditorei "Bon-Bon", ein größeres Gastwirtschaftslokal. Er erteilte der Klägerin im Jänner 1985 den Auftrag, ihm den Ankauf eines derartigen Unternehmens zu vermitteln. Gleichzeitig erklärte Albert M*** seinen Stammgästen, er wolle die von ihm betriebene Cafe-Konditorei veräußern. Auch dem Beklagten, der in der Nähe dieser Cafe-Konditorei wohnt und öfter in das Lokal kam, um einen Kaffee zu trinken, teilte M*** seine Verkaufsabsicht mit. Vorerst fand sich kein Käufer, und auch dem Beklagten, der ein kleines Kaffeehauslokal suchte, war der von Albert M*** genannte Kaufpreis von 500.000 S zu hoch.

Ende März 1985, als Albert M*** durch Vermittlung der Klägerin ein passendes Lokal gefunden hatte, erteilte er der Klägerin den Auftrag, den Verkauf der Cafe-Konditorei "Bon-Bon" zu vermitteln. Der Kaufpreis sollte mindestens 650.000 S betragen. Daraufhin inserierte die Klägerin diese Kaufgelegenheit mehrmals in der Tageszeitung "Kurier".

Der Beklagte, der noch immer kein passendes Lokal gefunden hatte, suchte aus den Zeitungen die Angebote heraus und trug seiner Gattin auf, am nächsten Tag bei den Anbietern anzurufen, um etwas Geeignetes zu finden. Anfang April 1985 rief die Gattin des Beklagten in dessen Auftrag bei der Klägerin an. Um telefonisch Auskunft zu erhalten, erklärte sie, sie habe kleine Kinder und keine Zeit, um ins Büro zu kommen; daraufhin teilte ihr der Angestellte der Klägerin Michael R*** telefonisch Lage, Adresse, Kaufpreis und Konditionen sowie die Miete mit und erklärte ihr, daß im Falle des Vertragsabschlusses 5 % des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer als Vermittlungsprovision zu zahlen seien. Damit war die Gattin des Beklagten einverstanden. Michael R*** erklärte ihr sodann, daß die Klägerin ihr diese Konditionen auch noch mit eingeschriebenem Brief übermitteln werde. Der Beklagte begab sich daraufhin zu Albert M*** und fragte ihn, ob es richtig sei, daß das gegenständliche Lokal noch inseriert werde. Albert M*** bejahte dies und sagte dem Beklagten zu, daß er mit dem Preis heruntergehen werde. Als Albert M*** das von der Klägerin vermittelte Lokal "Opernkeller" besichtigt und akzeptiert hatte, verkaufte er dem Beklagten mit Vertrag vom 31. Mai 1985 das Cafe-Konditoreiunternehmen "Bon-Bon" um 350.000 S zuzüglich Umsatzsteuer. Einen Brief der Klägerin, in dem diese ihr Anbot schriftlich festhielt, nahm der Beklagte nicht an, sondern ließ die Abholfrist ungenützt verstreichen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, der Mitarbeiter der Klägerin Michael R*** habe das Objekt der im Auftrag des Beklagten anfragenden Helga Z*** ordnungsgemäß angeboten und die Provision genannt. Da die Tätigkeit der Klägerin für das Zustandekommen des Kaufes verdienstlich gewesen sei, schulde der Beklagte die vereinbarte Provision vom tatsächlich gezahlten Kaufpreis. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Rechtsansicht, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht verdienstlich gewesen, weil dem Beklagten die Abschlußgelegenheit bereits bekannt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig.

Soweit überblickbar, wurde vom Obersten Gerichtshof bisher lediglich ausgesprochen, daß bei Bekanntheit der Abschlußgelegenheit grundsätzlich kein Provisionsanspruch besteht (MietSlg. 36.699 mwH). Mit der Frage, ob trotz Bekanntheit der Abschlußgelegenheit dann Kausalität der Vermittlungstätigkeit anzunehmen ist, wenn es einige Zeit nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen erst nach Einschaltung des Vermittlers zu einem Vertragsabschluß gekommen ist, hat sich der Oberste Gerichtshof noch nicht auseinandergesetzt. Die Lösung dieser Frage ist daher erheblich im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.

Die Revision ist auch berechtigt.

Zu Recht wendet sich die Revisionswerberin dagegen, daß sich das Berufungsgericht damit begnügt hat, unter Hinweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes wegen der Bekanntheit der Abschlußgelegenheit die Verdienstlichkeit ihrer Vermittlungstätigkeit zu verneinen, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob das Geschäft nicht dennoch durch die Tätigkeit der Klägerin zustande gekommen und damit Kausalität im Sinne des § 6 Abs 1 HVG anzunehmen ist. Ebenso wie der Oberste Gerichtshof die Kausalität der Vermittlungstätigkeit wiederholt verneint hat, wenn die Verhandlungen etwa wegen der Höhe des geforderten Preises gescheitert waren und dann der Vertrag ausschließlich auf Grund anderer Umstände, etwa einer späteren Tätigkeit dritter Personen, abgeschlossen wurde (vgl. HS 429, 8582 sowie MietSlg. 34.629), ist umgekehrt dann, wenn es, wie hier, wegen der Höhe des geforderten Preises zu keinem Abschluß und auch zu keinen Verhandlungen gekommen war, Kausalität der geraume Zeit später einsetzenden, zum Vertragsabschluß führenden Vermittlungstätigkeit anzunehmen. Denkt man sich die Vermittlungstätigkeit der Klägerin weg, dann wäre es nach der ablehnenden Reaktion des Beklagten auf das Anbot des Verkäufers - der Beklagte hatte damals nicht einmal ernstliche Vertragsverhandlungen aufgenommen - weder zu weiteren Gesprächen noch zum Abschluß des Vertrages gekommen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist die Vermittlungstätigkeit der Klägerin daher als kausal für den Vertragsabschluß im Sinne des § 6 Abs 1 HVG anzusehen.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß die Gattin des Beklagten in dessen Auftrag bei der Klägerin die Abschlußgelegenheit erkundete und dabei auch über die bei Vertragsabschluß zu zahlende Vermittlungsprovision informiert wurde. Wenn der Beklagte auf Grund dieser in seinem Auftrag eingeholten Auskunft den Verkäufer aufsuchte, den Kaufvertrag aushandelte und abschloß und sich damit die Tätigkeit der Klägerin, die seine Beauftragte auf die Provisionspflicht hingewiesen hatte, zunutze machte, ist dies als zumindest schlüssige Erteilung des Vermittlungsauftrages zu werten (vgl. SZ 56/15; MietSlg. 36.700; HS 11.688, 11.689 mwH; zuletzt 1 Ob 597/97; Jabornegg, HVG, Anmerkungen 4.2.1. und 4.3.2. zu § 6). Der Revision war daher Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12553

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00604.87.1117.000

Dokumentnummer

JJT_19871117_OGH0002_0040OB00604_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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