TE OGH 1987/11/24 11Os123/87

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Veröffentlicht am 24.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hannes H*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83, 84 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 27.Mai 1987, GZ 8 Vr 333/86-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Schreiber, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Beck zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird das erstinstanzliche Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB die (polizeiliche) Verwahrungshaft vom 26.März 1986, 22.05 Uhr, bis 27. März 1986, 15.30 Uhr, auf die verhängte Strafe angerechnet wird. Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Strafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Dezember 1967 geborene Hannes H*** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83, 84 Abs. 1 und 2 Z 1 StGB schuldig erkannt. Danach versetzte er am 26.März 1986 in Eisenstadt dem Christian W*** mit einem scharfen und spitzen Fixiermesser (Klingenlänge etwa 10 cm) einen Stich gegen die Brust, sohin mit einem solchen Mittel und auf solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, und fügte ihm hiedurch eine an sich schwere Verletzung (Herzstich) verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsstörung und Berufsunfähigkeit zu.

Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; den Ausspruch über die Strafe und den Zuspruch von 30.000 S an den Privatbeteiligten bekämpft er mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Der erste Beschwerdeeinwand richtet sich gegen den Passus in der Urteilsbegründung, das Tatwerkzeug sei unmittelbar nach der Tat vom Zeugen Heinz K*** links neben dem Körper des Christian W*** vorgefunden worden (S 327 dA). Er ist schon deshalb bedeutungslos, weil er keine entscheidende Tatsache betrifft. Denn mit dieser vom Schöffengericht nur beiläufig erwähnten, in die Form eines Nebensatzes gekleideten Annahme wurde keine für die Frage der Schuld oder des anzuwendenden Strafsatzes bedeutsame Feststellung verknüpft. Der Beschwerdeführer übersieht offenbar, daß das erkennende Gericht vor allem aus der "geringen Entfernung, in der Christian W*** dem Angeklagten ins Freie folgte", und aus der "diesbezüglich glaubwürdigen Aussage des Christian W***, der sogleich nach dem Verlassen des Lokales, noch in unmittelbarer Nähe des Einganges, einen Stich in der Brust verspürte", aber auch aus der Lage des Verletzten nach der Tat in Verbindung mit den "Angaben des Angeklagten vor der Sicherheitsbehörde" erschloß, die Tat sei "in unmittelbarer Nähe des Einganges und nicht etwa im Bereich zwischen dem abgestellten Moped und dem dort parkenden PKW" verübt worden (S 330 f dA).

Wenn der Beschwerdeführer des weiteren behauptet, die oberflächlichen Schnitt- und Kratzwunden sowie die Beschädigungen der Kleidungsstücke könnten nur "durch ein vor der Verletzung W*** stattgefundenes Handgemenge erklärt werden" (womit die Urteilsannahme eines "heimtückischen" Angriffes bekämpft wird - S 325 dA), setzt er sich damit in Gegensatz zur gutachtlichen Äußerung des Sachverständigen Dr. D***, auf die er

sich - insoweit verfehlt - zur Stützung seines Vorbringens beruft. Denn der Sachverständige erklärte - unbeschadet spurenkundlicher Hinweise auf ein Handgemenge, das der Tat voranging - nach Lage des Falles nicht ausschließen zu können, daß die Kratz- und Schnittverletzungen (des Angeklagten) erst nach dem Stich entstanden (S 311 und 314 dA). Hinsichtlich des Pullovers ließ aber das Schöffengericht offen, ob er zur Tatzeit "hochgeschoben oder um die Schultern des Christian W*** gelegen war" (S 327 und 332 dA). Unzutreffend ist auch der Vorwurf einer Aktenwidrigkeit in bezug auf die von der Zeugin Claudia R*** bekundete Äußerung des Angeklagten nach der Tat über den Verletzungshergang (vgl. S 251 und 331 dA). Die auf solcher Unrichtigkeit unter Heranziehung eines weiteren Details dieser Zeugenaussage beruhende Argumentation des Beschwerdeführers bleibt eine Hypothese. Solcherart wird ein Begründungsmangel nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt. Alles übrige Beschwerdevorbringen erschöpft sich - wie auch in der zusammenfassenden Bemerkung, "das Schöffengericht hätte daher die Beweisfrage nach dem Zweifelsgrundsatz zu Gunsten des Angeklagten lösen ... müssen", deutlich zum Ausdruck kommt - in einer unzulässigen (und damit unbeachtlichen) Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 84 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten, die zugleich gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gemäß dem § 369 StPO wurde dem Privatbeteiligten Christian W*** ein Entschädigungsbetrag von 30.000 S zugesprochen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend nur die zweifache Qualifikation der Straftat, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Alter unter 21 Jahren, die Provokation durch den Verletzten während des Aufenthaltes in der Discothek und den Umstand, daß Christian W*** den Angeklagten zum "Hinausgehen" aufgefordert hatte.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe an (welches Begehren hier - wie im übrigen auch dem Vorbringen zu entnehmen - eine Strafherabsetzung einschließt). Überdies wird "im Hinblick auf die erhobene Nichtigkeitsbeschwerde" auch der Privatbeteiligtenzuspruch bekämpft.

Der Berufung kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig ermittelt, allerdings nicht ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Einem einzigen Erschwerungsgrund stehen sehr gewichtige mildernde Umstände gegenüber, wobei insbesondere nicht übersehen werden darf, daß der Angeklagte zur Tatzeit das 18.Lebensjahr erst knapp überschritten hatte.

Bei richtiger Abwägung der für die Straffrage bedeutsamen Gesichtspunkte muß das in erster Instanz gefundene Strafmaß als überhöht bezeichnet werden.

Insoweit war daher der Berufung - wie aus dem Spruch ersichtlich - Folge zu geben.

Dagegen konnte dem Umwandlungsbegehren schon wegen der Höhe der für schuldangemessen erkannten Freiheitsstrafe nicht entsprochen werden (§ 37 Abs. 1 StGB).

Da der Privatbeteiligtenzuspruch erkennbar nur für den Fall der Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde (somit dem Grund des Anspruches nach) angefochten wurde, erübrigten sich - mit Rücksicht auf den nunmehr in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch - weitere Ausführungen zu diesem Berufungspunkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E12438

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00123.87.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19871124_OGH0002_0110OS00123_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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